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REVIEWS - Webseite von Thomas Neumann

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<strong>REVIEWS</strong><br />

neigt ist, sollte man sich eher auf die artverwandten YEAH<br />

YEAH YEAHS, THE ROGERS SISTERS oder eben die Wurzeln<br />

in Gestalt unter anderem <strong>von</strong> den AU PAIRS konzentrieren.<br />

Im Sommer sind THE FLESH mit Ted Leo auf Tour,<br />

das kann wieder spannender werden. (23:50) (6)<br />

Markus Kolodziej<br />

FELIX CULPA<br />

Duft CD<br />

Capitol East Road/Radar Music | Schon das fünfte Album<br />

haben die Norddeutschen FELIX CULPA am Start. Respekt.<br />

Wird es da nicht langsam mal Zeit, nach Berlin zu ziehen?<br />

Ihr neues Werk „Duft“ kann man zwar nicht riechen, aber<br />

trotzdem genießen. Zehn Rocksongs mit deutschen Texten,<br />

mit Gefühl interpretiert und Kanten an den richtigen<br />

Stellen. Manchmal erinnern sie ein bisschen an MADSEN,<br />

wobei der Vorwurf des Plagiats haltlos wäre, allein aufgrund<br />

der Tatsache, dass FELIX CULPA bereits im zehnten<br />

Jahr über die Bühnen der Republik brettern. Wer so lange<br />

schon der eigenen Sache die Stange hält, ist mit echter Leidenschaft<br />

dabei. Die vier Herren sind weiterhin unangepasst<br />

und spielfreudig und machen das, wo<strong>von</strong> viele andere<br />

Bands nur reden: ihr Ding. (35:01) (7) Arne Koepke<br />

ROBBIE FULKS<br />

Revenge 2CD<br />

Yep Roc/Cargo | Fängt ein bisschen sesamstraßenmäßig<br />

an, mit einer Art Minihörspiel, Gespräch mit dem Plattenboss.<br />

Daraus resultierend, denn der möchte die neue Platte<br />

nicht nur schnell sondern auch billig, gibt es sodann diese<br />

Doppel-Live-CD. Dann ist auch Schluss mit albern, es folgt<br />

angenehmer Country-Blues mit Swing-Anleihen, eher alternativ<br />

als klassisch. Dies jedoch nur auf der ersten CD,<br />

die, wohl weil die Band im Stehen spielt, logischwerweise<br />

„Standing“ betitelt ist. Die zweite CD bietet dann mehr<br />

klassisches Singer/Songwriter, der Country tritt hier in<br />

den Hintergrund, das Ganze ist akustisch gehalten. Daher,<br />

logisch, ist diese mit „Sitting“ betitelt. Obwohl mir die erste<br />

CD durchaus gefällt, komme ich bei der sitzenden Fassung<br />

doch mehr auf meine Kosten, weil hier ein paar wirklich<br />

sehr schöne Stücke entstanden sind. Allerdings verstrickt<br />

sich der Akustikgitarrist ein paar Mal zu oft in verspielte<br />

Zupfausflüge. Das gefällt natürlich dem anwesenden<br />

Publikum sehr, die das auch stets mit Applaus honorieren,<br />

zu Hause am Player nervt es etwas. (40:15/44:31)<br />

(6/6) Claus Wittwer<br />

FLYING DONUTS / JOYSTIX<br />

This Machine Makes Loud Records CD<br />

José | Die FLYING DONUTS aus Frankreich haben sich<br />

hier mit den ungarischen JOYSTIX zu einer Rock’n’Roll-<br />

Split-CD zusammengefunden, die wirklich sexy ist. Vor allem<br />

hat mir der französischakzentige Gesang vom Donuts-<br />

Sänger angetan, in welchem er uns fünf knackige Nummern<br />

lang seine Rock’n’Roll-Welt erklärt. Auch JOYSTIX<br />

haben sich seit ihrem letzten Release einigermaßen gesteigert<br />

und überzeugen mich zunehmend, nicht zuletzt, weil<br />

ihre Texte weniger aufdringlich pubertär sind als noch bei<br />

den vorangegangenen Veröffentlichungen. „My life is only<br />

Rock’n’Roll / Even if I must get a job“, radebrecht Jérémie<br />

<strong>von</strong> den Donuts. Tja, wem sagt er das ... (29:32) (8)<br />

Simon Loidl<br />

FALL OF TROY<br />

Manipulator CD<br />

Equal Vision | FALL OF TROY hätten Helden werden können.<br />

Mit ihrem Equal Vision-.Debüt „Doppelgänger“ haben<br />

sie es geschafft, ausnahmslos jeden für sich zu begeistern,<br />

der auf intelligente und verkopfte Musik steht. Die Band<br />

um Sänger und Gitarrist <strong>Thomas</strong> hat damals alles richtig<br />

gemacht, indem sie nämlich genau das gemacht haben, was<br />

ihnen gerade durch den Kopf ging. Das Ganze hörte sich<br />

dann an wie ein <strong>von</strong> der Leine gelassener Tiger, der tagelang<br />

