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Natur« und »Kultur«: Von Inbegriffen zu Reflexionsbegriffen1

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mindestens aber von einer Deinstitutionalisierung <strong>zu</strong> sprechen). Wenn nun die Möglichkeit,<br />

<strong>zu</strong> solchen Schemata in ein Verhältnis <strong>zu</strong> treten, in der Wirklichkeit des Sich-Orientierens<br />

aktualisiert ist, dann wird im Unterschied <strong>zu</strong> den bisher besprochenen Bereichen<br />

Widerständigkeit in ganz unterschiedlicher Weise erfahrbar: Sie kann <strong>zu</strong>nächst auftreten in<br />

Gestalt von Sanktionen derjenigen Institutionen, die als Dispositive der Macht das<br />

Überschreiten der bereitgestellten Möglichkeitsräume bekämpfen, kompensieren, die Räume<br />

immunisieren. Es kann aber auch <strong>und</strong> gerade Widerständigkeit erfahren werden seitens einer<br />

Natur, auch derjenigen unseres Leibes, die sich – als Leid - unvermittelt <strong>zu</strong> Wort meldet. Und<br />

schließlich kann Widerständigkeit auftreten in Gestalt des »Einspruchs« anderer Kulturen,<br />

wie es Dirk Baecker nennt, infolge dessen die Orientierung sich als Bedrohung anderer<br />

Orientierungen erfährt, als störende Umwelt einer anderer Kultur. 37 Die hierdurch provozierte<br />

Reflexion läßt die Eigenart der medialen Verfaßtheit der je eigenen Kultur ersichtlich werden,<br />

was <strong>zu</strong> Modifikationen, Destruktionen oder einer ggf. gewaltsamen Affirmation derjenigen<br />

Tradition führt, die für die entsprechende Kultur konstitutiv ist. Schließlich finden wir auch<br />

hier die standpunktabhängige Einschät<strong>zu</strong>ng des Orientierungsaktes als Mittel oder Medium:<br />

Er kann Manifestation, z.B. des Ignorierens einer Sanktion, sein <strong>und</strong> auch <strong>zu</strong>gleich in seiner<br />

Intentionalität Medium für das Aushöhlen einer Tradition oder ihre Transformation, etwa im<br />

Zuge der von Foucault so bezeichneten »strategischen Wiederauffüllung« 38 von Leerstellen<br />

der Macht durch individuelle Subjekte mit abweichenden Intentionen (z.B. die Entstehung<br />

krimineller Milieus in den Haftanstalten).<br />

Unsere Überlegungen bezüglich einer Auffassung von Technik, Natur <strong>und</strong> Kultur als Medien<br />

sind insgesamt gesehen bislang genauso objektstufig geblieben wie der Einsatz der<br />

einschlägigen Inbegriffe. Freilich wurde in Berücksichtigung der jeweiligen modalen<br />

Inferenzen der Definitionsbereich erweitert <strong>und</strong> strukturiert. In Abhängigkeit der jeweiligen<br />

Charakterisierung vom erkennenden Standpunkt kann etwas jeweils als Mittel oder<br />

technisches Medium, Ursache oder Medium der Natur, Orientierung oder kultürliches<br />

Medium erachtet werden. Dann wird in jeweils spezifischer Weise versucht, eine Wirklichkeit<br />

des Produzierens, des kausalen Prozessierens oder des Sich-Orientierens ein<strong>zu</strong>setzen, um<br />

abduktiv eine partielle Vorstellung derjenigen Instanzen <strong>zu</strong> gewinnen, die diese<br />

Verwirklichung ermöglichen. Solcherlei verweist uns darauf, daß hier Unterscheidungen nicht<br />

37 Dirk Baecker, „Kommunikation im Medium der Information, in: Rudolf Maresch, Niels Weber (Hg.),<br />

Kommunikation, Medien, Macht, Frankfurt/M. 1999, 174-191, hier 59f.; Niklas Luhmann, Gesellschaftsstruktur<br />

<strong>und</strong> Semantik, Frankfurt/M. 1999, 48.<br />

38 Foucault, Dispositive der Macht, 126.<br />

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