REVIEWS - Webseite von Thomas Neumann
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<strong>REVIEWS</strong><br />
Um richtig zu punkten, fehlt es den Songs, die im Midtempo-Hardcore-Bereich<br />
anzusiedeln sind und immer einen<br />
leichten Hang zum Metal haben, einfach an Eigenständigkeit<br />
und Durchschlagskraft. Obendrein sind sie allesamt in<br />
meinen Augen einfach zu gleich gestrickt, um lange hängen<br />
zu bleiben. So ist die Halbwertszeit dieser MCD einfach<br />
zu kurz. (13:24) (6)<br />
Tobias Ernst<br />
L.A.K.<br />
Verdammtes Leben CD<br />
nix-gut.de |. „Verdammtes Leben“ heißt das in diesem<br />
Jahr erschienende neue Album <strong>von</strong> LUST AUF KUNST aka<br />
L.A.K. Der Albumtitel hat einen melancholischen Touch,<br />
den auch einige Songs mittragen („Warum“, „Trauer Wut<br />
Enttäuschung“). Aber wie im wahren Leben gibt es neben<br />
Tiefen auch Höhen und daher gesellen sich auf dieser Platte<br />
auch schöne vor Lebensenergie strotzende Titel hinzu.<br />
Dabei stechen vor allem die ohrwurmverdächtigen Beiträge<br />
„Damals warst du still“ sowie die Liebeserklärung an<br />
den Punkrock „Mehr als Musik“ hervor. L.A.K. spielen guten<br />
soliden Punk im Stil <strong>von</strong> DDP und SUSPEKT. Die massentauglichen<br />
und ab und zu mit einem Saxophon verfeinerten<br />
Stücke laden euch recht herzlich zu deren Konsumierung<br />
ein. (39:04) (7)<br />
Sven Grumbach<br />
LEIF ERICSSON<br />
s/t CD<br />
bombedout.com | Punkrock ist eine schöne Sache. Screamo,<br />
Metalcore, Neocrust, Skapunk, Discomosh, Bolloedgetwostep,<br />
Emopopcorn, Doppelkorncore, und so weiter. All<br />
das ging beziehungsweise geht früher oder später vorbei,<br />
man kann die Uhr danach stellen. Ehrliche Punkrock/HC<br />
Bands, die ihre Nase nicht nach jedem lauwarmen Hype-<br />
Furz drehen, wird es immer geben. THE LEIF ERICSSON<br />
aus England spielen rauhen, ungebügelten Nieselregenpunk,<br />
der Freunden <strong>von</strong> LEATHERFACE und SNUFF ein<br />
Lächeln in das <strong>von</strong> Millionen <strong>von</strong> Bieren leicht verzogene<br />
Gesicht zaubern wird. Einer <strong>von</strong> denen spielt auch zusammen<br />
mit Duncan (SNUFF) bei BILLY NO MATES, das passt.<br />
THE LEIF ERICSSON haben sich 2001 gegründet und seitdem<br />
hat man auf diversen Labels ein paar Split-Platten veröffentlicht.<br />
Zum Beispiel auf In At The Deep End Records,<br />
im Ox- Büro auch „In Den Arsch Records“ genannt (wenn<br />
ich mich recht entsinne). Das hier ist ihr Debütalbum und<br />
es sind elf Songs vertreten. Einer da<strong>von</strong> trägt den Namen<br />
„Göttingen“ und ist wohl nicht gerade als Huldigung an<br />
die sympathische Studentenstadt gedacht („I won’t go back<br />
to the city with the dots on the I’s and the dots on the O’s“ –<br />
haha). Melancholische Gitarren weben den typischen England-Sound,<br />
der sich gewohnt nüchtern und irgendwie<br />
schroff gibt, sich dabei aber mit schönen Melodien und<br />
teilweise hymnischem Gesang in die Ohren bohrt. Nicht<br />
außergewöhnlich, nur halt echt gut. Cheers. (34:55) (8)<br />
Renke Ehmcke<br />
LEADFINGER<br />
The Floating Life CD<br />
bang-records.net/Munster | LEADFINGER heißt mit bürgerlichem<br />
Namen Stewy Cunningham und kommt aus<br />
Sydney, „Leadfinger“ ist aber seit 16 Jahren sein einem<br />
Gitarristen angemessener Künstlername. Er spielte bei<br />
BROTHER BRICK, ASTEROID B-612, THE PROTON ENER-<br />
GY PILLS, THE YES MEN und CHALLENGER-7, doch erst<br />
