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BEST OF Otto Brenner Preis 2008 Kritischer Journalismus

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Bindekräfte einer medial disparaten Gesellschaft. (...) Die, die sich nicht<br />

anstecken lassen, die ihre Qualität, also ihre Inhalte, unverändert lassen,<br />

werden sein, was diese Gesellschaft dringender benötigt den je: der geometrische<br />

Ort, an dem die Summe des Tages und der Zeit gezogen wird.“ Der<br />

Blick in die Zukunft vermeidet die Sicht auf die Gegenwart. Auch diese optimistische<br />

Unschärfe belegt, dass der Qualitäts-Diskurs offenbar auf analytisch<br />

unbefestigtem Gelände stattfindet.<br />

Relevante Inhalte, überprüfte Informationen, Quellenvielfalt, das Interesse an<br />

Aufklärung, eine reflektierte Haltung zum Beruf sind aus meiner Sicht Klammern<br />

für einen Qualitätsjournalismus, der demokratische Teilhabe ermöglichen und<br />

gesellschaftliche Integration fördern kann. Qualitätsjournalismus in diesem Sinne<br />

ist der Kitt, der eine demokratische Gesellschaft zusammenhält und einen Diskurs<br />

über wichtige Entscheidungen für das Zusammenleben der Menschen in Rede<br />

und Gegenrede vorantreibt. Dieser Qualitätsjournalismus wird in Deutschland in<br />

vielen Medien täglich – wenn auch in Nischen-Programmen und Publikationen –<br />

praktiziert, aber unzureichend genutzt. Dieser Qualitätsjournalismus wird gleichzeitg<br />

massiv bedroht: durch Sparzwang, um übertriebene Renditeerwartungen<br />

von Verlegern und Aktionären zu erfüllen, von quoten-getriebenen Medienmachern,<br />

die den inneren Kompaß ihres beruflichen Auftrags verloren haben, und<br />

von einem Publikum getrieben, das Zerstreuung, Nutzwert und Nervenkitzel sucht.<br />

Was aber kann eine intensive Vermittlung, Förderung und Pflege von Recherche<br />

in den Redaktionen zur Entfaltung eines Qualitätsjournalismus beitragen?<br />

Erstens: Recherche muss von der Ausnahme zum Normalzustand in den Redaktionen<br />

werden. Recherche ist das Rückgrat für guten <strong>Journalismus</strong>. Sie kostet Zeit<br />

und Geld und verlangt von den Journalisten besonderes Engagement. Jedenfalls<br />

müssen sie mehr tun, als unbedingt von ihnen erwartet wird. Um die Normalität<br />

zu ermöglichen, sollte man Abschied von unproduktiven Mythen nehmen.<br />

Abschied vom Mythos des investigativen <strong>Journalismus</strong>. Denn den gibt es nur in<br />

seltenen Ausnahmefällen. Stattdessen sollte man sich hinwenden zu einem klas-<br />

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