nichts zu fressen bekam. Nun haben FALL OF TROY<br />

aber ein Problem: „Manipulator“ hört sich wie eine B-Seiten<br />

Kollektion für „Doppelgänger“ an. Irgendwie klingen<br />

die Songs nicht so ganz ausgereift und denen des Vorgängeralbums<br />

sehr ähnlich. Dazu kommt noch, dass die drei<br />

eigentlichen Ausnahmetalente einen unheimlich peinlichen<br />

Popsong („Oh! The casino!“) aufgenommen haben,<br />

der nicht mal wie ein Aufmerksamkeit erhaschendes Element<br />

wirkt, sondern einfach nur nervt. Was bleibt, ist ein<br />

sehr bitterer Beigeschmack und die Frage, ob es nicht besser<br />

gewesen wäre, wenn sich FALL OF TROY dann nicht<br />

doch beim Schreiben ihrer Songs ein bisschen länger Zeit<br />

gelassen hätten. (6)<br />

Sebastian Wahle<br />

GGG<br />

GASLICKER<br />

s/t CD<br />

gaslicker.de | Früher hätte ich ja gesagt, dass ich Bands,<br />

die MySpace-Seiten angeben, aus Prinzip nicht rezensiere.<br />

Jetzt, wo auch das Ox dort zu finden ist, geht das natürlich<br />

nicht mehr (aber vielleicht kann mir ja mal jemand erklären,<br />

was genau der tiefere Sinn hinter MySpace ist). Frech<br />

finde ich trotzdem, dass GASLICKER ihre „Normal“-Site<br />

einfach mit „under construction“ versehen und stattdessen<br />

auf ihren MySpace-Auftritt verweisen. Wie auch immer.<br />

Auf ihrer in Eigenregie releaseten 4-Track-EP rocken<br />

die fünf Wormser zwar geschmeidig dahin, aber ein bisschen<br />

fehlt mir das Feuer. Dafür haben sie sich aber einen<br />

schönen Cadillac fürs Cover-Posen ausgeliehen. Man wird<br />

noch <strong>von</strong> GASLICKER hören. (15:03) (6) Simon Loidl<br />

GOODS<br />

s/t CD<br />

tear-it-uprecords.nl | Die GOODS sind aus dem niederländischen<br />

Eindhoven, und bei Neo-Rock’n’Roll aus dieser<br />

Gegend denkt man unweigerlich an PETER PAN SPEE-<br />

DROCK. Entsprechend hoch liegt sofort die Latte und die<br />

GOODS hüpfen da nur mit großer Mühe drüber. Speedrock<br />

sind die GOODS sicher keiner, aber das muss ja nicht<br />

unbedingt ein Nachteil sein. Die vier Holländer stehen mit<br />

einem Fuß ziemlich tief in der 80er-Hardrock-Tradition,<br />

mit dem anderen wühlen sie im Classic-Rock-Sumpf und<br />

peppen das Ganze mit dem einen oder anderen schnelleren<br />

Riff auf. Dabei gelingen den GOODS ein paar recht feine<br />

Nummern, die durchaus Lust auf mehr machen. (37:10)<br />

(7) Simon Loidl<br />

GROUND ZERO<br />

Head-On Collision CD<br />

gz-crew.de | Die Herren <strong>von</strong> GROUND ZERO aus Schwerin<br />

bezeichnen sich selbst als Mecklenburger-Hardcore-<br />

Walze. Okay, auf Schwerin wäre ich jetzt nicht unbedingt<br />

gekommen, wenn ich es nicht gewusst hätte, aber Hardcore-Walze<br />

kommt hin. Die Kapelle wurde mir <strong>von</strong> Tost<br />

<strong>von</strong> VOLXSTURM ans Herz gelegt, und ich muss sagen, der<br />

Mann hat ein Händchen beziehungsweise Öhrchen für<br />

gute Musik. GROUND ZERO haben sich übrigens im Jahr<br />

2001 formiert und nach „Hatezone“ aus dem Jahr 2003 ist<br />

„Head-On Collision“ nun die zweite Veröffentlichung der<br />

Band. Die Hardcore-typischen Tempowechsel und Arbeitsteilung<br />

beim Gesang gefallen mir bei den Jungs erstaunlich<br />

gut, obwohl ich normalerweise aus dem Bereich nicht besonders<br />

viel mag. Auch wenn der Spaß nach knapp siebzehn<br />

Minuten schon wieder vorbei ist, macht „Head-On Collision“,<br />

das ja eigentlich schon seit 2005 draußen ist, mich<br />

neugierig auf den für diesen Sommer geplanten Nachfolger.<br />

Und live kommen die bestimmt auch nicht schlecht.<br />

(16:58) (7) Claudia Luck<br />

GOD DAMN WHORES<br />

We Are The Lucky Thirteen CD<br />

Round/Cargo | Klassische Variante der Geschichte mit<br />

dem Buch, dem Umschlag und dem Vorurteil. Bei dem Namen<br />

und dem Sheriffstern auf dem Cover war ich sozusagen<br />

<strong>von</strong> Kopf bis Fuß auf Country oder vielleicht noch<br />

Folk eingestellt. Aber völlig daneben gezielt, dabei roch es<br />

so verdächtig nach akustischem Alleingang. Aber nur fast,<br />

auch wenn hinter den GOD DAMN WHORES hauptsächlich<br />

Jon Poole (CARDIACS, Teilzeit-WILDHEART) steckt.<br />

Produced, written und auch sonst alles <strong>von</strong> ihm selbst, erwähnenswert<br />

