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REVIEWS - Webseite von Thomas Neumann

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<strong>REVIEWS</strong><br />

HELL IS FOR HEROES<br />

s/t CD<br />

golfrecords.co.uk | Das kann kein gutes Zeichen sein! Da<br />

erscheint ein neues Album dieser feinen englischen Indierocker<br />

und kein Mensch weiß da<strong>von</strong>?! Ungewiss scheint<br />

gar, in welcher Form das<br />

dritte und selbst betitelte<br />

Album der fünf aus<br />

London hierzulande erscheinen<br />

wird, da bisher<br />

nur bekannt ist, dass es<br />

in England Mitte Juni auf<br />

dem englischen Golf Records-Label<br />

erscheinen<br />

soll. Nun ja, hoffen wir,<br />

dass sich eines der größeren<br />

europäischen Indies<br />

wieder für HELL IS FOR<br />

HEROES erwärmen kann<br />

und Kontinentaleuropa das neue Album der Band um Sänger<br />

Justin Schlosberg zugänglich machen wird. Denn die<br />

neue Platte ist nach dem 2005er „Transmit Disrupt“, für<br />

das sich damals Burning Heart erwärmen ließ, ein kleines<br />

Meisterwerk geworden, auf dem sich die Band in Melancholie<br />

einwickelt und dem Hörer dabei einen ergreifenden<br />

Song nach dem anderen präsentiert. Seien es Gitarrenwände,<br />

die sich in THURSDAY-Manier aufbauen und in tieftraurigen<br />

Refrains gipfeln. Seien es die ruhigen Momente<br />

des Albums, die HIFH nutzen, um den Hörer langsam aber<br />

sicher an introvertiert-dunkle Songstrecken heranzuführen<br />

und ihm mit Midtempo-Drums, fast dramatischen Gesangbögen<br />

und ausdauernden Gitarren zeigen, wie sich in<br />

elf Songs Nachdenklichkeit auf ganz hohem Niveau umsetzen<br />

lässt. Diese Band darf nicht mehr länger ein Geheimtip<br />

bleiben, denn die Emotionen, die HIFH hier freisetzen,<br />

sind subtiler als alles, was die Band bisher gemacht<br />

hat. Mehr denn je fesselt die Band den Hörer und liefert eines<br />

der schönsten Alben des Jahres ab, ohne auch nur an einer<br />

Stelle nach Emo oder sonstigen Modelabels zu klingen.<br />

Groß! (42:58) (9)<br />

Lauri Wessel<br />

HANDSOME FURS<br />

Plague Park CD<br />

Sub Pop/Cargo | Eine feine kleine Platte: Dan Boeckner,<br />

sonst Frontmann <strong>von</strong> WOLF PARADE, überzeugte letzten<br />

Winter seine Partnerin Alexei Perry <strong>von</strong> der Notwendigkeit,<br />

zusammen Musik zu machen. Ein Drummer war in<br />

Form einer Maschine schnell gefunden, Gitarre und Gesang<br />

kein Problem, und so entstand dieses minimalistische<br />

Album, irgendwo zwischen dem eigenwilligen Folk <strong>von</strong><br />

WOLF PARADE, SUICIDE und Springsteen-Balladen. Mehr<br />

kann und will ich zu diesem seltsam faszinierenden, unter<br />

die Haut gehenden Album nicht schreiben – ausprobieren<br />

und angetan sein. (36:31) (7)<br />

Joachim Hiller<br />

HOMER<br />

Swan Songs For Broken Voices CD<br />

funtimerecords.com | Es ist so eine Sache mit Bandnamen,<br />

denn sie vermitteln dem Hörer noch vor dem Hören<br />

einen ersten Eindruck <strong>von</strong> dem, was ihn erwartet und<br />

die Bildung <strong>von</strong> Vorurteilen ist hier alles andere als ausgeschlossen.<br />

