Heft lesen... - Philologenverband Sachsen
Heft lesen... - Philologenverband Sachsen
Heft lesen... - Philologenverband Sachsen
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
URHEBERRECHT<br />
Was Lehrer digital für den Unterricht kopieren dürfen<br />
didacta Themendienst: Interview mit dem Amtschef des Bayerischen Kultusministeriums Dr. Peter Müller<br />
(red) Mal eben ein paar Buchseiten einscannen<br />
und anschließend in der Klasse auf dem Whiteboard<br />
präsentieren oder den Schülern digital zur<br />
Verfügung stellen, das war Lehrern bislang nicht<br />
erlaubt. Im Dezember vergangenen Jahres haben<br />
sich die Kultusminister mit dem Verband Bildungsmedien<br />
und den Verwertungsgesellschaften darauf<br />
geeinigt, dass auch digitale Kopien im Unterricht<br />
eingesetzt werden dürfen. Was, wie viel und für<br />
welchen Zweck digital kopiert werden darf, erläutert<br />
Dr. Peter Müller, der Verhandlungsführer der<br />
Kultusministerkonferenz und Amtschef des Bayerischen<br />
Kultusministeriums, im Interview.<br />
Dr. Peter Müller<br />
Bild: stmuk.bayern<br />
Herr Dr. Müller, warum war diese neue Vereinbarung<br />
überhaupt notwendig?<br />
Peter Müller: Eine Vereinbarung zur Nutzung<br />
urheberrechtlich geschützter Texte gibt es seit<br />
1996. Sie wird in der Regel für fünf Jahre abgeschlossen<br />
und wird dann regelmäßig erneuert. In<br />
der Vergangenheit hat man sich dabei allerdings<br />
ausschließlich auf das analoge Kopieren konzentriert.<br />
Lehrer wollen aber nicht mehr bloß analog kopieren,<br />
sondern auch digital …<br />
Peter Müller: Ja, in den jüngsten Jahren stellte<br />
sich immer deutlicher die Frage nach digitalen<br />
Kopien bzw. Vervielfältigungen und wie damit<br />
umzugehen sei. Da waren die Rechteinhaber,<br />
etwa die Schulbuchverlage, zunächst sehr zögerlich.<br />
Nach einem nicht ganz leichten Verhandlungsmarathon<br />
im vergangenen Jahr haben<br />
sich die Beteiligten im Dezember aber darauf<br />
verständigt, dass Lehrer nun auch urheberrechtlich<br />
geschützte Inhalte aus ab dem Jahr 2005 erschienenen<br />
Druckwerken scannen und digital an<br />
ihre Schüler weitergeben oder auch ausdrucken<br />
können. Sie können diese Dokumente auch z.B.<br />
auf dem Whiteboard präsentieren. Das ist eine<br />
enorme Erleichterung für die Schulen, die ohne<br />
solche Verträge leicht in eine rechtliche Grauzone<br />
rücken könnten.<br />
Heißt das, die fälschlicherweise auch „Schultrojaner“<br />
genannte Plagiatssoftware, von der Schulbuchverlage<br />
und Länder nach heftigen Protesten<br />
schon im Mai 2012 Abstand genommen hatten, ist<br />
jetzt ganz offiziell vom Tisch?<br />
Peter Müller: Ja, die förmlichen Kontrollmechanismen,<br />
die der ursprüngliche Vertrag enthielt,<br />
wurden außer Kraft gesetzt. Das waren im Wesentlichen<br />
zwei: Zum einen sollten die Schulleiter<br />
regelmäßig Erklärungen abgeben, dass ihre Schulserver<br />
„sauber“ sind von vermeintlichen Raubkopien<br />
und keine unerlaubten Digitalisate enthalten.<br />
Zum anderen sah der ursprüngliche Vertrag vor,<br />
dass stichprobenweise Schulrechneranlagen mit<br />
Einwilligung der Sachaufwandsträger mit einer<br />
speziellen Software geprüft werden können. Eine<br />
solche Software kam aber nie zum Einsatz.<br />
Zehn Prozent eines Druckwerks (maximal 20 Seiten)<br />
dürfen von Lehrkräften für den eigenen Unterricht<br />
digitalisiert werden – so die Vereinbarung.<br />
Was heißt das ganz konkret für den Schulalltag?<br />
Peter Müller: Diese Zahlen beziehen sich immer<br />
auf die einzelne Klasse. Pro Klasse und pro Schuljahr<br />
darf die Lehrkraft in dem genannten Umfang<br />
aus einem Druckwerk digital vervielfältigen, das<br />
Material speichern oder auch an die Schülerinnen<br />
und Schüler weitergeben. Das gilt für alle Klassen,<br />
die sie unterrichtet, auch wenn es sich z. B. um<br />
Klassen derselben Jahrgangsstufe handelt.<br />
Was bedeutet „den Schülern zur Verfügung stellen“?<br />
Nur zur Ansicht per Whiteboard oder auch<br />
zum Arbeiten auf dem Schüler-PC?<br />
Peter Müller: Auch zum Arbeiten auf dem Schüler-PC.<br />
Im Vorfeld war nicht klar, ob wir bei den<br />
Verhandlungen mit den Verlagen und Verwertungsgesellschaften<br />
