Restaurator im Handwerk â Ausgabe 2/2009 - Kramp & Kramp
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Ziegelstempel<br />
mit schildartigem<br />
Symbol<br />
der Ziegelei von<br />
Kähne in Petzow<br />
(Die Werder<br />
Ziegel Typ II<br />
sind <strong>im</strong>mer auf<br />
der Lagerfläche<br />
gestempelt.)<br />
Abmessung<br />
Ziegeleien betrieben, die alle den<br />
gleichen Ziegelstempel aufwiesen.<br />
Man kann daher durchaus davon<br />
ausgehen, daß die <strong>im</strong> Neuen Museum<br />
verbauten Ziegel von mindestens<br />
49 Ziegeleien stammen.<br />
Angesichts der riesigen Menge der<br />
verbauten Ziegel und der relativ<br />
geringen Produktionskapazität der<br />
damaligen Ziegeleien erstaunt dies<br />
nicht.<br />
Mauerziegelformate<br />
Bis zum preußischen Erlaß zur<br />
Einführung der Pflichtnorm Mauerziegel<br />
<strong>im</strong> Jahre 1870 gab es kein<br />
einheitliches genormtes Mauerziegelformat.<br />
Die Ziegelgrößen schwankten sehr von<br />
Region zu Region und änderten sich <strong>im</strong> Laufe der<br />
Zeiten. Es gab zwar <strong>im</strong>mer wieder Bemühungen zu<br />
einer Maßvereinheitlichung zu kommen, jedoch mit<br />
wenig Erfolg.<br />
Sowohl 1793, wie auch 1798 und <strong>im</strong> Jahre 1800<br />
wurden für Preußen per Regierungsverordnung drei<br />
Formate (Maße in preußisch Zoll) für Mauerziegel<br />
festgelegt. Dies waren umgerechnet in Metermaßen:<br />
Größtes Format: 30,07 cm x 14,38 cm x 6,54 cm<br />
Mittleres Format: 26,15 cm x 12,64 cm x 6,54 cm<br />
Kleines Format: 24,84 cm 11,77 cm x 5,55 cm.<br />
Diese exakten Maßangaben, die 1812 nochmals<br />
bestätigt wurden, waren aber mit den damals vorhandenen<br />
technologischen Möglichkeiten schwer zu<br />
realisieren. Um diese Maße bei der Herstellung von<br />
Mauerziegeln erzielen zu können, bedarf es einer sehr<br />
gründlichen Mischung des verwendeten Tonmaterials<br />
um eine gleichmässig homogene Masse zu erreichen,<br />
die wiederum die Voraussetzung ist für eine stets gleiche<br />
Schwindung der zu formenden Ziegelrohlinge bei<br />
Typ I<br />
Rathenower<br />
Typ II<br />
Werder<br />
Typ II<br />
Birkenwerder<br />
Länge 25 – 26 cm 24 – 26 cm 25 – 25,5 cm<br />
Breite 12 – 13 cm 12 – 13 cm 12 – 12,5 cm<br />
Höhe 6 – 6,5 cm 6 – 7 cm 6 – 6,5 cm<br />
Tabelle 1:<br />
Maßtoleranzen<br />
bei den am Neuen<br />
Museum gefundenen<br />
Mauerziegeln<br />
Ziegelstempel der Ziegelei ...<br />
(Die Rathenower Ziegel<br />
Typ I sind meist auf der<br />
Kopfseite gestempelt)<br />
der Trocknung und be<strong>im</strong> Brennen. Be<strong>im</strong> Brennvorgang<br />
ist die Einhaltung einer best<strong>im</strong>mten Temperaturkurve<br />
und eine exakte Temperatursteuerung erforderlich.<br />
All diese Bedingungen konnten in der ersten<br />
Hälfte des 19. Jahrhunderts bei der Herstellung von<br />
Mauerziegeln nicht <strong>im</strong>mer erfüllt werden. Dies führte<br />
bei den am Bau gefundenen Mauerziegeln, gemessen<br />
an den definierten Maßvorgaben zu einer gewissen<br />
Maßstreuung, wie aus Tabelle 1 hervorgeht.<br />
Aus dieser Aufstellung ist sehr gut zu erkennen,<br />
daß die Birkenwerder Ziegel, deren Grundmaterialien<br />
am besten durchgemischt waren, auch die geringsten<br />
Maßtoleranzen aufweisen.<br />
In etwa entsprechen diese Abmessungen denen des<br />
späteren Reichformats (RF), so daß in der Ausschreibung<br />
dieses Format auch als Referenzformat angegeben<br />
wurde, obwohl das Reichsformat erst ab 1872<br />
allgemein eingeführt wurde und während der Bauzeit<br />
des Neuen Museums praktisch noch nicht existierte.<br />
Vorkommen am Bau<br />
Die Lage der einzelnen Fundziegel wurde genau<br />
best<strong>im</strong>mt und in die Rasterkoordinaten von Karten<br />
eingetragen. Damit wurde festgestellt an welchen<br />
Gebäudeteilen best<strong>im</strong>mte Ziegeltypen verbaut waren.<br />
So war auch eine Grundlage für den späteren Wiederaufbau<br />
geschaffen, damit für jedes Baulos die Altziegel<br />
in der entsprechenden Ziegeltype, Farbe und<br />
Oberflächenstruktur geliefert und am richtigen Ort<br />
verbaut werden konnten.<br />
2. Festlegung der Qualitätsanforderungen<br />
Aufgrund der Untersuchungsergebnisse der Bestandsaufnahme<br />
und den Maßgaben des Statikers wurden<br />
von dem zuständigen Bundesamt für Bauwesen und<br />
Raumordnung und dem mit der Planung des Wiederaufbaus<br />
beauftragten englischen Architekturbüro<br />
David Chipperfield die Qualitätsanforderungen für<br />
die zu liefernden Mauerziegel formuliert. 2<br />
Grundsätzlich hatte man sich für die Verwendung<br />
von Altziegeln entschieden. Zum einen um die Authentizität<br />
des historisch und kulturell wertvollen<br />
Gebäudes zu wahren, zum anderen aber auch weil die<br />
gleichzeitige Verwendung von historischen und modernen<br />
Ziegeln in einem Mauerwerksverbund nicht<br />
ganz unproblematisch ist, da sie Unterschiede <strong>im</strong> Gefüge<br />
und den bauphysikalischen Eigenschaften aufweisen.<br />
2.1. Auszüge aus dem Leistungsverzeichnis<br />
„Für die Reparatur und Ergänzungsarbeiten <strong>im</strong><br />
Inneren des Neuen Museums werden größere Ziegelmengen<br />
benötigt. Da einzelne Bereiche mit verlorenen<br />
historischen Oberflächen künftig in ihrer<br />
sorgfältig reparierten Rohbauqualität dem Besucher<br />
präsentiert werden, ist es wichtig, dass sich die Ergänzungsmaterialien<br />
sowohl tonal als auch strukturell<br />
bestmöglich in den historischen Bestand integrieren.<br />
Dies ist durch Verwendung von Altziegeln, die dem<br />
vorhandenen Bestand entsprechen, zu erreichen …“<br />
„Konkret werden zwei Ziegeltypen für die Ziegelreparaturen<br />
<strong>im</strong> Neuen Museum benötigt. Dies ist zum<br />
einen ein roter Ziegel (250 x 120 x 65 mm) in zwei unterschiedlichen<br />
Festigkeiten. Dieser sollte möglichst<br />
28 <strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – <strong>Ausgabe</strong> 2/<strong>2009</strong>