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Heft lesen... - Philologenverband Sachsen

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Mitglieder in der Diskussion<br />

Gymnasiale Bildung in der Zwickmühle?<br />

Anlässlich eines Kolloquiums<br />

Anfang März im Gymnasium<br />

Einsiedel (Chemnitz)<br />

wurde diese Frage von Mitgliedern<br />

unseres Verbandes<br />

besonders unter dem<br />

Aspekt der Chancen und<br />

Risiken für die gymnasiale<br />

Bildung unter den derzeitigen Bedingungen in <strong>Sachsen</strong> diskutiert.<br />

Im Rahmen der Veranstaltung konnten nur einzelne bildungspolitische Themen<br />

aufgegriffen werden. Dabei kristallisierte sich jedoch letztendlich heraus,<br />

dass das Ziel, dem gymnasialen Anspruch der Ausbildung gerecht zu werden,<br />

stets auch entsprechende berufspolitische Forderungen hervorrufen muss.<br />

In seinem einführenden Vortrag verdeutlichte Gerhard Pöschmann, stellvertretender<br />

Vorsitzender des PVS, die zum Teil widrigen Rahmenbedingungen,<br />

die es uns bereits gegenwärtig erschweren, unseren Bildungsauftrag qualitativ<br />

hochwertig zu erfüllen. Er belegte deren Folgen für unsere Kolleginnen und<br />

Kollegen, ihre Lehrtätigkeit und für die Schülerinnen und Schüler mit konkreten<br />

Beispielen.<br />

In ihrer Eigenschaft als Philologen und Gymnasiallehrer zeigten sich die Teilnehmer<br />

besonders an der Ideenbörse zur „Studierfähigkeit der Abiturienten<br />

und dem Vorwurf mangelnder Kompetenzen“ unter der Leitung von Thomas<br />

Langer (RV Leipzig) interessiert. Sie bestätigten, dass die mangelnde Studierfähigkeit<br />

vieler Absolventen – sei es aufgrund unzureichender sprachlicher<br />

Kompetenzen und kognitiver Fähigkeiten oder fehlender Tugenden wie Anstrengungsbereitschaft<br />

und Beharrlichkeit – bereits vielerorts beklagt wird. Die<br />

Mitglieder wiesen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Erreichen<br />

des Zieles Studierfähigkeit nicht nur ein kontinuierliches und vertieftes Arbeiten<br />

unter entsprechenden schulischen Rahmenbedingungen von Klasse 5 an<br />

erfordert, sondern in Bezug auf vorhandene bzw. notwendige Anforderungsniveaus<br />

auch durch Kooperationen mit Grundschulen einerseits und Hochschulen<br />

andererseits effektiver gestaltet werden könne. Kritisch wurde zudem der<br />

Profilunterricht betrachtet, könnte doch statt dessen mehr Zeit für vertieften<br />

Deutsch- oder MINT-Unterricht zur Verfügung stehen. Außerdem forderten die<br />

Teilnehmer dazu auf, zur Verbesserung der öffentlichen Wertschätzung von<br />

Leistungsbereitschaft beizutragen, die derzeit gültigen Zugangsvoraussetzungen<br />

für ein Lernen am Gymnasium aufrecht zu erhalten und sowohl auf die<br />

geänderten Anforderungen an die Schülerinnen und Schüler als auch deren<br />

Reizüberflutung durch Medien außerhalb der Schule zu reagieren.<br />

Zu fragen ist aber auch, wen wir wie und mit welchen Zielen ausbilden.<br />

Innerhalb eines gegliederten Schulsystems, für dessen Erhalt sich der <strong>Philologenverband</strong><br />

einsetzt und Bemühungen, dessen Durchlässigkeit auszugestalten,<br />

unterstützt, sind Schullaufbahnberatungen ein wichtiger Bestandteil.<br />

Diese Aufgabe wurde schon immer verantwortungsbewusst und regelmäßig<br />

von den Klassenleitern erfüllt. Ihre explizite Formulierung, wie in §12 der SO-<br />