jetzt wagt er sich allein aus der Deckung und hat mit „The<br />
Floating Life“ ein Solo-Album veröffentlicht. Eingespielt<br />
in seinem Kellerstudio, ist das Solo-Debüt ein eher ruhiges<br />
Werk, auf dem Cunningham alle Instrumente selbst gespielt<br />
hat, und das inspiriert wurde <strong>von</strong> einem Gedicht des<br />
australischen Dichters John Forbes. Seine Vorbilder? All die<br />
großen Männer des Rock’n’Rolls, etwa Paul Westerberg,<br />
Alex Chilton oder Ed Kuepper, die den Schmerz kennen,<br />
aber auch wissen, dass ein paar Flaschen Bier, eine Gitarre<br />
und ein Mikrofon dagegen helfen können. Gewidmet ist<br />
das Album dem erst kürzlich aus Guantánamo entlassenen<br />
„australischen Taliban“ David Hicks, und ich schätze, das<br />
ist keine gute Voraussetzung, um in nächster Zeit eine US-<br />
Tour ins Auge zu fassen ... Eine durchaus okayne, aber auch<br />
etwas unspektakuläre Platte. (42:12) (6) Joachim Hiller<br />
LIGHTS OUT<br />
s/t MC<br />
myspace.com/lightsoutpunk | Haben diesen momentanen<br />
Hype um 80er Punk DEAN DIRG ausgelöst? Scheißegal,<br />
mir soll es jedenfalls recht sein. Mir war es eh immer<br />
schleierhaft, warum es „Punkbands“ gibt, die völlig unmotiviert<br />
auf der Bühne stehen und versuchen, komplizierten<br />
Frickelcore oder dergleichen zu spielen, statt sich mal ein<br />
REAGAN YOUTH-, BLACK FLAG- oder CIRCLE JERKS-Video<br />
reinzupfeifen und einfach mal wild zu sein. Punk ist so<br />
einfach, und das wissen auch LIGHTS OUT aus Stuttgart.<br />
Elf Mal auf die Fresse in geschätzten 10 Minuten. So soll es<br />
sein – nix Neues, aber geil. Out Out Out! (7) Mario Turiaux<br />
LODGER<br />
Grown-Ups CD<br />
noisedeluxe.de/Broken Silence | Schön, dass es auch in<br />
Zeiten dieser unzählig vielen neuen Bands <strong>von</strong> der britischen<br />
Inseln noch Bands wie THE LODGER aus Leeds<br />
gibt, die anscheinend auch mal ihren Vorreitern aus den<br />
1990ern ein Ohr leihen. So hört man auf ihrem Debüt<br />
„Grown-Ups“ vor allem im Gesang <strong>von</strong> Sänger/Gitarrist<br />
Ben Einflüsse <strong>von</strong> Bands wie MY LIFE STORY, BELLE AND<br />
SEBASTIAN oder auch IDLEWILD. Das Trio wird durch<br />
den Bassisten Joe und Katie am Schlagzeug ergänzt und<br />
beherrscht perfekt diese wunderbare Mischung aus leicht<br />
melancholischen, <strong>von</strong> Bläsern untermalten Melodien und<br />
beschwingten Parts, die <strong>von</strong> optimistischen Texten unterstrichen<br />
werden. Sehr raffiniert ist es, mit „Many thanks for<br />
your honest opinion“ das Album zu beginnen. Die in England<br />
längst vergriffene, hervorragende Single ist einer der<br />
stärksten Songs auf der Platte und kann kaum eingängiger<br />
sein. In „Kicking sand“ beteuern sie dann sehr ehrlich:<br />
„We’re no superstars“ – hört man sich aber „Watching“ an,<br />
bin ich mir sicher, dass uns noch einiges <strong>von</strong> THE LODGER<br />
aus Leeds zu Ohren kommen wird und wir ihnen auch in<br />
Zukunft gerne unsere Aufmerksamkeit schenken. (36:09)<br />
(8) Nina Maenz<br />
LICHENS<br />
Omns CD<br />
Kranky/Cargo | Hinter LICHENS verbirgt sich Robert<br />
Lowe <strong>von</strong> den <strong>von</strong> mir hoch geschätzten 90 DAY MEN, der<br />
mit „Omns“ nach „The Psychic Nature Of Being“ <strong>von</strong> 2005<br />
sein zweites Album aufgenommen hat. An der grundsätzlichen<br />
Herangehensweise hat sich nichts geändert, auch<br />
hier verbindet Lowe improvisiertes Gitarrespiel mit sphärischen<br />