Entsprechend erwartete ich <strong>von</strong> einer Band, die<br />

sich nach des Deutschen liebsten Comic-Familienvaters<br />

nennt, recht banalen Melodycore. Und nicht das, was die<br />

Belgier hier spielen. HOMER widerlegen alle Erwartungen<br />

an ihren Sound. Sicher, es gibt melodische Punkrock-Momente,<br />

aber eben nur Momente, die sich in den ansonsten<br />

sehr ideenreichen Hardcore-Punkrock-Mix einfügen.<br />

Dieser erinnert durch metallische Parts und entsprechende<br />

Soli mal an DEATH BY STEREO, aber nur um wenig<br />

später mit geradlinigen Hardcore-Parts SICK OF IT ALL<br />

zu zitieren und dann wieder durch gelungene Melodiebögen<br />

die Parallele zu amerikanischem Punkrock zu ziehen.<br />

Dieses Album hat wirklich sehr viele Überraschungsmomente.<br />

Tempowechsel, in denen die Rhythmussektion <strong>von</strong><br />

Geradlinigkeit auf Stakkato umschaltet. Gitarrenlinien, die<br />

aus Melodien in metallische Wände gleiten und einen Sänger,<br />

der sowohl gekonnt schreien als auch singen kann. Ein<br />

beeindruckend energisches Stück Musik mit Aussage und<br />

Feuer! (34:27) (8)<br />

Lauri Wessel<br />

HAPPY BASTARDS<br />

Box Of Hard Knocks CD<br />

profaneexistence.com | Ist das die JEFFERSON AIRPLA-<br />

NE-Sängerin? Über Hardcore-Hippie-Flower-Power in<br />

Eugene, Oregon die Vorliebe zum Hardcore-Punk entdeckt?<br />

Sängerin (Anti-)Christy, auch Kolumnistin bei Profane<br />

Existence, geht mir mit ihrem Geschrei auf einer Frequenz<br />

total auf die Nerven. Musikalisch ist das ansatzweise<br />

düster-wüster, melancholischer Hardcore, der oftmals<br />

zu langatmig ist. Weder die Songs sind sonderlich ausgefeilt,<br />

noch finde ich die musikalische Umsetzung gelungen.<br />

Untere Mittelklasse aus dem D.I.Y.-Anarcho-Crust-Hardcore-Umfeld<br />

des Hauses Profane Existence. (35:31) (5)<br />

Simon Brunner<br />

HERO DISHONEST<br />

When The Shit Hits The Man LP/CD<br />

combatrockindustry.com | Ein sehr schöner Albumtitel,<br />

den die Finnen sich für ihr viertes Album ausgesucht haben,<br />

und auf dem Foto auf der Booklet-Rückseite sehen sie<br />

auch beinahe so aus: total verschwitzt und abgerockt nach<br />

einem Auftritt, irgendwo im Backstageraum. 21 Songs in<br />

knapp über 25 Minuten sprechen auch hier wieder eine<br />

deutliche Sprache: Gefangene werden nicht gemacht, nach<br />

einer Minute sollte eine Nummer eigentlich durch sein.<br />

Und wer DEEP WOUND covert („Saw it“) beweist sowieso<br />

Geschmack und Stil. 1999 gegründet, verschrieben sich<br />

HERO DISHONEST seitdem kompromisslos dem Hardcore,<br />

thrashen fast ausnahmslos („Road to the arctic ocean“<br />

ist so eine) ohne Gefangene zu machen ihre Songs runter,<br />

treten das Erbe der leider aufgelösten WRANGLER BRUTES<br />

an und kicken mindestens so geil wie die frühen BLACK<br />

FLAG, wie D.R.I. zu „Dealing With It“-Zeiten und haben<br />

dabei die Wucht <strong>von</strong> POISON IDEAs „Feel The Darkness“.<br />

Angenehm auch die große Fähigkeit zur Variation, zu komplexer<br />

Rhythmik, denn das in gerade mal +- 60 Sekunden<br />

hinzubekommen, zeugt <strong>von</strong> erheblichem Können. Und<br />

Humor haben sie obendrein. Jetzt endlich entdecken! (8)<br />

Joachim Hiller<br />

III<br />

I KNEW IT: HURRAY<br />

New Hits: Hurray! LP<br />

iknewit.de | Zu Beginn ein kurzer Exkurs zu dem Bandnamen:<br />

Der Wille, mit dem Bandnamen gleich etwas viel<br />

