Rosemarie Daumüller - Diakonisches Werk der EKD
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„Das bisschen Haushalt . . .”<br />
Ein Modell für Stuttgart?<br />
Armutsprävention und Mil<strong>der</strong>ung defizitärer<br />
Lebenslagen durch Stärkung<br />
von Haushaltsführungskompetenzen.<br />
Fachtagung am 18. Oktober 2001 in Stuttgart<br />
03/02<br />
Diakonie<br />
Informationen und Materialien aus dem Diakonischen <strong>Werk</strong><br />
<strong>der</strong> Evangelischen Kirche in Deutschland<br />
Dokumentation
Impressum<br />
<strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Kirche in Deutschland (<strong>EKD</strong>)<br />
Hausanschrift: Stafflenbergstraße 76, 70184 Stuttgart<br />
Verantwortlich für die Reihe:<br />
Andreas Wagner<br />
Abteilung Information und Kommunikation im Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong><br />
Postfach 10 11 42, 70010 Stuttgart<br />
Telefon (07 11) 21 59-4 54<br />
Telefax (07 11) 21 59-5 66<br />
E-Mail: presse@diakonie.de<br />
Internet: www.diakonie.de<br />
Kontakt:<br />
<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong><br />
Referat Frauen und Familie<br />
Telefon (0711) 21 59–2 80<br />
E-Mail: daumueller@diakonie.de<br />
Layout:<br />
Fotosatz Keppler, Heinestraße 17, 72762 Reutlingen<br />
Ein Projekt <strong>der</strong> Evangelischen Diakonissenanstalt Stuttgart und des Weraheims Stuttgart<br />
unter Begleitung des Diakonischen <strong>Werk</strong>s <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>,<br />
geför<strong>der</strong>t vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Initiative Armutsprävention.<br />
Bestellungen:<br />
Zentraler Vertrieb des Diakonischen <strong>Werk</strong>es <strong>der</strong> <strong>EKD</strong><br />
Karlsruher Straße 11, 70771 Leinfelden-Echterdingen<br />
Telefon (07 11) 9 02 16-50<br />
Telefax (07 11) 7 97 75 02<br />
E-Mail: vertrieb@diakonie.de<br />
Die Texte, die wir in Diakonie Korrespondenz und Diakonie Dokumentation veröffentlichen, sind im<br />
Internet unter www.diakonie.de. Sie können dort zu nicht-kommerziellen Zwecken heruntergeladen und<br />
vervielfältigt werden.<br />
Druck: Grafische <strong>Werk</strong>stätte <strong>der</strong> Gustav Werner Stiftung zum Bru<strong>der</strong>haus, Gustav-Werner-Straße 24,<br />
72762 Reutlingen im Rahmen <strong>der</strong> Arbeits- und Beschäftigungstherapie.<br />
II Diakonie Dokumentation 03/2002
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort ...........................................................................................................................................................n03<br />
Horst Steinhilber<br />
Grußwort.........................................................................................................................................................n04<br />
Karin-Renate Quessel<br />
Grußwort.........................................................................................................................................................n07<br />
Brunno Pfeifle<br />
Grußwort.........................................................................................................................................................n09<br />
Heinz Gerstlauer<br />
Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten –<br />
Armutsprävention durch Stärkung von Kompetenzen für Haushalt und Familie ....................................n11<br />
Michael-Burkhard Piorkowsy<br />
Armut in Stuttgart ..........................................................................................................................................n16<br />
Regine Jautz<br />
Projektvorstellung ..........................................................................................................................................n22<br />
Elsa Lopp, Carola Martin, Elke Rosental<br />
Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung.........................................................................n27<br />
Heike Hilbert<br />
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es”: Podiumsgespräch .....................................................................n33<br />
<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong>, Friedrich Weber<br />
Anhang: „Das bisschen Haushalt ...” Armutsprävention und Mil<strong>der</strong>ung defizitärer Lebenslagen<br />
durch Stärkung von Haushaltsführungskompetenzen ................................................................................n37<br />
<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong><br />
Verzeichnis <strong>der</strong> Mitwirkenden .....................................................................................................................nU 3<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 1
2 Diakonie Dokumentation 01/2002
Vorwort<br />
Vorwort<br />
In den letzten zwanzig Jahren ist ein Ansteigen von<br />
relativer Armut, eine Zunahme überschuldeter Haushalte<br />
und die weitere Auseinan<strong>der</strong>entwicklung von<br />
Arm und Reich zu verzeichnen. Die Zahl von drei Millionen<br />
Empfängerinnen und Empfängern von Sozialhilfe<br />
in Deutschland, davon ein Million Kin<strong>der</strong> und<br />
Jugendliche, unterstreicht diese Beobachtung. Dabei<br />
lässt sich eine Tendenz zur Vererbung o<strong>der</strong> Tradierung<br />
von Armut feststellen, so die Autorinnen und Autoren<br />
des 1. Stuttgarter Armutsberichtes. Die Auswirkungen<br />
<strong>der</strong> Armut für das Aufwachsen von Kin<strong>der</strong>n, für ihre<br />
Sozialisation und ihre Integration in die Gesellschaft<br />
sind erheblich.<br />
Dabei ist Armut nicht allein eine Frage absoluter Geldbeträge.<br />
Die Lebensbedingungen einer Familie werden<br />
zwar maßgeblich vom Einkommen und ihrer wirtschaftlichen<br />
Verfassung bestimmt, entscheidend für die<br />
Situation von Frauen, Männern, Mädchen und Jungen<br />
in ihren Familien sind jedoch ebenso die sie umgebende<br />
soziale Infrastruktur eines Gemeinwesens und – in<br />
hohem Maße – die je eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen<br />
<strong>der</strong> Alltags- und Lebensbewältigung. Armutsprävention<br />
und die Verbesserung bestehen<strong>der</strong> defizitärer<br />
Lebenslagen kann und muss daher auch mit <strong>der</strong> Vermittlung<br />
von Wissen sowie mit <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung von<br />
Verhalten einhergehen. Armut betrifft viele Lebensbereiche<br />
und kann daher nur mehrdimensional begriffen<br />
werden. Auch die Maßnahmen zur Bekämpfung von<br />
Armut müssen diesem Konzept Rechnung tragen und<br />
auf verschiedenen Ebenen ansetzen.<br />
Der Bildung in einem umfassenden Sinne kommt hier<br />
eine wichtige Rolle zu. Diese Erkenntnis sollte sich<br />
auch in entsprechenden Angeboten <strong>der</strong> freien und<br />
öffentlichen Träger wie<strong>der</strong>finden. Ein vernetztes Vorgehen<br />
von freien und öffentlichen Trägern im Hinblick<br />
auf die Entwicklung von Maßnahmen ist dabei nicht<br />
nur sinnvoll, son<strong>der</strong>n notwendig.<br />
Das „Stuttgarter Projekt” als Teil <strong>der</strong> vom Bundesministerium<br />
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />
geför<strong>der</strong>ten Praxisprojekte zur Armutsprävention hat<br />
gezeigt, dass sich die damit gesammelten Erfahrungen<br />
und Ergebnisse vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Erkenntnisse<br />
aus dem ersten Stuttgarter Armutsbericht in die Sozialplanung<br />
und die Konzeptentwicklung sozialer Arbeit<br />
implementieren lassen. Es hat auch deutlich gemacht,<br />
dass Interventionen und Angebote sehr genau auf die<br />
jeweilige Zielgruppe bezogen werden müssen, wenn<br />
die beson<strong>der</strong>s armutsgefährdeten Personengruppen<br />
erreicht werden sollen, d. h. Hilfen müssen „passgenau<br />
und zielgruppenspezifisch” entwickelt werden. Als<br />
Initiatoren dieses Projektes wünschen wir uns, dass es<br />
Früchte trägt. Daher hoffen wir auf eine produktive und<br />
vernetzte Weiterarbeit in Stuttgart, aber auch in an<strong>der</strong>en<br />
Städten und Regionen Deutschlands. Die vorliegende<br />
Dokumentation möge dazu beitragen.<br />
Horst Steinhilber<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 3
Grußwort<br />
Karin-Renate Quessel: Grußwort<br />
Vielen Dank für die Einladung zu Ihrer Tagung zur<br />
Armutsprävention. Zunächst überbringe ich Ihnen die<br />
Grüße <strong>der</strong> Bundesministerin für Familie, Senioren,<br />
Frauen und Jugend, Dr. Christine Bergmann, und sage<br />
Ihnen Dank für Ihren Einsatz für Menschen in schwierigen<br />
Lebenssituationen.<br />
Mit dieser Tagung präsentieren Sie die Ergebnisse des<br />
Stuttgarter Projektes „Das bisschen Haushalt...”. Sie<br />
wollen sich mit den Erkenntnissen <strong>der</strong> Armutsforschung<br />
auseinan<strong>der</strong>setzen sowie aufgrund des Sozialberichtes<br />
<strong>der</strong> Stadt Stuttgart überlegen, wie die in <strong>der</strong> Praxis<br />
gesammelten Erfahrungen in die Sozialplanung und in<br />
die soziale Arbeit einer Großstadt einfließen können.<br />
Mit Ihrer Fachtagung zur Armutsprävention greifen<br />
Sie nicht nur ein aktuelles Thema <strong>der</strong> sozialen Arbeit,<br />
son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Politik auf. – Eine Aufgabe, die auf<br />
Bundes- Landes- und insbeson<strong>der</strong>e auf kommunaler<br />
Ebene verfolgt werden muss, wenn man Familien im<br />
Alltag unterstützen will.<br />
Die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse von Familien<br />
sind nicht einheitlich. Sie sind abhängig z. B. von <strong>der</strong><br />
beruflichen Qualifikation und <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung<br />
<strong>der</strong> Eltern, von Lebensstilen und Lebensformen, von<br />
<strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und von familialen Phasen, auch<br />
von Vermögen und Erbschaften.<br />
Viele Familienhaushalte befinden sich in einem Prozess<br />
ständiger Anpassung an verän<strong>der</strong>te Lebenslagen.<br />
Neben den Familien, die Sozialhilfe beziehen, vergrößert<br />
sich in beträchtlichem Umfang die Gruppe <strong>der</strong><br />
Familien, <strong>der</strong> es gerade noch gelingt, den Alltag wirtschaftlich<br />
zu bewältigen. Für diese Gruppe stellt sich<br />
die Anpassung an aktuelle Erfor<strong>der</strong>nisse als eine<br />
schwierige Daueraufgabe dar.<br />
Es kann festgestellt werden: Bevor Armut eintritt, gibt<br />
es wirtschaftlich labile Lebenslagen des so genannten<br />
„prekären Wohlstands”. Weil <strong>der</strong> Armut destabilisierende<br />
Entwicklungen und prekäre Lebenslage vorangehen,<br />
sind Strategien <strong>der</strong> Armutsvermeidung ebenso<br />
wichtig wie Strategien <strong>der</strong> Armutsbekämpfung.<br />
Es bleibt in <strong>der</strong> Verantwortung des Staates, durch Transferleistungen<br />
Einkommensungleichheit zu verringern<br />
und vor Einkommensarmut zu schützen. Die in dieser<br />
Legislaturperiode bereits durchgesetzten Verbesserungen<br />
beim Kin<strong>der</strong>geld und Erziehungsgeld waren notwendig.<br />
Die Bundesregierung hat weitere Verbesserungen<br />
beim steuerlichen Familienleistungsausgleich in<br />
Aussicht gestellt. Aber auch das weitere System <strong>der</strong><br />
staatlichen Transferleistungen in Deutschland trägt<br />
dazu bei, Einkommensungleichheit zu verringern bzw.<br />
bedeutet Unterstützung für Familien auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong><br />
