31.05.2014 Aufrufe

Ausgabe - 10 - 2012 - Produktion

Ausgabe - 10 - 2012 - Produktion

Ausgabe - 10 - 2012 - Produktion

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

16 · F&E · <strong>Produktion</strong> · 8. März <strong>2012</strong> · Nr. <strong>10</strong><br />

Kunststoffe<br />

Erstmals zweidimensionale Polymere hergestellt<br />

Sabine Voser, <strong>Produktion</strong> Nr. <strong>10</strong>, <strong>2012</strong><br />

Für eine kleine Sensation in der synthetischen Chemie sorgen Wissenschaftler<br />

der ETH Zürich und der Empa. Erstmals ist es gelungen,<br />

regelmäßig angeordnete zweidimensionale Polymere herzustellen,<br />

die eine Art molekularen Teppich im Nanometermaßstab bilden<br />

Zürich (ba). Der ETH-Chemiker<br />

Hermann Staudinger postulierte<br />

schon 1920 die Existenz von Makromolekülen<br />

aus identischen<br />

Bausteinen, die kettenförmig aneinandergereiht<br />

sind. Er erntete dafür<br />

in Fachkreisen zunächst nur<br />

Hohn und Unverständnis. Doch<br />

Staudinger sollte Recht (und 1953<br />

gar den Chemienobelpreis) bekommen:<br />

Bereits 1950 wurde weltweit<br />

pro Kopf ein Kilogramm Polymere<br />

– besser bekannt als Kunststoffe<br />

– produziert; heute sind es<br />

jährlich etwa 150 Mio t. Eine gigantische<br />

Industrie, deren Produkte<br />

aus unserem Alltag nicht mehr<br />

wegzudenken sind. Einer Forschungsgruppe<br />

unter Leitung der<br />

Der „molekulare Teppich“<br />

Quelle: Forschungsgruppe Schlüter / ETH Zürich<br />

ETH-Forscher A. Dieter Schlüter<br />

und Junji Sakamoto gelang nun ein<br />

entscheidender Durchbruch: Sie<br />

erzeugten erstmals zweidimensionale,<br />

also flächige Polymere.<br />

Polymere entstehen, indem sich<br />

kleine Moleküle, so genannte Monomere,<br />

durch chemische Reaktionen<br />

kettenförmig zu hochmolekularen<br />

Stoffen verbinden. Die Frage<br />

war nun, ob Polymere ausschließlich<br />

linear polymerisieren können.<br />

Zwar gilt Graphen – zweidimensionale<br />

Kohlenstoffschichten mit einem<br />

wabenförmigen Muster – als<br />

natürlicher Vertreter eines flächigen<br />

Polymers, es kann allerdings<br />

nicht kontrolliert hergestellt werden.<br />

Um eine Synthese-Chemie für<br />

© <strong>Produktion</strong><br />

Schematische Darstellung eines linearen kettenförmigen Polymers (blaue<br />

Kästchen) und eines zweidimensionalen Polymers, bei dem sich die Monomere<br />

flächig anordnen (orange Dreiecke).<br />

zweidimensionale Polymere zu<br />

entwickeln, mussten die ETH-Chemiker<br />

zunächst oligofunktionale<br />

Monomere – Polymerbausteine mit<br />

mehreren reaktiven Stellen im Molekül<br />

– synthetisieren, die sich nicht<br />

linear oder gar räumlich (dreidimensional),<br />

sondern lediglich rein<br />

flächig miteinander verbinden.<br />

Derartige Polymere müssen drei<br />

oder mehr kovalente Bindungen<br />

zwischen den sich regelmäßig wiederholenden<br />

Einheiten aufweisen.<br />

Die Wissenschaftler mussten daher<br />

zunächst herausfinden, welche<br />

Verbindungschemie und Umgebung<br />

sich für die Herstellung eines<br />

solchen „molekularen Teppichs“<br />

am besten eignen.<br />

Jede Schicht ergab ein<br />

zweidimensionales Polymer<br />

Einer Forschungsgruppe der ETH-Forscher konnte erstmals zweidimensionale,<br />

also flächige, Polymere herstellen. <br />

Bild: Baharlou - Fotolia.com<br />

Sie entschieden sich für die Synthese<br />

in einem Einkristall, ein Kristall<br />

mit homogenem Schichtgitter.<br />

Dem Doktoranden Patrick Kissel<br />

