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Natur« und »Kultur«: Von Inbegriffen zu Reflexionsbegriffen1

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Ferner verweist er auf die <strong>zu</strong>nehmende Organisierung <strong>und</strong> Delegation der Arbeitsprozesse,<br />

unter der die Effizienz als Aufwandsminimierung vergrößert wird. Schließlich hebt er,<br />

ähnlich wie Heidegger, ab auf die damit verb<strong>und</strong>ene Herausforderung an den Menschen<br />

selbst, die Zivilisierung als notwendige Unterdrückung <strong>und</strong> Transformation der Triebe<br />

einschließlich entsprechend funktionalisierter Triebausbrüche in Gestalt künstlicher<br />

Erlebniskulturen wie Abenteuerurlaub etc. – eine Funktionalisierung des Menschen, die in die<br />

Systemfunktionalität eingeb<strong>und</strong>en sein muß, wollte man nicht auf die entsprechenden<br />

Systemleistungen verzichten. 29 Diese Dominanz des Technischen präge die moderne Kultur.<br />

Jene allgemeinen Charakterisierungen, verb<strong>und</strong>en mit den für die kulturpessimistische Szene<br />

der ersten Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts typischen durchaus scharfsinnigen Diagnosen <strong>und</strong><br />

Prognosen, laden da<strong>zu</strong> ein, <strong>zu</strong> einer Analyse der Binnenstruktur der Medialität weiter<strong>zu</strong>gehen,<br />

aus der vielleicht Impulse für eine weitere Klärung unserer Fragestellung resultieren könnten.<br />

Wie beim Einsatz derart allgemeiner Konzepte <strong>zu</strong> erwarten, haben wir bislang kein besonders<br />

spektakuläres Ergebnis. Der Versuch einer Systematisierung bestimmter<br />

Argumentationslinien der Medienphilosophien läßt jedoch deutliche Analogien zwischen den<br />

Binnenstrukturen der Medialität für die Bereiche der Technik, Kultur <strong>und</strong> der Natur<br />

ersichtlich werden, was nicht überrascht angesichts der technomorphen Verfaßtheit der<br />

Naturkonzepte, sowohl – im weiteren Sinne – im theoria-Paradigma der Antike als auch – im<br />

engeren Sinne – im interventionistischen Paradigma Bacon’scher Naturwissenschaft.<br />

Deutliche Unterschiede werden jedoch erkennbar für den Bereich der Kultur, die in neuerer<br />

Zeit, z.B. bei Ernst Wolfgang Orth, ebenfalls als Medium modelliert wird. 30 Beginnen wir mit<br />

dem einfachen Fall technischer Medialität, orientiert am technischen Handlungsvoll<strong>zu</strong>g.<br />

Auf einer ersten Ebene wird ein Möglichkeitsraum als Raum der Realisierung möglicher<br />

Zwecke unterstellt, <strong>und</strong> zwar <strong>zu</strong>nächst im Sinne einer potenziellen Ermöglichung. Diese<br />

basiert als äußere Medialität auf der Unterstellung von Ursächlichkeit angeboten, den<br />

»umherschweifenden Ursachen« der platonischen Chora, »lose gekoppelten Ursachen«, wie<br />

Niklas Luhmann in Übernahme der Formulierung Fritz Heiders sie nennt, 31 als<br />

Möglichkeitsraum <strong>zu</strong>nächst der Trennung von Ursachen. Die Unterscheidbarkeit dieser<br />

trennbaren Ursachen macht die Dimension innerer Medialität auf dieser Ebene aus. Platons<br />

Metapher des Schüttelsiebs als Ordnungsinstanz steht für das vom Subjekt bzw. den<br />

29 Hans Freyer, Theorie des gegenwärtigen Zeitalters, Berlin 1955.<br />

30 Ernst Wolfgang Orth, Was ist <strong>und</strong> was heißt „Kultur“? Dimensionen der Kultur <strong>und</strong> Medialiät der<br />

menschlichen Orientierung. Würzburg 2000, 29ff.<br />

31 Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft Bd.1, Frankfurt/M. 1998; vgl. Hubig, Die Kunst des<br />

Möglichen, 155f.<br />

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