materiellen Ressourcen. Zu nennen sind hier z. B.<br />
Unterhaltsvorschüsse bei einem Ausfall von Kindesunterhaltszahlungen,<br />
Wohngeld und Leistungen <strong>der</strong> Sozialhilfe.<br />
Bei allen Maßnahmen gilt es, immer ein umfassendes<br />
Lebenslagenkonzept im Blick zu haben, das <strong>der</strong> Ausdifferenzierung<br />
von Lebensformen und Lebensstilen<br />
privater Haushalte gerecht wird.<br />
Prekäre Lebenslagen und Armut von Familien haben<br />
viele Gesichter. Geför<strong>der</strong>t haben diesen Wahrnehmungsprozess<br />
insbeson<strong>der</strong>e die Armutsuntersuchungen<br />
des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Kooperation<br />
mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, die<br />
Untersuchungen des Deutschen Caritasverbandes und<br />
des Diakonischen <strong>Werk</strong>es sowie das im Auftrag <strong>der</strong><br />
Arbeiterwohlfahrt vom Institut für Sozialarbeit und<br />
Sozialpädagogik durchgeführte Forschungsprojekt<br />
„Armut bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen”. Das Wissen<br />
um die Entstehung sozialer Notlagen und ihre konkreten<br />
Auswirkungen auf die Familien eröffnet die Möglichkeit,<br />
in Kooperation mit den Verbänden Maßnahmen<br />
<strong>der</strong> Armutsprävention und Strategien <strong>der</strong><br />
Armutsbekämpfung zu initiieren und neue Ansätze <strong>der</strong><br />
Feldarbeit zu erproben.<br />
Die Initiativen von Verbänden und gesellschaftlichen<br />
Gruppen hat das BMFSFJ in einem Maßnahmenkonzept<br />
zusammengefasst, das durch entsprechende Forschung<br />
begleitet wird. Als Beispiel sei hier die qualitative<br />
Tiefenstudie <strong>der</strong> Universität Gießen (Lehrstuhl für<br />
Wirtschaftslehre des privaten Haushaltes und Famili-<br />
4 Diakonie Dokumentation 03/2002
Grußwort<br />
enwissenschaften) genannt, die zur Zeit in <strong>der</strong> Gießener<br />
Nordstadt – einem Stadtteil mit beson<strong>der</strong>em Entwicklungsbedarf<br />
– durchgeführt wird.<br />
Die in dieser Legislaturperiode begonnene Konzeptentwicklung<br />
zur Stärkung <strong>der</strong> wirtschaftlichen Kompetenzen<br />
(Armutsprävention) soll schrittweise fortgeschrieben<br />
werden. Die Überlegungen des Programms<br />
zur „Armutsprophylaxe” setzen insbeson<strong>der</strong>e bei den<br />
Selbsthilfemöglichkeiten und Bewältigungskompetenzen<br />
<strong>der</strong> wirtschaftsschwachen Bevölkerungsgruppen<br />
an.<br />
Bei Überschuldeten ist häufig festzustellen, dass ausreichende<br />
Kenntnisse einer wirtschaftlichen Haushaltsführung<br />
fehlen und wirtschaftliche Bewältigungsstrategien<br />
in <strong>der</strong> Kindheit und Jugend o<strong>der</strong> auch später nicht<br />
gelernt wurden. Ein Umgang mit eigenen Konsumwünschen<br />
und ein kontrolliertes Konsumverhalten ist daher<br />
nicht vorhanden. Die Fähigkeit, Kreditangebote zu beurteilen,<br />
Risiken realistisch abzuwägen und aus zunehmen<strong>der</strong><br />
Verschuldung Schlussfolgerungen zu ziehen,<br />
reicht nicht aus. Für viele Familien ist es nicht selbstverständlich<br />
– wie Sie es auch in <strong>der</strong> sozialen Praxis erfahren<br />
–, Angebote <strong>der</strong> wirtschaftlichen Bildung und Beratung<br />
zu nutzen. Viele kennen die Angebote nicht einmal.<br />
Deshalb ist es wichtig, gezielt Maßnahmen <strong>der</strong> Überschuldungs-<br />
und Armutsprävention in <strong>der</strong> Erziehung<br />
von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen durch Schulen, durch<br />
die verbrauchernahe Wirtschaft, in <strong>der</strong> Verantwortung<br />
<strong>der</strong> Medien, im Rahmen <strong>der</strong> sozialen Trägerarbeit und<br />
in staatlichen Verantwortungsbereichen anzubieten<br />
und insbeson<strong>der</strong>e Eltern entsprechende Kompetenzen<br />
zu vermitteln.<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendliche müssen die wirtschaftlichen<br />
Bedingungen einer Haushaltsgründung, den Umgang<br />
mit Einkommen, mit Kreditangeboten und vermögensbildenden<br />
Angeboten erlernen können. Nur dann können<br />
sie eine souveräne Verbraucherrolle einnehmen.<br />
Inhaltliche Schwerpunkte des „Armutspräventionsprogramms”<br />
(Maßnahmenkonzeptes) sind:<br />
• die Stärkung von Haushaltsführungskompetenzen<br />
bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen, bei Frauen und Männern<br />
in belasteten Lebensverhältnissen,<br />
• die wirtschaftliche Bildung von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen,<br />
• die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Schuldnerberatung und<br />
zusätzliche Initiativen zur Prävention,<br />
• die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Entwicklung kommunaler Strategien<br />
<strong>der</strong> Armutsprävention.<br />
Das Armutspräventionsprogramm steht im Zusammenhang<br />
mit materiellen Strategien <strong>der</strong> Armutsvermeidung<br />
und Armutsbekämpfung – etwa Kin<strong>der</strong>geld<br />
und Sozialhilfe.<br />
Das Programm entfaltet sich auf unterschiedlichen<br />
Ebenen:<br />
• Grundlagen- und Aktionsforschung<br />
• Multiplikatorenarbeit<br />
• Praxisprojekte (Feldarbeit)<br />
In <strong>der</strong> Forschung geht es zum einen um die Analyse von<br />
Verhaltensmustern in prekären, <strong>der</strong> Armut vorgelagerten<br />
Lebenslagen, zum an<strong>der</strong>en um Konzepte einer verbesserten<br />
Allgemeinbildung <strong>der</strong> Einzelnen in Bezug auf<br />
Geld und Kredit. Bei den Forschungsprojekten gehen<br />
wir davon aus, dass die Komplexität des Geschehens in<br />
von Armut betroffenen o<strong>der</strong> von Armut bedrohten Haushalten<br />
bislang kaum erforscht und dargestellt ist. Dazu<br />
gehört eine umfassende Betrachtung <strong>der</strong> Alltagsbewältigung<br />
ebenso wie die Verknüpfungen zwischen Lebensereignissen,<br />
Persönlichkeitsmustern, Haushalts- und<br />
Familienstilen sowie ökonomischen Daten.<br />
Die Multiplikatorenarbeit bezieht sich auf Fort- und<br />
Weiterbildung von Fachkräften <strong>der</strong> Familienbildung<br />
und <strong>der</strong> familienorientierten Beratung sowie <strong>der</strong> Verbraucher-<br />
und Schuldnerberatung. Es gilt, den wirtschaftlichen<br />
Problemlagen mehr Aufmerksamkeit zu<br />
widmen und diese in den Konzeptionen sowie in <strong>der</strong><br />
praktischen Arbeit zu verankern. Wir wollen mit unserem<br />
Armutspräventionsprogramm auch die Verantwortlichen<br />
<strong>der</strong> freien Träger und <strong>der</strong>en Einrichtungen auf <strong>der</strong><br />
Durchführungsebene motivieren. Sie unterstützen im<br />
Rahmen <strong>der</strong> sozialen Arbeit bereits Familien in unterschiedlichen<br />
Lebenslagen und Lebensphasen bei <strong>der</strong><br />
Bewältigung des Alltags und för<strong>der</strong>n Familienmitglie<strong>der</strong><br />
in ihrer Kompetenz. Sie sind in vielfältiger Weise mit<br />
wirtschaftlichen und persönlichen Problemen von Familien<br />
konfrontiert. Es geht aber auch um die Erprobung<br />
von Maßnahmen innerhalb <strong>der</strong> Strukturen freier Träger<br />
und ihrer Bildungs- und Beratungsangebote.<br />
Damit ist schon <strong>der</strong> dritte Bereich – die Feldarbeit – angesprochen.<br />
Die Umsetzung <strong>der</strong> Maßnahmen liegt meist<br />
bei <strong>der</strong> regionalen Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verbände, die im Rahmen<br />
einer konzertierten Aktion Beiträge zur Armutsprävention<br />
entwickeln und durchführen. Sie nutzen die<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 5
Grußwort<br />
bestehenden Strukturen <strong>der</strong> sozialen Arbeit wie zum<br />
Beispiel Familienpflege, Sozialpädagogische Familienhilfe,<br />
Mutter- und Kind- Kuren, hauswirtschaftliche<br />
Qualifizierungskurse, außerbetriebliche Weiterbildung,<br />
Mäd-chensozialarbeit, Arbeit in sozialen Brennpunkten,<br />
Frauentreffs, Familienzentren, Familienbildungsstätten,<br />
familienorientierte Beratung, Erziehungs- und Schuldnerberatung,<br />
aber auch Kin<strong>der</strong>gärten und Schulen.<br />
Die Feldarbeit stützt sich im wesentlichen auf praktische<br />
Projekte <strong>der</strong> Familienbildung und familienorientierten<br />
Beratung sowie auf hauswirtschaftliche Schulung<br />
von Kin<strong>der</strong>n, Jugendlichen und Erwachsenen in<br />
den Kommunen – wie das Projekt, das Sie hier in Stuttgart<br />
durchgeführt haben. Derzeit werden seitens des<br />
Bundes ca. 30 Praxisprojekte geför<strong>der</strong>t, in denen Erfahrungen<br />
gesammelt werden, wie Menschen in belasteten<br />
Situationen zu erreichen und zu unterstützen<br />
sind.<br />
Darüber hinaus gilt es, die im Rahmen des Präventionsprogramms<br />
entwickelten präventiven Angebote<br />
und Strategien in das örtliche Angebot und Hilfenetz<br />
einzubinden. Das bedeutet Kooperation und Vernetzung<br />
mit den vor Ort tätigen Trägern <strong>der</strong> sozialen<br />
Arbeit, den Bildungseinrichtungen sowie Schulen<br />
o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätten usw. Die Träger <strong>der</strong> Praxisprojekte<br />
sind in dieser Richtung aktiv, um die neuen<br />
Wege <strong>der</strong> Armutsprävention auf <strong>der</strong> jeweiligen kommunalen<br />
Ebene zu verankern. Diese Veranstaltung<br />
heute ist ein erster Schritt in Stuttgart.<br />
Die Verbesserung <strong>der</strong> sozialräumlichen Infrastrukturangebote<br />
ist zentral für eine erfolgreiche Armutsprävention.<br />
Kommune, Land und Bund sollten dieses<br />
Ziel entsprechend ihrer Zuständigkeit und im Rahmen<br />
ihrer Möglichkeiten för<strong>der</strong>n.<br />
Ich wünsche Ihrer Fachveranstaltung einen guten Verlauf<br />
und gute Ergebnisse, die Sie in Ihrer praktischen<br />
Arbeit umsetzen können und die den politisch Verantwortlichen<br />
auf den verschiedenen Ebenen weitere<br />
Hinweise zur konkreten Unterstützung von Familien<br />
bieten.<br />
6 Diakonie Dokumentation 03/2002
Grußwort<br />
Bruno Pfeifle: Grußwort<br />
Im Namen <strong>der</strong> Landeshauptstadt Stuttgart und von Bürgermeisterin<br />
Gabriele Müller-Trimbusch, die ich heute<br />
vertreten darf, möchte ich Sie zu dieser Fachtagung<br />
sehr herzlich begrüßen.<br />
Auch in Stuttgart steigt die Anzahl von Familien mit<br />
Kin<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en Lebensverhältnisse – verglichen mit<br />
dem allgemeinen Wohlstand – als materiell arm zu<br />
bezeichnen sind. Armut hat in unserem Land, in unserer<br />
Stadt, glücklicherweise nicht mehr Hunger o<strong>der</strong><br />
Obdachlosigkeit zur Folge. Aber es bedeutet oft Überschuldung,<br />
weniger gesunde Nahrungsmittel, belastete<br />
Wohnverhältnisse und schlechtere Kleidung. Reisen,<br />
eine Selbstverständlichkeit für die Mehrheit von uns,<br />
können sich „arme Familien” nicht leisten. Dies ist insbeson<strong>der</strong>e<br />
für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche aus „armen<br />
Familien” belastend. Haben sie doch gleichzeitig geringere<br />
Bildungschancen und damit schwierigere Lebensperspektiven<br />
als Gleichaltrige aus gesicherteren<br />
Lebensverhältnissen. Dies zeigt deutlich, wie wichtig<br />
„Armutsprävention” auch in einer wohlhabenden, mit<br />
vielen sozialen Absicherungen versehenen Gesellschaft<br />
ist – und gerade auch in <strong>der</strong>en ureigenstem Interesse.<br />
Die Vermin<strong>der</strong>ung bestehen<strong>der</strong> und die Vermeidung<br />
neuer Armut war und ist daher eine wichtige kommunale<br />
