Stadtkreis-Zeitung
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Rückkehr zu den alten Wurzeln<br />
Interview mit Amaru Schenkel<br />
Meine Stadt, mein Kanton, mein Land – ich werde<br />
alles geben, um mein Heimat zu verteidigen!<br />
Noch zwei Minuten bis zum<br />
Startschuss. Fünfundzwanzigtausend<br />
frenetische Zuschauer<br />
im Stadion und die<br />
Gewissheit, dass zu Hause vor<br />
den Bildschirmen unzählige<br />
mit Spannung das Geschehen<br />
verfolgen. Es geht um alles<br />
oder nichts. Innerhalb weniger<br />
Wimpernschläge entscheidet<br />
sich das Schicksal:<br />
Sieg oder Niederlage. Tausend<br />
Gedanken schiessen durch<br />
den Kopf – reicht die Vorbereitung?<br />
Das erste Startsignal<br />
ertönt und die Sprinter finden<br />
sich auf Ihren Bahnen<br />
ein. Noch 60 Sekunden bis<br />
zum Start.<br />
Amaru Schenkel ist die<br />
Schweizer Medaillen- Hoffnung<br />
im Sprint an der Leichtathletik-<br />
EM 2014 in Zürich.<br />
Im Casinotheater Winterthur<br />
wurde er als Sportler des Jahres<br />
ausgezeichnet. Anlässlich<br />
seiner Auszeichnung trafen<br />
wir diesen entschlossenen,<br />
zwar noch vom Heuschnupfen<br />
gezeichneten, jedoch mit<br />
positiver Energie geladenen,<br />
sympathischen Menschen auf<br />
der Sportanlage Deutweg zu<br />
einem kurzen Interview.<br />
Amaru Schenkel, was bedeutet Ihnen<br />
diese Auszeichnung zum<br />
Sportler des Jahres 2013? Und was<br />
verbinden Sie sonst noch mit<br />
Winterthur?<br />
Ich fühle mich sehr geehrt über diese<br />
Auszeichnung, aber da gebietet mir<br />
meine schweizerische Zurückhaltung<br />
Bescheidenheit. Nur weil jemand mich<br />
lobt: «Hey du bist super, du gehörst zu<br />
den Besten», bedeutet das für mich<br />
noch lange nicht, dass ich der Siegertyp<br />
bin. Erst allmählich nach langem<br />
und intensivem Arbeiten mit internationalen<br />
Top-Trainern in US-Trainingslagern<br />
wuchs nach und nach in mir die<br />
Überzeugung, ein Top-Athlet zu sein.<br />
Winterthur, die Stadt meines Vereins,<br />
der Leichtathletik-Vereinigung Winterthur,<br />
ist für mich eine Art «Rückkehr<br />
zu den Wurzeln». Hier ging ich auch<br />
zum allerersten Mal in den Ausgang<br />
und hier begann ich meine<br />
Leichtathletik-Karriere.<br />
Amaru Schenkel und Christopher Gafner<br />
In wenigen Wochen ist der Start<br />
zur Heim-EM in Zürich. Sind Sie<br />
optimal auf diesen einen, perfekten<br />
Lauf vorbereitet?<br />
Der perfekte Lauf ist der Traum jedes<br />
Sprinters! Ich bin sehr zuversichtlich,<br />
dass es mit einer Spitzenplatzierung<br />
klappen wird. Ich werde alles daran<br />
setzen, denn schliesslich findet die EM<br />
in meiner Stadt, in meinem Kanton<br />
und in meinem Land statt! Deshalb<br />
werde ich alles geben, um meine Heimat<br />
zu verteidigen. Für mich ist das<br />
nicht irgendein Lauf, sondern der Lauf<br />
für mein Land und mein Leben!<br />
Wie schaffen Sie es, Höchstleistung<br />
auf Knopfdruck abzurufen?<br />
Ich selber kann das erst seit gut einem<br />
Jahr. Es ist das Ergebnis eines 10- jährigen<br />
Reifeprozesses. Ich bin überzeugt,<br />
ob Profisprinter, Wissenschaftler oder<br />
Geschäftsmann, immer läuft eine Vielzahl<br />
von Prozessen ab, die alle hart erarbeitet<br />
werden müssen. Entscheidend<br />
ist, auf die innere Stimme zu hören,<br />
die einem immer wieder bestätigt, auf<br />
dem richtigen Weg zu sein. Ich denke,<br />
ich kann den Moment sogar geniessen,<br />
denn ich fühle mich gut vorbereitet.<br />
Trotzdem bleibt alles eine Frage der<br />
mentalen Stärke und dass man die Zeit,<br />
die bleibt, sinnvoll und positiv nutzt.<br />
Nach dem Jugendschweizer Rekord<br />
mit 18 Jahren kamen mit 2011 und<br />
mit der Olympia Teilnahme 2012<br />
die erfolgreichen Jahre in Ihrer<br />
Karriere. Danach stagnierten die<br />
Erfolge. Nun werden Sie deutlich<br />
