Heft lesen... - Philologenverband Sachsen
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In ihrem Impulsreferat betonte die Kultusministerin<br />
Brunhild Kurth, Ziel sei es, die Qualität von<br />
Schule zu verbessern. Freiheit bedeute aber immer<br />
auch Verantwortung. Sie könne sich deshalb<br />
eine größere Mitsprache der Schulleitungen bei<br />
der Einstellung von Lehrpersonal vorstellen. Die<br />
geforderten „schulscharfen“ Ausschreibungen<br />
von Lehrerstellen setzten aber ein Überangebot<br />
bei Lehrkräften voraus, welches es derzeit nicht<br />
gebe. Gewollt sei in diesem Zusammenhang<br />
auch die Auslagerung der Ganztagsangebote aus<br />
den Lehraufträgen. Sie betonte, dass der Fokus<br />
für Eigenverantwortung in der pädagogischen<br />
Arbeit liegen müsse. Damit könne man Indivi-<br />
ker fördern. Auch<br />
dualität stär<br />
eine dezentrale Steuerung von<br />
Bildung und Erziehung wäre<br />
dann besser möglich. Sie stellte<br />
aber auch klar, dass der Prozess<br />
der Übernahme von mehr<br />
Eigenverantwortung durch<br />
Schulleitungen eine gründliche<br />
Vorbereitung voraussetzt. Zu<br />
diesem Zweck wird man in der<br />
nächsten Zeit das Gespräch<br />
mit den Schulleitern suchen<br />
und angedachte Maßnahmen<br />
nur in kleinen Schritten vorantreiben.<br />
Prof. Wolfgang Böttcher (Westfälische Wilhelms-Universität<br />
Münster) unterstrich in seinem<br />
Hauptreferat, dass Autonomie von Schule keine<br />
Verbesserung der Lernleistungen der Schüler mit<br />
sich bringt, sondern eher die Verwaltung von<br />
Schulen betrifft. Sein Credo, die Schulen müssen<br />
zuerst die grundlegenden Erwartungen der Schüler<br />
erfüllen, wurde von den Anwesenden in der nachfolgenden<br />
Diskussion bestätigt. Zu diesen Basics<br />
gehören verbindliche und klare Standards, die<br />
Sicherung von Allgemeinbildung, Gerechtigkeit,<br />
soziale Integration sowie die Umsetzung des Zusammenhangs<br />
von Globalisierung und kultureller<br />
Vielfalt. Erst dann kann man sich besonderen Interessen,<br />
Profilbildung, begrenztem Wettbewerb<br />
oder regionalen Bezügen zuwenden.<br />
In den Erfahrungsberichten kamen sowohl<br />
Schulleiter aus <strong>Sachsen</strong> als auch aus Niedersachsen,<br />
wo Eigenverantwortung seit circa zehn Jahren<br />
praktiziert wird, zu Wort. Beide stellten klar,<br />
dass Schulleitungen für einen solchen Prozess Zeit<br />
benötigen. Die in <strong>Sachsen</strong> stattfindende Entwicklung<br />
beschneide die Lehrkräfte und Schulleitungen<br />
eher in ihren Freiheiten. Ein Umdenken wäre nötig,<br />
so Frau Elke Richter, Schulleiterin am Humboldt-Gymnasium<br />
Radeberg. Herr Rainer Starke,<br />
Schulleiter des Viktoria-Louise-Gymnasiums Hameln<br />
und Stellvertretender Beisitzer im Vorstand<br />
des Deutschen <strong>Philologenverband</strong>es berichtete,<br />
dass eine solche Freiheit auch durchaus Vorteile<br />
für eine Schule haben kann. Es müsse allerdings<br />
eine gute Personalausstattung der Schule mit<br />
pädagogischem und Betreuungspersonal geben,<br />
denn Eltern messen Schule an der Unterrichtsversorgung<br />
und weniger an der Anzahl von Arbeitsgemeinschaften.<br />
Frau Beate Müller, Vorsitzende<br />
des Bezirkspersonalrates Chemnitz, stellte den<br />
Zusammenhang von vorhandenen Lehrkräften und<br />
der Unterrichtsversorgung in <strong>Sachsen</strong> noch einmal<br />
dar und unterstrich damit, dass zur Übernahme<br />
von Eigenverantwortungen durch Schulen viele<br />
Voraussetzungen stimmen müssen.<br />
Gerhard Pöschmann<br />
Neue Länder<br />
Einen Tag nach dem Aktionsauftakt des dbb<br />
zur Tarifrunde 2013 trafen sich die Vertreter der<br />
Philologenverbände der neuen Bundesländer am<br />
25. Januar 2013 zu ihrer jährlichen Klausurtagung<br />
in Berlin. Die Schilderungen vom Start der<br />
dbb-Trucktour durch Deutschland auf dem Dresdner<br />
Altmarkt, bei dem auch der <strong>Philologenverband</strong><br />
sichtbar Flagge zeigte, stimmte direkt auf das erste<br />