Aufgabe. Die Leistungsgewährung nach dem<br />
Bundessozialhilfegesetz ist dabei ein wichtiger Ansatz<br />
zur finanziellen Grundsicherung <strong>der</strong> Menschen.<br />
Im Referat Soziales, Jugend und Gesundheit gibt es<br />
darüber hinaus vielfältige Anlaufstellen, an die sich<br />
Menschen in schwierigen Lebenssituationen wenden<br />
können.<br />
Der Allgemeine Sozialdienst des Jugendamtes berät<br />
und unterstützt Alleinerziehende, Familien und Alleinstehende<br />
vor Ort in finanziellen Notlagen, bei Lebenskrisen<br />
und persönlichen Problemen. Das Gesundheitsamt<br />
engagiert sich vor allem im Rahmen des<br />
kin<strong>der</strong>- und jugendärztlichen Dienstes, <strong>der</strong> Ernährungsberatung<br />
und <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung in Themenfel<strong>der</strong>n,<br />
die aus <strong>der</strong> materiellen Unterversorgung von<br />
Kin<strong>der</strong>n, Jugendlichen und Erwachsenen resultieren.<br />
Das Sozialamt schließlich bietet unter an<strong>der</strong>em mit <strong>der</strong><br />
Schuldnerberatung, <strong>der</strong> Familien- und Bonuscard, <strong>der</strong><br />
im Januar beginnenden Hilfeplanung aktivierende<br />
Unterstützung und Beratung bei <strong>der</strong> Bewältigung von<br />
Armutssituationen.<br />
Das Modellprojekt „Das bisschen Haushalt”, das heute<br />
vorgestellt wird, ergänzt die genannten Angebote. Auch<br />
dieses Projekt greift auf, dass materieller Mangel mit<br />
vielerlei Konsequenzen verbunden ist. Er beeinträchtigt<br />
die Wohnsituation, die Gesundheit, die Zukunftschancen<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und damit die gesamte psychosoziale<br />
Situation <strong>der</strong> Betroffenen. Dies belegen im<br />
Übrigen sowohl die Befunde des Armuts- und Reichtumsberichtes<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung als auch die Ergebnisse<br />
des ersten Sozialberichtes <strong>der</strong> Stadt Stuttgart.<br />
Die geplanten Kurse „Das bisschen Haushalt...”<br />
berücksichtigen, dass durch die Stärkung verschiedener<br />
zentraler Kompetenzen und persönlicher Ressourcen<br />
materiell schwierige Lebenssituationen und ihre<br />
vielfältigen Folgen gemil<strong>der</strong>t werden können. Gleichzeitig<br />
wird mit den Alleinerziehenden ein Personenkreis<br />
angesprochen, <strong>der</strong> in beson<strong>der</strong>em Maße dem<br />
Risiko <strong>der</strong> finanziellen und sozialen Verarmung ausgesetzt<br />
ist.<br />
Drei Ansatzpunkte aus dem Programm möchte ich gerne<br />
herausheben.<br />
Eine Haushaltführung mit geringen finanziellen Mitteln<br />
erfor<strong>der</strong>t Planung und Geschicklichkeit. Viele <strong>der</strong><br />
betroffenen Haushalte sind verschuldet. Der Kurs gibt<br />
Anregungen, wie mit dem wenigen Geld richtig umgegangen<br />
werden kann. Der Kreislauf: Armut führt zu<br />
Schulden, Schulden führen zur Armut soll damit durchbrochen<br />
werden.<br />
Wohnen in Stuttgart ist teuer. Preiswerte Wohnungen<br />
liegen häufig in durch Verkehr stark belasteten Wohngebieten.<br />
Das Wohnumfeld bietet wenig Grün und<br />
Spielmöglichkeiten für die Kin<strong>der</strong>. Oft sind bezahlbare<br />
Wohnungen zu klein für die Größe <strong>der</strong> Familien. Dies<br />
alles schwächt zusätzlich die Kraft, sich aus <strong>der</strong> schwierigen<br />
Lebenssituation zu befreien.<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 7
Grußwort<br />
Die „Gestaltung eines ansprechenden Zuhauses” ist<br />
einer <strong>der</strong> Programmpunkte des Kurses. Damit kann ein<br />
kleiner Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> objektiven Situation<br />
und <strong>der</strong> subjektiven Befindlichkeit <strong>der</strong> Alleinerziehenden<br />
geleistet werden.<br />
Zahlreiche Untersuchungen, so auch <strong>der</strong> aktuelle Stuttgarter<br />
Gesundheitsbericht, dokumentieren, dass Menschen<br />
mit geringen finanziellen Mitteln im Verhältnis<br />
zur übrigen Bevölkerung weniger gesund sind.<br />
Gesundheitlich belastende Arbeitsbedingungen, eine<br />
weniger gesunde Lebensweise und falsche Ernährungsgewohnheiten<br />
sind Gründe dafür. Die Kurse<br />
bieten daher den Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />
Information und Schulung zum Einkaufen und gesunden<br />
Kochen. Mit seiner konzeptionellen Breite ist dieses<br />
Modellprojekt ein wichtiger Baustein, <strong>der</strong> zur Stärkung<br />
Alleinerziehen<strong>der</strong>, die sich in einer schwierigen<br />
Lebenssituation befinden, beitragen kann.<br />
Ich wünsche Ihnen – auch im Namen von Frau Müller-<br />
Trimbusch – für die Tagung interessante Erkenntnisse,<br />
einen konstruktiven Austausch und Anregungen für<br />
weitere Maßnahmen und Projekte, die zur Verbesserung<br />
<strong>der</strong> Lebenssituation <strong>der</strong> von Armut betroffenen<br />
Bürgerinnen und Bürger beitragen.<br />
8 Diakonie Dokumentation 03/2002
Grußwort<br />
Heinz Gerstlauer: Grußwort<br />
Sie kommen mit Ihrem Thema und mit Ihrem Focus auf<br />
die verarmten Haushalte gerade recht in einer Zeit, in<br />
<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> einmal offen darüber nachgedacht wird,<br />
welchen Platz wir armen Menschen anbieten können in<br />
unserer Gesellschaft. Offenbar sollen und müssen wir<br />
uns entscheiden, wer wir sind: Kunde o<strong>der</strong> Bürger. Der<br />
eine sieht arme Menschen offenbar als Bremse seiner<br />
Kauflust, als störendes Element seiner Reise durch die<br />
Erlebniswelt Bahnhof o<strong>der</strong> Innenstadt.<br />
Der an<strong>der</strong>e sieht arme Menschen als Teil seiner Welt,<br />
seiner Nachbarschaft, seiner Kommune, seiner Gemeinde,<br />
seines Wohnquartiers und fragt sich, wie er Not<br />
lin<strong>der</strong>n, Selbsthilfe stärken, Verhältnisse än<strong>der</strong>n und<br />
Menschen bei Wegen aus ihrer Armut unterstützen<br />
kann.<br />
Kunde o<strong>der</strong> Bürger – wir sind beides. Wir sollten es<br />
nicht zulassen, dass wir in Marketingstrategien auf<br />
die Rolle des Kunden reduziert werden, die nur eines<br />
wollen: ungestört kaufen, kaufen, kaufen.<br />
Dass diese Tagung und das dahinter stehende Projekt,<br />
<strong>der</strong> jüngst erschienene Sozialbericht <strong>der</strong> Stadt Stuttgart<br />
und die daraus folgenden Aktivitäten das Thema Armut<br />
offensiv angeht, und auf die Tagesordnung setzt und<br />
fragt, in welcher Weise betroffenen Menschen – in <strong>der</strong><br />
Regel Frauen und ihren Kin<strong>der</strong>n – adäquat geholfen<br />
werden kann, ist höchst nötig und höchst löblich.<br />
Sie werden im Laufe des heutigen Tages die Ergebnisse<br />
dieses Armutsberichts präsentiert bekommen. Viele<br />
Ergebnisse sind uns bekannt, an<strong>der</strong>e sind uns neu bewusst<br />
geworden.<br />
• Viele Menschen haben sich offenbar einen Ruck<br />
gegeben und sind aufgebrochen aus dem Heer <strong>der</strong><br />
abhängig Beschäftigten, haben Unternehmen gegründet,<br />
sind in die Selbständigkeit gegangen. Einigen<br />
ist <strong>der</strong> Weg geglückt. Aber wir sehen daneben<br />
die vielen an<strong>der</strong>en Selbständigen, die mittlerweile in<br />
prekären Verhältnissen, um nicht zu sagen in Armut<br />
leben.<br />
• Viele Haushalte sind überschuldet. Schon das alltägliche<br />
Leben in Stuttgart ist im Vergleich zu an<strong>der</strong>en<br />
Kommunen teuer. Wer Schulden hat lebt auf Kosten<br />
seiner eigenen Zukunft und <strong>der</strong> seiner Kin<strong>der</strong>. Die<br />
Einführung eines privaten Insolvenzrechtes ist eine<br />
angemessene Reaktion auf diese Tatsache. Das<br />
Angebot einer qualifizierten Schuldnerberatung ist<br />
nötig, <strong>der</strong>en Ausbau und innovative Weiterentwicklung<br />
allerdings auch, denn wer Schulden hat, kann<br />
nicht ein Jahr warten, bis er in <strong>der</strong> Beratung dran<br />
kommt.<br />
• Menschen mit einer positiven Lebenseinstellung,<br />
mit einem spirituellen Fundament meistern Lebenskrisen<br />
besser als die an<strong>der</strong>n, weil sie gegen alle<br />
Erfahrungen <strong>der</strong> Ausgrenzung, <strong>der</strong> Abwertung, des<br />
Kämpfen müssens noch eine an<strong>der</strong>e Erfahrung<br />
haben: Das Wissen und das Gefühl trotz aller Wi<strong>der</strong>spenstigkeiten<br />
ein von Gott geliebter Mensch zu<br />
sein. Das heißt: Wert geschätzt, willkommen zu sein.<br />
Das motiviert Selbstheilungskräfte und gibt Mut,<br />
sein Leben in die Hand zu nehmen und eigene Schritte<br />
zu tun. Religion nicht als Opium, son<strong>der</strong>n als<br />
Motor <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung. Das sollten gerade wir in <strong>der</strong><br />
Diakonie uns immer wie<strong>der</strong> selbst vor Augen halten,<br />
wenn wir unsere Konzepte schreiben, Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter fortbilden, Angebote machen.<br />
Das Projekt und dieser Fachtag schließen im Reigen <strong>der</strong><br />
Hilfeangebote eine Lücke. Es hilft dort, wo Armut nicht<br />
mehr versteckt werden kann, son<strong>der</strong>n gemanagt, gelebt,<br />
erlitten, durchkämpft und zwischen Ansprüchen und<br />
Begrenztheiten überwunden werden muss: im Haushalt,<br />
in den eigenen vier Wänden, in <strong>der</strong> Familie.<br />
Der Erwerb von Haushaltsführungskompetenzen, die<br />
früher in den Frauenarbeitsschulen fester Bestandteil<br />
vor allem weiblicher Sozialisation und unterrichtlicher<br />
Bemühungen gewesen sind, wird mit diesem Projekt<br />
neu angeboten und im Sinne einer Kompetenz, und<br />
Chancenerweiterung ermöglicht. Spielräume zu gewinnen,<br />
Herr bzw. Frau <strong>der</strong> Dinge zu werden und zu<br />
sein schafft nicht nur eine an<strong>der</strong>e materielle Basis, son<strong>der</strong>n<br />
auch ein an<strong>der</strong>es Bewusstsein und die Freiheit,<br />
sich nicht nur um das Geld kümmern zu müssen, son<strong>der</strong>n<br />
sich Freundschaften, <strong>der</strong> Schule, den Kin<strong>der</strong>n,<br />
sich selbst zuwenden zu können.<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 9
Grußwort<br />
Auf die Ergebnisse Ihrer Arbeit bin ich gespannt. Sie<br />
werden Einfluss haben bei <strong>der</strong> weiteren Entwicklung<br />
bestehen<strong>der</strong> Hilfesysteme und einen neuen Akzent im<br />
Rahmen <strong>der</strong> Fort- und Weiterbildung von Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeitern setzen, die im Bereich <strong>der</strong> Kin-<br />
<strong>der</strong> und Jugendhilfe, aber auch in an<strong>der</strong>en Hilfebereichen<br />
tätig sind.<br />
Ihrem Projekt, Ihrem Fachtag wünsche ich einen guten<br />
Erfolg und die entsprechende öffentliche Resonanz.<br />
10 Diakonie Dokumentation 03/2002
Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />
Michael-Burkhard Piorkowsky: Verarmungsgründe und<br />
Armutsprävention bei Privathaushalten – Armutsprävention<br />
durch Stärkung von Kompetenzen für Haushalt und Familie 1<br />
Einkommensarmut hat zugenommen<br />
In den Armuts- und Sozialberichten von Institutionen<br />
und Gebietskörperschaften, wie auch im 1. Armutsund<br />
Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung, <strong>der</strong> im<br />
April 2001 veröffentlicht worden ist, wird übereinstimmend<br />
festgestellt, dass die Zahl und <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Personen<br />
bzw. Haushalte mit geringem Einkommen seit<br />
Jahren steigt. Für die Messung von Einkommensarmut<br />