in dem Zusammenhang die Besetzung der<br />

Bassistennebenrolle mit Ginger (Vollzeit-WILDHEARTS).<br />

Und dann nix mit lahmer „Unplugged“-Selbstverwirklichung.<br />

Sondern ein munterer Parforce-Ritt durch Glam,<br />

Punk, Pop, Rock, der sich ganz klar vor all den Pferden verbeugt,<br />

die schon auf diesem Turf trabten. Kurzweilig, unterhaltsam,<br />

eingängig, und schön britisch, schön snotty.<br />

Herz, was willst du mehr? Unbedingt im Laden oder im<br />

www mal reinhören. (40:05) (8) Tom Küppers<br />

GILJOTEENS<br />

Out Of Our Hands CD<br />

copasetic.de | In wenigen Ländern – ausgenommen vielleicht<br />

Griechenland – wird die Tradition des nordostamerikanischen<br />

Moody-Garage-Punk so kompromisslos<br />

und talentiert fortgeführt wie in Schweden. Neben Jens<br />

Lindbergs MAHARAJAS sind die GILJOTEENS zweifellos<br />

die Speerspitze der Bewegung. Und mit ihrem neuen Album<br />

auf dem sympathischen CopaseDisques-Label gießen<br />

sie fleißig alle Zutaten nach Formel M zusamen, um wie<br />

eine verpickelte New-England-Teenbeat-Combo zu klingen.<br />

Dazu gehört neben der herrlich jaulenden Farfisa-Orgel<br />

natürlich der obligatorische Fuzztone, mehrstimmige<br />

Background-Vocals, schön traurige Melodien, Texte voller<br />

Pessimismus und Melancholie, und das Bewusstsein,<br />

dass man niemals die scharfen Bräute abbekommen wird,<br />

die sie in ihren flehenden Lyrics besingen. Also eigentlich<br />

eine reine Losertruppe, wären die Songs nicht so extrem<br />

gut komponiert, spielten sie nicht so dermaßen locker auf<br />

den Punkt, wie sie es nun mal tun. Zehneinhalb großartige<br />

Eigenkompositionen und eine Zusammenarbeit mit Jens<br />

Lindberg, das reicht für allerlei verregnete Frühsomnertage!<br />

(8)<br />

Gereon Helmer<br />

GUILTY GUITARS<br />

Days Of Golden Wealth CD<br />

Walk By Your Side MCD<br />

guiltyguitars.com | Die GUILTY GUITARS aus Hamburg<br />

haben hier gleich ihre komplette Diskografie geschickt.<br />

Der Bandname klingt verdächtig nach Schweinerock, aber<br />

damit hat das Trio zum Glück wenig zu tun. Vielmehr erwartet<br />

den Hörer eine erstaunliche Bandbreite an Stilen,<br />

die sich über beinahe psychedelische Rocknummern über<br />

klassischen Alternative bis hin zu beatle-esken Popsongs<br />

erstreckt. Zumindest für den Erstling konnte die Band sogar<br />

den deutschen Rock & Pop-Preis für das beste Alternative-Album<br />

des Jahres 2006 einheimsen. GG sind also<br />

umtriebiger als ich vermutet habe. Vielleicht klappt es ja<br />

wirklich mit der avisierten Aufnahme eines Live-Albums<br />

in der Royal Albert Hall. Vermutlich aber eher nicht. Der<br />

Schritt zwischen den beiden bisherigen Veröffentlichungen<br />

ist subtil, aber spürbar. Das klingt nicht unbedingt besser,<br />

dafür hat die Band ihre Grenzen noch ein bisschen weiter<br />

ausgetreten. Gerade diese Vielfalt macht mir allerdings<br />

etwas zu schaffen, ich würde mir einen deutlicheren roten<br />