gelang es schließlich, speziell hergestellte<br />

Monomere in geschichtete<br />

hexagonale Einkristalle kristallisieren<br />

zu lassen. Dabei handelte es<br />

sich um photochemisch empfindliche<br />

Moleküle, für die eine solche<br />

Anordnung energetisch optimal<br />

ist. Bestrahlt mit Licht mit einer<br />

Wellenlänge von 470 Nanometer,<br />

polymerisierten die Monomere in<br />

sämtlichen Schichten – und nur in<br />

diesen. Um die einzelnen Schichten<br />

voneinander zu trennen, kochten<br />

die Forscher den Kristall in einem<br />

geeigneten Lösungsmittel.<br />

Ergebnis: Jede Schicht ergab ein<br />

zweidimensionales Polymer.<br />

Dass es dem Team tatsächlich<br />

gelungen war, flächige Polymere<br />

mit regelmäßiger Struktur herzustellen,<br />

zeigten letztlich die Untersuchungen<br />

am Transmissionselektronenmikroskop<br />

(TEM) von Empa-Forscher<br />

Rolf Erni und ETH-<br />

Forscherin Marta Rossell, die inzwischen<br />

ebenfalls am Elektronenmikroskopiezentrum<br />

der Empa arbeitet.<br />

„Die Herausforderung lag darin,<br />

dass diese zweidimensionalen Polymere<br />

extrem strahlungsempfindlich<br />

sind und es deshalb schwierig<br />

ist, die Struktur dieser Materialien<br />

während der Messung im TEM<br />

nicht zu zerstören“, erklärt Erni. Mit<br />

Diffraktionsexperimenten bei minus<br />

196 Grad Celsius, das heißt bei<br />

der Temperatur, bei der Stickstoff<br />

kondensiert, und hoch auflösenden<br />

Aufnahmen bei niedriger Elektronendosis<br />

gelang den Empa-Forschenden<br />

schließlich der Nachweis,<br />

dass die vernetzten Moleküle in der<br />

Tat eine geordnete zweidimensionale<br />

Struktur aufweisen.<br />

Die Polymere sind zum Filtern<br />

kleinster Moleküle nutzbar<br />

Das entwickelte Polymerisationsverfahren<br />

ist so schonend, dass alle<br />

funktionellen Gruppen des Monomers<br />

auch im Polymer an definierten<br />

Stellen erhalten bleiben. „Unsere<br />

synthetisch hergestellten Polymere<br />

sind zwar nicht leitfähig wie<br />

Graphen, dafür könnten wir sie aber<br />

beispielsweise zum Filtern kleinster<br />

Moleküle nutzen“, sagt Sakamoto.<br />

In den regelmäßig angeordneten<br />

Polymeren befinden sich nämlich<br />

kleine definierte Löcher mit einem<br />

Durchmesser im Subnanometerbereich.<br />

Winzige Hexagone in den<br />

Polymeren, gebildet durch Benzolringe<br />

mit drei Ester-Gruppen, können<br />

zudem durch ein einfaches hydrolytisches<br />

Verfahren entfernt<br />

werden. Dadurch würde ein Sieb<br />

mit geordneter Struktur entstehen,<br />

das sich zum selektiven Filtrieren<br />

bestimmter Moleküle eignet.<br />

Bevor sich die Forschenden jedoch<br />

über konkrete Anwendungen<br />

Gedanken machen können, gilt es<br />

nun, die Materialeigenschaften der<br />

zweidimensionalen Polymere zu<br />

charakterisieren. Sie müssen zunächst<br />

einmal einen Weg finden,<br />

größere Mengen an größeren Flächen<br />

herzustellen. Die Kristalle<br />

haben derzeit nämlich eine Größe<br />

von lediglich 50 Mikrometer. „Das<br />

sind auf molekularer Ebene jedoch<br />

bereits enorme Polymerisationsgrade“,<br />

sagt Sakamoto.<br />

Studie Arbeitsschutz<br />

Arbeitsmittel müssen für Ältere sicherer gemacht werden<br />

<strong>Produktion</strong> Nr. <strong>10</strong>, <strong>2012</strong><br />

Damit ältere Arbeitnehmer länger und sicher arbeiten können, müssen<br />

Arbeitsmittel und Arbeitsplätze an deren Fähigkeiten angepasst werden.<br />

Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsbericht der Bundesanstalt<br />