Umfassenderes auszudrücken als der Combo einfach nur<br />

einen Namen zu verpassen, scheint in letzter Zeit Konjunktur<br />

zu haben. Dass dabei etwas so Angenehmes wie<br />

„Ich wusste es, juhu!“ herauskommt und nicht „Ich wusste<br />

es: Beeilung!“, wie ich beim ersten Hinschauen las, ist doch<br />

sehr schön. Und der Plattentitel nimmt auch noch Bezug<br />

auf den Bandnamen, hier geht man also mit einem Konzept<br />

zur Sache. Hinter jenem steckt leicht trashiger, vorantreibender<br />

Neopunk bis -core, verspielt und abwechslungsreich<br />

mit deutschem Gesang, der wechselweise weiblich<br />

oder männlich vorgetragen wird. Nicht nur musikalisch<br />

haben die Trierer Gemeinsamkeiten mit den Spaniern<br />

IT’S NOT NOT, denn auch diese drei Jungs und das eine<br />

Mädel spielen in diversen anderen Vereinigungen. Genauso<br />

hört man Elemente, die man aus dem höheren Norden<br />

kennt: verdrehte Texte, teils gesprochen, teils geschrieen,<br />

mit Schrammelgitarre und vielen Laut-leise-Teilen. Allerdings<br />

fehlt stellenweise noch etwas die Energie, die diese<br />

Art Musik ausmacht. Aber dank 16-Spur-Bandmaschine<br />

ein der Musik angepasst rotziges Debütalbum. (29:31) (6)<br />

Christoph Schulz<br />

INSTANT ASSHOLE<br />

Straight Edge Failure CD<br />

Tankcrimes | Laut, hart, rotzig und schnell, so muss gescheiter<br />

Hardcore-Punk sein, sonst ist das nix. Es scheint<br />

auch noch Bands zu geben, die dieses Prinzip <strong>von</strong> Grund<br />

auf verstanden haben. Guter handgemachter thrashiger<br />

80er Jahre Hardcore, das pinkeln INSTANT ASSHOLE<br />

förmlich gegen den Wind. Diese CD wurde bereits 2005<br />

auf Tankcrimes Records veröffentlicht, warum habe ich<br />

dieses Prachtstück erst jetzt in die Finger bekommen? John<br />

The Baker brüllt die Songs so fantastisch aggressiv-dreckig<br />

ins Mikro, dass man schon in den ersten Sekunden beim<br />

Hören dieser CD im heimischen Wohnzimmer beginnt, das<br />

Sitzmöbel aus der Zimmermitte zu rücken, um mit Vollgas<br />

einen Moshpit zu eröffnen. DEAD KENNEDYS, MDC und<br />

die guten alten DIRTY ROTTEN IMBECILES tanzen darauf<br />

einen beinharten Ringelrein, das steht fest. Zu dem liegt<br />

auch hier in der Kürze die Würze, 16 Songs in 16 Minuten<br />

und zwei Sekunden, wobei „Satan“ mit 1 Minute und 37<br />

Sekunden schon fast eine epische Länge aufweist und sich<br />

regelrecht im Ohr fest beißt. Fantastisch! (16:02) (9)<br />

JeNnY Kracht<br />

ICARUS LINE<br />

Black Lives At The Golden Coast CD<br />

v2music.com | Mit ihrem zweiten Album „Penance Soiree“<br />

<strong>von</strong> 2005 hatten THE ICARUS LINE einen verblüffenden<br />

Soundwechsel vollzogen, waren komplexer und vielfältiger,<br />

aber auch düsterer<br />

geworden und stellten<br />

ihren feurigen, aggressiven<br />

Live-Shows<br />

endlich auch das passende<br />

Album zur Seite. Essentieller<br />

Teil der Band,<br />

so schien es, war Gitarrist<br />

Aaron North, seines<br />

Zeichens auch Teilhaber<br />

<strong>von</strong> Buddyhead Records<br />

und für seine rotznasige<br />

Attitüde bekannt. Doch<br />

North ist seit 2005 raus,<br />

wechselte zu NINE INCH NAILS – und man konnte gespannt<br />

sein, inwiefern sich sein Abgang auf den Sound <strong>von</strong><br />

THE ICARUS LINE auswirken würde. Nun, auf jeden Fall<br />

hat sich hier nichts zum Schlechteren gewendet, erweist<br />

