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BEST OF Otto Brenner Preis 2008 Kritischer Journalismus

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Begründung der Jury<br />

Heute las ich in einer führenden deutschen Tageszeitung und auf der Website eines<br />

Radiosenders ein Interview mit Herrn Grossmann, Vorstandsvorsitzender von RWE. Da<br />

erfuhr man, wie gemein er es findet, dass Europas größter Emittent von Treibhausgasen<br />

für die Lizenzen zur Zerstörung des Klimas zahlen soll, nachdem er bisher fünf Jahre<br />

lang nur die Kunden dafür abkassierte, ohne selbst zahlen zu müssen. Weiter war zu<br />

lesen, dass Grossmann es für völlig natürlich hält, den Vertrag zum Atomausstieg zu<br />

unterlaufen, obwohl er rechtsgültig unterschrieben ist. Und so vier bis fünf neue AKWs<br />

werde man schon bauen, kündete der Mann an, wenn auch erst mal nicht in Deutschland.<br />

Und die Journalisten? Fragten sie kritisch nach? Stellten sie womöglich die Frage, ob<br />

ein Geschäftsmodell, das mit der Umweltzerstörung 6,5 Milliarden Euro Gewinn im<br />

Jahr macht, vielleicht jetzt doch mal radikal umgebaut werden muss? Nein, natürlich<br />

nicht! Ich habe jetzt die große Freude, Ihnen zwei Kollegen vorzustellen, die das<br />

genaue Gegenteil von diesem Unterwerfungsjournalismus praktizieren.<br />

Steffen Judzikowski und Hans Koberstein von der Redaktion Frontal 21 beim ZDF verfolgen<br />

wie kaum jemand sonst in unserer Zunft mit Argusaugen die Tricks und Durchstechereien<br />

von Deutschlands Stromkonzernen, und das auch dann, wenn das Thema gerade<br />

keine Konjunktur hat. Und dabei können sie etwas, was leider selten ist beim Fernsehen:<br />

Sie können komplizierte wirtschaftliche Zusammenhänge anschaulich darstellen,<br />

ohne sie zu verfälschen und vor allem ohne die eigentliche Interessenlage der Akteure<br />

zu unterschlagen. Wie gut sie das können, war insbesondere bei der Dokumentation<br />

mit dem Titel „Das Kartell – Deutschland im Griff der Energiekonzerne“ zu sehen. Da<br />

erfuhr man nicht nur, wie die Lobbyisten von RWE und & Co im Wirtschaftsministerium<br />

an Gesetzen und Verordnungen mitschreiben oder wie sie durch überhöhte Netzgebühren<br />

ihre Kunden übervorteilen, sondern glaubwürdige Zeugen berichten auch, wie sogar<br />

die vermeintlich nur vom Markt gesteuerte Strombörse de facto von ein paar Händlern<br />

im Konzernauftrag systematisch manipuliert wird. Das alles war so gebaut, dass jedermann<br />

folgen konnte und auch wollte. Einfach klasse! Ich habe nur einen Wunsch: Bitte<br />

weiter so!<br />

Vorgetragen von Harald Schumann<br />

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