GYA, wäre somit eigentlich nicht notwendig. So sahen es die Mitglieder, die<br />

unter der Leitung von Markus Gretzschel (RV Dresden) ihre Gedanken und<br />

Erfahrungen zu „Sinn und Unsinn der Bildungsempfehlung in Klasse 6“ austauschten.<br />

Positiv werteten sie die frühe Sensibilisierung der Eltern durch das<br />

neu geregelte Vorgehen. Diskutiert wurde dennoch der Zeitpunkt in Klasse<br />

6: Sollte nicht in einer höheren Jahrgangsstufe eine adäquate Beratung erfolgen?<br />

Gilt es nicht auch, den Charakter der Empfehlung zu hinterfragen?<br />

Zum Erreichen der Studierfähigkeit am Gymnasium ist schließlich der Stand<br />

des Wissenserwerbs von erheblicher Bedeutung. Welche Konsequenzen haben<br />

die Bildungsempfehlungen eigentlich? Der aktuell betriebene bürokratische<br />

Aufwand steht jedenfalls in keinem Verhältnis zum Nutzen, seine Auswirkungen<br />

konnten dagegen in einem deutlichen Mehraufwand für die Klassenleiter,<br />

besonders im Vergleich zur Tätigkeit der Kollegen in anderen Stufen, konkret<br />

definiert werden. Die Teilnehmer dieser Ideenbörse schlugen vor, dass man die<br />

Einschätzung für alle Schüler schriftlich herausgeben und den Eltern das Recht<br />

auf ein Gespräch einräumen sollte. Eine Verpflichtung zum Elterngespräch<br />

ließe sich dann aus einem Beschluss der Klassenkonferenz zur Empfehlung der<br />

Mittelschullaufbahn ableiten. Gefordert wurde dagegen eine Honorierung des<br />

zusätzlichen Zeitaufwandes in geeigneter Form und die Streckung des Zeitraumes<br />

für die Gespräche, da Lehrer der Klasse 6 auch in Abiturprüfungen<br />

involviert sein können.<br />

Chancen und Risiken für die gymnasiale Bildung in <strong>Sachsen</strong> finden sich auch<br />

beim Lehrpersonal und der Absicherung des Unterrichts. Zwei weitere Ideenbörsen<br />

hatten diese Probleme zum Inhalt. Zum einen thematisierte die Gruppe<br />

um Sabine Steinecke (RV Bautzen) die Lehrerausbildung und dabei besonders<br />

den neuen einjährigen Vorbereitungsdienst, zum anderen stellten sich Mitglieder,<br />

moderiert durch Cornelia Krauße (RV Chemnitz), die Frage: „Quereinsteiger<br />

als Gymnasiallehrerinnen und -lehrer?“ Diese konnte mit Bestätigung der<br />

bildungs- und berufspolitischen Ziele unseres Verbandes und der Anzahl der<br />

auch weiterhin zu erwartenden Absolventen mit einer Ausbildung für das gymnasiale<br />

Lehramt im Wesentlichen verneint werden. Die Teilnehmer definierten<br />

zunächst, dass als „Quer- bzw. Seiteneinsteiger“ in den Lehrerberuf derjenige<br />

zu betrachten sei, der mindestens über eine fachwissenschaftliche Ausbildung<br />

(MA oder vergleichbar), jedoch nicht über didaktisch-methodische und pädagogische<br />

Abschlüsse verfügt. Dessen Lehrtätigkeit am Gymnasium kann nur eine<br />

auf konkrete Schulen bezogene Ausnahme sein, die sich zusätzlich auf Mangelfächer<br />

begrenzen muss. Über das Programm Unterrichtsversorgung kurzfristig<br />

(bis zu einem Vierteljahr) eingestellte Personen aus dem oben beschriebenen<br />

Kreis wurden von den Gesprächspartnern nicht als Quereinsteiger, sondern als<br />

