22.05.2014 Aufrufe

Natur« und »Kultur«: Von Inbegriffen zu Reflexionsbegriffen1

Natur« und »Kultur«: Von Inbegriffen zu Reflexionsbegriffen1

Natur« und »Kultur«: Von Inbegriffen zu Reflexionsbegriffen1

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

zwischen Gegenständen <strong>und</strong> Gegenstandsbereichen, sondern an bestimmten Gegenständen<br />

vorgenommen werden. Was ist der logische Ort dieser Unterscheidungen an Gegenständen?<br />

Aus der Verwendung der Inbegriffe von Technik, Natur, Kultur konnten wir entnehmen, daß<br />

ein einheitliches Interesse oder Bemerken unterstellt werden muß. Dieses Interesse ist<br />

dasjenige an einer Bestimmung jeweils spezifischer Faktoren einer Sicherung des<br />

Verhältnisses zwischen dem Subjekt <strong>und</strong> seinem Gegenstandsbereich. Es geht also um ein<br />

Verhältnis <strong>zu</strong> einem Verhältnis. Objektstufige Charakterisierungen sind abkünftig <strong>und</strong> stehen<br />

unter dieser Einheitlichkeit des Bemerkens. Es sind Vorstellungen, die unter jenen<br />

Verhältnissen produziert werden. Wie kommen diese Verhältnisse <strong>zu</strong> den Verhältnissen<br />

<strong>zu</strong>stande? Entsprechend der anfangs erwähnten Aporie könnte die erste Antwort eines<br />

Naturalismus, der hier in die »überschwängliche Metaphysik« Schellings umschlägt, lauten:<br />

Die Natur liegt »als äußere Welt vor uns aufgeschlagen, um in ihr die Geschichte unseres<br />

Geistes wieder<strong>zu</strong>finden«. 39 Ihr Ganzes ist so beschaffen, daß es die Struktur des Ich »als<br />

Verhältnis eines Verhältnisses im Verhältnis <strong>zu</strong> sich <strong>und</strong> <strong>zu</strong> anderen <strong>und</strong> <strong>zu</strong>r Welt <strong>zu</strong> stehen«<br />

hervorgebracht hat <strong>und</strong> einschließt. 40 Die zweite Seite des Dilemmas, die die<br />

Unhintergehbarkeit reflexiver Distanz herausstellt, findet sich paßgenau in der Formulierung<br />

des Schelling-Kritikers Kierkegaard:<br />

»Der Mensch ist Geist. Doch was ist Geist? Geist ist das Selbst. Doch was ist das<br />

Selbst? Das Selbst ist ein Verhältnis, das sich <strong>zu</strong> sich selbst verhält, oder es ist in<br />

diesem Verhältnis jenes, daß dieses <strong>zu</strong> sich selbst verhält; das Selbst ist nicht das<br />

Verhältnis, sondern daß sich das Verhältnis <strong>zu</strong> sich selbst verhält. [...] Ein solches<br />

Verhältnis, das sich <strong>zu</strong> sich selbst verhält, ein Selbst, muß sich entweder selbst gesetzt<br />

haben oder durch ein Anderes gesetzt sein.<br />

Ist das Verhältnis, das sich <strong>zu</strong> sich selbst verhält, durch ein Anderes gesetzt, dann ist<br />

das Verhältnis zwar das Dritte, doch dieses Verhältnis, das Dritte, ist dann wiederum<br />

ein Verhältnis <strong>und</strong> verhält sich <strong>zu</strong> dem, was das ganze Verhältnis gesetzt hat«. 41<br />

Kurz: Es bleibt das sich potenzierende Verhältnis. Verhältnisse dieser Art lassen sich nun<br />

näher untersuchen, <strong>und</strong> zwar mit Blick auf ihre vorstellungsermöglichende Kraft. Diese <strong>zu</strong><br />

erfassen, werden so genannte Reflexionsbegriffe eingesetzt, <strong>und</strong> zwar in zweifacher Weise.<br />

39 Friedrich Wilhelm Josef Schelling, Allgemeine Übersicht der neuesten philosophischen Literatur, Historischkritische<br />

Ausgabe Bd. I, 4, Stuttgart 1988, 110.<br />

40 Baumgartner, Natur aus der Perspektive spekulativer <strong>und</strong> kritischer Philosophie, 252.<br />

41 Søren Kierkegaard, Die Krankheit <strong>zu</strong>m Tode, Stuttgart 1997, 13 f. (Herv. C.H.)<br />

19

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!