Natur« und »Kultur«: Von Inbegriffen zu Reflexionsbegriffen1
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»feste Kopplung« zwischen den medialen Elementen (so wie im natürlichen Medium der Luft<br />
beim Versuch akustischer Kommunikation die lose gekoppelten Luftmoleküle angestoßen<br />
<strong>und</strong> dirigiert werden, um das Beispiel des Aristoteles 34 <strong>zu</strong> erwähnen). Ergebnis dieser<br />
Aktualisierung (3) ist die Erfahrung einer Differenz zwischen dem intendierten <strong>und</strong> dem<br />
realisierten Zweck (Hegel spricht hier von einer Differenz zwischen dem subjektiven <strong>und</strong> dem<br />
objektiven Zweck), 35 wobei in dieser Differenzerfahrung die Medien Spuren hinterlassen im<br />
Sinne einer »Spur von …«. Diese Enttäuschung veranlaßt einen abduktiven Schluß (4) auf die<br />
Verfaßtheit des Mediums, seine Surplus-Eigenschaften (Hegels »Auch von Eigenschaften«)<br />
<strong>und</strong> seine Restriktionen, <strong>und</strong> veranlaßt im Bereich des Technischen dann ggf. eine weitere<br />
Überformung <strong>und</strong> Umarbeitung der technischen Systeme als Medien.<br />
Die jeweilige Unterscheidung zwischen Mittel <strong>und</strong> Medium, wobei Mittel die Aktualisierung<br />
des Mediums ist, ist allerdings abhängig vom eingenommenen Standpunkt der Betrachtung<br />
<strong>und</strong> Wertung: Ein Haus kann als geeignetes manifestes Mittel <strong>zu</strong>m Schutz vor Witterung <strong>und</strong><br />
<strong>zu</strong>gleich als ungeeignetes Medium – Möglichkeitsraum - des Wohnens als »Kultur« erachtet<br />
werden. Eine E-mail ist ein Mittel <strong>zu</strong> Überbringung einer Beileidsbek<strong>und</strong>ung <strong>und</strong> <strong>zu</strong>gleich ein<br />
Medium, das bestimmte Dimensionen des Austauschs persönlicher Anteilnahme restringiert.<br />
Bezüglich der Konzeptualisierung von Natur als Medium lassen sich nun deutliche Analogien<br />
<strong>zu</strong> jenem Vierer-Schritt feststellen; die Analogie fällt enger oder weiter aus, je nachdem, ob<br />
Natur im interventionistischen Paradigma seit Bacon als experimentell-technomorph verfaßte<br />
Natur gedacht wird, oder in ontologischer Konzeptualisierung als »experimentierend«-<br />
evolutionärer Gesamtorganismus. Die Ebene potenzieller Ermöglichung, hier von Wirkungen<br />
überhaupt, wäre in gleicher Architektonik <strong>zu</strong> entfalten wie für die Technik. Für die Ebene<br />
realer Ermöglichung, diejenige medialer Performanz, wäre im interventionistischen<br />
Paradigma die experimentelle Anordnung als technisches System an<strong>zu</strong>setzen, unter der<br />
Wirkungen als Effekte auftreten können; ihre Aktualisierung wäre das kausale Prozessieren<br />
selbst, <strong>und</strong> die Störungen, die dann einschlägige Abduktionsschlüsse <strong>und</strong> eine Reflexion auf<br />
die Systembedingungen provozieren, wären die nicht exhaurierbaren abweichenden<br />
Resultate. Im ontologisch-evolutionistischen Paradigma wäre auf einer Ebene medialer<br />
Performanz von natürlichen Systemen, etwa Organismen, <strong>zu</strong> sprechen, deren äußere<br />
Medialität durch die einschlägigen adaptions- oder präadaptionsfähigen Infrastrukturen, ihre<br />
innere Medialität durch die unterstellten funktionalen Erfordernisse (»Überleben«) der<br />
34 De Anima, 435b 25-435a 10.<br />
35 Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Wissenschaft der Logik, Frankfurt/M. 1969, 3. Buch, 2. Abschn., 3. Kap.<br />
Teleologie.<br />
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