Faden wünschen. (42:05/27:13) (5/5) Christian Meiners<br />

GRANNIES<br />

Gumjob CD/DVD<br />

wondertaker.com | Die alten Männer in noch älteren<br />

Oma-Klamotten melden sich mit ihrem vierten Longplayer<br />

zurück. Geboten wird, wie gehabt, 13 Mal punkiger<br />

Rock’n’Roll, hauptsächlich im entspannten Midtempo,<br />

gespickt mit flotten Eine-Minute-Nummern. Für die fette<br />

Aufnahme sorgte Seattles Mastermind Nr.1, Jack Endino.<br />

Insgesamt eine witzige Angelegenheit, aber bis auf die Verkleidungen<br />

als Großmütter nichts Neues. Bei mir springt<br />

der Funke jedenfalls einfach nicht über! Die DVD über ihre<br />

05er Europatour beschränkt sich leider auf Konzertmitschnitte<br />

und ein paar Aufnahmen <strong>von</strong> Leuten an und in einem<br />

Van. Keine Witzigkeiten, keine interessanten Dialoge<br />

oder Bilder, nur ein seltsamer Filter über den Aufnahmen,<br />

der das Ganze noch etwas unansehnlicher macht. (42:34)<br />

(5) Mario Turiaux<br />

GERIATRIC UNIT<br />

Nuclear Accidents EP MCD/12“<br />

plasticbombrecords.de/Cargo | Na, auch wenn man die<br />

Vierzig bereits überschritten haben sollte, <strong>von</strong> der Geriatrie<br />

ist man da aber noch weit entfernt. Vor allem, wenn<br />

man wie GERIATRIC UNIT mit einer Energie und Wucht<br />

zu Werke geht, die viele jüngere Bands ganz blass aussehen<br />

lassen. Alte Bekannte sind diese Engländer hier, Bassist<br />

Kalv und Schlagzeuger Steve einst bei den legendären HE-<br />

RESY aktiv, deren Komplettwerk ja kürzlich via Boss Tuneage<br />

neu veröffentlicht wurde. Und da man alte Gewohnheiten<br />

anscheinend auch mit Mühe so schnell nicht wieder<br />

loswird, haben die beiden nach zig teilweise deutlich nicht<br />

nach HERESY klingenden Bands und Projekten mit GER-<br />

IATRIC UNIT die Lust am Prügeln wieder entdeckt. Ergänzt<br />

durch Gitarrist Jim und Sänger Gords (ebenfalls Szene-„Veteranen“)<br />

und nicht nur altersbedingt frei <strong>von</strong> jeglichen<br />

Szene- oder Business-Zwängen knüpfen Kalv und<br />

Steve zwar nicht genau da an, wo HERESY 1989 aufhörten,<br />

entfernen sich aber auch nicht allzu weit da<strong>von</strong>. Getrieben<br />

<strong>von</strong> Steves nach wie vor unglaublich schnellem und dennoch<br />

präzisem Schlagzeugspiel rasen GERIATRIC UNIT in<br />

knapp über zwölf Minuten durch elf Songs, für die der Begriff<br />

Hardcore nicht passender sein könnte: Harter, schneller<br />

Punkrock mit durchdachten und intelligenten Texten;<br />

keine Klischees, keine Spielereien, kein Blendwerk. (8)<br />

André Bohnensack<br />

GOON MOON<br />

Licker’s Last Leg CD<br />

Ipecac/Soulfood | Bei GOON MOON kann man erst mal<br />

wundervolles Namedropping betreiben, denn hier haben<br />

sich mit Chris Goss und Jeordie White zwei Lichtgestalten<br />

des Alternativerocks zusammengetan. Ersterer spielt bei<br />

MASTERS OF REALITY, und zweiterer ist besser bekannt als<br />

Twiggy Ramirez, der ehemalige Mitstreiter <strong>von</strong> „Schockrocker“<br />