Elektronikklängen. Und auch wenn es sich um vier<br />
<strong>von</strong>einander getrennte Stücke handelt, entsteht eine Gesamtatmosphäre,<br />
deren hypnotischer wie beschwörender<br />
Charakter durchaus seinen Reiz hat. Insofern ist „Omns“<br />
eine angenehmere Erfahrung als „The Psychic Nature Of<br />
Being“, auch wenn Lowe hier nicht unbedingt Neuland<br />
betritt. So erinnern die ersten beiden eher Ambient-mäßigen<br />
Tracks doch schwer an das, was David Sylvian und Holger<br />
Czukay bereits Ende der 80er auf Platten wie „Plight<br />
And Premonition“ und „Flux + Mutability“ gemacht haben.<br />
Und Track 3, „Bune“, mit seinen verzerrten Gitarrenriffs<br />
scheint dann eine doomigere Fortführung <strong>von</strong> Neil<br />
Youngs „Dead Man“-Soundtrack zu sein. Mit „Omns“ ist<br />
Lowe aber auf jeden Fall eine wesentlich überzeugendere,<br />
vielschichtigere und vor allem weniger monotone Platte<br />
gelungen, deren musikalischen Visionen man gerne folgt,<br />
weil sein Ambient-Folk diesmal wesentlich angenehmere<br />
Assoziationen auslöst, als es auf dem Debüt der Fall war.<br />
Als Bonus gibt es noch eine DVD mit einem 30-minütigen<br />
Live-Auftritt <strong>von</strong> Lowe dazu, wo man das Gefühl hat, dass<br />
das Ganze auch auf einer Bühne sehr gut funktioniert. (8)<br />
<strong>Thomas</strong> Kerpen<br />
MMM<br />
MUMM-RA<br />
These Things Move In Threes CD<br />
columbia.co.uk/Rough Trade | Aus „Abneigung gegen die<br />
Schinderei“ und um der Langeweile in ihrem kleinen, ehemals<br />
sehr beliebten Badeort Bexhill in der englischen Grafschaft<br />
Essex zu entfliehen, haben MUMM-RA schon mit<br />
vierzehn Jahren beschlossen, eine Band zu gründen. Nun<br />
erscheint, nach einer EP und einer Tour mit den KAISER<br />
CHIEFS im letzten Jahr, ihr Debütalbum „These Things<br />
Move In Threes“. Die ausschweifenden, üppigen Popsongs<br />
ordnen MUMM-RA selbst zwischen den BEACH BOYS, der<br />
BETA BAND und SIGUR RÓS an. Der Gesang des Sängers<br />
Noo erinnert ein wenig an die finnische Band THE CRASH<br />
und ihre schönen, melancholischen Melodien spiegeln<br />
die Ambivalenz zwischen der idyllischen Natur der britischen<br />
Südküste und des verlassenen Badeorts voller alternder<br />
Menschen wieder. Ein gelungenes Album, das beschauliche<br />
Sommerstunden untermalen wird. (44:21) (8)<br />
Nina Maenz<br />
MAINLINERS<br />
s/t CD<br />
crusherrecords.com | Das zweite Album der Schweden<br />
erscheint da, wo auch schon die dem Debüt auf Get<br />
Hip vorangehende Single veröffentlicht wurde: auf Crusher<br />
Records aus Stockholm. Das laut Selbstdarstellung um<br />
die Verbreitung <strong>von</strong> „great psychedelic garage rock’n’roll<br />
sounds“ bemühte Label hat auf jeden Fall gut daran getan,<br />
die MAINLINERS wieder in den eigenen Stall zu locken,<br />
denn deren Sixties-lastiger Rock’n’Roll mit Einflüssen aus<br />
Proto-Punk, Psychedelic und Garage sowie einer latenten<br />
Stones-Verehrung hebt sich erneut ab vom üblichen Fuzz-<br />
Rock-Standard, und gerade das Orgelspiel kann da immer<br />
wieder interessante Akzente setzen, etwa bei „Saint’s march<br />
in sunrise“. Die mittlerweile als Sextett auftretende Band<br />
hat jedenfalls das an Substanz, was MANDO DIAO abgeht,<br />
und der hier und da zu Tage tretende Roky Erickson-Einfluss<br />
zusammen mit der Fähigkeit, richtig gute Popsongs zu<br />
schreiben (siehe „Running the streets“), sollte der Band eigentlich<br />