bzw. Armutsnähe werden meist drei Indikatoren verwendet:<br />
Überschuldung, Sozialhilfebezug und unterdurchschnittliches<br />
Nettoäquivalenzeinkommen.<br />
Nach den Ergebnissen des 1. Armuts- und Reichtumsberichts<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung ist die Zahl <strong>der</strong> Überschuldungsfälle<br />
in Deutschland von rund 2 Millionen<br />
1994 auf rund 2,8 Millionen 1999 gestiegen. Als überschuldet<br />
gilt, wer seine finanziellen Verpflichtungen<br />
nicht aus laufendem Einkommen (bzw. Vermögen)<br />
abdecken kann.<br />
Auch die Zahl <strong>der</strong> Empfänger von laufen<strong>der</strong> Hilfe zum<br />
Lebensunterhalt in Privathaushalten ist seit <strong>der</strong> Einführung<br />
<strong>der</strong> Sozialhilfe im langfristigen Trend gestiegen.<br />
Im früheren Bundesgebiet hat sie sich zwischen<br />
1973 und 1989 auf 2,5 Millionen erhöht und damit<br />
nahezu vervierfacht; in den neuen Län<strong>der</strong>n stieg die<br />
Zahl von Ende 1991 bis Ende 1998 von rund 0,2 Millionen<br />
auf 0,4 Millionen Sozialhilfebezug gilt zumindest<br />
als armutsnahe Lebenslage („bekämpfte Armut”).<br />
Schätzungen zufolge könnte die Zahl <strong>der</strong> Personen, die<br />
ihren Sozialhilfeanspruch nicht wahrnehmen („verdeckte<br />
Armut”) <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Sozialhilfe beziehenden<br />
Personen entsprechen.<br />
Nettoäquivalenzeinkommen sind – am Alter und <strong>der</strong><br />
Haushaltsgröße orientierte – bedarfsgewichtete Einkommen,<br />
die etwas über die individuelle Einkommensposition<br />
im Vergleich zur gesellschaftlichen Einkommenssituation<br />
aussagen. Als relativ einkommensarm<br />
gelten Personen, die über weniger als 50 Prozent des<br />
durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens verfügen,<br />
also weniger als die Hälfte des in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />
im bedarfsgewichteten Durchschnitt verfügba-<br />
ren Einkommens ausgeben können. Unterschiedliche<br />
Berechnungsmethoden, die verschiedene altersgestufte<br />
Bedarfsgewichte und alternative Mittelwerte (z.B.<br />
Arithmetisches Mittel und Median) verwenden, kommen<br />
zwar zu recht unterschiedlichen Ergebnissen, aber<br />
stets zeigt sich ein Anstieg <strong>der</strong> nach diesem Grundkonzept<br />
gemessenen Armutsquoten in <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />
Armutsrisiken sind vielschichtig<br />
Untersuchungen zur sozioökonomischen Lage von<br />
Haushalten und Familien kommen übereinstimmend<br />
zu dem Ergebnis, dass Anstoß- und Verstärkungsereignisse<br />
von Verarmungsprozessen vorrangig mangelhafte<br />
Erwerbsbedingungen sowie schwierige Haushaltsund<br />
Familiensituationen sind. Risikofaktoren im Erwerbsbereich<br />
sind vor allem fehlen<strong>der</strong> Schulabschluss,<br />
fehlende Berufsausbildung bzw. fehlen<strong>der</strong> Berufsabschluss,<br />
gering entlohnte Erwerbsarbeit, daneben auch<br />
Krankheit, fortgeschrittenes Alter und ausländische<br />
Nationalität. Risikofaktoren im Bereich von Haushalt<br />
und Familie sind insbeson<strong>der</strong>e fehlende Planungskompetenz,<br />
mangelhafte Kenntnisse von Märkten, Produkten<br />
und Verfahren, beson<strong>der</strong>s in Bezug auf Geld, naive<br />
Risikoabwägung, Unerfahrenheit im Umgang mit Behörden<br />
und nicht adäquate Nutzung öffentlich bereitgestellter<br />
Güter sowie Partnerschaftsprobleme, Alleinelternschaft<br />
und Trennung bzw. Scheidung o<strong>der</strong> Partnerverlust<br />
durch Tod.<br />
Die Risiken lassen sich teilweise gesellschaftlichen<br />
Ursachen zurechnen, etwa im Erwerbsbereich den globalen<br />
Einflüssen auf die Arbeitsmärkte und im Bereich<br />
von Haushalt und Familie dem Wandel <strong>der</strong> Lebensformen.<br />
Hinsichtlich dieser Ursachen von Armut und Verarmung<br />
sind die Einwirkungsmöglichkeiten zum Gegensteuern<br />
sehr begrenzt. Vor allem die Globalisierung<br />
<strong>der</strong> Wirtschaft und die Pluralisierung <strong>der</strong> Lebensformen<br />
sind Tendenzen, die sich administrativ kaum<br />
än<strong>der</strong>n lassen. Dagegen besteht eine wirksame Möglichkeit<br />
<strong>der</strong> Armutsprävention in <strong>der</strong> Stärkung von<br />
Bewältigungskompetenzen auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> individuellen<br />
Haushalte und Familien.<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 11
Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />
Privathaushalte sind Wohlfahrtsproduzenten<br />
Ausgangspunkt für Maßnahmen <strong>der</strong> Armutsprävention<br />
durch Stärkung von Haushalts- und Familienkompetenzen<br />
ist ein mehrdimensionaler Armutsbegriff. Armut<br />
wird nicht mit Einkommensarmut gleichgesetzt, son<strong>der</strong>n<br />
als Mangel an ökonomischen, sozialen, physischen<br />
und/o<strong>der</strong> psychischen Ressourcen verstanden. Einkommensarmut<br />
ist zwar ein wesentlicher, aber nicht <strong>der</strong><br />
alleinige Grund und Indikator für eine defizitäre Lebenslage.<br />
Neben <strong>der</strong> Ressourcenausstattung, insbeson<strong>der</strong>e<br />
mit Geld, sind <strong>der</strong> effiziente Mitteleinsatz sowie die<br />
Möglichkeit des Rückgriffs auf soziale Netzwerke von<br />
Bedeutung<br />
Maßnahmen zur sozioökonomischen Stabilisierung von<br />
Privathaushalten durch Stärkung von Haushalts- und<br />
Familienkompetenzen können sich insbeson<strong>der</strong>e auf die<br />
Arbeiten von Gary S. Becker und Amartya K. Sen, die<br />
Wirtschaftsnobelpreisträger von 1992 und 1998, stützen.<br />
Becker hat die Grundlagen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Theorie <strong>der</strong><br />
Haushaltsproduktion gelegt. Und Sen hat die entscheidende<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Kompetenzen für die effiziente<br />
Güternutzung – gegenüber <strong>der</strong> potenziellen Verfügbarkeit<br />
über Güter – für die Bedürfnisbefriedigung betont.<br />
Danach werden in den Privathaushalten – selbständige<br />
Haushaltsführung vorausgesetzt – in einem arteigenen<br />
Produktionsprozess private und öffentliche Güter verfügbar<br />
gemacht und in konsumreife Haushaltsendprodukte<br />
umgewandelt und damit Lebensqualität und Wohlfahrt<br />
für die Individuen und die Gesellschaft konkret produziert.<br />
In diesem Produktionsprozess sind Wissen und<br />
Fähigkeiten ein maßgeblicher Produktionsfaktor.<br />
Systematische Armutsprävention<br />
durch Bildung und Beratung<br />
Ein Blick auf Zusammenstellungen sozialstaatlicher<br />
Vorkehrungen gegen Armut bzw. zu <strong>der</strong>en Mil<strong>der</strong>ung<br />
zeigt, dass die Maßnahmen vor allem auf die Verbesserung<br />
<strong>der</strong> finanziellen Lage und <strong>der</strong> Erwerbschancen<br />
sowie <strong>der</strong> Versorgung mit Wohnraum und sozialen<br />
Diensten, zum Teil auch auf die För<strong>der</strong>ung sozialer<br />
Netzwerke gerichtet sind. Dagegen wird <strong>der</strong> Bereich<br />
<strong>der</strong> Stärkung von Kompetenzen für Haushalt und Familie<br />
ganz weitgehend vernachlässigt. Die oben angesprochenen<br />
Ergebnisse <strong>der</strong> Lebenslagen- und Armutsforschung<br />
zeigen aber, dass mangelhafte Haushalts-<br />
und Familienkompetenzen hinsichtlich ihrer Ursächlichkeit<br />
für eine suboptimale bzw. defizitäre Lebensgestaltung<br />
den fehlenden Erwerbskompetenzen als<br />
Risikofaktoren für eine erfolgreiche Erwerbsbiographie<br />
entsprechen. Hier kann Armutsprävention durch<br />
entsprechende Bildung und Beratung ansetzen, soweit<br />
Defizite bestehen.<br />
Im Folgenden wird ein System von Maßnahmen skizziert,<br />
das eine auf Haushalt und Familie bezogene<br />
Allgemeinbildung an den Anfang stellt und – darauf<br />
aufbauend – nach Dringlichkeit abgestufte problemadäquate<br />
Informationen und Interventionen für Zielgruppen<br />
beinhaltet.<br />
Familien- und haushaltsbezogene<br />
Schulbildung<br />
Schulische Bildung ist vor allem auf die Teilhabe am<br />
Erwerbsleben ausgerichtet. Dagegen wird die För<strong>der</strong>ung<br />
von Haushalts- und Familienkompetenzen vernachlässigt.<br />
Ein für alle Schulformen und Schulstufen<br />
in allen Bundeslän<strong>der</strong>n sowie für Jungen und Mädchen<br />
gleichermaßen durchgehend angebotenes Fach, das<br />
sich ausschließlich mit den Fragen <strong>der</strong> Haushaltsführung<br />
und dem Familienleben befasst, gibt es in<br />
Deutschland nicht. Dieses defizitäre Angebot steht im<br />
krassen Wi<strong>der</strong>spruch zu den Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> –<br />
nur banal klingenden – Alltagsbewältigung.<br />
Die Rahmenbedingungen privater Haushaltsführung<br />
unterliegen einem beschleunigten Wandel, <strong>der</strong> erhebliche<br />
Adaptions- o<strong>der</strong> besser noch Antizipationsfähigkeiten<br />
erfor<strong>der</strong>t. Zunehmende Optionalisierung, Virtualisierung<br />
und Unsicherheit auf den Arbeits-, Warenund<br />
Geldmärkten, aber auch in den privaten Lebensformen<br />
sowie Verän<strong>der</strong>ungen von Angeboten im Bereich<br />
öffentlicher Infrastruktur erzwingen Informations-<br />
und Entscheidungsprozesse, die auf den Begriff<br />
<strong>der</strong> Neuen Hausarbeit gebracht worden sind. Da traditionelles<br />
Wissen zunehmend schneller veraltet, können<br />
auch die eigenen Haushalte und Familien als Vermittlungsinstanzen<br />
für haushalts- und familienbezogenes<br />
Wissen und Können, selbst dort, wo es angeboten und<br />
angenommen wird, nur Stückwerk leisten.<br />
Eine entsprechende Basis für ein „Lebenslanges Lernen”<br />
auch in diesem Bereich kann nur – und muss – die<br />
allgemeinbildende Schule legen. Ohne ein solches Fundament<br />
wird sich nicht än<strong>der</strong>n, was oft zu Recht beklagt<br />
12 Diakonie Dokumentation 03/2002
Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />
wird, dass nämlich diejenigen Haushalte und Familien,<br />
die Information und Beratung am dringendsten benötigen,<br />
nicht die Beratungsstellen aufsuchen. Es ist aber<br />
stark zu vermuten, dass sich dies än<strong>der</strong>n würde, wenn<br />
mit <strong>der</strong> grundlegenden Allgemeinbildung für Haushalt<br />
und Familie zugleich Sensibilität für die möglichen<br />
Probleme sowie Kompetenz zur Suche nach Lösungsmöglichkeiten<br />
eingeübt werden konnten.<br />
Familien- und haushaltsbezogene<br />
Erwachsenenbildung<br />
Familien- und haushaltsbezogene Erwachsenenbildung<br />
wird gegenwärtig vor allem in Kursen in Familienbildungsstätten<br />
und in Volkshochschulen, in geringem<br />
Umfang auch in Elternschulen im Rahmen <strong>der</strong><br />
Geburtsvorbereitung in Kliniken angeboten. Inhaltlich<br />
dominieren in den Kursen, je nach Institution, die<br />
Themen: Kind und Familie, Kauf und Konsum sowie<br />
Ernährung. Anspruchsvolle Fragen <strong>der</strong> Haushaltsführung,<br />
wie die Verteilung <strong>der</strong> Ressourcen und die<br />
Steuerung des Haushaltsprozesses, z.B. durch Budgetplanung<br />
und -kontrolle, bleiben weitgehend außer Betracht<br />
o<strong>der</strong> werden banalisiert. Auch die Thematisierung<br />
von kritischen Lebensereignissen und adäquaten<br />
Bewältigungsstrategien findet kaum statt.<br />
Um hier eine Wende einzuleiten, wurden von <strong>der</strong><br />
Bundesarbeitsgemeinschaft Katholischer Familienbildungsstätten<br />
1999 und 2000 Multiplikatorinnen-<br />
Workshops im Rahmen des vom Bundesministerium<br />
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend initiierten<br />
