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5. Interdisziplinäres Symposium Familienforschung ...

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J. BARTHELMES: DER UNERLÖSTE EROS, ODER DIE TRÄNEN DER ERKENNTNIS …<br />

Das leitende Prinzip der reinen Beziehung ist der Respekt vor dem anderen Menschen und damit ein<br />

Sich-Öffnen gegenüber der anderen Person (ohne Angst haben zu müssen, daß dieses Sich-Öffnen<br />

einmal gegen einen benutzt wird). Respekt bedeutet auch, den anderen in seiner Unabhängigkeit, in<br />

seiner Nicht-Abhängigkeit (im Unterschied zur Mit-Abhängigkeit) sowie in seinen persönlichen<br />

Eigenschaften zu achten. Wichtige Voraussetzung, eine reine Beziehung zu leben, ist, daß beide<br />

Partner daran beteiligt sind, die Bedingungen ihres Umgangs miteinander und ihrer Beziehung<br />

zueinander zu bestimmen. Dies bedeutet, Machtstrukturen nicht entstehen zu lassen bzw. zu vermindern:<br />

„Den anderen nicht emotional zu beleidigen, ist vielleicht der schwierigste Aspekt beim Ausgleich<br />

der Macht in einer Beziehung“ (Giddens, 1992, S. 205).<br />

3.5 Die partnerschaftliche Liebe und Beziehung<br />

Liebe ist für mich dasselbe<br />

wie Verstehen!<br />

(Anaïs Nin)<br />

Aus der reinen Beziehung kann sich die partnerschaftliche Liebe und Beziehung entwickeln, die das<br />

Sich-Öffnen gegenüber dem Anderen auch zur Grundlage der gelebten Beziehung hat. Sie ist das<br />

Gegenteil der „projektiven Identifikation“ und kann (mit Schellenbaum) auch als die „Leitbild-Spiegelung“<br />

betrachtet werden: Ich sehe im anderen mein Leitbild. Reine Beziehung sowie partnerschaftliche<br />

Liebe und Beziehung setzen „Gleichberechtigung im emotionalen Geben und Nehmen voraus“.<br />

Das schließt aber auch ein, daß beide Partner gleichermaßen (Frauen und Männer) ihre Interessen,<br />

Bedürfnisse, Wünsche einander offenbaren und Verletzbarkeit zeigen; doch diese Verletzbarkeit wird<br />

nicht zum Anlaß genommen, noch mehr zu verletzen oder sich verletzen zu lassen.<br />

Die partnerschaftliche Liebe und Beziehung ist nicht vereinbar mit „romantischen Vorstellungen“<br />

(„für immer und ewig“, „der oder die Einzige“); je mehr partnerschaftliche Liebe und Beziehung<br />

alltäglich gelebt wird, desto weniger ist eine „Suche nach der besonderen Person“ oder eine<br />

„Suche nach der besonderen Beziehung“ notwendig (vgl. der häufige Stoßseufzer: „Endlich die ideale<br />

Frau/der ideale Mann, und ich kann ihn/sie nicht heiraten!“).<br />

In der partnerschaftlichen Liebe und Beziehung haben beide Partner die Möglichkeit zu sexueller<br />

Erfüllung; dieses Beziehungskonzept schließt auch jede Ausschließlichkeit aus, d. h. partnerschaftliche<br />

Liebe und Beziehung ist nicht unbedingt monogam. „Sexuelle Exklusivität“ bedeutet dann, daß<br />

die Partner so lange gemeinsame Sexualität haben, wie es von ihnen gewünscht und akzeptiert wird.<br />

Persönliche Autonomie ist auch hier entscheidendes Beziehungs-Merkmal: „Die ‚Trennungs- und<br />

Scheidungsgesellschaft‘ von heute erscheint eher als ein Ergebnis der partnerschaftlichen Liebe, denn<br />

als Ursache“ (Giddens, 1992, S. 73).<br />

4. Dramaturgische Prozesse der Paar-Beziehung<br />

Frau und Mann sind jeweils die Protagonisten bzw. Antagonisten der jeweiligen Paar-Dramen. Die<br />

gemeinsamen sowie getrennten Räume und Zeiten des Alltags sind die Bühnen, auf denen die Partner<br />

ihre sozialen, erotischen und sexuellen Skripte gestalten. Die alltags-dynamische Gestaltung dieser<br />

Paar-Beziehungen läßt sich dann vor dem Hintergrund der oben aufgeführten Bühnenbilder (archaische<br />

Grundformen des Eros bzw. archetypische Grundformen der Paar-Beziehungen) erkennen.<br />

Hauptelemente eines Dramas sind „Spannung“ und „Konflikt“ sowie deren Lösung:<br />

„Drama besteht aus Konflikten. Ohne Konflikte gibt es keine Handlung, ohne Handlung keine<br />

Figur, ohne Figur keine Geschichte und ohne Geschichte kein Drehbuch“ (Field, 1991, S. 44). Syd<br />

Field entwickelt in seinen „Handbuch zum Drehbuch“ zur Kategorie „Drama“ ein dreistufiges<br />

MATERIALIENSAMMLUNG HEFT 1 39

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