der beiden Schwerpunktthemen, die anstehenden<br />
Tarifverhandlungen der Landesangestellten, ein.<br />
Als Gäste waren der Leiter des Geschäftsbereiches<br />
„Tarif“ des dbb, Ulrich Hohndorf und Jens<br />
Hoffmann, Referent im Tarifbereich des dbb eingeladen.<br />
Sie stellten die Aktionsphasen des dbb<br />
zur Vorbereitung und Unterstützung der aktuellen<br />
Tarifrunde vor.<br />
Die inhaltliche Auseindersetzung mit den im Dezember<br />
2012 von dbb und verdi aufgestellten Forderungen<br />
bekam auch durch die Anwesenheit von<br />
Iris Schrader-Bölsche, Jörg Bohmann und Steffen<br />
Pabst die notwendige Qualität und Intensität. Sie<br />
vertreten gemeinsam mit Ursula Kampf die Interessen<br />
des Deutschen <strong>Philologenverband</strong>es in der<br />
Bundestarifkommission.<br />
Vor dem Hintergrund, dass verdi die Entgeltordnung<br />
für ihre Mitglieder an den Schulen in den<br />
Vordergrund der Tarifauseinandersetzung stellen<br />
möchte, war ein Schwerpunkt der Diskussion, wie<br />
wir uns als Philologen in den Forderungen wiederfinden<br />
und somit unsere Kolleginnen und Kollegen<br />
zur aktiven Unterstützung der Tarifrunde gewinnen<br />
können. Hier wurde noch einmal klar unterstrichen,<br />
dass der <strong>Philologenverband</strong> sich gegen<br />
eine einheitliche Eingruppierung aller Lehrer in<br />
einer Entgeltgruppe ausspricht, da dies die Einführung<br />
des „Einheitslehrers“ und im schlimmsten<br />
Fall eine deutliche Verschlechterung der aktuellen<br />
Vergütung von Gymnasiallehrern bedeuten würde!<br />
Am zweiten Tag der Klausurtagung stand das<br />
Thema der Ganztagsschule im Mittelpunkt der<br />
Diskussion. Frank Eiselt, Verantwortlicher für Bildungspolitik<br />
im sächsischen <strong>Philologenverband</strong>,<br />
machte in seinem Impulsreferat deutlich, dass<br />
sich diese Problematik in den neuen Bundesländern<br />
durch den geschichtlichen Hintergrund ganz<br />
anders darstellt als in den westlichen Bundesländern.<br />
Wärend im Osten die Vorteile einer Ganztagsschule<br />
eher im Fokus der Diskussion stehen,<br />
werden im Westen eher die Probleme thematisiert.<br />
Durch die dort gewachsenen Strukturen haben<br />
Vereine, beispielsweise Sportvereine, freiwillige<br />
Feuerwehr, etc. die berechtigte Sorge, dass sich<br />
die Nachwuchsgewinnung in Zukunft noch schwieriger<br />
gestalten könnte. Dem gegenüber stehen die<br />
Vorteile, zu denen gehört, dass auch für Kinder<br />
aus den sogenannten bildungsfernen Schichten<br />
die Teilnahme gewährleistet ist und mehr Zeit zur<br />
Verfügung steht, damit sich Lernprozesse in Ruhe<br />
entwickeln können. Auch ist es durch eine Schule<br />
ganzheitlicher Erziehungsprägung wesentlich besser,<br />
mögliche Erziehungsdefizite zu schließen, um<br />
somit der geänderten Bedeutung von Schule im<br />
Bereich der Erziehung besser gerecht zu werden.<br />
Selbstverständlich nicht mit dem Ziel, diese den<br />
Eltern gänzlich abzunehmen. Im Erfahrungsaustausch<br />
der Vertreter der einzelnen Landesverbände<br />
wurden außerdem die teilweise unterschiedlichen<br />
Interessenlagen von Lehrern, Eltern und auch auch<br />
der Gesellschaft allgemein thematisiert. In diesem<br />
Zusammenhang wurde deutlich, dass den Eltern<br />
besser deutlich gemacht werden muss, was Ganztagschule<br />
bedeutet und welche verschiedene Formen<br />
es gibt. Konsens bestand darin, dass es sich<br />
nicht um einen Gegenentwurf zur Gemeinschaftsschule<br />
handelt. Das gegliederte Schulsystem steht<br />
durch die Qualität der Bildungsabschlüsse in<br />
Deutschland nicht zur Diskussion, aber muss sich<br />
natürlich im Rahmen der gesellschaftlichen Veränderungen<br />
weiterentwickeln.<br />
Dieser traditionelle zweitägige Erfahrungsaustausch<br />
in einer sehr konstruktiven Atmosphäre setzte<br />
in zwei Themenbereichen neue Akzente, die sich<br />
sicher in der Arbeit der Landesverbände der neuen<br />
Länder in diesem Jahr widerspiegeln werden.<br />
Markus Gretzschel<br />
10 1-2013