Maßnahmenkonzepts zur Armutsprävention, Bereich<br />
„Impulse <strong>der</strong> Familienbildung” veranstaltet. Die zur<br />
Vorbereitung und bei <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Kurse<br />
entwickelten Materialien mit dem Titel „Wirtschaftliche<br />
Bewältigungskompetenzen von Familienhaushalten<br />
durch Bildung stärken” stehen inzwischen zur<br />
Verfügung und können von dem genannten Bildungsträger<br />
bezogen werden. Anknüpfend an diese Erfahrungen<br />
wird gegenwärtig unter Fe<strong>der</strong>führung des neu<br />
entstandenen Bundesverbands <strong>der</strong> Verbraucherzentralen<br />
und Verbraucherverbände ein Konzept zur Neuorientierung<br />
<strong>der</strong> Familien- und hauswirtschaftlichen<br />
Bildung entwickelt, das bundesweit zum Einsatz gelangen<br />
soll.<br />
Gute Möglichkeiten zu verstärkter Aktivierung dürften<br />
in den Geburtskliniken und den häufig dort zu findenden<br />
„Elternschulen” bestehen. Es sollte angeregt wer-<br />
den, die bisher auf Fragen <strong>der</strong> Säuglingspflege, Hygiene<br />
und Ernährung konzentrierten Kurse zur Geburtsvorbereitung<br />
um solche Inhalte zu ergänzen, die sich<br />
mit <strong>der</strong> sozioökonomischen Stabilisierung von Haushalt<br />
und Familie befassen. Diesbezüglich ist eine hohe<br />
Motivation sowohl bei <strong>der</strong> Zielgruppe junger Eltern als<br />
auch bei den Klinikleitungen zu erwarten.<br />
Präventive Einkommens- und<br />
Budgetberatung<br />
Eine über die haushaltsbezogene Allgemeinbildung<br />
hinausgehende Maßnahme <strong>der</strong> Armutsprävention ist<br />
die präventive Einkommens- und Budgetberatung, die<br />
in einem dreieinhalbjährigen Bundes- und Landesmodellprojekt<br />
in Rostock von 1994 bis 1998 entwickelt<br />
worden ist. Sie hebt sich konzeptionell sowohl von <strong>der</strong><br />
Verbraucherberatung als auch von <strong>der</strong> Schuldnerberatung<br />
ab. Die Verbraucherberatung ist zwar ebenfalls<br />
präventiv orientiert, aber auf die Konsumentenrolle<br />
von Privathaushalten konzentriert. Die Schuldnerberatung<br />
wird nachsorgend tätig, wenn bereits hohe Verschuldung<br />
bzw. Überschuldung eingetreten ist.<br />
Das Grundkonzept <strong>der</strong> präventiven Einkommens- und<br />
Budgetberatung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine<br />
umfassende Wirtschaftsberatung für voll handlungsfähige<br />
Privathaushalte mit mehr o<strong>der</strong> weniger knappem<br />
Budget in mehreren speziellen Beratungszweigen und<br />
Beratungsformen in freier Trägerschaft angeboten<br />
wird. Die Beratung erstreckt sich nicht nur auf die Ausgabenseite<br />
des Haushalts, son<strong>der</strong>n schließt auch die<br />
Einkommenserzielung ein und soll datengestützt, d.h.<br />
auf <strong>der</strong> Grundlage einer mo<strong>der</strong>nen Haushaltsbuchführung<br />
durchgeführt werden.<br />
Das Beratungsangebot bezieht sich zwar vor allem auf<br />
die finanziellen Angelegenheiten <strong>der</strong> Ratsuchenden. Da<br />
aber die Finanzsphäre nicht isoliert existiert, son<strong>der</strong>n in<br />
den Haushalts- und Familienkontext eingebettet ist,<br />
muss die präventive Einkommens- und Budgetberatung<br />
diesen Zusammenhang so weit wie nötig berücksichtigen<br />
und insofern ganzheitlich angelegt sein. Die zweigspezifischen<br />
Beratungsinhalte können von den Ratsuchenden<br />
geson<strong>der</strong>t, aber auch in Kombination nachgefragt<br />
werden. Einige Beratungszweige sind ohnehin<br />
systematisch miteinan<strong>der</strong> verbunden; z.B. schließt die<br />
umfassende Haushaltsberatung die Budgetberatung<br />
ein, und die Kreditberatung ist mit einer Bedürfnisreflexion<br />
und Budgetberatung zu verbinden.<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 13
Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />
Vermittlung von praktischen<br />
Haushalts- und Familienkompetenzen<br />
Noch einen Schritt weiter als die präventive Einkommens-<br />
und Budgetberatung für alle Privathaushalte, die<br />
ihren finanziellen Spielraum gestalten wollen, geht die<br />
Vermittlung von praktischen Haushaltsführungskompetenzen<br />
für erkennbar armutsgefährdete bzw. armutsnahe<br />
Haushalte. Dazu liegen Erfahrungen aus <strong>der</strong> Arbeit<br />
im Rahmen <strong>der</strong> Familienpflege sowie aus Projekten<br />
freier Träger für Zielgruppen vor. Die Erfahrungen<br />
aus solchen Projekten werden im Rahmen des vom<br />
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und<br />
Jugend initiierten Maßnahmenkonzepts zur Armutsprävention,<br />
Bereich „Beiträge hauswirtschaftlicher<br />
Verbände zu einer konzertierten Aktion <strong>der</strong> Armutsprävention”,<br />
umgesetzt.<br />
Die Maßnahmen <strong>der</strong> Praxisprojekte bestehen in <strong>der</strong><br />
Vermittlung von Wissen und <strong>der</strong> Einübung von Fertigkeiten<br />
durch unterschiedliche Zugangsweisen in<br />
Komm- und Gehstrukturen in unterschiedlichem Umfang<br />
und führen teils bis zur Vorbereitung auf den beruflichen<br />
Abschluss als Hauswirtschafter/in. Inhaltlich<br />
zielen die Maßnahmen insgesamt vor allem auf die<br />
Stärkung folgen<strong>der</strong> Kompetenzen: Umgang mit Geld,<br />
Organisation und Planung, Beschaffung, Arbeitstechniken,<br />
Sozialkompetenzen, Umgang mit Behörden.<br />
Der Zeitrahmen <strong>der</strong> Projekte ist unterschiedlich lang:<br />
Er reicht von vier Monaten bis zu drei Jahren.<br />
Für die Auswahl <strong>der</strong> Einzelprojekte und <strong>der</strong>en Einbindung<br />
in die konzertierte Aktion war insbeson<strong>der</strong>e maßgeblich,<br />
dass ein breites Spektrum von Zielgruppen und<br />
Maßnahmen mit unterschiedlichem Umfang und in<br />
verschiedenen Regionen Deutschlands repräsentiert<br />
wird und dass die Träger <strong>der</strong> Projekte für die Fortsetzung<br />
<strong>der</strong> Maßnahme und die Verbreitung <strong>der</strong> Projektergebnisse<br />
Sorge tragen.<br />
Einige Praxisprojekte sind bereits abgeschlossen.<br />
Die Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse zeigt, dass nicht<br />
nur generell die Kompetenzen in <strong>der</strong> Haushaltsführung<br />
gestärkt werden konnten. Weitergehende<br />
Wirkungen sind bei vielen Teilnehmerinnen eine<br />
Erhöhung <strong>der</strong> Bildungsneigung, bei einzelnen Teilnehmerinnen<br />
die Aktivierung von Erwerbskompetenzen<br />
und bei an<strong>der</strong>en die Stabilisierung <strong>der</strong> Familiensituation,<br />
so dass z.B. in einem Fall die in einem<br />
Heim untergebrachten Kin<strong>der</strong> zurück in die Familie<br />
geholt werden konnten.<br />
Umsetzung von präventiven Maßnahmen<br />
auf kommunaler Ebene<br />
Für die Umsetzung von Maßnahmen <strong>der</strong> Prävention,<br />
insbeson<strong>der</strong>e in den Bereichen Erwachsenenbildung,<br />
Beratung und Vermittlung von praktischen Fähigkeiten,<br />
sind – vor <strong>der</strong> konkreten Planung und Durchführung<br />
<strong>der</strong> Maßnahmen – zunächst zwei Schritte<br />
erfor<strong>der</strong>lich: die Festlegung von Arbeitsstrukturen und<br />
Aufgaben sowie die organisatorische Verankerung und<br />
Flankierung <strong>der</strong> Maßnahmen.<br />
Für die Festlegung von Arbeitsstrukturen und Aufgaben<br />
sind folgende Schritte erfor<strong>der</strong>lich: (1) Verständigung<br />
auf eine bedarfsbezogene regionale Armutsdefinition,<br />
insbeson<strong>der</strong>e die Bestimmung von Zielgruppen<br />
und die Festlegung von Interventionskriterien; (2) Entwicklung<br />
von Arbeitsstrukturen und Maßnahmen zur<br />
Armutsvermeidung und Armutsbekämpfung; dazu gehören<br />
ein Funktions-, ein Inhalts- und ein Strukturkonzept.<br />
Das Funktionskonzept beschreibt die zu erfüllende<br />
Aufgabe bzw. die mit <strong>der</strong> Maßnahme angestrebte<br />
Wirkung. Das Inhaltskonzept beschreibt Art und Weise<br />
des Vorgehens bzw. <strong>der</strong> Information o<strong>der</strong> Hilfe. Das<br />
Strukturkonzept beschreibt die Regeln im Zusammenwirken<br />
<strong>der</strong> Akteure bei <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Maßnahme;<br />
(3) Einführung von Qualitätssicherung und Konfliktmanagement<br />
für das Zusammenwirken <strong>der</strong> Akteure;<br />
(4) Verabredung von Instrumenten zur Wirkungsanalyse<br />
(Controlling); (5) gemeinsame Erarbeitung<br />
von Verfahren und <strong>Werk</strong>zeugen für Präventions- und<br />
Interventionsarbeit.<br />
Für die Zielgruppenbestimmung seien die beson<strong>der</strong>s<br />
armutsgefährdeten Gruppen genannt: Kin<strong>der</strong>reiche<br />
Familien, allein Erziehende mit ihren Kin<strong>der</strong>n, Migranten-Familien<br />
und Familien mit Langzeitarbeitslosen.<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> Zielgruppenerreichung bieten folgende<br />
Institutionen: Einrichtungen <strong>der</strong> Schwangerenberatung<br />
und Vorsorgeuntersuchung, Eltern-Kind-Gruppen,<br />
Wohnungsunternehmen, Versorgungsunternehmen,<br />
Wohnungsamt, Klei<strong>der</strong>kammer, Suppenküche, Tafeln,<br />
Familienhilfe, Kin<strong>der</strong>garten, Schule. Frühindikatoren<br />
für erhöhte Armutsrisiken sind insbeson<strong>der</strong>e die folgenden<br />
Ereignisse: Verlust des Arbeitsplatzes, Abbruch <strong>der</strong><br />
Schul- o<strong>der</strong> Berufsausbildung, schwerwiegende Partnerkonflikte,<br />
Trennung, Erziehungsprobleme, akute<br />
Schulprobleme <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, Spiel- und Suchtverhalten,<br />
schwerwiegende Erkrankungen, Miet- und Nebenkostenrückstände,<br />
Rückzug aus Vereinen, Verstöße gegen<br />
die öffentliche Ordnung sowie Haft.<br />
14 Diakonie Dokumentation 03/2002
Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />
Möglichkeiten <strong>der</strong> organisatorischen Verankerung und<br />
Flankierung bieten vor allem folgende Maßnahmen:<br />
(1) „Run<strong>der</strong> Tisch Prävention” unter Beteiligung von<br />
kommunalen Stellen, sozialen Trägern und Kirchengemeinden,<br />
Volkshochschulen, Sportvereinen, Wohnungsbaugesellschaften,<br />
Arbeitsverwaltung, Unternehmervertretern,<br />
Beratungseinrichtungen, Medienvertretern,<br />
Kommunalpolitikern; (2) „Kommunale<br />
Konferenz zur Prävention” im Zusammenwirken mit<br />
dem „Runden Tisch”; (3) „Spendenparlament”, d.h.<br />
Institutionalisierung <strong>der</strong> Beteiligung <strong>der</strong> Spen<strong>der</strong> an<br />
den Verwendungsentscheidungen; (4) Kommunaler<br />
Lebenslagen- bzw. Sozialbericht.<br />
Die vorstehend genannten Hinweise sind aus Erfahrungen<br />
abgeleitet, auf die bei einer Tagung des Instituts<br />
für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik <strong>der</strong> Universität<br />
Bielefeld 1999 verwiesen werden konnte. Entsprechende<br />
Erfahrungen bzw. Perspektiven <strong>der</strong> Strategieentwicklung<br />
liegen auch <strong>der</strong> präventiven Einkommens-<br />
und Budgetberatung und den Praxisprojekten<br />
zugrunde; sie lassen sich – cum grano salis – auf<br />
Maßnahmen <strong>der</strong> Erwachsenenbildung zur Stärkung von<br />
Haushalts- und Familienkompetenzen im Rahmen <strong>der</strong><br />
sozioökonomischen Stabilisierung und Armutsprävention<br />
anwenden.<br />
1 Gekürzte und aktualisierte Fassung <strong>der</strong> Expertise „Verarmungsgründe<br />
und Armutsprävention bei Privathaushalten” für das<br />
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für<br />