(wie ich diese Kategorisierung liebe, sicher eine Erfindung<br />

der CDU) Marilyn Manson und Bassist bei A PER-<br />

FECT CIRCLE und NIN. Mit „I Got A Brand New Egg Layin’<br />

Machine“ hatten sie bereits vor zwei Jahren ihre stilistische<br />

Unberechenbarkeit demonstrieren können, was aber nicht<br />

so recht überzeugend rüberkam. Jetzt sind sie bei Ipecac<br />

/RE-RELEASES<br />

ASBESTOS DEATH<br />

Dejection, Unclean MCD<br />

Southern Lord/Soulfood | Lustig: Vor einer halben Ewigkeit<br />

lernte ich in der Schlange vor dem Eingang des legendären<br />

Gilman Street-Clubs in Berkeley einen Typen kennen,<br />

der mir, nachdem<br />

ich erwähnt hatte, dass<br />

ich ein Fanzine mache,<br />

eine 7“ seiner Band AS-<br />

BESTOS DEATH zusteckte.<br />

Ich hatte die Band<br />

bald wieder völlig vergessen,<br />

doch jetzt halte<br />

ich diese 4-Song-CD in<br />

den Händen, auf der die<br />

jeweils zwei Songs der<br />

Singles „Unclean“ (damals<br />

<strong>von</strong> der Band selbst<br />

veröffentlicht) sowie<br />

„Dejection“ (auf Profane Existence) enthalten sind. Was die<br />

Sache interessant macht: ASBESTOS DEATH waren die direkte<br />

Vorgängerband <strong>von</strong> SLEEP sowie OM und HIGH ON<br />

FIRE, und die düsteren, brachialen Doom-Songs gingen<br />

nach dem Ende <strong>von</strong> AD ins SLEEP-Repertoire über. Dank<br />

eines guten Remastering-Jobs klingen die Songs besser als<br />

damals auf Vinyl, so dass alle Fans der Dope-Metaller hier<br />

bestens bedient werden. (20:00) (7) Joachim Hiller<br />

BASTARDS<br />

Schizo Terrorist LP<br />

Feathered Apple | Im Zuge der „Swisspunk“-Buchveröffentlichung<br />

fiel auch wieder Licht auf eine alte, beinahe<br />

vergessene Band aus Genf: THE BASTARDS hieß die Formation,<br />

die vom aus Ägypten eingewanderten und damals,<br />

1978, schon 30 Jahre alten Sandro Sursock gegründet<br />

wurde. Sandro war Sänger der Band, Marie-Pierre die Co-<br />

Chanteuse, und die Aufnahmen, die sich auf dieser LP finden,<br />

stammen aus dem Jahr 1978. Als die BASTARDS 1977<br />

ihre ersten Gehversuche machten, war das beschauliche<br />

Genf noch nicht auf Punkrock vorbereitet, und so artete<br />

das erste Konzert im November auch in eine deftige Schlägerei<br />

mit dem örtlichen Rockergesocks aus. Diese und zig<br />

weitere Anekdoten gibt’s in den sehr umfangreichen Linernotes<br />

<strong>von</strong> Sandro zu lesen, die auf der Rückseite des der<br />

LP beiliegenden Posters abgedruckt sind, und wenn der<br />

schreibt, dass ihnen der New Yorker Punkrock näher gewesen<br />

sei als der englische, trifft er damit den Nagel auf den<br />

Kopf: Teilweise klingen die Songs hier wie <strong>von</strong> den kleinen<br />

Brüdern der HEARTBREAKERS gespielt, und wer weiß,<br />

womöglich hat das damit was zu tun, dass die UN-Stadt<br />

Genf letztlich New York City kulturell näher war als London.<br />

Und dafür spricht dann auch, dass hier eine echt sehr<br />

gute Coverversion <strong>von</strong> Patti Smiths „Gloria“ enthalten ist.<br />

Ein absoluter Meilenstein des „Swisspunk“, diese Aufnahmen,<br />

und deshalb unbedingt zu empfehlen. (8)<br />

Joachim Hiller<br />

BORN TO LOSE<br />

Old Scars CD<br />

peoplelikeyourecords.com | Wer auch nur annähernd etwas<br />

mit Streetpunk und Rock’n’Roll anfangen kann, kann<br />

mit einem blinden Griff in die People Like You-Releasekiste<br />

mit Sicherheit noch nie falsch gelegen haben. So wird<br />

auch die neue BORN TO LOSE-Veröffentlichung keinen<br />

gestandenen Rocker leer ausgehen lassen. Allerdings handelt<br />

es sich hier um eine Zusammenstellung rarer Songs<br />

alter Platten und unveröffentlichtem Material. Und auch<br />

wenn die fünf Texaner 2000 schon große Singalong-Working-Class-Pub-Punk-Hymnen<br />