für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA).<br />

Dresden (ba). Bei der Hälfte der<br />

untersuchten Personen über 55 Jahren<br />

erwiesen sich anerkannt sichere<br />

Arbeitsmittel wie Handmaschinen<br />

wegen altersbedingter Veränderungen<br />

plötzlich als unsicher. Dies liegt<br />

auch an offensichtlichen Gestaltungsmängeln<br />

bei Maschinen seitens<br />

der Hersteller: Obwohl ergonomische<br />

Gestaltungsgrundsätze für Arbeitsmittel<br />

schon lange bekannt seien,<br />

würden die Hersteller von Handmaschinen<br />

diese nicht konsequent<br />

umsetzen, beklagen die Forscher.<br />

Die Studie der BAuA untersuchte<br />

erstmals, wie sich mehrere gleichzeitig<br />

auftretende Belastungen wie<br />

Lärm, Kraftanstrengung, Staub,<br />

Feinmotorik und Sehfähigkeit auf<br />

Veränderungen der Sinne und Fä-<br />

higkeiten von älteren Arbeitnehmern<br />

auswirken. Zu den in der Studie<br />

genannten Handmaschinen<br />

zählen unter anderem Winkelschleifer,<br />

Bohrmaschinen und Spritzpistolen<br />

beziehungsweise Hochdruckreiniger.<br />

Das Projekt untersuchte,<br />

wie sichere Arbeitsmittel konstruiert<br />

sein müssen, um auch den Anforderungen<br />

älterer Arbeitnehmer<br />

zu genügen.<br />

Bei der Arbeit mit dem Hochdruckreiniger<br />

wirken beispielsweise<br />

hohe Greif- und Haltekräfte auf den<br />

Körper. Außerdem kommt es wie<br />

beim Winkelschleifer und der Bohrmaschine<br />

zu einer Schwingungsbelastung<br />

des Hand-Arm-Systems. Bei<br />

diesen beiden Geräten ist darüber<br />

hinaus die Unfallgefahr besonders<br />

groß. Die Ergebnisse der Studie eignen<br />

sich deshalb auch für eine Gefährdungsbeurteilung,<br />

die den Aspekt<br />

des Alterns berücksichtigt.<br />

Werden ergonomische Gestaltungsgrundsätze<br />

berücksichtigt,<br />

verbessert sich die Sicherheit bei der<br />

Handhabung der Maschinen. Das<br />

Ein Projekt der<br />

Bundesanstalt<br />

für Arbeitsschutz<br />

und Arbeitsmedizin<br />

untersucht,<br />

wie sichere<br />

Arbeitsmittel<br />

konstruiert<br />

sein müssen,<br />

um auch<br />

den Anforderungen<br />

älterer Arbeitnehmer<br />

zu<br />

genügen.<br />

Bild: Laurentiu Lordache<br />

/ Fotolia.com<br />

trägt auch dazu bei, dass sich der<br />

Anteil der eingeschränkt leistungsfähigen<br />

Arbeitnehmer verringert.<br />

„Dies erscheint unabdingbar im<br />

Hinblick auf die absehbare Entwicklung<br />

des deutschen Arbeitsmarktes“,<br />

schreiben die BAuA-Forscher. Die<br />

Hälfte der Bevölkerung in Deutsch-<br />

land sei älter als 40 Jahre und künftig<br />

werde das Durchschnittsalter der<br />

Beschäftigten weiter steigen.<br />

Gleichzeitig kommen die Forscher<br />

zu dem Schluss, dass ältere<br />

Arbeitnehmer keineswegs automatisch<br />

leistungsschwächer werden:<br />

50 % der Versuchspersonen sind<br />

demnach ohne Probleme in der Lage,<br />

deutlich länger zu arbeiten.<br />

Schwingungsbelastungen<br />

sollten vermieden werden<br />

Insgesamt raten die Forscher unter<br />

anderem dazu, die Schwingungsbelastung<br />

durch vibrationsmindernde<br />

Teile am Gerät zu senken.<br />

Im Rahmen der Studie wurden<br />

81 junge und ältere Bediener von<br />

Handgeräten zu ihrer subjektiven<br />

Einschätzung der Belastung bezogen<br />

auf die Umwelt, die Maschine<br />

und sich selbst befragt. Interessanterweise<br />

fühlten sich die jüngsten<br />

Befragten (bis einschließlich 35 Jahre)<br />

bei fast allen Belastungen am<br />

stärksten belastet.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!