das Berichtskapitel über Armut in Familienhaushalten für den<br />
1. Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung.<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 15
Armut in Stuttgart<br />
Regine Jautz:<br />
Armut in Stuttgart<br />
Das Thema <strong>der</strong> Tagung ist Armutsprävention, konkretisiert<br />
anhand eines bestimmten Modellprojektes und<br />
damit einer Maßnahme. Es geht also um den wohlfahrts-<br />
und sozialstaatlichen Umgang mit <strong>der</strong> Tatsache,<br />
dass in <strong>der</strong> Bundesrepublik nicht wenige Menschen in<br />
einer nicht nur materiell defizitären Situation leben.<br />
Den Stuttgarter Sozialbericht verstehe ich ebenfalls als<br />
präventiv, da er auch Grundlage für die Maßnahmenplanung<br />
sein soll.<br />
Ich möchte Sie im Folgenden durch den Armutsbericht<br />
führen, <strong>der</strong> im Frühsommer des Jahres 2001 in den Gremien<br />
des Stuttgarter Gemein<strong>der</strong>ates – konkret: dem<br />
Sozialausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und<br />
Wohnen und dem Internationalen Ausschuss – vorgestellt<br />
wurde. Seit <strong>der</strong> Einbringung des Sozialberichtes<br />
ist in <strong>der</strong> Stadt eine rege Diskussion entstanden; <strong>der</strong><br />
Armutsbericht wird nicht nur im politischen Kontext<br />
diskutiert, son<strong>der</strong>n er fand auch in <strong>der</strong> Presse und in <strong>der</strong><br />
Öffentlichkeit große Resonanz.<br />
Zum Einstieg in die Thematik „Armut und Unterversorgung”<br />
vergegenwärtigen Sie sich bitte die <strong>der</strong>zeitigen<br />
ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen:<br />
Strukturelle Ursachen für das<br />
Vorhandensein von Armut<br />
Nach wie vor prägt die De-Industriealisierung und<br />
Tertiärisierung <strong>der</strong> Wirtschaftstruktur die ökonomische<br />
Situation nicht nur in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
Deutschland. Daraus resultiert die anhaltende Massenarbeitslosigkeit<br />
und eine damit einhergehende<br />
Strukturalisierung von Arbeitslosigkeit. Deutlich ist,<br />
dass wir eine Konzentration des Arbeitslosigkeitsrisikos<br />
auf bestimmte Problemgruppen des Arbeitsmarktes<br />
zu verzeichnen haben und an<strong>der</strong>erseits Berufsfel<strong>der</strong><br />
und Berufsgruppen vorfinden, die die „Gewinner”<br />
des weltweiten Globalisierungsprozesses sind.<br />
Ein weiteres Strukturelement ist <strong>der</strong> Abbau von<br />
Normalarbeitsverhältnissen und die Zunahme von<br />
atypischen bzw. prekären Beschäftigungsformen.<br />
Ein Stichwort wäre hier die Scheinselbständigkeit.<br />
Und schließlich stellen wir seit Jahren eine Erosion<br />
traditioneller Familien- und Haushaltsstrukturen fest,<br />
zugunsten <strong>der</strong> Herausbildung neuer Formen <strong>der</strong><br />
Lebensführung. Die klassische Kleinfamilie über<br />
einen ganzen Lebenszyklus gesehen ist im großstädtischen<br />
Umfeld nahezu ein Auslaufmodell zugunsten<br />
von lebenszeitlich begrenzten, familialen Konstellationen,<br />
in denen vielfältige Modelle möglich<br />
sind.<br />
All diese Phänomene sind Ihnen nicht unbekannt, Sie<br />
als Fachleute werden heutzutage nahezu täglich mit<br />
Situationen konfrontiert, die Resultat dieser Entwicklungen<br />
in <strong>der</strong> Gesellschaft sind.<br />
Der Stuttgarter Sozialbericht<br />
Bevor ich in die Fragestellungen und Ergebnisse einsteige,<br />
lassen Sie mich kurz auf die Genese diese<br />
Berichtes eingehen. Dass die Stadt Stuttgart eine<br />
aktuelle Berichterstattung über „Armut und Unterversorgung<br />
in Stuttgart” benötigt, wurde nicht nur von<br />
<strong>der</strong> Fachverwaltung gesehen, son<strong>der</strong>n auch von <strong>der</strong><br />
Politik, genauer gesagt von <strong>der</strong> SPD-Fraktion, eingefor<strong>der</strong>t.<br />
Mit verschiedenen Anträgen im den Jahren<br />
1995 und 1997. Schließlich wurde dem Gemein<strong>der</strong>at<br />
ein Konzept <strong>der</strong> Sozialberichterstattung vorgelegt und<br />
die Arbeit an dem ersten Sozialbericht, <strong>der</strong> Armut und<br />
Unterversorgung als übergeordnete Fragestellung<br />
hatte, konnte beginnen. Darüber hinaus standen nun<br />
auch zum ersten Mal die technischen Voraussetzungen<br />
zur Verfügung: Erst ab dem Frühjahr 1997 war nun<br />
eine kleinräumige Analyse <strong>der</strong> Sozialhilfedaten<br />
möglich. Den Zuhörerinnen und Zuhörern, die eine<br />
Sozialberichterstattung bzw. eine Analyse sozialer<br />
Ungleichheit planen, kann ich nur sagen: Es ist sehr<br />
aufwendig, vor allem, wenn sie – worauf ich noch<br />
später eingehen werde – die Analyse mit einem mehrdimensionalen<br />
Ansatz, dem so genannten Lebenslagenansatz,<br />
verfolgen.<br />
16 Diakonie Dokumentation 03/2002
Armut in Stuttgart<br />
Die Ausgangsfragen<br />
Folgende Ausgangsfragen standen am Beginn unserer<br />
Untersuchung über Armut und Unterversorgung in<br />
Stuttgart:<br />
Wir wollten wissen<br />
• wer, also welche Zielgruppen bzw. welche Bevölkerungsteile<br />
sind von Armut betroffen?<br />
• wie stark und welchem Umfang sind die materiellen<br />
Defizite ausgeprägt?<br />
• welche Entwicklungstendenzen zeigen sich? Ist ein<br />
Wandel o<strong>der</strong> eine kontinuierliche Entwicklung festzustellen?<br />
• wo, also in welchen Stadtteilen, Stadtbezirken und<br />
Stadtvierteln, ist die materielle Armut (Sozialhilfe)<br />
beson<strong>der</strong>s ausgeprägt?<br />
Um dieses Fragebündel zu beantworten, haben wir mit<br />
verschiedenen sozialwissenschaftlichen Methoden<br />
gearbeitet: Für die quantitativen Analysen mit statistischen<br />
Auswertungen und für die qualitative Analyse<br />
mit Fragebogen und Frageleitfaden, die schriftlich und<br />
mündlich von den Mitarbeiterinnen des Allgemeinen<br />
Sozialdienstes beantwortet wurden. Darüber hinaus<br />
wurden zahlreiche Interviews mit von Armut Betroffenen<br />
und Gespräche mit weiteren Experten und Expertinnen<br />
geführt.<br />
Ich wurde in den letzten Wochen immer wie<strong>der</strong> gefragt:<br />
Was ist denn eigentlich Armut in unserer Gesellschaft?<br />
Ohne nun in sozialpolitische und ethische Ausführungen<br />
einzusteigen, definiere ich im Rahmen des Sozialberichtes<br />
Armut als relativ. Das heißt, wir sprechen in<br />
den meisten Fällen von einer „relativen Einkommensarmut”,<br />
die auf das wirtschaftliche, soziale und kulturelle<br />
Gesamtniveau unserer Gesellschaft bezogen ist.<br />
Konkret lautet die Definition <strong>der</strong> Europäischen Kommission<br />
von 1975 folgen<strong>der</strong>maßen: „Arme sind Einzelpersonen<br />
o<strong>der</strong> Familien, die über so geringe Mittel<br />
verfügen, dass sie von <strong>der</strong> Lebensweise ausgeschlossen<br />
sind, die im Mitgliedstaat, in dem sie leben als annehmbares<br />
Minimum angesehen wird”.<br />
Im Rahmen <strong>der</strong> kommunalen Armutsanalyse, also einer<br />
kleinräumigeren Untersuchung, wird im Allgemeinen<br />
die Sozialhilfestatistik herangezogen und zwar die Statistik<br />
<strong>der</strong> „Hilfe zum Lebensunterhalt”. Innerhalb dieser<br />
Statistik gibt es eine so genannte Personendatei und<br />
Haushaltsdatei, die die Auswertung bestimmter personen-<br />
und haushaltbezogener Merkmale wie das Alter,<br />
Geschlecht, Nationalität und Haushaltsgröße ermöglichen.<br />
Eine weitere Frage wurde mir in den vergangenen<br />
Wochen immer wie<strong>der</strong> gestellt: Warum wird die Sozialhilfestatistik<br />
herangezogen, sind Menschen, die Sozialhilfe<br />
beziehen, überhaupt noch arm? In den letzten Jahren<br />
hat sich sowohl auf wissenschaftlicher Ebene, als<br />
auch in <strong>der</strong> gesellschaftspolitischen Diskussion ein<br />
Konsens zu diesem Thema herauskristallisiert, nämlich,<br />
dass Menschen, die Sozialhilfe beziehen, als arm<br />
gelten, da sie trotz staatlicher Intervention, in ihrer<br />
Lebensgestaltung erheblich eingeschränkt sind.<br />
Armut ist aber wesentlich mehr als eine materielle Notlage.<br />
Armut bedeutet Unterversorgung und Defizitssituationen<br />
in verschiedenen Lebensbereichen, wie etwa<br />
in den Bereichen Wohnen, Gesundheit und Bildung.<br />
Wenn wir eine Analyse materieller Unterversorgung<br />
anhand von Sozialhilfedaten beginnen, ist zu beachten,<br />
dass viele Menschen in so genannter verdeckter bzw.<br />
verschämter Armut leben. Diese Personengruppe, die<br />
trotz eines Anspruches auf Sozialhilfe dieses Recht<br />
nicht wahrnimmt, haben wir nicht in die Untersuchung<br />
einbeziehen können. Als Ursachen für ein Leben in verdeckter<br />
Armut werden Unwissenheit, Angst vor aufenthaltsrechtlichen<br />
Sanktionen, die Scheu davor, dass<br />
eventuell dadurch die nahen Angehörigen zum Unterhalt<br />
herangezogen werden und nach wie vor auch die<br />
Scham, zum Sozialamt zu gehen, genannt.<br />
Wissenschaftliche Studien belegten, dass auf nahezu<br />
jeden Sozialhilfeempfänger ein verdeckte Armer käme.<br />
Demnach ist in Stuttgart von insgesamt etwa 48.000<br />
Menschen auszugehen, die in einer materiell prekären<br />
Situation leben.<br />
Zur Entwicklung <strong>der</strong> Empfängerzahlen<br />
im Bereich <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
in Stuttgart<br />
Ich beziehe mich hier auf die bereinigten Zahlen des<br />
statistischen Landesamtes:<br />
Deutlich wurde, dass zwischen 1994 und 1997 eine<br />
Zunahme <strong>der</strong> Sozialhilfe/<strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />
(HLU) zu verzeichnen ist. Rechnen wir diese Empfängerzahlen<br />
auf 1.000 Einwohner (das ist die Dichte),<br />
stellen wir fest, dass auf 1.000 Einwohner 44 (42)<br />
Sozialhilfeempfänger kommen.<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 17
Armut in Stuttgart<br />
Seit 1998/1999 verzeichnen wir rückläufige Zahlen. Im<br />
Jahre 2000 kamen 39 HLU-Empfänger auf 1.000 Einwohner<br />
in Stuttgart. Der damalige Rückgang <strong>der</strong><br />
Sozialhilfedichte hat sowohl äußere Gründe – die bessere<br />
Arbeitsmarktlage, die Erhöhung staatlicher Transferleistungen,<br />
wie Arbeitslosengeld und Kin<strong>der</strong>geld –<br />
als auch interne Gründe, wie die greifenden Maßnahmen<br />
des städtischen Programms „Arbeit statt Sozialhilfe”.<br />
Inzwischen stellen wir wie<strong>der</strong> eine leichte<br />
Zunahme von 0,5 Prozent fest. Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen<br />
sprechen ebenfalls für einen erneuten<br />
Anstieg <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger.<br />
Wer ist von Armut und Unterversorgung<br />
betroffen?<br />
Betrachtet man die Alterstruktur wird deutlich, dass <strong>der</strong><br />
Anteil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen sehr hoch ist, er<br />
liegt bei insgesamt über 32 Prozent. Die Hilfeempfänger<br />
im Erwachsenalter haben einen Anteil von insgesamt<br />
34,8 Prozent, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Menschen über 65<br />
Jahre liegt bei 6,2 Prozent. Betrachtet man die Dichtewerte,<br />
also die Zahl <strong>der</strong> Empfängerinnen und Empfänger<br />
von Hilfe zum Lebensunterhalt (LU) auf 1.000 Einwohner<br />
ist folgendes abzuleiten: Insgesamt kann festgestellt<br />
werden, dass mit zunehmenden Alter <strong>der</strong>zeit<br />
die Wahrscheinlichkeit abnimmt, auf Sozialhilfe angewiesen<br />
zu sein.<br />
Betrachten wir die Auswertungen des Merkmals<br />
Geschlecht: Auf den ersten Blick kann von einer<br />
Geschlechterdifferenz bei dem Bezug von Sozialhilfe<br />
