Aktuelle Ausgabe als PDF
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Johann Peter Osterspey und seine Familie<br />
von Anton Könen<br />
Wer sich die Zeit nimmt und einen<br />
Spaziergang über den alten<br />
Teil des Mechernicher Friedhofs<br />
macht, entdeckt dort die Grabanlage<br />
der Familie Johann Peter<br />
Osterspey. Die Belegezeit der<br />
stattlichen Anlage endet 2013. Ein<br />
Grund, noch einmal an eine Familie<br />
zu erinnern, die sich einst um<br />
Mechernich verdient gemacht hat.<br />
Johann Peter Osterspey, geboren<br />
am 5. April 1834 in Mechernich,<br />
erlernte das Schreinerhandwerk<br />
und erwarb darin den Meistertitel.<br />
Generaldirektor Hupertz vom<br />
„Mechernicher Bergwerks-Aktien-Verein“<br />
wurde auf die technische<br />
Begabung und Fertigkeit des<br />
jungen Meisters aufmerksam und<br />
stellte ihn 1866 <strong>als</strong> Werkmeister<br />
ein. Neben anderen Patenten erfand<br />
Osterspey das nach seinem<br />
Namen benannte Strömungsgerät,<br />
eine Heberwäsche zur Separation<br />
von Bleierzen. Diese für den<br />
Bergbau Epoche machende Konstruktion<br />
brachte ihm 1874 bei<br />
der Weltausstellung in Wien eine<br />
Goldmedaille ein. Alle großartigen<br />
Einrichtungen in Mechernich<br />
der damaligen Zeit waren seine<br />
Schöpfungen. Die Wasserleitungen<br />
zu den Werksanlagen, die<br />
Gas- und Eisenbahnanlagen, die<br />
Aufbereitungsmaschinen, die<br />
Stockwerke (Dampfdruckerzeuger),<br />
die Hüttenanlage, die Menage<br />
(Werkskonsum) und das leider<br />
bei seinem Tode noch nicht<br />
vollendete Krankenhaus. Er muss<br />
sich für den „Mechernicher Bergwerks-Aktien-Verein“<br />
förmlich<br />
verzehrt haben, denn er starb bereits<br />
im Alter von 50 Jahren, im<br />
Jahre 1884. Die sieben Kinder aus<br />
seiner Ehe mit Christine Vitt waren<br />
auch alle sehr erfolgreich. Die<br />
Söhne wurden Ärzte und Ingenieure.<br />
Sohn Heinrich Osterspey wurde<br />
Direktor der „Gewerkschaft Mechernicher<br />
Werke“, Nachfolger<br />
des „Mechernicher Bergwerks-<br />
Aktien-Verein“. Er hat es verstanden,<br />
in der schweren Nachkriegszeit<br />
nach 1918 und der Weltwirtschaftskrise,<br />
trotz Entlassungen<br />
von Personal den Bestand des<br />
Werkes zu erhalten. Durch seine<br />
dauernden Eingaben an den preußischen<br />
Landtag und das Ministerium<br />
für die besetzten Rheinlande<br />
in Berlin, gelang es ihm,<br />
finanzielle Zuschüsse für den<br />
schwächelnden Mechernicher<br />
16.000 Tonnen Eisenerz abgebaut<br />
Eine Dokumentation und eine<br />
Info-Tafel informieren jetzt in Bleibuir<br />
über einen weitgehend un-<br />
bekannten Teil der örtlichen Berg-<br />
baugeschichte - Ortsvorsteher<br />
Franz-Josef Hahn und Mitstreiter<br />
recherchierten und sammelten<br />
Informationen über die Eisengru-<br />
be „Tellus“ in der Flur „Klingel-<br />
maar“ - Info-Tafel am „Hohen<br />
Kreuz“ aufgestellt - Sponsoren<br />
halfen<br />
Mechernich-Bleibuir - Überall im<br />
Mechernicher Raum findet man<br />
heute noch Spuren der Bleierz-<br />
Gewinnung. Wie der Name vermuten<br />
lässt, wurde tatsächlich<br />
auch in Bleibuir Bleierz abgebaut.<br />
Und zwar bis in die 1920er Jahre<br />
in der Grube „Gute Hoffnung“.<br />
Die wenigsten Zeitgenossen wissen<br />
aber, dass in Bleibuir, wie übrigens<br />
in vielen Ecken des Altkreises<br />
Schleiden, auch Eisenerz<br />
abgebaut wurde.<br />
Franz-Josef Hahn, der Ortsvorsteher<br />
von Bleibuir, Bescheid und<br />
Wielspütz, beschäftigt sich <strong>als</strong><br />
Heimatforscher natürlich auch mit<br />
dem Bergbau in der Region. Unterstützt<br />
wurde er dabei im Falle<br />
der Eisenhistorie von Mechernichs<br />
Ex-Kämmerer Horst Müller, der<br />
auch Vorsitzender des Eifelvereins<br />
Mechernich ist, Friedrich Hunsikker,<br />
dem früheren Vorsitzenden<br />
des Fördervereins des Mechernicher<br />
Bergwerksmuseums, und von<br />
dem Bleibuirer Karl-Josef Petter.<br />
Die vier haben die entsprechenden<br />
Informationen zusammengetragen.<br />
Franz-Josef Hahn hat sie<br />
in einer knapp hundertseitigen<br />
Dokumentation zusammengestellt.<br />
Eine Kurzversion hat Hahn<br />
auf eine von Michael Hilger, Günter<br />
Nießen und dem Eifelverein<br />
gesponserte Info-Tafel gebracht,<br />
die jetzt am Hochkreuz im Bleibuirer<br />
Feld aufgestellt wurde. Und<br />