geschrieben haben, so<br />

nimmt die üble Soundqualität selbst anspruchslosen Taugenichtsen<br />

wie mir ein wenig die Freude. Wer noch nie etwas<br />

<strong>von</strong> BTL gehört hat, muss definitiv mit dem ’06er Album<br />

„Sweet Misery“ anfangen. Für alle, die diese schon<br />

besitzen oder letztes Jahr auf ihrer ersten Europatour ein<br />

Bierchen mit den überaus sympathischen Kerlen getrunken<br />

haben, ist dieser Einblick in die Bandgeschichte natürlich<br />

trotzdem Pflicht! (47:35) (7) Mario Turiaux<br />

BLACKOUT ARGUMENT<br />

Munich Angst MCD<br />

Bastardized | Die Erstauflage <strong>von</strong> „Munich Angst“ auf dem<br />

englischen Label Engineer Records war innerhalb kürzester<br />

Zeit ausverkauft und so gibt es nun eine zweite Auflage<br />

mit neuem Artwork und zusätzlichem Video auf Bastardized.<br />

Dass hier ehemalige Mitglieder <strong>von</strong> PAINT THE TOWN<br />

RED und FLYSWATTER mit <strong>von</strong> der Partie sind, kann man<br />

durchaus hören: Hardcore-Riffs treffen auf kraftvollen,<br />

melodischen Gesang. Ist etwas moderner als PTTR, wobei<br />

ich auch gut ohne die melodischen Gesangsparts auskommen<br />

würde, aber das scheint ja unumgänglich zu sein. Grundsolide,<br />

nicht mehr, nicht weniger. (14:22) (6)<br />

<strong>Thomas</strong> Eberhardt<br />

BRAINBOMBS<br />

s/t CD<br />

myspace.com/pollymaggoorecords | In den vergangenen<br />

Jahren habe ich viel gehört, und ich bin einiges gewohnt,<br />

was Noise, Krach oder schlichte Lärmbelästigung<br />

angeht, aber was die BRAINBOMBS aus Norwegen zelebrieren,<br />

das wird unter Missachtung der Menschenrechte sicher<br />

auch in Guantánamo erfolgreich für den Schlafentzug<br />

eingesetzt. Unglaublich, wie eine Band, die – wie auf<br />

den Live-Aufnahmen am Ende der CD zu hören ist – einst<br />

einen derart flotten und wuchtigen Sound hatte, ihr Tempo<br />

und ihr „Können“ derart drastisch reduziert hat, um einem<br />

so vordergründig „dilletantisch“ auf die Nerven zu<br />

gehen. Dass das allerdings alles andere als Dilettantismus<br />

ist, was hier regiert, stellt man sehr schnell fest, denn hier<br />

passt der Krach zum Thema, ohne zum reinen Selbstzweck<br />

zu verkommen. Die harten Tough Guys können mit dieser<br />

Band wirklich einmal ausloten, wie hart sie tatsächlich im<br />

Nehmen sind oder wie weit ihre musikalischen Grenzen<br />

gesteckt sind. Der harte Stoff, das sind die BRAINBOMBS,<br />

die einstige Debilokönige wie die DRUNKS WITH GUNS<br />

(nach der ersten 7“ denkt man noch „ha, Drunks gehört!“)<br />

wie nüchterne Antialkoholiker mit Hochschuldiplom aussehen<br />

lassen. Thematisch dreht sich übrigens alles um den<br />

Schmutz, den man lieber nicht in seiner Nachbarschaft haben<br />

möchte, <strong>von</strong> daher ist das schneeweiße Cover schon<br />

der allererste Schlag ins Gesicht. The real shit! (10)<br />

kalle stille<br />

BEERZONE<br />

Against The Flow/Strangle All The Boybands CD<br />

Overground | Das mittlerweile zehn Jahre alte Label Overground<br />

Records aus Newcastle veröffentlicht hier das zweite<br />

und das dritte Album der britischen Streetpunks BEER-<br />

ZONE zusammen auf einer CD. Dabei sind diese beiden Alben<br />

der Band unfassbar unterschiedlich. „Strangle All Boybands“<br />

erschien 2001 und stand als Zweitling dem Debüt<br />

„They Came, They Saw, They Conquered“ in puncto Ficken,<br />

Saufen, Oi! in nichts nach. Songs wie „Drinking legend“,<br />

„Posh Spice“ und „Punk rock party“ sind zwar klasse Songs,<br />

aber insgesamt war mir „Strangle All The Boybands“ zu<br />