nicht gesprochen werden. Kurz gesagt: Der Anteil <strong>der</strong><br />
Sozialhilfeempfängerinnen liegt mit knapp 7 Prozent<br />
über dem Anteil <strong>der</strong> Männer, bei den Dichtwerten<br />
liegen die Frauen etwas darüber.<br />
Es gibt Hinweise auf die Ursachen des Sozialhilfebezugs<br />
bei Frauen: auffällig ist <strong>der</strong> höhere Anteil <strong>der</strong><br />
18- bis 45-Jährigen bei den Frauen, dies liegt sicherlich<br />
an dem hohen Anteil <strong>der</strong> allein Erziehenden.<br />
Kommen wir zur Staatsangehörigkeit <strong>der</strong> Empfängerinnen<br />
und Empfänger von Sozialhilfe: Knapp 60<br />
Prozent sind Deutsche, etwas über 40 Prozent sind<br />
nichtdeutscher Herkunft. Auffällig dabei ist <strong>der</strong><br />
Dichtewert bei den nichtdeutschen Hilfeempfängern.<br />
Die Wahrscheinlichkeit als nichtdeutscher Stuttgarter<br />
Bürger arm zu werden ist mehr als doppelt so hoch<br />
wie als Deutscher, ein wichtiger Aspekt wird bei <strong>der</strong><br />
Betrachtung <strong>der</strong> Altersstruktur sichtbar: Sie sehen hier<br />
zwei nahezu entgegengesetzte Trends: <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />
Deutschen nimmt mit zunehmenden Alter ab, <strong>der</strong><br />
Anteil <strong>der</strong> nichtdeutschen nimmt mit zunehmenden<br />
Alter zu: Ob sich hier eine zukünftige Altersarmut <strong>der</strong><br />
Migrantinnen und Migranten anzeigt, hängt von <strong>der</strong>en<br />
Alterssicherung ab.<br />
Die Auswertungen zum Familienstand geben zentralen<br />
Einblick in die Risikostruktur materieller Versorgung.<br />
Eindeutig ist demnach, dass es einen Zusammenhang<br />
zwischen den „Stationen einer Ehe” bzw. dem Leben<br />
einer unverheirateten Person und den materiellen Risiken<br />
gibt. Das Armutsrisiko bei den Geschiedenen ist<br />
(mit einer Sozialhilfedichte von 78) am höchsten, es<br />
folgen die Ledigen. Bei <strong>der</strong> weiteren Analyse nach dem<br />
Geschlecht wurde deutlich, dass das Risiko, auf Sozialhilfe<br />
angewiesen zu sein, bei Frauen höher ist als bei<br />
Männern.<br />
Das Bildungsprofil – Ausbildung und Bildung – steht<br />
im engen Zusammenhang mit <strong>der</strong> Chance, ein selbstständiges<br />
und materiell risikoarmes Leben führen zu<br />
können. Die Auswertungen belegen eindeutig, dass die<br />
Empfänger von Sozialhilfe eher eine schlechte Schulbildung<br />
haben. So verfügen mehr als 30 Prozent über<br />
einen Hauptschulabschluss und fast 8 Prozent über keinen<br />
Schulabschluss. Übrigens zeichnet sich die Frage<br />
<strong>der</strong> Geschlechtsspezifik bei dieser Auswertung kaum<br />
ab. Betrachtet man die Frage nach <strong>der</strong> Nationalität<br />
wurde bei den Auswertungen deutlich, dass – wie zu<br />
erwarten – die nichtdeutschen Sozialhilfeempfänger<br />
insgesamt eine schlechtere Schulbildung haben als die<br />
deutschen.<br />
Die Frage nach dem höchsten Berufs- und Ausbildungsabschluss<br />
dokumentiert weiter den Zusammenhang<br />
zwischen Qualifikation und Armutsrisiko. Es ist<br />
hier zu sehen, dass von über 15.000 erwerbsfähigen<br />
Sozialhilfeempfängern nahezu ein Drittel über keinen<br />
beruflichen Ausbildungsabschluss verfügt.<br />
Resümierend kann formuliert werden, dass Frauen bei<br />
dieser Frage etwas schlechter gestellt sind als die<br />
Männer, Nichtdeutsche Sozialhilfeempfänger haben<br />
insgesamt ein schlechteres Ausbildungsniveau als die<br />
Deutschen.<br />
Betrachtet man nun die Haushaltsstrukturen, so werden<br />
die Aspekte und Problematiken klarer, die sich in den<br />
vorhergehenden Auswertungen zeigten: Es sind vor<br />
18 Diakonie Dokumentation 03/2002
Armut in Stuttgart<br />
allem die Haushalte <strong>der</strong> allein Lebenden von Armut<br />
bedroht. Ich möchte diese Sozialhilfeempfängergruppe<br />
hervorheben, da sie oft in <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Medien<br />
und in <strong>der</strong> Politik untergehen. Herausragend sind darüber<br />
hinaus die Haushalte mit fünf und mehr Personen,<br />
also so genannte kin<strong>der</strong>reiche Familien.<br />
Beschäftigen wir uns mit dem Thema Kin<strong>der</strong>, Ein-<br />
Eltern und Zwei-Elternfamilien: Hier werden die<br />
Risiko- und Verteilungsstrukturen überdeutlich: Es<br />
sind vor allem die allein Erziehenden, <strong>der</strong>en Armutsrisiko<br />
hoch ist. Wohl liegt ihr Anteil nur bei 20,5 Prozent<br />
<strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger, bezogen auf die Einwohnerzahlen<br />
liegt jedoch die Sozialhilfedichte bei<br />
271. Zwei-Elternfamilien liegen dagegen mit 40 HLU-<br />
Empfänger auf 1.000 Einwohner im Risikobereich von<br />
Haushalten ohne Kin<strong>der</strong>.<br />
Und die Kin<strong>der</strong>? Wo leben sie? Von den 7.715 Kin<strong>der</strong>n,<br />
die Sozialhilfe beziehen, d.h. Personen unter 18 Jahren,<br />
leben 53,4 Prozent also 4.118 Kin<strong>der</strong>, bei nur einem<br />
Elternteil, 46,6 Prozent leben bei beiden Eltern. Dies<br />
zeigt, dass gerade diese spezifischen Haushaltskonstellationen,<br />
das Armutsrisiko von Kin<strong>der</strong>n erhöhen.<br />
Ein Blick über die Grenzen zeigt dabei interessante<br />
Befunde: In den skandinavischen Län<strong>der</strong>n mit ihren<br />
großzügigen Maßnahmen in <strong>der</strong> Familienpolitik mit<br />
<strong>der</strong> entsprechenden Infrastruktur und <strong>der</strong> hohen (Teilzeit-)Erwerbsquote<br />
<strong>der</strong> Frauen ist das Problem <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>armut<br />
nicht anzutreffen (3,9 Prozent in Dänemark,<br />
5,9 Prozent in Finnland).<br />
Direkte Ursachen sind also Arbeitslosigkeit, die so<br />
genannte häusliche Bindung – dies trifft oft auf die<br />
alleinerziehenden Frauen zu – und nicht ausreichendes<br />
Einkommen. Hier tritt die aufstockende Sozialhilfe ein.<br />
Sekundäre Ursachen sind Trennung und Scheidung,<br />
Überschuldung et cetera. Wir haben somit eindeutige<br />
Indikatoren die das Armutsrisiko steigern, das geht aus<br />
allen wissenschaftlichen Untersuchungen und auch<br />
unseren Stuttgarter Befunden hervor:<br />
Das Geschlecht,<br />
die Nationalität,<br />
<strong>der</strong> Familienstand<br />
und die Bildung.<br />
Weitere Faktoren, die zur Arbeitslosigkeit führen, sind<br />
ein schlechter Bildungsabschluss, Sprachprobleme,<br />
psychosoziale Probleme, wie Sucht o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Defizite,<br />
und schließlich gesundheitliche Probleme.<br />
Die dargelegten Ergebnisse beschreiben den sozioökonomischen<br />
Status <strong>der</strong> Menschen, die Sozialhilfe beziehen.<br />
Zu fragen ist nun: wie lange sind die Empfänger im<br />
Bezug von Sozialhilfe? Wie lange dauert ein Lebensabschnitt<br />
materieller Notlage in Stuttgart?<br />
Wir haben hierfür den Begriff <strong>der</strong> Verweil- bzw. Bezugsdauer<br />
in <strong>der</strong> Sozialhilfe gewählt. Die wenigen<br />
Untersuchungen, die es bisher in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />
gibt und auch unsere erste Analyse <strong>der</strong> Bezugsdauer<br />
von Hilfe zur Lebensunterhalt machen klar, dass wir<br />
von einem Kurzzeitbezug ausgehen können.<br />
Unsere Berechnung von laufenden Fällen und abgeschlossenen<br />
Fällen brachte folgendes Ergebnis: Die<br />
mittlere Bezugsdauer liegt bei 1,47 Jahre. Die Anzahl<br />
<strong>der</strong> Kurzzeitbezieher bis zu einem Jahr liegt bei 50 Prozent.<br />
An dieser Stelle möchte ich klar formulieren, dass<br />
die Befunde sich nur auf eine erste so genannte Episode<br />
beziehen. Ob also die aus <strong>der</strong> Sozialhilfe ausgestiegenen<br />
Personen länger materiell auf eigenen Füßen<br />
stehen o<strong>der</strong> ob sie später wie<strong>der</strong> etwa durch erneute<br />
Arbeitslosigkeit in den Sozialhilfebezug kommen,<br />
bleibt zunächst offen. Im Rahmen einer weiteren notwendigen<br />
Evaluation werden wir eine Auswahl von<br />
Fällen in eine Langzeitbeobachtung einbeziehen.<br />
Wo ist Armut und Unterversorgung in<br />
Stuttgart räumlich angesiedelt?<br />
Ein erster Blick auf Verteilungsmuster im Stadtgebiet ist<br />
wie<strong>der</strong>um über die Analyse <strong>der</strong> allgemeinen Sozialhilfedichte<br />
in den Stadtbezirken und Stadtvierteln möglich.<br />
Wie bereits gezeigt, lag die Sozialhilfedichte in Stuttgart<br />
bei 42 HLU-Empfangenden auf 1.000 Einwohner.<br />
Die Werte in den Stadtvierteln schwanken zwischen<br />
0 und 119 HLU-Empfangende pro 1.000 Einwohner.<br />
Die höchsten Empfängerzahlen sind in den Bezirken<br />
Bad Cannstatt, Süd, Ost und West anzutreffen. Die<br />
Stadtbezirke Münster, Birkach, Hedelfingen, Plieningen<br />
und Degerloch weisen die niedrigsten Empfängerzahlen<br />
auf. Augenscheinlich bei diesem räumlichen<br />
Verteilungsmuster ist also, dass sich die Bezirke mit<br />
überdurchschnittlicher Sozialhilfedichte überwiegend<br />
im Stuttgarter Talkessel, entlang des Neckars und im<br />
nördlichen äußeren Stadtgebiet befinden. Bezirke mit<br />
unterdurchschnittlicher Sozialhilfedichte sind auf den<br />
Höhenlagen des Stuttgarter Kessels, im südlichen<br />
Stadtgebiet und auf <strong>der</strong> Fil<strong>der</strong>hochebene zu finden.<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 19
Armut in Stuttgart<br />
Ich kann in diesem Rahmen heute nicht weiter auf<br />
Einzelergebnisse zu den verschiedenen Zielgruppen<br />
sozialer Planung bzw. Empfängergruppen eingehen,<br />
Ihnen jedoch die eher überraschenden Befunde nennen:<br />
1. Dort, wo bestimmte Gruppen wohnen, ist nicht<br />
unbedingt gleichzeitig auch von einem erhöhten<br />
Anteil <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger zu sprechen.<br />
2. So wohnen Kin<strong>der</strong> und Jugendliche vor allem in den<br />
so genannten randlichen Lagen. Die Stadtviertel mit<br />
deutlich überdurchschnittlichem Anteil an Kin<strong>der</strong>n<br />
und Jugendlichen, die Sozialhilfe beziehen, befinden<br />
sich eher in den Tallagen <strong>der</strong> Innenstadtbezirke,<br />
in den Neckarvororten, in Bad Cannstatt sowie in<br />
den Wohngebieten mit sozialem Wohnungsbau.<br />
3. Die allein Erziehenden insgesamt wohnen eher in<br />
Innenstadtlagen (über 40 Prozent) und in Bad Cannstatt;<br />
dasselbe gilt für die Sozialhilfeempfänger.<br />
4. Über die Hälfte <strong>der</strong> Einwohner Stuttgarts mit ausländischem<br />
Pass wohnt in den Stadtbezirken Bad<br />
Cannstatt, Ost, Süd, West und Zuffenhausen, dieselben<br />
Stadtbezirke haben wie<strong>der</strong>um die höchste<br />
Anzahl an Sozialhilfeempfängern. Ein weiterer<br />
wichtiger Befund ist hier: Da, wo viele Auslän<strong>der</strong><br />
leben, leben viele arme Deutsche.<br />
Probleme und Ressourcen<br />
Von <strong>der</strong> räumlichen Analyse kommen wir nun zu einer<br />
kurzen Darstellung <strong>der</strong> Lebenslagen, Probleme und<br />
Ressourcen von Menschen in Armut. Wie bereits von<br />
meinen Vorrednern erläutert, wirkt sich materielle<br />
Armut auf verschiedene Lebensbereiche aus und zwar<br />
defizitär. Wir haben dies auch in unserer qualitativen<br />
Analyse, den Interviews mit von Armut Betroffenen<br />
und den Expertinnen in den verschiedenen Stadtteilen<br />
bestätigt gefunden. Die Gesundheit, die Wohnqualität,<br />
die Konsum- und die Ernährungsgewohnheiten unterschieden<br />
sich eindeutig von Personen, die über ein<br />
gesichertes, ausreichendes Einkommen verfügen. An<br />
dieser Stelle möchte ich diese Aspekte nicht weiter<br />