ein paar Fans mehr als die üblichen Szenegänger<br />
bescheren. Rundum gelungen! (41:50) (8) Joachim Hiller<br />
MISSING SHADOWS<br />
Western Waste LP<br />
P.Trash/Matula/Drugcontrol | Nach dem exzellenten<br />
Demo auf My Ruin Records legen die MISSING SHADOWS<br />
jetzt auf ihrem Debütalbum zwölf nicht minder geniale<br />
Songs nach (leider fehlt mein Favorit „Ace in a day“).<br />
Neben P.Trash-Labelkollegen wie den TOYOTAS sind die<br />
fünf Osnabrücker (unter anderem Ehemalige <strong>von</strong> COLT<br />
SEAVERS, SUBKUTAN und SKORBUT) natürlich sehr gut<br />
aufgehoben, wobei die SHADOWS irgendwie ihr ganz eigenes<br />
eigenwilliges Soundsüppchen kochen. Durch ein<br />
leicht hektisches Oldschool Westcoast-Punk-Grundmuster<br />
schimmern immer mal wieder Gitarrenmelodien à la<br />
WIPERS durch, garniert mit der wirklich markanten Stimme<br />
<strong>von</strong> Sänger Ansi (übrigens der große Bruder <strong>von</strong> DUE-<br />
SENJAEGER/GRIZZLY ADAMS BAND-Gitarrist Jan). Ich<br />
bin mir auch gar nicht sicher, ob diese Umschreibung jetzt<br />
den Nagel auf den Kopf getroffen hat, deshalb sollte mal<br />
schleunigst jeder der an wirklich gutem Punkrock interessiert<br />
ist, die MISSING SHADOWS antesten, um sein eigenes<br />
Urteil zu bilden. Auf jeden Fall spielen sie absolut in der<br />
ersten Liga der deutschen Retro-KBD-Punkrock-Bands,<br />
und wer den „Tanz der Vampire“-Soundtrack als Songintro<br />
benutzt, ist sowieso mein Freund! (8) Bernd Fischer<br />
MGR VS. SIRDSS<br />
Impromptu CD<br />
Neurot/Cargo | Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen,<br />
aber hinter der Abkürzung MGR verbirgt sich<br />
der Name MUSTARD, GAS & ROSES, das Soloprojekt <strong>von</strong><br />
Mike Gallagher <strong>von</strong> ISIS,<br />
was ich bereits anlässlich<br />
<strong>von</strong> dessen Platte „Nova<br />
Lux“ schrieb, ebenfalls<br />
auf Neurot erschienen.<br />
Der hat sich hier mit<br />
David Scott Stone, früher<br />
mal bei GET HUS-<br />
TLE, zusammen getan,<br />
um Sounds zu produzieren,<br />
die nicht weit <strong>von</strong><br />
den Ambient-Drone-Instrumentals<br />
seiner Platte<br />
„Nova Lux“ entfernt sind.<br />
Ebenfalls vier Stücke, die es auf 43 Minuten bringen, allerdings<br />
eine weniger meditativ-atmosphärische Angelegenheit<br />
sind, sondern eher um bedrohliche Vibes bemüht und<br />
dabei an einen Vulkan erinnernd, der kurz vor dem Ausbruch<br />
steht. Diese Eruption bleibt allerdings aus, was nicht<br />
heißt, dass Gallagher und Stone hier nicht einen ziemlich<br />
imposanten Wall Of Sound schaffen würden, bestehend aus<br />
nicht weit <strong>von</strong> den Soloplatten <strong>von</strong> Steve Von Tills entfernten<br />
Gitarrenklängen und düsterem elektronischen Noise.<br />
Angesichts dieses abstrakten Gesamtkonzepts kommt unter<br />
dem Strich eine erstaunlich stimmige, mächtig Eindruck<br />
machende Platte heraus, die innerhalb des vielschichtigen<br />
künstlerischen NEUROSIS-Universums absolut Sinn ergibt<br />
und sogar eine irritierende Eingängigkeit besitzt. (9)<br />
<strong>Thomas</strong> Kerpen<br />
MONSTRANCE<br />
s/t 2CD<br />
Ape House/Alive | Wenn Andy Partridge (XTC) zusammen<br />
mit dem alten XTC-Keyboarder Barry Andrews und<br />
dessen SHRIEKBACK-Mitmusiker Martyn Barker nach Urzeiten<br />
eine Platte zusammen aufnimmt, könnte man eventuell<br />
die Hoffnung hegen, das Ganze wäre so eine Mischung<br />
aus beiden Bands – sozusagen das Beste aus beiden Welten<br />