einseitig prollig. Live macht das noch Sinn, aber zu Hause<br />

und nüchtern irgendwie nicht mehr. „Against The Flow“<br />

hingegen, das 2004 rauskam, klang und klingt wesentlich<br />

reifer und einfach wie ein straightes Streetpunk-Album:<br />

Keineswegs langweilig aber auch nicht auf Teufel komm<br />

raus prollig und lustig. Worauf ich mich aber weitaus mehr<br />

freue als über dieses Re-Release, ist das anstehende neue<br />

Album der Band mit dem Arbeitstitel „Kingdom Of The<br />

Dead“, das für den Sommer ansteht, sowie die obligatorische<br />

Tour. Ich bin mal gespannt. (73:00) Claudia Luck<br />

FRANK BLACK<br />

93-03 CD<br />

Cooking Vinyl/Indigo | Ich dachte zwar, ich würde mal<br />

zwei Monate lang <strong>von</strong> einer neuen Frank Black-Platte verschont,<br />

da erscheint doch zufälligerweise ein „Best Of“ des<br />

ehemaligen PIXIES-Frontmannes, wenn man deren Reunion<br />

als eher temporäres Ereignis versteht. Der berühmtberüchtigte<br />

Karriereüberblick also mit 22 Tracks plus einem<br />

versteckten neuen Song vom kommenden Album.<br />

Die ersten vier Songs, „Los Angeles“, „Ten percenter“,<br />

„Czar“ und „Old black dawning“, sind auch noch richtig<br />

klasse, stammen sie doch <strong>von</strong> Blacks erster, durchweg guter<br />

1993er Solo-Platte, was Besseres hat der Mann niemals<br />

mehr gemacht, zumal er da noch nicht völlig den Kontakt<br />

zum PIXIES-Sound verloren hatte und hier CAPTAIN<br />

BEEFHEART/PERE UBU-Mitstreiter Eric Drew Feldman<br />

beteiligt war. „I want to live on an abstract plain“, „Calistan“,<br />

„Speedy Marie“, „Headache“ und „Freedom rock“<br />

vom 1994er Nachfolger „Teenager Of The Year“ gehen auch<br />

noch okay, wobei sich Black hier schon deutlich konventioneller<br />

präsentiert und offenbar <strong>von</strong> einem komischen<br />

Singer/Songwriter-Virus befallen ist, was seitdem alle seine<br />

Platten auszeichnet. Mit „The Cult Of Ray“ war Black<br />

aber bereits 1996 an einem seltsamen Tiefpunkt angekommen,<br />

denn der redundante Radiorock der Platte konnte<br />

höchstens Besucher irgendwelcher Riesenfestivals begeistern.<br />

Seitdem produziert Black leider nur noch Platten, die<br />

den einen oder anderen durchaus sehr schönen Song besitzen,<br />

aber wirklich in keinster Weise die Brillanz der frühen<br />

PIXIES – auch die hatten nach „Doolittle“ ihren Zenit<br />

überschritten – oder seiner ersten Platte besitzen, halt<br />

Rockmusik für eher anspruchslose Gemüter, die höchstens<br />

noch durch Blacks charakteristischen Gesang eine besondere<br />

Note bekommt. Wer also bereits diverse Black-Platten<br />

im Schrank stehen hat, braucht diese Compilation sicherlich<br />

nicht, ansonsten würde ich eher die Anschaffung<br />

<strong>von</strong> dessen ersten beiden Platten empfehlen. Und der neue<br />

Song „Threshold apprehension“ klingt überraschenderweise<br />

doch wieder verstärkt nach den PIXIES, vielleicht<br />

kann uns Black ja doch noch mal wirklich überraschen.<br />

<strong>Thomas</strong> Kerpen<br />

BUSINESS<br />

Keep The Faith CD<br />

Captain Oi!/Cargo | 1994 erschien dieses Album der auch<br />

damals schon alten Oi!-Helden um Micky Fitz zum ersten<br />

Mal, damals auf Century Media. Die Platte wurde zu<br />

der Zeit als Comeback-Album der Band gefeiert, was sie<br />

ja auch war, denn obwohl man sich nie aufgelöst hatte, gab<br />

es etwa sechs Jahre lang nichts <strong>von</strong> THE BUSINESS zu hören.<br />

Nach dreizehn Jahren ist es dann auch okay, ein Album<br />

das tatsächliche eine ganze Reihe der größten Hits <strong>von</strong> THE<br />

