Download PDF (1,8 MB) - Der Paritätische Berlin
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Selbsthilfe<br />
StadtRand gGmbH<br />
„self-made“ – Junge<br />
Selbsthilfe in Bewegung<br />
Von Juliane Rades, StadtRand gGmbH<br />
In <strong>Berlin</strong> entdecken junge Menschen die Vorteile<br />
von Selbsthilfegruppen und gehen dabei neue<br />
Wege für das gemeinschaftliche Miteinander. Die<br />
Selbsthilfe-Kontakt- und Beratungsstelle in <strong>Berlin</strong>-<br />
Mitte unterstützt das vielfältige Engagement seit<br />
einem Jahr durch das Projekt „Junge Selbsthilfe“<br />
und will damit mehr Menschen Lust auf Selbsthilfe<br />
machen. Gleichzeitig ist es auch ein Versuch das<br />
verstaubte Image durch ein neues, lebendiges Bild<br />
zu ersetzen.<br />
Judith ist 25 und steht mit beiden Beinen fest im Leben.<br />
Nach ihrer Ausbildung als Arzthelferin ist sie vor einiger<br />
Zeit nach <strong>Berlin</strong> gekommen, wo sie seitdem lebt und<br />
arbeitet. In ihrer Freizeit spielt sie regelmäßig Handball<br />
oder geht am Wochenende mit Freunden tanzen. Alle<br />
zwei Wochen trifft sie zudem eine Gruppe von Menschen,<br />
mit denen sie zwei Dinge teilt. Sie alle sind unter<br />
30 und leben mit einer chronischen Krankheit: Rheuma.<br />
Die „Jungen Rheumatiker“ sind nur eine aus einer Vielzahl<br />
junger Selbsthilfegruppen, die in den letzten Jahren<br />
in <strong>Berlin</strong> entstanden sind. Ob „flow“ - die Sprechgruppe<br />
für junge Stotternde; die Gruppe „Depression unter<br />
30“; eine Gruppe für junge Menschen nach Krebs oder<br />
„Soziale Ängste“ – sowohl die Bandbreite an Themen<br />
als auch die Arbeitsmethoden sind vielfältig. Einige<br />
Gruppen treffen sich wie gewohnt in den Selbsthilfe-<br />
Kontaktstellen, andere hingegen verabreden sich in<br />
<strong>Berlin</strong>er Kneipen oder Cafés, im Park oder zentral angemieteten<br />
Räumen. Auch was die Form der Treffen<br />
betrifft, lässt sich bei den jungen Gruppen alles finden:<br />
vom bewährten Sitzkreis mit „Blitzlicht“ zu Beginn und<br />
Schluss bis hin zu Theater, in-vivo-Trainings oder kreativen<br />
Methoden; Sitzungen mit fester Moderation bis<br />
hin zu Gesprächen mit abwechselnder Moderation oder<br />
eben „einfach so“ - ohne Moderation.<br />
Im Vordergrund steht, nicht mehr alleine zu sein<br />
mit dem Problem<br />
Einige Gruppen stehen auch Angehörigen und Freunden<br />
offen oder gehen nach dem Gruppentreffen gemütlich<br />
in die Kneipe um die Ecke. Entspricht die äußerliche<br />
Form mitunter nicht dem klassischen Bild von Selbsthilfe,<br />
so ist die Funktion die Gleiche geblieben. Im Vordergrund<br />
steht, nicht mehr alleine zu sein mit dem Problem,<br />
Erfahrungen und Wissen auszutauschen und sich<br />
in der Gruppe Halt geben. Seit März 2012 erhalten die<br />
jungen Gruppen in <strong>Berlin</strong> zudem Unterstützung durch<br />
die Selbsthilfe-Kontakt und Beratungsstelle <strong>Berlin</strong>-Mitte<br />
mit dem Projekt „Junge Selbsthilfe“. Im Rahmen des<br />
Praxisprojektes „Junge Menschen zur gemeinschaftlichen<br />
Selbsthilfe aktivieren“ der Nationalen Kontaktund<br />
Informationsstelle zur Anregung und Unterstützung<br />
von Selbsthilfegruppen (Nakos) haben sich die<br />
Mitarbeiterinnen der Kontaktstelle in <strong>Berlin</strong>-Mitte das<br />
Ziel gesetzt junge Austausch- und Begegnungsforen zu<br />
fördern und junge Menschen über Selbsthilfe gezielter<br />
zu informieren.<br />
Durch die finanzielle Unterstützung der AOK-Nord<br />
wurde für diesen Arbeitsschwerpunkt der Kontaktstelle<br />
eine Teilzeitstelle geschaffen und mit der jungen<br />
Sozialpädagogin Franziska Anna Leers besetzt. Ob die<br />
Anregung und Begleitung neuer junger Selbsthilfegruppen,<br />
die Organisation methodischer Fortbildungen und<br />
Projektwerkstätten oder die Betreuung der social media<br />
– wichtig ist Franziska Anna Leers nah an den Akteuren<br />
der jungen Selbsthilfe zu sein, sie miteinander zu vernetzen<br />
und sich dabei selbst einen Eindruck von der Szene<br />
zu machen.<br />
Das Projekt konzentriert sich zunächst auf die<br />
relativ altershomogenen Gruppen<br />
Grundlegend für das Projekt „Junge Selbsthilfe“ ist die<br />
Annahme, dass besondere Lebenssituationen auch spezifische<br />
Problemlagen schaffen. Um den individuellen<br />
Bedürfnissen der jungen Menschen Raum zu geben<br />
sowie gewünschte Strukturen und Gruppenprozesse<br />
zu entwickeln, konzentriert sich das Projekt zunächst<br />
auf die relativ altershomogenen Gruppen. Im Zuge der<br />
Anfangsphase des Projektes im letzten Jahr, bei dem es<br />
um das Kennenlernen der schon bestehenden Gruppen<br />
ging, zeigte sich, dass die „Junge Selbsthilfe“ ganz<br />
unterschiedliche Gesichter hat und dass die typische<br />
Gruppe nicht existiert. Insgesamt beeindruckte F. Leers<br />
die Vielzahl engagierter und motivierter Menschen und<br />
besonders auch deren Interesse gestaltend tätig zu werden.<br />
So entdeckten einige junge Menschen aus verschiedenen<br />
<strong>Berlin</strong>er Selbsthilfegruppen zum Thema „Soziale<br />
Ängste“ das Improvisationstheater für sich und treffen<br />
sich nun einmal pro Woche zur spielerischen Erprobung<br />
sozialer Interaktion. Ein Mitglied berichtet, wie innerhalb<br />
von drei oder vier Monaten große Fortschritte in<br />
der Gruppe gemacht wurden. Dass er insgesamt viel lockerer<br />
sei und im Alltag Dinge zulasse, die er sich sonst<br />
nicht getraut habe.<br />
Im Herbst des vergangenen Jahres fand der erste themenübergreifende<br />
Bundeskongress der „Jungen Selbsthilfe“<br />
statt, der von der Nakos initiiert und gemeinsam<br />
mit den 3 Selbsthilfe-Kotaktstellen aus <strong>Berlin</strong>-Mitte,<br />
Chemnitz und Tübingen umgesetzt wurde. Bei der<br />
Tagung kamen junge Menschen aus 14 verschiedenen<br />
28 Mai 2013