Politisch-Kabarettistischen Aschermittwochs - Fabrik e.v.
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derhauses“ vorm Theater ankommen, blicken wir in eupho-<br />
risierte Gesichter. Kein Wunder. Hunderte von Freunden und<br />
Fremden sind hier seit Beginn des Festes vorbeigekommen,<br />
haben sich’s gemütlich gemacht, gequatscht, gelacht und<br />
Bier getrunken, als wäre das Stück Asphalt am Rotteckring<br />
nie etwas anderes gewesen als das Wohnzimmer des Kultur-<br />
büros. Schöner lassen sich Intimität, Öffentlichkeit, Alltag und<br />
Kultur kaum auf einen Nenner bringen.<br />
Sicher kann man das, was hier passierte, als ein Fest der kulturellen<br />
Vielfalt loben, wie „Der Sonntag“ es am nächsten<br />
Tag tat. Man kann es auch als Beleg dafür nehmen, „wie toll,<br />
entspannt und abenteuerlustig Freiburg und seine Bewohner<br />
sind“ („fudder“). Einzigartig war der Mittsommernachtstisch<br />
jedoch aus einem anderen Grund: Deutlicher als jede andere<br />
Großveranstaltung der letzten Jahre hat er gezeigt, wie eng<br />
das Modell einer lebendigen Stadt mit den Möglichkeiten der<br />
freien Nutzung ihrer öffentlichen Räume zusammenhängt<br />
- und wie dramatisch diese Möglichkeiten mittlerweile ein-<br />
geschränkt sind. Längst ist die Stadt Konsum- statt Kommu-<br />
nikationsraum; auf zahlreichen öffentlichen Flächen gelten<br />
keine Bürgerrechte mehr, sondern das Hausrecht von Päch-<br />
tern und Ladenbesitzern, das den Zutritt regelt und klar stellt,<br />
wer sich wann und wo unter welchen Bedingungen aufhalten<br />
darf. Auch wenn sich der Mittsommernachtstisch in<br />
den ersten Minuten nicht anders angefühlt haben mag<br />
wie jedes beliebige Weinfest in abendlicher Altstadtku-<br />
lisse - spätestens nach einer Stunde dürfte vielen klar<br />
geworden sein, dass das Motto der diesjährigen Thea-<br />
tertage „Alles ist politisch“ in diesem Zusammenhang<br />
weit mehr als eine kecke Behauptung war. Die Idee,<br />
Menschen einzuladen, sich eine durch beleuchtete<br />
Wall-Werbemöbel, Bistrotische und Eventmanager pri-<br />
vatisierte Öffentlichkeit für ihre eigenen Zwecke zurück<br />
zu erobern, hatte etwas Utopisches. Angesichts der<br />
schleichenden Entdemokratisierung des öffentlichen<br />
Raums provozierte sie die entscheidende Frage: Wem<br />
gehört die Stadt? Am Abend des Mittsommernachts-<br />
tischs waren es die vielen kulturellen, sozialen und<br />
anderen Initiativen, die das Leben in Freiburg abseits<br />
aller Konsumzwänge prägen - und Tausende von Bür-<br />
gerinnen und Bürgern, denen die ungewohnte Freiheit<br />
für einen kurzen Moment zeigte, wie wichtig öffentliche<br />
Freiräume für die Kultur einer Stadt sind. Kein Wunder,<br />
dass viele am Ende meinten, dass man dieses Fest zur<br />
Institution machen sollte. Am besten gleich. Am besten<br />
täglich. Am besten in den Köpfen.<br />
Kultur in Freiburg<br />
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