5. Interdisziplinäres Symposium Familienforschung ...
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P. VELIKAY: MEDIATION IN ÖSTERREICH<br />
gehört, aber nur wenige wissen, was darunter zu verstehen ist. In den Zeitungsmeldungen wurde der<br />
Begriff immer mit „Vermittlung“ übersetzt. Das ist zwar richtig, was aber unter den Tisch fiel und<br />
niemals ausgesprochen wurde, ist die Tatsache, daß Mediation eine spezielle Art der Vermittlung ist<br />
und nicht irgendeine. Der Begriff, die Methode hat ihren eigenen Inhalt, und der ist so gut wie nie<br />
Thema in den Medien. Das ist schade.<br />
Zum Pilotversuch<br />
Die Vorgeschichte: Ausschlaggebend für die Ministerien waren die hohen Scheidungsziffern und das<br />
Drama, das so viele Kinder in diesem Zusammenhang erleben, vor allem dann, wenn sich die Eltern<br />
mit Hilfe der Gerichte einen endlosen Krieg liefern. Von Mediation hatte man gehört, gelesen, das<br />
wollte man ausprobieren. Außerdem sollten die Kinder möglichst aller Scheidungseltern ein psychologisches<br />
Angebot erhalten. Und schließlich sollten die bereits existierenden, hilfreichen Angebote<br />
der Familienberatungsstellen in das ganze Aktionsprogramm eingebunden werden.<br />
Noch ein Wort zu meiner Person: Ich habe in einem bestimmten Stadium der Planung als Expertin<br />
für Mediation an jenen Gesprächen teilgenommen, die den Teilaspekt „Mediation“ im<br />
Rahmen des Pilotversuchs zum Inhalt hatten. Darüber hinaus habe ich bei der Auswahl der Mediatoren<br />
mitgewirkt. In den jetzt laufenden Versuch bin ich nicht mehr eingebunden. Und so sieht der<br />
Pilotversuch jetzt aus: Er besteht aus drei voneinander ziemlich getrennten Teilen, nur einer davon ist<br />
die Mediation. Als Schauplatz ausgewählt wurden zwei österreichische Gerichte: Das Wiener Bezirksgericht<br />
Floridsdorf (ein städtisches Gericht mit einem großen Anteil an Unterschichtklientel) sowie<br />
das Bezirksgericht Salzburg (das vorwiegend mit Mittelschicht und Landbevölkerung zu tun hat).<br />
Teilprojekt A: Die Familienberatungsstellen<br />
Sie haben an Amtstagen ihre Zelte in einem Extraraum des Gerichtsgebäudes aufgeschlagen. Wer an einem<br />
Amtstag zu Gericht geht, um wegen gravierender Ehestreitigkeiten beim Richter Rechtsauskunft<br />
einzuholen, der kann „abzweigen“, oder es rät ihm der Richter dazu, doch „gleich einen Stock tiefer zu<br />
gehen“ und das Angebot der Familienberatungsstelle zu nutzen. Der Vorteil dieses Teils des Pilotversuchs<br />
liegt auf der Hand: Konflikte erliegen weniger schnell der Gefahr, verrechtlicht zu werden.<br />
Teilprojekt B: Die Mediation<br />
Im Moment spielt sich das folgendermaßen ab: Jeder Richter verfügt über ein Kontingent von 10<br />
Fällen. Hat er den Eindruck, ein Fall könnte durch Mediation gelöst werden, bzw. ist der Fall für die<br />
Mediation geeignet, dann bietet er dem Paar diese kostenlose Möglichkeit an. Die Parteien nehmen<br />
dann selbständig mit den Mediationsteams Kontakt auf und vereinbaren einen Termin. Die Mediationssitzungen<br />
finden räumlich nicht an den Gerichten, sondern in den Praxen der Mediatoren statt.<br />
Zugewiesen werden, wie gesagt, nicht nur die Sorge- und Besuchsrechtsstreitigkeiten, sondern auch<br />
Fragen des Unterhalts, der Vermögensauseinandersetzung etc. Für den gesamten Pilotversuch gibt es<br />
eine Begleitforschung. Mit ihrer Hilfe wollen die Ministerien am Ende des Pilotversuchs entscheiden,<br />
was davon in welcher Form als dauerhaftes Angebot an österreichischen Gerichten etabliert werden<br />
soll. Für die Mediation wird diese Begleitforschung – ähnlich wie Roland Proksch sie für<br />
Deutschland dargelegt hat – damit erstmals österreichische Ergebnisse bringen. Allerdings mit dem<br />
Unterschied, daß die österreichischen Ergebnisse nicht auf Fragen des Sorge- und Besuchsrechts eingeschränkt<br />
sein werden.<br />
MATERIALIENSAMMLUNG HEFT 1 27