–, allerdings wäre dieses Projekt unter dieser Prämisse<br />
gar nicht erst zustande gekommen und würde wohlmöglich<br />
auch gar nicht funktionieren. Nein, das Gegenteil<br />
ist der Fall, denn MONSTRANCE ist ein tiefer Griff in<br />
die Kiste der Improvisationsmusik-Geschichte, insgesamt<br />
12 auf zwei CDs verteilte, um musikalische Offenheit bemühte,<br />
zwischen 4 und 17 Minuten lange Kompositionen,<br />
wo man weder SHRIEKBACK noch XTC konkret raushören<br />
kann, aber die einzelnen Musiker-Egos durchaus spürt. Als<br />
Bezugspunkte helfen einem da CAN und KING CRIMSON<br />
/SAMPLER & COMPILATIONS<br />
V.A. 6 Mighty Shots CD<br />
myspace.com/bangbangnancy | Bang! Bang! Records<br />
ist das neue Label <strong>von</strong> King Automatic und seinem Londoner<br />
Kumpel Rich und „6 Mighty Shots“ sozusagen ihre<br />
Einstiegscompilation. Darauf enthalten sind neben den<br />
beiden Labelmachern themselves noch vier andere Musiker/Bands,<br />
bei denen sich die Mitwirkenden allerdings<br />
teilweise überschneiden, als da wären THUNDERCRACK,<br />
HOT NUTS, Monsieur Verdun und die BANG BANG OR-<br />
GANIZATION. Und wenn ich mir die sechs Songs anhöre,<br />
bin ich gespannt, was da noch so kommen mag, denn<br />
der dargebotene Mix aus One-Man-Band-Krach, Garagepunk,<br />
durch den Fleischwolf gedrehten Motown Sounds,<br />
französischem Weirdo-Country mit Cajun-Anklängen und<br />
einem fast schon wieder tanzbaren LoFi-Song mit Farsifa<br />
und Beatbox klingt verdammt spannend und bringt einiges<br />
an Freude in die Bude. Also: Ein toller Einstieg und noch<br />
viel mehr. (16:44) (8)<br />
Alex Strucken<br />
V.A. Beijing Bubbles CD<br />
fly-fast-records.com | „A soundtrack and a trip to China’s<br />
underground“ lautet der Untertitel dieser Compilation,<br />
die sowas wie den Soundtrack zum Film „Beijing Bubbles<br />
– Punk and Rock in<br />
China’s Capital“ darstellt,<br />
der dieser Tage in den Kinos<br />
läuft und die Musikszene<br />
der chinesischen<br />
Hauptstadt Peking/Beijing<br />
dokumentiert. Zusammengestellt<br />
und auf<br />
dem dafür gegründeten<br />
eigenen Label veröffentlicht<br />
wurde die Compilation<br />
<strong>von</strong> den beiden<br />
Machern des Films,<br />
Susanne Messmer und<br />
George Lindt, die neben den fünf im Film dokumentierten<br />
Bands noch eine ganze Reihe anderer einem westlichen<br />
Publikum nahe bringen wollen. Bemerkenswert ist an dieser<br />
Compilation, den Bands, dem Film zweierlei: Es scheint<br />
sowas wie universelle Rock’n’Roll-Werte zu geben, ja, auch<br />
im vom Konsumrausch wie vom Konformismus gebeutelten<br />
China gibt es Aussteiger, und das ist ermutigend, zeigt es<br />
doch, dass bei allen kulturellen Unterschieden auch verdammt<br />
viel Einigendes existiert, man überall auf der Welt<br />
auf Gleichgesinnte stoßen kann. Zum anderen macht diese<br />
Compilation aber auch klar, dass China in Sachen wirklich<br />
innovativer Musik noch ein Entwicklungsland ist: Kaum<br />
eine der Bands hier, die statt nur zu kopieren aus westlichem<br />
Rock’n’Roll und chinesischer Kultur einen wirklich<br />
eigenen, neuen Sound zu zaubern weiß. Und so können<br />
mich nach Abzug eines gewissen Exotenbonus’ nur ein<br />
paar Bands etwas begeistern, einzig bei T9, SILENT G und<br />
WANG FAN kann ich interessante Elemente entdecken. So<br />
ist diese Compilation phänomenologisch interessanter als<br />
musikalisch – die Innovationskraft des chinesischen Undergrounds<br />