zu einem so weitreichenden<br />
Ergebnis gelangen würden. Beide Seiten sind nun<br />
aber froh, es dient beiden. Aus unserer Sicht ist das<br />
Ergebnis für den Unterrichtsalltag sehr wichtig, da<br />
es dem Lehrer sehr komfortabel ermöglicht, auch<br />
moderne Medien zu nutzen.<br />
Die Schüler dürfen diese Materialien aber nicht<br />
weitergeben. Wird das überprüft?<br />
Peter Müller: Überprüfungsmechanismen gibt es<br />
keine im neuen Vertrag. Wir haben die Schulen jetzt<br />
angeschrieben und über die Neuregelungen informiert.<br />
Ich denke, das haben die anderen Bundesländer<br />
auch getan. Für die Schulen werden außerdem<br />
Informationsbroschüren erstellt, in denen genau<br />
beschrieben wird, was man darf und was nicht. Der<br />
Vertrag ist einerseits sehr großzügig, andererseits<br />
gibt es aber auch Schranken nach dem Urheberrecht.<br />
Die Weiterverbreitung der digitalen Kopien<br />
an Personen, die am Unterrichtsgeschehen nicht<br />
beteiligt sind, ist nicht erlaubt. Wir vertrauen gemeinsam<br />
mit den Verlagen darauf, dass der Schüler,<br />
der beispielsweise einen digitalisierten Text für seinen<br />
Deutschunterricht bekommt, diesen nicht der<br />
ganzen Welt weiterreicht. Wir knüpfen dabei an die<br />
bisherige Praxis an. Auch früher wurde nicht kontrolliert,<br />
ob ein ausgeteiltes Arbeitsblatt von dem<br />
Schüler tausendfach kopiert und verteilt wurde.<br />
Dürfen die digitalen Kopien auch auf dem Schulserver<br />
gespeichert werden?<br />
Peter Müller: Der Lehrer darf die Kopien sogar<br />
mehrfach speichern: z. B. auf seinem eigenen PC,<br />
auf dem Schulrechner und auf einem Stick, das ist<br />
sehr komfortabel. Er muss sie nur vor dem Zugriff<br />
unbefugter Dritter schützen. Der Gedanke ist: Die<br />
Kopien sollen – erlauben Sie mir dieses Bild – im<br />
Klassenraum, im Unterricht bleiben. Für den Schulserver<br />
bedeutet das, der Lehrer kann diese Dokumente<br />
in seinem passwortgeschützten Bereich<br />
speichern.<br />
Die Verlage stellen nicht nur analoge Lehrmaterialien<br />
zur Verfügung, sondern auch digitale, jetzt<br />
auch digitale Schulbücher. Was sieht die Vereinbarung<br />
hier in Sachen Kopieren vor?<br />
Peter Müller: Auf Software, die Schulbücher ersetzt,<br />
bezieht sich diese Vereinbarung nicht. Das<br />
ist ein neues Feld, das sich erst einmal entwickeln<br />
muss. Es wird spannend, wie wir uns mit unseren<br />
Verhandlungspartnern bei kommenden Verträgen<br />
den aktuellen Fragen nähern werden. Dieser Vertrag<br />
jedenfalls hat damit noch nichts zu tun.<br />
Mit dem neuen Vertrag erweitern die Rechteinhaber<br />
die Verwertungsmöglichkeiten der Lehrwerke.<br />
Werden sie dafür entschädigt?<br />
Peter Müller: Als Serviceleistung gegenüber den<br />
Schulen und den Lehrern haben die Länder bereits<br />
das analoge Kopieren pauschal gegenüber<br />
den Rechteinhabern abgegolten. Mit dem neuen<br />
Vertrag geben die Länder zusätzlich Geld aus. Wir<br />
zahlen in diesem Jahr neun statt 8,5 Millionen und<br />
im Folgejahr werden es 9,6 Millionen anstatt 9<br />
Millionen Euro sein. Aber ich glaube, es lohnt sich.<br />
„Einen Meilenstein in der Unterrichtsentwicklung<br />
und eine erhebliche Erleichterung der pädagogischen<br />
Arbeit unserer Lehrerinnen und Lehrer“,<br />
nannten Sie diese Vereinbarung. Kann mit dem<br />
neuen Abkommen tatsächlich auf der Höhe der<br />
Zeit unterrichtet werden?<br />
Peter Müller: Die Rechteinhaber waren ja früher<br />
strikt dagegen, überhaupt eine Vereinbarung zu<br />
treffen, weil sie befürchteten, eine solche Vereinbarung<br />
würde einem Missbrauch noch Vorschub<br />
leisten. Jetzt haben wir uns alle einen Stoß gegeben.<br />
Und insbesondere der Punkt, dass der Lehrer<br />
die Kopien digital an den Schüler weitergeben<br />
darf und nicht nur analog, macht das Paket natürlich<br />
richtig rund. Das ist ein großer Schritt voran.<br />
Quelle: bildungsklick.de 15.01.13<br />
Der Vorstand des <strong>Philologenverband</strong>es<br />
<strong>Sachsen</strong> und das Redaktionsteam<br />
von „ProPhil“ wünschen<br />
allen Kolleginnen und Kollegen<br />
ein schönes Osterfest mit Familie<br />
und Freunden.<br />
1-2013<br />
13