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BEST OF Otto Brenner Preis 2008 Kritischer Journalismus

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Analyse ‘moderner’ Lobbystrukturen in Berlin<br />

Mit dem Regierungsumzug nach Berlin hat sich die PR- und Lobby-Branche massiv<br />

ausgebreitet. Neben klassischen Unternehmens- und Verbandslobbyisten tummeln<br />

sich heute unzählige Berater um den Reichstag und suchen die Nähe zur<br />

Politik. „Nähe ist überhaupt nichts Verwerfliches – man muss sie nur transparent<br />

gestalten“, sagt Marcus Ostermann, Leiter der Hauptstadtrepräsentanz von<br />

Vodafone Deutschland, in einem Werbefilm, mit dem <strong>2008</strong> im Internet für eine<br />

Veranstaltung namens „Seitensprünge“ geworben wurde. Dabei handelte es<br />

sich um einen Parcours, der „Einblicke ins Herz politischer Kommunikation“<br />

geben sollte. Die Teilnehmer konnten sich an rund 40 Stationen in Berlin-Mitte<br />

informieren – bei Agenturen, Interessenverbänden, Zeitungsredaktionen, Landesvertretungen<br />

und beim Bundesgesundheitsministerium. Fraglich ist, ob solche<br />

„Seitensprünge“ nicht jene Grenzen einreißen, die eigentlich notwendig sind.<br />

Die Strategie der Grenzverwischung entspricht einem Zeitgeist, der fordert, die<br />

Politik an Erfordernissen der Wirtschaft auszurichten. Im politischen Berlin sind<br />

die Unterschiede oft schon kaum mehr spürbar. Politiker, Lobbyisten und Medienvertreter<br />

treffen sich auf Festen, Galas, Kongressen und <strong>Preis</strong>verleihungen. PR-<br />

Arbeiter schreiben gleichzeitig für Zeitungsredaktionen. Redakteure nutzen un gehemmt<br />

das Material, das ihnen Lobby- und PR-Organisationen liefern. Nur ein paar<br />

schwarze Schafe? Die Realität sieht anders aus: Bei Fachblättern ist die Kopplung<br />

von Anzeigen und redaktionellen Inhalten häufig Usus – und nicht wenige<br />

Tageszeitungen vermeiden in vorauseilendem Gehorsam jene Schlagzeilen, die<br />

ihren Kunden unangenehm sein könnten – aus Sorge um den Verlust vor Anzeigen.<br />

Viele PR-Leute wissen um die Schwäche der Medien – und machen sich<br />

diese zunutze, um Werbebotschaften zu platzieren oder kritische Berichte zu<br />

verhindern. „Networking“ statt Substanz – so wirkt die Berliner „Käseglocke“<br />

auf viele Beobachter.<br />

Schwindende Distanz und intransparente Lobby-Methoden bevorteilen vor allem<br />

ressourcenstarke, wirtschaftsnahe Interessen, die sich den Zugang zu entsprechenden<br />

Foren leisten können. Allgemeine Bedürfnisse der Gesellschaft können<br />

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