sich die neue Besetzung unter Führung <strong>von</strong> Frontmann Joe<br />

Cardamone als genauso mitreißend, ist „Black Lives ...“ ein<br />

feuriges, düsteres Noiserock-Album, das durch seine Vielschichtigkeit<br />

begeistert. Kein Song gleicht hier dem anderen,<br />

die Struktur der Stücke ist komplex, erinnert bisweilen<br />

sogar an THE MARS VOLTA, ohne jedoch deren durchaus<br />

nervende Progrockigkeit nachzuahmen. Stattdessen<br />

treffen hier JESUS LIZARD auf THE JESUS AND MARY<br />

CHAIN, Hardcore auf Psychedelic Rock, Aggressivität auf<br />

samtige Relaxtheit („Victory gardens“), und ich denke, die<br />

Band hat den Abgang Norths nicht nur gut verkraftet, sondern<br />

sich auch noch gesteigert. Ein kleines Meisterwerk.<br />

(43:52) (8) Joachim Hiller<br />

INSENSE<br />

The Silent Epidemic CD<br />

Black Balloon/Soulfood | Die Norweger haben mitunter<br />

die Tendenz, alles ein wenig weiter zu treiben, als andere<br />

das vielleicht machen würden, und INSENSE, die zu ihren<br />

SLIPKNOT- und PANTERA-Riffs auch noch theatralischen<br />

Gesang bieten, denken gar nicht daran die Neunziger<br />

ruhen zu lassen. Brachial, aber recht einfallslos. Textlich ist<br />

mir das Album zu viel zu prollig, da fehlt mir die Raffinesse<br />

und schlichtweg der gemeinsame Nenner. (48:35) (4)<br />

<strong>Thomas</strong> Eberhardt<br />

INNER CONFLICT<br />

Schiffbruch im Rahmenprogramm CD<br />

twisted-chords.de | Aus irgendeinem Grunde, an den ich<br />

mich nicht mehr erinnere, hatte ich INNER CONFLICT in<br />

meinem Hinterkopf als eher miese Band abgespeichert.<br />

Aber warum, kann ich echt nicht nachvollziehen, denn<br />

zumindest das neue Album „Schiffbruch im Rahmenprogramm“<br />

ist – auch wenn der Titel doch arg an schlechten<br />

Hamburger Studenten-Emo erinnert – ziemlich groß. Von<br />

vorne bis hinten gibt es melodischen, melancholischen,<br />

aber dennoch schnellen und harten Punkrock mit abwechselnd<br />

weiblichem und männlichem Gesang, der eine Stimmung<br />

verbreitet, die mich stark an „Club Matuchek“ der<br />

BAMBIX erinnert. Auch die durchgehend deutschen Texte<br />

sind sehr gelungen, und mit „Letzte Rettung“, „Sturmfrei“,<br />

„En vogue“, „Restposten“ und „Kühlhauseffekt“ ist direkt<br />

eine ganze Hand voll Ohrwurmhits auf der CD, die übrigens<br />

im ansprechend gestalteten Digipak kommt. Schönes<br />

Ding. (33:11) (8)<br />

Jan Eckhoff<br />

ILEGALITY<br />

Sami Proti Sebe... CD<br />

phr.cz | Sehr kurzweiliger, rauher und rockiger Punk mit<br />

einem leichten Hang zum Hardcore. ILEGALITY selbst sehen<br />

sich in der Tradition slowakischer Bands wie OST-<br />

ROV P oder DO NOT X-RAY. Das müssen keine schlechten<br />

Bands sein, angesichts der enormen Energie und der<br />

coolen Arrangements, die ILEGALITY hier an den Tag legen.<br />

Trotz eingängiger Drei-Akkord-Mechanismen sind<br />

die Songs selten berechenbar und behalten den angenehm<br />

permanenten Druck nach vorne, wenn auch manchmal zu<br />

langatmig. Aggressiv, düster und schnell zerren ILEGALITY<br />

dreißig Minuten an den Nerven und hinterlassen ein manisches<br />

Grinsen. (31:04) (7)<br />

Simon Brunner<br />

ION DISSONANCE<br />

Minus The Herd CD<br />

centurymedia.com | Der Einfluss der schwedischen Chaos-Thrasher<br />

MESHUGGAH wird bei den kanadischen Deathcorelern<br />

ION DISSONANCE überdeutlich. Im Gegensatz<br />

