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Krankheit zu bewahren, schließlich, daß das Alter solcher beschirmten Menschen ein frisches<br />
und kräftiges sei, welchem ein sanfter schmerzloser Tod plötzlich ein Ende mache<br />
(Euthanasie). Nur den Tod können wir nicht fortnehmen, und wir haben mithin ein kurzes<br />
leidloses Leben vor uns.“ 19<br />
Nach dieser kurzen Schilderung des Lebens im idealen Staat stellt Mainländer die<br />
entscheidende Frage: Haben die Individuen in ihm endlich ihr Glück gefunden? Die Antwort:<br />
„Sie wären es, wenn sie nicht eine entsetzliche Öde und Leere in sich empfänden. Sie sind der<br />
Not entrissen, sie sind wirklich ohne Sorgen und Leid, aber dafür hat die Langeweile sie<br />
erfaßt. Sie haben das Paradies auf Erden, aber seine Luft ist erstickend schwül.“ 20 Die<br />
Menschen sind trotz scheinbarer Vorteile nicht wesentlich zufriedener geworden. Daß eine<br />
solche Ernüchterung von ihnen zu erwarten wäre, entnimmt Mainländer Erfahrungen<br />
berühmter Menschen, welche dank ihrer sozialen Lage Zugang zu Erkenntnissen, Künsten<br />
und anderen „geistigen Genüssen“ hatten, aber dennoch des müßigen Lebens und seiner<br />
Freuden überdrüssig geworden sind. Daher kommt er zum Schluß, daß selbst das schönste<br />
Leben im idealen Staat sinnlos wäre.<br />
Aber selbst wenn ein solcher Staat im Laufe der Menscheitsgeschichte realisiert werden sollte,<br />
ist man noch immer nicht an ihrem Ende: es gibt kein happy end für die Menschen. Die<br />
ursprüngliche Bewegung der Menschheit kommt im idealen Staat nicht zum Stillstand,<br />
sondern sie geht weiter bis das Ziel erreicht ist – und das Ziel ist das Nichtsein. Der Philosoph<br />
der Erlösung ist sich dessen sicher, daß irgendeinmal der Menschheit die letzte Stunde<br />
schlagen wird, auch wenn er nicht eindeutig zu bestimmen vermag, aus welchem Grund sie<br />
letztlich untergehen wird: ob wegen „selbstverschuldeten“ Fehlverhaltens oder wegen einer<br />
Laune der Natur (es ist sogar von Impotenz (!) <strong>als</strong> möglicher Ursache der Selbstvernichtung<br />
die Rede, doch Mainländer bleibt hier weitgehend rätselhaft). Wie auch immer, für ihn steht<br />
fest, daß sie untergehen wird und daß dieses Ereignis Auswirkungen auf das restliche<br />
organische Leben auf der Erde und – indirekt – auf die Geschehnisse im Weltall haben wird.<br />
Der Niedergang der Menschheit wird der Anfang vom Ende sein, denn ihr werden zunächst<br />
die höheren Organismen folgen, dann die niederen – und schließlich greifen die<br />
Veränderungen auf die unorganische Welt über. Die Planeten werden durch den Sturz in die<br />
Zentr<strong>als</strong>onne vernichtet; Gase werden sich auflösen; es bleiben nur noch Flüssigkeiten übrig,<br />
die sich <strong>als</strong> letzte „Überreste“ des Seins „verflüchtigen“ werden. „Und dann? Dann ist Gott<br />
tatsächlich aus dem Übersein, durch das Werden, in das Nichtsein übergetreten; er hat durch<br />
den Weltprozeß gefunden, was er, von seinem Wesen verhindert, nicht sofort erreichen<br />
konnte: das Nichtsein. [...] Es ist vollbracht!“ 21 Trübe Aussichten für das<br />
Menschengeschlecht.