bleibt noch zu beweisen. Sehr schön ist das dicke,<br />
dreisprachige Booklet mit erläuternden Texten zu jeder<br />
Band. (62:09) (7)<br />
Joachim Hiller<br />
V.A. Death Proof OST CD<br />
Warner | Es gibt Soundtracks, die keiner braucht und die<br />
nur als billiges Marketingvehikel dienen, deren Songs bestenfalls<br />
im Abspann abtauchen – und es gibt Soundtracks,<br />
bei denen sich der Regisseur was gedacht hat oder er zumindest<br />
schlau beraten wurde, wo die Musik auch im Film<br />
eine Rolle spielt. Ein solcher Fall ist Quentin Tarantino, und<br />
ohne seine Filme würde sicher keiner TITO & TARANTU-<br />
LA kennen, wäre Dick Dale längst verarmt, und die 5.6.7.8’s<br />
müssten sich nicht als „die Band aus Kill Bill“ vermarkten<br />
lassen. Tarantinos neuester Streich ist „Death Proof“, und<br />
auf dessen Soundtrack finden sich unter anderem Morricones<br />
„Paranoia prime“, T.REX mit „Jeepster“, „Down in<br />
Mexico“ <strong>von</strong> den COASTERS, „Hold tight“ <strong>von</strong> den unaussprechlichen<br />
DAVE DEE, DOZY, BEAKY, MICK & TICH und<br />
Willy DeVilles „It’s so easy“. Durchaus interessant und unterhaltsam,<br />
aber bei weitem nicht so interessant wie der legendäre<br />
„Pulp Fiction“-Soundtrack. (6) Joachim Hiller<br />
V.A. Deep Elm – Cover Your Tracks CD<br />
deepelm.com | Das sympathische Indielabel Deep Elm<br />
bietet mit „Cover Your Tracks“ eine Compilation der etwas<br />
anderen Art. Das Konzept ist schnell erklärt. Auf „Cover<br />
Your Tracks“ covern neuere Deep Elm-Acts ihre schon<br />
länger dienenden Label-Kollegen. So werden hier Stücke<br />
<strong>von</strong> Bands wie LAST DAYS OF APRIL oder BRANDTSON,<br />
um nur die bekanntesten Deep Elm-Bands zu nennen,<br />
<strong>von</strong> neuen Hoffnungsträgern wie FIGHTSTAR oder LOCK<br />
AND KEY neu interpretiert. Dieses „Newschool Deep Elm<br />
meets Oldschool Deep Elm“-Konzept geht auch voll auf.<br />
Für alle, die nichts mit Deep Elm verbinden, bietet „Cover<br />
Your Tracks“ eine wirklich gelungene Möglichkeit, um sich<br />
dem weit gefächerten musikalischen Angebot des Labels zu<br />
näheren, dass <strong>von</strong> Post-Hardcore über Emo bis zu Indierock<br />
reicht. Als Bonus gibt es einen bisher unveröffentlichten<br />
Track der schwedischen SOUNDS LIKE VIOLENCE, die<br />
gerade mit ihrem großartigen Album „With Blood On My<br />
Hands“ für Furore sorgen. (49:34) (7) Robert Buchmann<br />
V.A. FUNERAL FOR A FRIEND:<br />
Back To The Bus CD<br />
DMC/Rough Trade | Eigentlich eine gute Idee: Eine mehr<br />
oder weniger angesagte Band darf ihr ultimatives Bandbus-<br />
Mixtape zusammenstellen, und eine Plattenfirma kümmert<br />
sich dann darum, die Songfreigaben <strong>von</strong> den Labels<br />
zu bekommen, um das Ganze auf CD zu pressen. So eine<br />
Songauswahl kann viel über den Musikgeschmack der betreffenden<br />
Formation verraten, sowohl erhellend wie bestürzend<br />
sein. FUNERAL FOR A FRIEND lassen ihren Busmix<br />
mit QUEENs „Don’t stop me now“ beginnen, graben<br />
DUB WAR wieder aus, schätzen EARTHTONE 9, FAITH NO<br />
MORE („Midlife crisis“) und FILTER, konnten es nicht lassen,<br />
BOSTONs Gruselhymne „More than a feeling“ zu exhumieren<br />
und schieben gleich noch VAN HALENs „Ain’t<br />
talking about love“ hinterher (immerhin nicht „Jump“),<br />
lassen FAR, MEGADETH („Holy wars“), THE HAUNTED,<br />
PANTERA, BLACK SABBATH, LONGVIEW und zuletzt<br />
Johnny Cash („Folsom Prison Blues“) folgen. Nun, es hätte<br />
schlimmer kommen können – ob einem die Band jetzt<br />