zu genreverwandten Konsorten bedient man sich jedoch<br />

eher bei den Blaupausen und ist hörbar bemüht, sich nicht<br />

in vertrackten Rifffolgen zu verlieren sondern durch Tempowechsel<br />

eine gewisse Eigenständigkeit zu erzeugen, was<br />

erfreulicherweise auch gelingt. Zwar dürfte eingeschworenen<br />

Metallern dieser Mix wohl zu „Hardcore“ sein, und ich<br />

wette, live dürften sich ziemlich viele Moshpit-Spastis bei<br />

den Herren eher wohler fühlen als bei dem großen schwedischen<br />

Aushängeschild, mir gefällt „Minus The Herd“<br />

dennoch ganz gut. Trotz allem Stakkato nachvollziehba-<br />

/RE-RELEASES<br />

45 GRAVE und CHRISTIAN DEATH waren sie in den frühen<br />

Achtzigern Teil der südkalifornischen Deathrock/Gothpunk-Szene,<br />

beeinflusst <strong>von</strong> britischen Bands wie BAU-<br />

HAUS, KILLING JOKE und JOY DIVISION, ergänzt um gewisse<br />

Industrial-Einflüsse, die sie stellenweise in die Nähe<br />

<strong>von</strong> SAVAGE REPUBLIC rücken – und auf deren bandeigenem<br />

Label Independent Project war ihr jüngst neu aufgelegtes<br />

Debütalbum ja auch erschienen. Wie viel stärker das<br />

Coverartwork im LP-Format wirkt, kann man hier sehen:<br />

In voller Größe war das Motiv sicher sehr beeindruckend,<br />

so geht eine Menge Details verloren. Mata hatte in Collagentechnik<br />

vor einer Schweizer Bergkulisse einen riesigen<br />

roten Penis auf eine Almwiese montiert, um diesen herum<br />

kopulierende Paare. Nicht der Stoff also, aus dem Hitplatten<br />

werden ... Wer immer ein Faible hat für den druckvollen,<br />

düsteren Post-Punk/Wave-Rock jener Zeit, sollte<br />

sich dieses auch heute noch soundmäßig überzeugende<br />

Album unbedingt anhören. Kommt mit Live-Bonustracks<br />

aus dem Jahre 1983 sowie ausführlichen Linernotes <strong>von</strong><br />

Patrik Mata. (61:37) (8)<br />

Joachim Hiller<br />

KO AND THE KNOCKOUTS<br />

s/t CD<br />

wickedcoolrecords.com | Bereits vor fünf Jahren erschien<br />

das titellose Debütalbum der Detroiter Kapelle KO & THE<br />

KNOCKOUTS, nun ist es auf Wicked Cool Records erneut<br />

veröffentlicht worden. Und das ist auch gut so. Denn das<br />

charmante Trio mit der niedlichen Ko am Bass spielt einfach<br />

zuckersüßen Girl-Group-lastigen Powerpop, der seinesgleichen<br />

allenfalls bei den Kollegen <strong>von</strong> den DETRO-<br />

IT COBRAS findet. Gitarrenmäßig klingt hier einiges ähnlich<br />

wie bei den Cobras, doch der Gesang ist doch um einiges<br />

frischer als bei der ständig genervt und gelangweilt<br />

wirkenden Edelzicke Rachel Nagy. Außerdem können die<br />

KNOCKOUTS den Cobras ein paar linke Haken dadurch<br />

verpassen, dass sie einfach sehr viel gutes eigenes Songmaterial<br />

haben, das ist bei den Cobras ja immer schon Mangelware<br />

gewesen. Also ein Sieg nach Punkten für KO. (8)<br />

Gereon Helmer<br />

MERZ<br />

s/t 2CD<br />

Grönland/Sony | Lange sieben Jahre hatte Conrad Lambert<br />

sich Zeit genommen, um den letztjährigen Nachfolger<br />

zum selbstbetitelten Debüt einzuspielen. 1999 als „englischer<br />

Beck“ das nächste dicke Ding zu sein, hatte an ihm<br />

genagt und zuletzt fand er sich sogar auf dem Arbeitsamt<br />

wieder. Bis in diesem Jahr sein neues Album erscheint,<br />

kann man sich mit eben jenem Erstling die Zeit vertreiben,<br />

der seinerzeit – glaubt man damaligen Reviews – die Latte<br />