– auch preiswertes – „Aushilfspersonal“ betrachtet.<br />

Die bisherigen Positionen zum einjährigen Vorbereitungsdienst konnten<br />

nunmehr auch mit Erfahrungen abgeglichen werden. Die Teilnehmer stellten<br />

fest, dass ein Großteil der Referendare mit einem stärkeren Praxisbezug und<br />

dazu gehörigen Kenntnissen und Fähigkeiten als Jahrgänge zuvor an die Schulen<br />

gekommen waren. Problematisch sahen sie den gewählten Ausbildungszeitraum<br />

vom Februar des einen bis zum Februar des nächsten Jahres, da die<br />

zeitliche Verteilung der Referendarausbildung auf zwei Schuljahre unterschiedliche<br />

schulorganisatorische Folgen, z. B. durch die Abordnung weiterer Fachausbildungsleiter<br />

und die zu gewährenden Mentorenstunden im laufenden<br />

Schuljahr, hat. Außerdem kritisierten die Mitglieder die für die angehenden<br />

Kollegen sowohl vor als auch nach dem Referendariat vorhandenen Zeiträume,<br />

in denen diese nicht ihrer Ausbildung entsprechend arbeiten können, unter<br />

Umständen Sozialleistungen in Anspruch nehmen müssen. Gefordert wurde<br />

an dieser Stelle, den Abschluss der universitären Ausbildung so zu ermöglichen,<br />

dass der Einstieg in das Referendariat anschließend nahtlos am Beginn<br />

eines Schuljahres erfolgen kann. Die Teilnehmer hinterfragten zudem, ob nicht<br />

mit der Neugestaltung der Ausbildung eine Einschränkung der Flexibilität der<br />

jungen Frauen und Männer einherginge, die sich durch mögliche beamtenrechtliche<br />

Konsequenzen für deren Übernahme in den höheren Dienst anderer<br />

Bundesländer ergäbe. Als einen verschiedenen Aspekten gerecht werdenden<br />

Lösungsansatz betrachteten unsere Mitglieder die Ausdehnung des neu gestalteten<br />

12-monatigen Vorbereitungsdienstes auf 18 Monate.<br />

Die Schulleiterin des gastgebenden Gymnasiums Einsiedel (behindertenintegriert),<br />

Kerstin Klein, gewährte den Teilnehmern der Ideenbörse zur Inklusion<br />

einen Einblick in die Arbeit an ihrer Einrichtung, in die Aufgaben und vielfältigen<br />

Anforderungen, die allein schon mit der Integration einzelner behinderter<br />

Schülerinnen und Schüler verbunden sind. Die Mitglieder waren beeindruckt<br />

von den ihnen bisher in diesem Umfang nicht detailliert bewussten Problemstellungen,<br />

die nicht nur aus dem Umgang mit den verschiedenen Handikaps<br />

und dem Willen, wirklich jedem Kind gerecht zu werden, sondern auch aus<br />

dem Kampf um dafür erforderliche Rahmenbedingungen und damit nicht nur<br />

gegen bürokratische Hindernisse resultieren. Einig waren sich die Anwesenden<br />

in der abschließenden Gesprächsrunde, dass trotz aller Bemühungen auch in<br />

Zukunft für einzelne Kinder die beste Förderung und Entwicklung nur an Einrichtungen<br />

mit dem speziell dafür ausgebildeten Personal erfolgen kann. In<br />

diesem Zusammenhang forderten die Mitglieder den Erhalt der Förderschulen.<br />

Das Kolloquium, initiiert und organisiert durch die Vertreter des Chemnitzer<br />

Regionalvorstandes in Anlehnung an deren Stammtisch-Veranstaltungen, darf<br />

als Bereicherung der Verbandsarbeit betrachtet werden. Interessiert und dankbar<br />

nahmen die Mitglieder die Möglichkeit, endlich auch in einem größeren<br />

Rahmen ihre Erfahrungen, Gedanken und Ideen zu bildungs- und berufspolitischen<br />

Themen einbringen zu können, wahr. Die in diesem Artikel zusammengefassten<br />

Aussagen bieten diesbezüglich nur einen kleinen Überblick zu den<br />

Inhalten und Ergebnissen des Gedankenaustausches. Den daran beteiligten<br />

Vertretern des Landesvorstandes obliegt es nun, diese – auch aufgrund ihrer<br />

Brisanz – „zeitnah“ in die öffentliche Positionierung des PVS einfließen zu<br />

lassen. Cornelia Krauße, Vorsitzende des Chemnitzer Regionalvorstandes<br />

1-2013<br />

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