sympathischer ist, muss jeder selbst entscheiden, und auch,<br />
ob man sich diese doch recht durchwachsene Compilation<br />
gleich in den Schrank stellen muss. (6) Joachim Hiller<br />
V.A. Gruß aus Köln am Rhein MCD<br />
nix-gut.de | Kleines musikalisches Intermezzo (vier<br />
Bands, je ein Lied) aus Köln. Kurz und knackig, kommt wegen<br />
der Thematik (Kult um Köln & Karneval) wahrscheinlich<br />
vor allem bei Kölnern gut an. Die ersten drei Lieder<br />
bieten soliden Punkrock: INNER CONFLICT mit Frauengesang,<br />
2LHUD legen mit einem hymnenhaften Mitsingchorus<br />
nach, SUPERNICHTS sind gewohnt rotzig und<br />
textlich leicht prollig mit einem Augenzwinkern. RAFF-<br />
DAT fand ich zuerst etwas gewöhnungsbedürftig mit ihrem<br />
HipHop-Reggae, aber nach ein paar Mal Hören bleibt einem<br />
auch deren Beitrag als Ohrwurm erhalten. (8:43) (7)<br />
Tobias Weber<br />
V.A. Here Comes Trouble Vol. 1 CD<br />
tv-eye.de | Frank Popp, Düsseldorfer DJ-Ikone, Hit-Produzent<br />
und Betreiber <strong>von</strong> Unique Records, hat mit TV Eye<br />
Records ein neues Label gegründet, das sich mehr dem<br />
Rock’n’Roll als dem Soul widmet. Und passend zu einer<br />
DJ-Tour des Chefs, die Mitte Mai startete, erschien diese<br />
Compilation mit der Katalognummer TVI003, auf der<br />
seltsamerweise aber nicht mal ein Track der beiden bisher<br />
einzigen TV Eye-Releases Louis Lament und REDON-<br />
DO BEAT zu finden ist. Stattdessen gibt es 21 geschmackvoll<br />
zusammengestellte Nummern <strong>von</strong> den CHECKS, BLUE<br />
VAN, BLACK KEYS, THE GOSSIP, NERVES, DRAGONTEARS,<br />
BLACK HOLLIES, GIRL TROUBLE, DINOSAUR JR („The<br />
lung“), SIGHTS, DIRTBOMBS, FLAMING SIDEBURNS und<br />
MYSTERY GIRLS. Keine exklusiven Tracks, soweit ich das<br />
überblicken kann, aber auf jeden Fall eine okayne Compilation<br />
zur Einstimmung auf einen langen Abend in der<br />
Rock’n’Roll-Kaschemme deiner Wahl. Und Doppel-Vinyl<br />
gibt’s auch noch. (62:47) (7)<br />
Joachim Hiller<br />
V.A. In Goth Daze CD+DVD<br />
cherryred.co.uk | Im Rahmen der <strong>von</strong> Cherry Red neu geschaffenen<br />
„Goth Collector Series“ erscheint diese aus einer<br />
CD und einer DVD bestehende Compilation. Nun sind<br />
im Laufe der letzten Jahre schon einige Sampler erschienen,<br />
die sich um eine<br />
Darstellung der Waveund<br />
Goth-Szene bemühen.<br />
Die nahm zu Beginn<br />
der Achtziger ihren<br />
Anfang, erlebte Mitte<br />
des Jahrzehnts einen kreativen<br />
Höhepunkt und<br />
ist seit den Neunzigern<br />
wieder allein im Untergrund<br />
aktiv, erschöpft<br />
sich aber kreativ fast nur<br />
noch im Aufbereiten <strong>von</strong><br />
Klischees. „In Goth Daze“<br />
nimmt sich der Vielschichtigkeit des uneinheitlichen Genres<br />
an, wie es sich Mitte der Achtziger darstellte, und so finden<br />
sich auf der CD Songs <strong>von</strong> SPECIMEN, ALIEN SEX FI-<br />
END, 39 CLOCKS, BONE ORCHARD, IN EXCELSIS, PLAY<br />
DEAD, RED LORRY YELLOW LORRY, SKELETAL FAMILY,<br />
BAUHAUS und anderen, treffen allgemein bekannte Große<br />
des Genres auf nicht weniger gute Bands aus der zweiten<br />
Reihe. Auf der DVD dann das gleiche Spiel mit Videoclips:<br />
„Ignore the machine“, der ewige ALIEN SEX FIEND-<br />
Klassiker, eröffnet den Reigen, wird gefolgt vom grandiosen<br />
DANSE SOCIETY-Cover „2000 light years from home“,<br />
INCA BABIES, Nico, FLESH FOR LULU, Andi Sexgang, VIR-<br />
GIN PRUNES, SKELETAL FAMILY, PLAY DEAD, MALARIA,<br />