so hoch legte. In der Herangehensweise BADLY DRAWN<br />

BOY nicht unähnlich bediente er sich bei den einzelnen<br />

Songs bei verschiedensten Quellen – hier lässt er die Streicher<br />

flirren, dort baut er seinen Songs um Sequencer-Beats<br />

herum auf und spart nicht an akustischer Gitarrenbegleitung.<br />

Im besten Fall gelingt ihm ein Song wie „Lotus“, bei<br />

dem sich die Elemente (ein zurückhaltendes Piano, zaghafte<br />

Hörner und Drum’n’Bass-Elektronik) wunderbar ergänzen.<br />

Oft kaschieren diese hörenswerten Verbindungen<br />

jedoch nicht, dass die Songs selbst nicht eindeutig zünden<br />

wollen. Einen mediokren Song kann auch der bunteste<br />

Schmuck nicht verbessern – womit wir ganz nebenbei<br />

wieder bei besagtem Beck wären. Da gilt das Gleiche wie<br />

für den Zweitling: Interessant, aber soundtechnisch dann<br />

vollkommen der Jahrtausendwende verpflichtet, wird das<br />

Ganze auf der Bonus-CD, wo es in Form <strong>von</strong> Remixen ein<br />

Wiedersehen unter anderem mit House und 2-Step gibt –<br />

das ist dann schon richtig unterhaltsam. Der MOUSE ON<br />

MARS-Remix <strong>von</strong> besagtem „Lotus“ zeigt dann einmal<br />

mehr, dass auch durch Remixe Zeitloses entstehen kann<br />

und im Falle vom neu arrangierten Albumtrack „Blues became“<br />

wird klar, dass eine klassische Band MERZ sehr gut<br />

tun könnte. (52:42) (6)<br />

Christian Maiwald<br />

MONKS<br />

Demo Tapes 1965 CD<br />

playloud.org | Aus dem gleichen Hause wie der MONKS-<br />

Film kommt nun ein weiteres exzellentes Dokument über<br />

die Musikgeschichte schreibenden Tonsurträger. Das heißt,<br />

als diese Demo-Aufnahmen<br />

1965 in Ludwigsburg<br />

nahe Stuttgart<br />

entstanden, waren<br />

die MONKS noch langhaarig<br />

und eben erst aus<br />

den FIVE TORQUAYS<br />

hervorgegangen. Zusammen<br />

mit ihren „Erfindern“<br />

und Produzenten<br />

Niemann und Remy<br />

entstanden erste Versionen<br />

der ein Jahr später<br />

auf dem „Black Monk<br />

Time“ perfektionierten Songs, zwei Tracks, die hier noch<br />

enthalten sind („Pretty Suzanne“ und „Hushie pushie“),<br />

verschwinden wieder aus dem Repertoire, zwei andere<br />

(„Complication“ und „Shut up“) sind noch nicht dabei,<br />

doch die Qualität ist alles andere als rumpliger Kellersound,<br />

sondern faszinierend frisch und crisp – deutsche<br />

Toningenieurskunst bei der Arbeit. Eine ausführliche Würdigung<br />

der MONKS fand ja bereits in Ox #69 statt, deshalb<br />

der Hinweis auf den Artikel dort, den Dokumentarfilm<br />

„Monks – The Transatlantic Feedback“ sowie die ausführlichen<br />

Linernotes im zwölfseitigen Booklet. Als Bonus<br />

gibt’s noch zwei Songs der FIVE TORQUAYS. Die perfekte<br />

Ergänzung zum „Black Monk Time“-Album. (38:34) (8)<br />

Joachim Hiller<br />

GARY NUMAN<br />

The Complete John Peel Sessions CD<br />

Maida Vale/Cooking Vinyl | Gleich zweimal innerhalb eines<br />

halben Jahres kam Gary Numan zur Ehre einer Peel-<br />

Session: Am 16 Januar, drei Monate vor dem Release des<br />

zweiten TUBEWAY ARMY-Albums „Replicas“, spielte man<br />

in den Heiligen Hallen der BBC „Me I disconnect from<br />

you“, „Down in the park“ und „I nearly married a human“<br />

ein, und kurz nach dem Release des epochalen Longplayers<br />

mit dem Dauerhit „Cars“ dann vier weitere Songs, darunter<br />

eine interessante Version <strong>von</strong> „Cars“. 22 Jahre später kehrte<br />

