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könnte <strong>als</strong> Möglichkeit der Erlösung von der Dauerlangweile, vom Erlebensüberschuß und<br />

Lebensüberdruß wahrgenommen werden. Dadurch würde er einiges von seinem Schrecken<br />

verlieren. „Im Wohlleben liegt kein Glück und keine Befriedigung; folglich ist es auch kein<br />

Unglück, dem Wohlleben entsagen zu müssen. Aber es ist ein großes Unglück, ein Glück in<br />

das Wohlleben zu setzen und nicht erfahren zu können, daß kein Glück darin liegt.“ 33 Konsum<br />

schafft kein Glück – so könnte man den heutigen Menschen vor den Gefahren des<br />

„Superlebens“ warnen. Welchen Sinn hätte es auch dann, das Leben (künstlich) zu<br />

verlängern, wenn es nicht mehr Erfüllung, sondern nur Übersättigung und <strong>als</strong> Folge davon das<br />

Gefühl der Leere und Sinnlosigkeit mit sich bringt. Leben, das lang(e)weilt, ist nichtig, und<br />

um einzusehen, daß in diesem Fall das Nichtsein dem Sein vorzuziehen ist, braucht man kein<br />

Erlösungsphilosoph zu sein. Vielleicht war die Langeweile auch der Grund dafür, daß Gott<br />

nicht mehr existieren wollte – das ewige Leben scheint ihm nicht mehr Freude bereitet zu<br />

haben. Die künftigen „Macher“ des Lebens sollten daraus ihre Lehren ziehen.<br />

Mainländers eudämonistischer Ethik können somit nützliche Anregungen für die Gestaltung<br />

des Lebens und für den Umgang mit dem Tod entnommen werden. In der Antizipation der<br />

Sinnprobleme erlebnisheischender Individuen wirkt sie modern und daher kann von einer<br />

Aktualität Mainländers durchaus die Rede sein. Wesentlich größere Probleme wird man bei<br />

der „Würdigung“ der Philosophie der Erlösung in metaphysischer Hinsicht haben. Denn in<br />

der Gegenwart hat man sich weitgehend vom metaphysischen Denken verabschiedet. Der<br />

Verifikationismus der exakten Wissenschaften und der nüchterne Alltagspragmatismus haben<br />

uns angeblich die metaphysischen Grillen aus dem Kopf ausgetrieben. Wenn man derzeit<br />

philosophisch denkt, denkt man nachmetaphysisch. Doch wie die aufkeimende Mainländer-<br />

Rezeption zeigt, scheint uns der Schatten der Metaphysik wieder einzuholen. Vielleicht stehen<br />

wir vor der Pforte einer neuen Metaphysik. Der Bruch mit dem Gottesglauben mag zwar die<br />

Zersetzung ihrer traditionellen Form beschleunigt haben, doch die in der Gegenwart sich<br />

abzeichnende (Selbst-)Hinterfragung des Menschen scheint das metaphysische Bedürfnis<br />

erneut in uns zu wecken und es zu seinem Recht kommen zu lassen. Möglicherweise wird die<br />

„Biotechnologie“ zur neuen prima philosophia, vielleicht zur ersten, die auch in der Praxis<br />

Folgen haben wird (die Frage ist, ob fruchtbare oder furchtbare). Auch die neue<br />

„Lebensmetaphysik“ – wenn man von einer solchen überhaupt sprechen kann – wird an einem<br />

Scheideweg stehen: Entweder wird man sich von den neuen wissenschaftlichen Techniken<br />

grenzenlosen Erfolg versprechen und z. B. an die Möglichkeit der Perfektionierung des<br />

menschlichen Erbguts glauben, welche zur Abschaffung der physischen Übel führen wird.<br />

Oder man wird gegenüber dem biotechnischen Projekt skeptisch gesinnt sein und es zum<br />

Scheitern verurteilt sehen, da es dem kosmischen Zerfall nichts entgegenzusetzen vermag:

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