damit unweit der Eisenerzgrube<br />
„Tellus“.<br />
In dieser Grube wurden zwischen<br />
1826 und 1850 nach und nach von<br />
bis zu zehn Bergleuten unter Führung<br />
eines Steigers 16.000 Tonnen<br />
Eisenerz gefördert. Die Bergleute<br />
gruben etwa alle 40 Meter<br />
Bergbau zu erhalten. Dadurch<br />
konnte der Amtsverwaltung Mechernich,<br />
die durch Zahlungen an<br />
die vielen Arbeitslosen stark belastet<br />
war, durch Zugänge an Steuergeldern<br />
von Seiten des Werkes<br />
eine gewisse Entlastung gegeben<br />
werden. Nach Übernahme der<br />
„Gewerkschaft Mechernicher<br />
Werke“ durch die „Preußag“ im<br />
Jahre 1938 schied Heinrich Osterspey<br />
aus der Werksleitung aus.<br />
Kurt Osterspey, Enkel von Johann<br />
Peter Osterspey, trat <strong>als</strong> Ingenieur<br />
in die Dienste der „Mechernicher<br />
Baugesellschaft für elektrische<br />
Anlagen“, ein Nebenbetrieb der<br />
„Gewerkschaft<br />
Mechernicher Werke“. Dort entwickelte<br />
er Ende der zwanziger<br />
Jahre des vergangenen Jahrhunderts<br />
den Transformatorenbau für<br />
Industrie und Landwirtschaft sowie<br />
Einrichtungen für Schaltstationen.<br />
Diese Produkte exportierte<br />
die Firma nach dem 2. Weltkrieg<br />
bis in den Orient. Am 08.<br />
März 1945 beauftragte der amerikanische<br />
Major Lamson, von der<br />
Abteilung H4-83, Kurt Osterspey<br />
mit dem Wiederaufbau der durch<br />
Kampfhandlungen zerstörten<br />
Stromnetze im Kreis Schleiden.<br />
Johann Peter Osterspey - 5.4.1834<br />
- 8.7-1884<br />
Eine gefährliche Aufgabe. Hierbei<br />
mussten auch nicht erkennbare<br />
Minenfelder betreten werden.<br />
Auch <strong>als</strong> die Frankfurter Firma Lahmeyer<br />
durch einen Arbeitsüberlassungsvertrag<br />
und nachfolgenden<br />
Kauf die Firma übernahm,<br />
blieb Kurt Osterspey bis zum Ruhestand<br />
Leiter des Werkes.<br />
Quellen:<br />
Sammlung Anton Könen, Euskirchener<br />
Zeitung, 13.12.1884<br />
Amerikanisches Heeresarchiv,<br />
März 1945<br />
Anton Könen, Spandau 1, 1996<br />
Hans Georg Osterspey, Ahnentafel,<br />
2004<br />
Schächte, die sie bis auf die Sohle<br />
der Eisenerzgänge trieben, so<br />
heißt es in Hahns Dokumentation<br />
„Die Geschichte der Eisenstein-<br />
Grube Tellus in Bleibuir von 1827<br />
bis 1850“.<br />
Zwischen den Schächten betrieben<br />
sie den sogenannten „Firstenbau“.<br />
Das heißt, sie gruben<br />
sich zunächst bis unter die erzführende<br />
Schicht, um sich dann<br />
von unten nach oben durchzugraben.<br />
Der Abraum blieb auf diese<br />
Weise unten liegen, man musste<br />
keine Schächte verbauen oder<br />
anschließend wieder verfüllen.<br />
Dabei arbeiteten die Bergleute<br />
zum Beispiel im Schacht „Segen<br />
Gottes“ 18 Meter unter Tage.<br />
„Auf alten Fotos aus der Bleibuirer<br />
Flur kann man die charakteristischen<br />
Furchen sehen, die beim<br />
Firstenbau entstehen,“ erzählte<br />
Franz-Josef Hahn beim Reporterbesuch.<br />
„Unten im Tal zwischen<br />
Bleibuir und Bergbuir war der<br />
Waschplatz, wo die geborgenen<br />
Eisensteine von Sand an Erdanhaftungen<br />
gereinigt wurden.“ Dam<strong>als</strong><br />
führte der im sogenannten<br />
„Krohendall“ verlaufende Eselsbach<br />
wesentlich mehr Wasser <strong>als</strong><br />
heute, erklärte Fritz Hunsicker.<br />
„Es war eine Menge Arbeit, die<br />
Eisenerzabbaugeschichte zu rekonstruieren“,<br />
berichtete Franz-<br />
Josef Hahn der Presse: „Wir hatten<br />
Glück, dass im Bergamt in<br />
Dortmund die Akte über Tellus gut<br />
erhalten geblieben ist.“<br />
Er, seine Frau Magdalena Hahn<br />
und Karl-Josef Petter hätten die<br />
alten Dokumente transkribiert,<br />
d.h. in heutiges Deutsch übertragen.<br />
Längen- und Breitenangaben<br />
mussten vom altertümlichen<br />
„Lachter“ ins metrische Maß umgerechnet<br />
werden, um die genaue<br />
Position der Schächte zu ermitteln.<br />
Der Durchbruch gelang Hahn<br />
und Petter, <strong>als</strong> sie eine alte preußische<br />
über eine heutige Karte<br />
legten.<br />
Für weitere Informationen und Interessierte<br />
steht Franz-Josef<br />
Hahn, Alte Straße 7, 53 894 Mechernich,<br />
gerne zur Verfügung.<br />
Felix Lang/pp/Agentur ProfiPress<br />
10<br />
Bürgerbrief Mechernich – 45. Jahrgang – Nr. 23 – 15. November 2013 – Woche 46 – www.buergerbrief-mechernich.de