Numan dann zurück, und so entstanden im Juli 2001, passend<br />

zum just erschienenen „Pure“-Album, neun weitere<br />

Aufnahmen, und neben neuen Songs finden sich hier auch<br />

wieder „Cars“ und „Down in the park“, die auch in ihrem<br />

neuen, mit sehr metallischer Gitarre versehenen Sound<br />

überzeugen. Durchaus eine lohnenswerte Ergänzung, sofern<br />

man bereits im Besitz der ersten beiden Gary Numan/<br />

TUBEWAY ARMY-Alben ist. Kommt mit ausführlichen Linernotes<br />

im Booklet. (76:57) (7) Joachim Hiller<br />

OUTCASTS<br />

The Punk Singles Collection CD<br />

cherryred.co.uk | Eine Neuauflage der bereits vor ein<br />

paar Jahren erschienenen Quasi-Best-Of-Zusammenstellung<br />

der OUTCASTS, die zusammen mit den STIFF LITTLE<br />

FINGERS einst die wichtigste<br />

nordirische Punkband<br />

waren. Zwei Alben<br />

veröffentlichte die 1979<br />

<strong>von</strong> den Brüdern Martin,<br />

Colin und Greg Cowan<br />

gegründete Band bis zur<br />

Trennung 1985 (das Debüt<br />

„Self Conscious Over<br />

You“ ist via Captain Oi!<br />

erhältlich), und hier finden<br />

sich alle Tracks der<br />

neun Singles. Los geht’s<br />

mit „Frustration“,„Justa<br />

nother teenage rebel“ und „Self conscious over you“, einer<br />

perfekten Verbindung aus aggressiver Rotzigkeit und grölig-poppigen<br />

Melodien. In der zweiten Hälfte ihrer Karriere<br />

wurden die OUTCASTS dann rocknrolliger, hatten sie<br />

schon mit dem grandiosen „Magnum force“ einen gewissen<br />

CLASH-Touch bekommen und schreckten auch vor<br />

bissigen Rock-Riffs nicht zurück, was sich auf dem 1983<br />

auf New Rose erschienenen Album „Blood & Thunder“ sowie<br />

der Abschieds-12“ „Seven Deadly Sins“ fortsetzte. Da<br />

wie hier ist das eigenwillige „Nowhere left to run“ enthalten,<br />

die exzellente Coverversion „Ruby“, das psychobillyhafte<br />

„Seven deadly sins“ sowie eine gelungene Neueinspielung<br />

<strong>von</strong> „1969“. Bis heute ist mir unverständlich, warum<br />

die OUTCASTS immer ein Außenseiterdasein fristeten<br />

(Lag es am Ende am Fluch des Namens ...?), sind sie<br />

doch eine musikalisch vielschichtige, rundum mitreißende<br />

Band, die es heute noch verdient hat entdeckt zu werden<br />

– am besten mit dieser Zusammenstellung, für die Mark<br />

„Captain Oi!“ Brennan die Linernotes geschrieben hat.<br />

(76:52) (9) Joachim Hiller<br />

RODDY RADIATION’S SKABILLY REBELS<br />

Blues Attack CD<br />

roddyradiation.com | Vom Meister Roddy Byers persönlich<br />

zugesandt, schneite mir kürzlich diese Vorabversion<br />

der kommenden neuen SKABILLY REBELS-Kompilation<br />

„Blues Attack“ ins Haus. Für die, denen der Name kein<br />

Begriff ist: der Mann war Originalmitglied der legendären<br />

Englischen 2Tone-Band THE SPECIALS und hat für die einige<br />

meiner persönlichen Lieblings-SPECIALS-Songs aller<br />

Zeiten geschrieben, so zum Beispiel „Concrete jungle“ und<br />

„Hey little rich girl“. Und mit den SKABILLY REBELS hat er<br />

es geschafft, seine Leidenschaft für Ska oder besser gesagt<br />

2Tone und Rockabilly zu verbinden. Und außer ihm und<br />

den LONG TALL TEXANS, die das auf einigen Alben auch<br />

gekonnt mixen, scheint das sonst keiner hinzubekommen.<br />

Dafür kann Roddy Byers, der darüber hinaus noch ein ausgesprochener<br />

Sympath ist, das um so besser. Und so kann<br />

ich auch einige der Songs der SKABILLY REBELS, die jetzt<br />

in Neuaufnahme auf der neuen Zusammenstellung erscheinen<br />

werden, jetzt schon guten Gewissens als Hits bezeichnen,<br />