stärker – inwiefern haben Sie sich<br />
weiterentwickelt?<br />
Ich habe heute den Mut, achtsamer mit<br />
meinem Körper umzugehen, zu fühlen<br />
wenn er Ruhe und Regeneration<br />
braucht, und dass ich nicht versuche,<br />
die Dinge zu erzwingen. Ich habe gelernt,<br />
mit meinem Körper und meinem<br />
Leben eine respektvolle Einheit zu<br />
Amaru Schenkel<br />
bilden. Früher beispielsweise musste<br />
ich jedes Training mit aller Verbissenheit<br />
absolvieren, unabhängig von meiner<br />
persönlichen Verfassung. Dies ist<br />
nun anders. Es gilt die nötige Balance<br />
zwischen Leistung und Erholung zu<br />
finden, und zwar in allen Lebensbereichen.<br />
Mit meinen Erfolgen als Junior,<br />
stiegen die Erwartungshaltungen. Ich<br />
konnte mich sportlich allerdings nicht<br />
richtig entfalten. Danach habe ich mir<br />
lange überlegt, wie es weiter gehen<br />
soll. Im Herbst 2012 entschloss ich<br />
Beratungsstelle für<br />
Alkoholprobleme<br />
Blaues Kreuz Kantonalverband Zürich<br />
Rosenstr. 5, 8400 Winterthur<br />
www.blaueskreuzzuerich.ch<br />
antje.mohn@blaueskreuzzuerich.ch<br />
Tel. 052 213 02 03<br />
Kanton Zürich:<br />
Berufsberatung Kanton Zürich,<br />
biz Winterthur<br />
mich, meine Ersparnisse in ein Trainingslager<br />
in den USA zu investieren.<br />
Ich setzte alles nochmals auf die Karte<br />
Berufsathlet und bin wohl dadurch<br />
zum Profisportler gereift.<br />
Welche Anforderungen stellen Sie<br />
an Ihr Umfeld?<br />
Mein Umfeld ist mir sehr wichtig. Familie,<br />
Freunde, Freundin und Sport<br />
müssen sich in einer Balance befinden.<br />
Extreme sind nie gut. Denken sie an<br />
den Mann, der sich vornahm, aus gesundheitlichen<br />
Gründen nur noch Karotten<br />
zu essen, und der dann später<br />
ironischerweise an einer Karotin- Vergiftung<br />
starb. Im Leben sollte es nicht<br />
immer um Sport gehen, eine gewisse<br />
Ausgewogenheit ist ebenso wichtig.<br />
Ich bin Einer, der gerne mit guten<br />
Freunden essen geht oder selber kocht,<br />
ich brauche die übliche Hektik im Ausgang<br />
nicht. Viel lieber widme ich mich<br />
Menschen, die mir besonders wichtig<br />
sind in meinem Leben.<br />
Welchem Vorbild streben Sie nach<br />
bzw. mit wem identifizieren Sie<br />
sich?<br />
Arnold Schwarzenegger, ein Mann der<br />
unbeirrt seine Wege geht und sich<br />
durch nichts aufhalten lässt. Er hat das<br />
gemacht, was er wollte und woran er<br />
glaubte, Sport, Schauspiel, Politik. Er<br />
gibt immer 100 Prozent und lebt seine<br />
Träume.<br />
Was braucht es heutzutage, um in<br />
der Leichtathletik eine erfolgreiche<br />
Karriere aufzubauen? Welche<br />
Zürcherstrasse 12, Postfach 414<br />
Tel. 052 262 09 09<br />
biz.wi@berufsberatung.zh.ch<br />
www.berufsberatung.zh.ch<br />
Regionales Arbeitsvermittlungszentrum<br />
(RAV):<br />
Jägerstrasse 2, Tel. 043 259 67 00<br />
E-Mail:<br />
hotline.ravwinterthur@vd.zh.ch<br />
Amaru Schenkel<br />
Tipps würden Sie unseren Mattenbacher<br />
Sprinttalenten mit auf den<br />
Weg geben?<br />
Es braucht Spass und Freude, den Glauben<br />
an sich selbst und ehrliche Freunde.<br />
Es braucht keine Fans, die einen auf<br />
den Schultern tragen, sondern Freunde,<br />
die auch ab und zu sagen können:<br />
Schenkel bleib auf dem Teppich. Zudem<br />
sind eiserne Disziplin, Beharrlichkeit<br />
und Ausdauer und eben eine ausgewogene<br />
Balance zwischen Freizeit,<br />
Sport und sozialem Leben wichtig.<br />
Vielen Dank, Amaru Schenkel, für die<br />
kurzen Einblicke in Ihr Leben. Wir<br />
drücken Ihnen im Namen des <strong>Stadtkreis</strong>es<br />
Mattenbach die Daumen und<br />
wünschen Ihnen den perfekten Lauf<br />
an der EM. Hopp Amaru, hopp Schwiiz!<br />
Text: Christopher Gafner<br />
Fotos: Raffaela Spataro<br />
Telefon<br />
ChaT • Mail<br />
26 Sprachrohr 2 | 2014 Sprachrohr 2 | 2014 27