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Damit das „Menschenrecht auf Wohnraum“ für alle gilt<br />

Foto: Gisela Schuster<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

liebe Mitglieder,<br />

derzeit lesen wir häufig Meldungen zum Thema „Bezahlbares<br />

Wohnen in <strong>Berlin</strong>“. Hier einige Beispiele:<br />

Im Wedding soll ein Verein, der eine Wärmestube betreibt,<br />

die angemietete Wohnung räumen. So will es der Vermieter,<br />

ein kommunales Wohnungsbauunternehmen. Zweite<br />

Nachricht: Während der kalten Jahreszeit, die nach langen<br />

Monaten endlich zu Ende gegangen ist, waren die Notunterkünfte<br />

für Wohnungslose in <strong>Berlin</strong> heillos überbelegt.<br />

Dritte Meldung: Aus Charlottenburg-Wilmersdorf hieß es<br />

unlängst, dass der Bezirk Räume<br />

für Obdachlose beschlagnahmen<br />

wolle, weil es im Bezirk zu wenige<br />

Unterkünfte für Bedürftige gebe.<br />

Barbara John ist Vorsitzende<br />

des <strong>Paritätische</strong>n<br />

Wohlfahrtsverbandes<br />

<strong>Berlin</strong><br />

Das sind nur drei zufällig ausgewählte<br />

Nachrichten aus den<br />

vergangenen Wochen, in denen<br />

es um Obdach für wohnungslose<br />

<strong>Berlin</strong>er geht. Ich könnte<br />

die Nachrichtenzahl gut verzehnfachen;<br />

Wohnungslosenhilfe<br />

scheint sich zu einem der drängendsten<br />

Themen der <strong>Berlin</strong>er<br />

Sozialpolitik zu entwickeln, in dem sich die Konflikte überdeutlich<br />

zuspitzen.<br />

Ein weiteres Beispiel, ganz aktuell: Jetzt sollen unseren <strong>Paritätische</strong>n<br />

Mitgliedsorganisationen Familienplanungszentrum-Balance<br />

e.V. und Lesbenberatung <strong>Berlin</strong> e.V. wichtige<br />

Mittel gestrichen werden, um – wie es heißt - eine neue<br />

psychologische Beratungsstelle für wohnungslose Frauen<br />

in <strong>Berlin</strong> einzurichten. Das ist eine so fatale wie absurde<br />

Entscheidung: Bewährte und erfahrene Träger sollen ihre<br />

psychosozialen Angebote beschneiden, die Frauen in Krisensituationen<br />

zugute kommen, sehr häufig ausgerechnet<br />

solchen Frauen, die wohnungslos sind oder von Wohnungslosigkeit<br />

bedroht. „Frauen sollen für Frauen blechen“,<br />

so brachte es die entsprechende Pressemitteilung<br />

des <strong>Paritätische</strong>n <strong>Berlin</strong> zutreffend auf den Punkt.<br />

Damit haben sich Senatsverwaltung und Abgeordnetenhaus<br />

nach Gutsherrenart für einen Vertrauensbruch entschieden,<br />

gegen den die beiden betroffenen Träger vor Gericht gehen<br />

wollen – mit Unterstützung des <strong>Paritätische</strong>n und der anderen<br />

Liga-Wohlfahrtsverbände, die zuvor nicht informiert<br />

wurden, obwohl es auch um Geist und Buchstaben des<br />

<strong>Berlin</strong>er Rahmenfördervertrags für die zuwendungsgeförderten<br />

Sozial- und Gesundheitsprojekte in der Stadt geht.<br />

Die ganze Kontroverse illustriert auch, wie brisant die Themen<br />

„Immer knapperer und teuerer Wohnraum in <strong>Berlin</strong>“<br />

sowie „Immer drängendere Hilfebedürftigkeit von Wohnungslosen<br />

in <strong>Berlin</strong>“ in der Stadt sind – Themen die, dramatisch<br />

formuliert, wie Lokomotiven aufeinander zurasen,<br />

weil die Weichen falsch gestellt sind.<br />

Insgesamt sei die Anzahl der Unterbringungen wohnungsloser<br />

Menschen in Einrichtungen nach dem Allgemeinen<br />

Sicherheits- und Ordnungsgesetz (Asog) nach 2011 auf<br />

rund 10000 dramatisch angestiegen, melden die Experten<br />

aus den bezirklichen „Arbeitsgemeinschaften für Wohnungslosenhilfe“,<br />

wo Träger und Verwaltungsfachleute gemeinsam<br />

beraten. Ungefähr jeder dritte Wohnungslose sei<br />

ein junger Erwachsener unter 28 Jahren.<br />

<strong>Berlin</strong> ist einerseits für Zuzügler attraktiv, denen die aktuellen<br />

Mietpreisexplosionen nicht viel ausmachen – sie<br />

verdrängen andererseits aber sozial Schwächere an die Peripherie.<br />

Und die ganz Schwachen womöglich mehr und<br />

mehr in die Obdachlosigkeit. Zu ihnen gehören – demografisch<br />

bedingt – zunehmend ältere und pflegebedürftige<br />

Wohnungslose, aber auch Einwandererfamilien aus Südostund<br />

Mitteleuropa, die auf der Suche nach besseren Lebenschancen<br />

für sich und ihre Kinder sind.<br />

Herausforderungen, die solche Entwicklungen für die<br />

Stadtgesellschaft bedeuten, nimmt eine Reihe von <strong>Paritätische</strong>n<br />

Mitgliedsorganisationen tagtäglich an, indem sie<br />

ihren Klienten, die oft (seelisch) krank, behindert oder<br />

suchtkrank sind, trotz aller Schwierigkeiten bei der Wohnungssuche<br />

und beim Erhalt bestehender Wohnungen<br />

helfen. Diese Träger tun viel dafür, dass auch für „ihre“<br />

Wohnungslosen das Menschenrecht auf ein Dach über<br />

dem Kopf verwirklicht wird und dass sie neue Lebenskraft<br />

schöpfen können. Mit Hilfe kenntnisreicher, professioneller,<br />

engagierter, vorurteilsfreier und warmherziger Partner.<br />

Neulich hatte ich die Ehre, die Laudatio auf Jenny de la<br />

Torre zu halten. Sie wurde mit der „Louise-Schroeder-<br />

Medaille“ des Landes <strong>Berlin</strong> ausgezeichnet (siehe Seite 8<br />

in diesem Rundbrief). Ihre Stiftung, eine <strong>Paritätische</strong> Mitgliedsorganisation,<br />

finanziert ein Gesundheitszentrum mit<br />

angeschlossenem Beratungsservice und einer Kleiderkammer<br />

für Bedürftige – Angebote, die besonders von wohnungslosen<br />

Frauen gerne in Anspruch genommen werden.<br />

Da mutet es fast schon wie eine mehrfach bittere Ironie an,<br />

dass sich wenige Tage nach der Preisverleihung das Land<br />

<strong>Berlin</strong> bemüßigt fühlte, zwei verdienten Organisationen<br />

Mittel zu kürzen, die unter anderem wohnungslose Frauen<br />

beraten.<br />

Liebe Mitglieder, lassen Sie uns darüber (und natürlich<br />

auch über viele erfreuliche Themen) während des Jahresempfangs<br />

des <strong>Paritätische</strong>n Landesverbandes am 22.<br />

Mai im Umweltforum Auferstehungskirche sprechen, zu<br />

dem ich Sie auch auf diesem Wege herzlich einlade. Bis<br />

dann!<br />

Herzlich, Ihre<br />

Mai 2013 1

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