allen voran natürlich „Blues attack“, „Black Zodiac“<br />

und „Doldrums“. Ich hatte schon mal das Vergnügen<br />

Roddy und seine Kollegen live zu sehen und hoffe, dass<br />

man in Deutschland bald wieder in den Genuss kommt.<br />

Claudia Luck<br />

RIVALS<br />

... If Only CD<br />

Binliner/detour-records.co.uk | Binliner Records hat<br />

es sich zur Aufgabe gemacht, (beinahe) vergessene frühe<br />

Punkbands wieder zurück ins Licht zu bringen, und dieses<br />

noble Ansinnen ließ man nun den kurzlebigen RIVALS aus<br />

dem Londoner Umland angedeihen, die zwischen 1976<br />

und 1981 existierten und es auf nicht mehr als zwei Singles<br />

brachten. Immerhin bringt es diese CD dann aber doch auf<br />

20 Titel, und auch wenn die RIVALS selbst kaum jemandem<br />

bekannt sein dürften, so haben es doch zwei Leute aus<br />

ihrem Umfeld zu Bekanntheit gebracht: Ihr Drummer Paul<br />

Daley wurde später mit LEFTFIELD bekannt, und ihr Kumpel<br />

Roi gründete mit LAST RESORT eine eigene, später wesentlich<br />

bekanntere Band, die sich bei den RIVALS deren<br />

Song „Rose of England“ liehen und bekannt machten. Jener<br />

Song wie das exzellente „Future rights“ sind hier enthalten,<br />

und wer angesichts der Bandgeschichte hier rumplige<br />

Demo-Songs erwartet, dem kann ich Entwarnung geben:<br />

Fast alle Tracks beeindrucken durch einen messerscharfen,<br />

klaren Sound, und die hochmelodiösen, durch einen treibenden<br />

Gitarrensound geprägten Songs erinnern mich immer<br />

wieder an die exzellenten OUTCASTS aus Nordirland.<br />

Alles in allem ein lohnenswerter Release für Fans klassische<br />

UK-Punks, der sich labeltypisch durch ein dickes Booklet<br />

mit allen wichtigen Informationen auszeichnet. Auch nach<br />

20 Jahren noch ein Geheimtip. (55:39) (7) Joachim Hiller<br />

SAVAGE REPUBLIC<br />

Tragic Figures CD<br />

Ceremonial + Trudge CD<br />

Jamahirya CD<br />

Customs CD<br />

mobilization.com | So lange es Releases wie diese gibt,<br />

so lange wird der Datentrack auf einer Computer-Festplatte<br />

das Medium der Dummen bleiben, das Medium jener,<br />

die Tiefkühlkost einem<br />

selbstgekochten<br />

Menü vorziehen, eine<br />

DVD einem Kinobesuch,<br />

den Computerchat dem<br />

Kneipengespräch. In Kooperation<br />

der beiden SA-<br />

VAGE REPUBLIC-Gründer<br />

Mark Erskine (Betreiber<br />

des Labels Mobilization<br />

Recordings)<br />

und Bruce Licher (heute<br />

nicht mehr aktiver Teil<br />

der Band, aber als Kopf<br />

<strong>von</strong> Independent Project Records seit frühen Bandtagen<br />

verantwortlich für LP- und CD-Verpackungen) wurden<br />

jüngst die klassischen SAVAGE REPUBLIC-Releases aus den<br />

Achtzigern in wunderschöner Aufmachung (handgemachte<br />

Karton-Wrap-Booklets mit Prägedruck) neu aufgelegt.<br />

Die Ursprünge <strong>von</strong> SAVAGE REPUBLIC gehen zurück auf<br />

die Punk- und Hardcore-Szene des Los Angeles der frühen<br />

Achtziger, als Bruce Licher, Mark Erskine und Jackson<br />

Del Rey die Band AFRICA CORPS gründeten und später,<br />

nach dem Einstieg <strong>von</strong> Jeff Long <strong>von</strong> WASTED YOUTH,<br />

den Namen in SAVAGE REPUBLIC änderten. „Tragic Figures“<br />

hieß das erste Album, es folgten diverse Besetzungswechsel:<br />

Ende 1983 holte Bruce Licher drei neue Mitglieder<br />

in die Band, Greg Grunke, Thom Fuhrmann und Ethan<br />

Port, und bis zur Auflösung 1989 spielte und nahm man<br />

OX-FANZINE 74

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