BUSINESS enthält, für die vielen nachgewachsenen Fans<br />

noch mal neu zu veröffentlichen. Und wenn, dann natürlich<br />

remastert und im Digipak. Und auch selbstverständlich,<br />

dass das Mark „Captain Oi!“ Brennan macht, der ja<br />

nicht zuletzt auch selbst einst bei THE BUSINESS den Bass<br />

quälte. Neben Klassikern wie „Maradona“, „Viva Bobby<br />

More“ und „Backstreet Billy“ gibt es noch als Bonus „Anywhere<br />

but here“ <strong>von</strong> der gleichnamigen EP und die Singleversionen<br />

<strong>von</strong> „All out“ und „You’re going down in history“.<br />

Die Aussage, dass die Band mit dem Album, Zitat: „den<br />

Grundstein für die gesamte Streetpunk-Bewegung gelegt“<br />

habe, halte ich zwar für ein ganz klein wenig vermessen,<br />

aber mit einem großartigen Album haben wir es hier trotzdem<br />

zu tun und wer es nicht sowie schon hat, für den würde<br />

es sich anbieten, das jetzt nachzuholen. (46:06)<br />

Claudia Luck<br />

BROTHER BRICK<br />

Stranded In The Nineties 2CD<br />

offthehip.com.au | Das in Melbourne ansässige Label Off<br />

The Hip veröffentlicht nicht nur CDs aktueller australischer<br />

Bands, sondern sieht sich auch in vorbildlicher Weise<br />

der Traditionspflege verpflichtet. Und so erscheinen<br />

hier regelmäßig komplette Werkschauen <strong>von</strong> Bands, die<br />

nicht unbedingt immer in vorderster Reihe standen, aber<br />

der weltweiten Gemeinde <strong>von</strong> Kennern des Aussie-Rocks<br />

durchaus bekannt sind. Der neueste Release ist BROT-<br />

HER BRICK gewidmet, die in den Neunzigern in Sydney<br />

aktiv waren und auf einer ganzen Reihe <strong>von</strong> Releases<br />

eine schnörkellose Mischung aus Detroit-Rock, Punk und<br />

klassischem Oz-Rock zu Gehör brachten. Über die Jahre<br />

spielten bei der aus Ex-Mitgliedern <strong>von</strong> PROTON EN-<br />

ERGY PILLS und HORNY TOADS bestehenden Band auch<br />

(Ex-)Mitglieder <strong>von</strong> ASTEROID B-612, CELIBATE RIF-<br />

LES, TUMBLEWEED und NEW CHRISTS, und wenn man<br />

sie musikalisch in die Nähe <strong>von</strong> RADIO BIRDMAN und<br />

SAINTS rückt, wird sicher niemand eingeschnappt reagieren<br />

– oder das gar als Anmaßung auffassen. Enthalten sind<br />

hier alle Studioaufnahmen, inklusive der des auf dem französischen<br />

Label Hellfire Radio erschienen Albums „A Portable<br />

Altamont“, der Debüt-EP „Getting Beyond The Shit“<br />

und der 7“ auf Estrus, und die ganze, ausführliche Story<br />

lässt sich im dicken, reich bebilderten Booklet der Doppel-CD<br />

nachlesen. Pflichtstoff für jeden Oz-Rock-Fan! (8)<br />

Joachim Hiller<br />

BULEMICS<br />

... Still Too Young To Care CD+DVD<br />

scareyrecords.com | Okay, der Hinweis auf dem Sticker,<br />

dass das hier für Freunde der DWARVES und Konsorten ist,<br />

macht gleich zwei Dinge deutlich: 1. Die BULEMICS kennen<br />

weniger Leute als die DWARVES. 2. Es hat einen Grund,<br />

warum dem so ist! Selbst Austin, Texas reißt da nicht die<br />

Latten vom Zaun, denn auch in der hipsten Stadt gibt es<br />

Bands, die nicht für die erste Liga taugen. Und die BULE-<br />

MICS waren nie erstligatauglich, so Leid mir das auch tut.<br />

Na, eigentlich tut’s mir überhaupt nicht Leid. Das Sammelsurium<br />

aus allen Schaffensphasen der Band haut mich<br />

ebenso wenig vom Hocker wie die DVD mit Live-Aufnahmen,<br />

Fotogalerie, Clips und dem ganzen Schnickschnack.<br />

Aber es muss ja auch Leute geben, die auf die weniger gut<br />

aussehenden Mädchen abfahren. (4) kalle stille<br />

OX-FANZINE 70

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