GHOST DANCE und RED LORRY YELLOW LORRY, so dass<br />
der DVD-Part hier auf jeden Fall den reizvolleren Teil darstellt,<br />
bekommt man die Videos doch sonst kaum irgendwo<br />
zu sehen. Kommt in DVD-ähnlichem Softcover-Case mit<br />
dickem Booklet und Linernotes. (8) Joachim Hiller<br />
V.A. Joe Strummer –<br />
The Future Is Unwritten CD<br />
Sony BMG | Die CD zum neuen Julien Temple über den<br />
THE CLASH-Frontmann Joe Strummer ist weniger ein<br />
klassischer Soundtrack als vielmehr eine sehr schöne begleitende<br />
Compilation<br />
zum Film. Aufgelockert<br />
durch O-Töne aus dem<br />
Film findet sich hier sowohl<br />
Strummers eigene<br />
Musik wie eine Dokumentation<br />
seiner Einflüsse.<br />
Klar, der CLASH-<br />
Ultra wird hier nichts<br />
Neues entdecken, aber<br />
für alle anderen ist die<br />
Sache durchaus lohnenswert.<br />
Zu hören sind neben<br />
den CLASH-Originalen<br />
„White riot“, „I’m so bored with the U.S.A.“, „Armagideon<br />
time“ und „In the pouring rain“ ein Song<br />
<strong>von</strong> Strummers alter Band THE 101ERS, welche <strong>von</strong> seiner<br />
letzten Formation THE MESCALEROS, aber auch MC5<br />
(„Kick out the jams“), Elvis Presley, U-ROY, Eddie Cochrane,<br />
Woody Guthrie, Bob Dylan und LATINO ROCKABIL-<br />
LY WAR. Eine schöne Ergänzung zur unlängst erschienenen<br />
Zusammenstellung „Revolution Rock“ mit den Originalen<br />
der <strong>von</strong> THE CLASH gecoverten Songs, und Julien Temple<br />
selbst war an der Zusammenstellung beteiligt, schrieb die<br />
Linernotes und erläutert, dass hier nur ein Bruchteil dessen<br />
zu hören sei <strong>von</strong> dem, was Strummer zwischen 1999 und<br />
2002 in seiner BBC-Radioshow an Musik spielte. (75:50)<br />
(8) Joachim Hiller<br />
V.A. Jonny Greenwood Is The Controller CD<br />
trojanrecords.com | Der RADIOHEAD-Gitarrist Jonny<br />
Greenwood durfte anlässlich des 40. Geburtstages des<br />
Trojan-Labels in den Trojan-Archiven wühlen und seine<br />
persönliche Best-Of zusammenstellen und mit Linernotes<br />
versehen. Herausgekommen ist eine solide Compilation<br />
mit 17 Titeln aus den Jahren 1967 bis 1982. Namen wie<br />
Desmond Dekker („Beautiful and dangerous“), Lee Perry<br />
(„Bionic rats“, „Black panta“, „Dreader locks“), Derrick<br />
Harriott („Let me down baby“) oder Delroy Wilson („This<br />
life makes me wonder“) dürfen hier natürlich nicht fehlen.<br />
Musikalisch bewegen sich die meisten Songs zwischen<br />
Dub und Reggae. Sehr interessant ist die 1978er 12“-Version<br />
des Alton Ellis-Stückes „I’m still in love“ aus dem Jahr<br />
1967, gesungen <strong>von</strong> Marcia Aitken. Im selben Jahr wurde<br />
dieser Song als „Uptown top ranking“, gesungen <strong>von</strong> Althea<br />
& Donna, ein UK Number One Hit. (69:23) (7)<br />
Kay Wedel<br />
V.A. Kong Tiki Records CD<br />
kongtiki.com | Das Label hat gleich zwei Sitze: Oslo in<br />
Norwegen und Stamfort in den USA. Einziges Kriterium<br />
für die Aufnahme in den Katalog scheint aber die norwegische<br />
Herkunft zu sein, denn ein bestimmter Musikstil als<br />
Richtlinie lässt sich nicht ausmachen. Von ganz üblem Nu-<br />
Metal (TORCH) über flotten Retrorock (MOVING OOS)<br />
bis Depripop (POPIUM) und noch vieles mehr ist eigentlich<br />
für fast jeden etwas dabei. Weitere Namen sind PEKKA<br />
VOLT, ISRAELVIS oder CADILLAC, die alle mit einem Song<br />
vertreten sind. Vielleicht hat jemand schon mal <strong>von</strong> denen<br />
OX-FANZINE 78