ausführen, jedoch noch einige wenige Worte zum Thema<br />
„Ressourcen und Bewältigungsstrategien” von<br />
Menschen in Armut verlieren. Tatsache ist, dass – je<br />
nach individueller Disposition und je nach Lebensphase<br />
– die Menschen verschieden mit <strong>der</strong> materiell<br />
schwierigen Lebensphase umgehen. Von größter<br />
Bedeutung erweist sich hierbei vor allem die Dauer.<br />
Bei lang anhalten<strong>der</strong> Hilfebedürftigkeit versiegen<br />
auch stärkste individuelle Ressourcen. Als Grenze<br />
wurde in vielen Gesprächen ein individuell unterschiedlicher<br />
Zeitraum von zwei bis drei Jahren<br />
genannt. Ist danach keine Än<strong>der</strong>ung in Sicht, also z. B.<br />
kein neuer Arbeitsplatz gefunden, resignieren auch<br />
starke und optimistische Personen. Sie ergeben sich<br />
in ihr Schicksal und versuchen nicht mehr, sich aus<br />
eigener Kraft zu befreien.<br />
Danach beginnt häufig ein Anpassungsprozess, <strong>der</strong> in<br />
<strong>der</strong> Glücksforschung schon länger beobachtet wird:<br />
Fast niemand bezeichnet sich über einen längeren<br />
Zeitraum hinweg als „vollkommen unglücklich”.<br />
Menschen scheinen sich mit ihren Verhältnissen<br />
arrangieren zu wollen und auch zu können. Die Ressource<br />
Anpassungsfähigkeit hilft nun zwar dabei,<br />
überleben zu können, setzt aber keine Selbsthilfekräfte<br />
in dem Sinne frei, dass die betroffene Person<br />
sich aus eigener Kraft aus ihrer Situation noch befreien<br />
wollte und könnte.<br />
In kürzeren Armutsperioden greifen dagegen viele verschiedene<br />
Ressourcen, die dabei helfen, eine Armutsphase<br />
zu überwinden. Folgende Kraftquellen wurden<br />
von Betroffenen und Experten genannt: „innere Ruhe”,<br />
ein guter Schlaf, Religiosität, eine intakte Familie, eine<br />
glückliche Kindheit, die Kin<strong>der</strong>, gute Freunde und<br />
Nachbarn, eine hohe innere Befriedigung durch betimmte<br />
Aktivitäten und aus eigenem Antrieb intensiv<br />
betriebene Hobbys, Haustiere. Aber selbst solche eher<br />
persönlichen und persönlichkeitsbedingten Ressourcen<br />
bedürfen, wie viele Betroffene meinten, einer kontinuierlichen<br />
Stützung „von außen”, durch Beratung,<br />
finanzielle Zuschüsse und die Bereitstellung von entsprechen<strong>der</strong><br />
Infrastruktur.<br />
Weitere Ressourcen, die häufig genannt wurden, erfor<strong>der</strong>n<br />
von vornherein Interventionen von an<strong>der</strong>er Seite:<br />
eine gute Wohnung, in <strong>der</strong> die Betroffenen sich wohl<br />
fühlen, ein ästhetisch ansprechendes Haus und ein alle<br />
Sinne anregendes Wohnungsumfeld, Nähe/Bezug zur<br />
Natur (Mietergärtchen, Balkonpflanzen, natürliche<br />
Freiflächen, Tiere), ein soziales Umfeld, das eine gute<br />
Mischung aus Menschen in ähnlich schwierigen<br />
Lebensumständen, aber auch Menschen in besseren<br />
Verhältnissen bietet, eine Infrastruktur, die vielen verschiedenen<br />
Bedürfnissen gerade von Menschen in<br />
Armut gerecht wird. Solche Bedingungen werden als<br />
Quellen von Freude und Kräften erfahren, die dabei<br />
helfen, den schwierigen Alltag zu meistern und den<br />
Blick in die Zukunft zu richten. Als wichtigste Ressource<br />
wird aber die Arbeit betrachtet. Oft wird erzählt,<br />
20 Diakonie Dokumentation 03/2002
Armut in Stuttgart<br />
dass mit dem Moment des Beginns einer neuen Arbeit<br />
viele Probleme sich von selbst gelöst hätten.<br />
Mehrere Gesprächspartner beschrieben uns neben<br />
positiven Ressourcen auch Erfahrungen und soziale<br />
Prozesse, die sich demotivierend, also negativ, auswirkten:<br />
Demütigung durch soziale Einrichtungen und<br />
ihre Vertreter, Undurchschaubarkeit von Verfahren und<br />
Regeln und damit <strong>der</strong> eigenen Lebensumstände und<br />
schließlich, fast als die schlimmste Erfahrung, <strong>der</strong> armutsbedingte<br />
Umzug in ein Wohnviertel, das als sozial<br />
schwächer erlebt wird und ein schlechtes Image hat. Ich<br />
zitiere einen Befragten: „Da wusste ich, da kommst du<br />
nicht mehr heraus.”<br />
Meine Damen und Herren, mit diesem Zitat schließe<br />
ich die Berichterstattung über unsere statistischen<br />
Befunde und qualitativen Ergebnisse <strong>der</strong> Befragungen.<br />
Was noch zu sagen bleibt<br />
Wie sehen die Perspektiven aus? Deutlich wurde, dass<br />
unsere Befunde sich mit den Ergebnissen des Armutsberichtes<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung decken. Perspektivisch<br />
ist davon auszugehen, dass die Möglichkeiten<br />
bestimmter Empfängergruppen, wie die <strong>der</strong> allein<br />
Erziehenden o<strong>der</strong> auch allein Lebenden mit schlechten<br />
Chancen am Arbeitsmarkt, von ihrem Vermögen<br />
abhängen, dem diskontinuierlichen Erwerbsverlauf<br />
Kontinuität zu geben. Darüber hinaus sind weitere<br />
Faktoren, wie Heiratsverhalten, die persönliche Ausgestaltung<br />
des Lebensweges o<strong>der</strong> psychosoziale<br />
Konstellationen ausschlaggebend. Die Perspektiven<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen, die in einem armen<br />
Elternhaus aufwachsen sind schwierig zu prognostizieren:<br />
Bildung und För<strong>der</strong>ung sind stark herkunftsbezogen;<br />
jedoch kann eine zuverlässige Infrastruktur<br />
nicht nur für die Kin<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch für die Eltern<br />
eindeutig das Armutsrisiko min<strong>der</strong>n.<br />
Wenn wir uns wie<strong>der</strong> den Rahmenbedingungen<br />
zuwenden und auch einen Blick auf die Handlungsmöglichkeiten<br />
werfen: Armut ist immer im Zusammenhang<br />
zu sehen mit den ökonomischen und<br />
wohlfahrtsstaatlichen Rahmenbedingungen eines<br />
Landes und so auch einer Kommune. Wir wissen,<br />
dass den kommunalen Handlungsmöglichkeiten<br />
Grenzen gesetzt sind. Entscheidende Weichenstellungen<br />
werden auf Bundesebene im Bereich <strong>der</strong><br />
Familien- und Sozialpolitik, <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>politik<br />
und in <strong>der</strong> Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik vorgenommen.<br />
Das Sozialreferat <strong>der</strong> Stadt Stuttgart verfügt über vielfältige<br />
Maßnahmen zur Armutsverhin<strong>der</strong>ung, die immer<br />
wie<strong>der</strong> modifiziert und den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong><br />
Gruppen und <strong>der</strong> Rahmenbedingungen angepasst werden.<br />
Eine beson<strong>der</strong>e Rolle kommt dem Programm<br />
„Arbeit statt Sozialhilfe” und zukünftig <strong>der</strong> Hilfeplanung<br />
zu, die zentraler Baustein <strong>der</strong> Armutsbekämpfung<br />
sein wird. Bruno Pfeifle hat in seinem Grußwort weitere<br />
Interventionsinstrumente und Angebote erwähnt.<br />
Wie geht nun eine Kommune, wie die Stadt Stuttgart<br />
mit den konkreten sozialwissenschaftlichen Ergebnissen<br />
des ersten Sozialberichtes um? Wo sehe ich persönlich<br />
den sozialplanerischen Handlungsbedarf in <strong>der</strong><br />
Thematik „Armut und Unterversorgung in Stuttgart”?<br />
In den Ausschüssen des Gemein<strong>der</strong>ates wurde <strong>der</strong> erste<br />
Sozialbericht „Armut in Stuttgart – quantitative und<br />
qualitative Analysen” nicht nur vorgestellt und diskutiert.<br />
Darüber hinaus wurde Folgendes beschlossen: Es<br />
wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die Ergebnisse<br />
des Armutsberichtes hinsichtlich Maßnahmen zur<br />
Verbesserung <strong>der</strong> Situation materiell bedürftiger Einwohner<br />
diskutiert und daraus Vorschläge entwickelt.<br />
Die Erarbeitung einer Konzeption für einen Fachkongress<br />
bzw. einen Fachtag, <strong>der</strong> das Thema „Armut und<br />
Unterversorgung” in ihren verschiedenen Perspektiven<br />
zum Inhalt hat, ist die weitere Aufgabe dieser Arbeitsgruppe.<br />
Die Arbeitsgruppe sollte interdisziplinär<br />
zusammengesetzt sein und auf <strong>der</strong> Ebene konkreter<br />
Vorschläge und Maßnahmen arbeiten.<br />
Ich sehe nun Handlungsbedarf – ohne auf das Programm<br />
<strong>der</strong> zukünftigen interdisziplinären Arbeitsgruppe<br />
einzugehen – auch in <strong>der</strong> Vernetzung <strong>der</strong> Maßnahmen.<br />
Ich erwarte mir davon, dass unter <strong>der</strong> Überschrift<br />
„Vermeidung und Bekämpfung <strong>der</strong> Armut in <strong>der</strong> Stadt<br />
Stuttgart” <strong>der</strong> Bedarf abgefragt und formuliert wird und<br />
somit auch Defizite aufgezeigt werden können. Dies<br />
wird ein wesentlicher Bestandteil einer passgerechteren<br />
Maßnahmenplanung sein.<br />
In diesem Sinne wünsche ich mir für das Thema „Armut<br />
und Unterversorgung” eine konstruktive, auch öffentliche<br />
Diskussion, eine effektive Bestandsanalyse und<br />
gegebenenfalls Maßnahmenplanung und eine offensive<br />
und fruchtbare Umsetzung des Programms im Sinne<br />
einer Verbesserung <strong>der</strong> Lebenssituation aller Bürgerinnen<br />
und Bürger, die in einer materiell prekären Lage<br />
sind.<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 21
Projektvorstellung<br />
Elsa Lopp, Carola Martin, Elke Rosental: Projektvorstellung<br />
1. Projekthintergrund<br />
1.1 Das Projekt „Armutsprävention durch Vermittlung<br />
von Haushaltsführungskompetenzen”<br />
Das durchgeführte Projekt beruhte auf einer<br />
Initiative des Bundesministeriums für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend. Auf Bundesebene<br />
wurden Verbände, insbeson<strong>der</strong>e Hauswirtschaftliche<br />
Verbände aufgefor<strong>der</strong>t, Projekte zu entwickeln.<br />
Ziel war, Haushaltsführungskompetenzen<br />
von Familien mit Defiziten zu stärken.<br />
1.2 „Das bisschen Haushalt...”: Ausgangslage für<br />
das in Stuttgart entwickelte Projekt war die Situation<br />
benachteiligter allein erziehen<strong>der</strong> junger<br />
Frauen und Mütter. Benachteiligte junge Frauen<br />
und Mütter bedürfen auf Grund ihrer Persönlichkeitsentwicklung<br />
und Häufung von Problemlagen<br />
im emotionalen, sozialen und materiellen<br />
Bereich <strong>der</strong> Betreuung. Oft fehlt ihnen die notwendige<br />
Unterstützung in ihrer Herkunftsfamilie.<br />
Viele dieser Frauen haben keinen Schulabschluss<br />
o<strong>der</strong> es fehlt ihnen eine berufliche Ausbildung.<br />
Darüber hinaus wurden allein erziehende<br />
Frauen aus dem Stadtteil erreicht, die ihr<br />
Kind zur Tagesbetreuung in eine Kin<strong>der</strong>tagesstätte<br />
bringen.<br />
Ziel: Junge allein erziehende Frauen mit kleinen<br />
Kin<strong>der</strong>n, sollten auf eine selbständige Lebensführung<br />
mit dem Kind (den Kin<strong>der</strong>n) vorbereitet<br />
werden. Durch die Kursreihe (20 x 2,5 Stunden)<br />
sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in<br />
Theorie und durch praktischen Übungen, durch<br />
die gemeinsame Vorbereitung und Durchführung<br />
des Abschlussfestes ihre Fähigkeiten und Kompetenzen<br />
zur Haushaltsführung erweitern bzw.<br />
einüben.<br />
Zielgruppe: Junge Frauen, in <strong>der</strong> Regel zwischen<br />
16 und 30 Jahren als Schwangere o<strong>der</strong><br />
Mütter mit Säuglingen, Alleinerziehende mit<br />
kleineren Kin<strong>der</strong>n.<br />
1.3 Vorgehensweise:<br />
III. Gewinnung von Projektbeteiligten durch das<br />
Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Kirche in<br />
Deutschland e.V.: Evang. Diakonissenanstalt<br />
Stuttgart, Mitglied im Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong><br />
evangelischen Kirche in Württemberg e.V. und<br />
Weraheim, Haus für Mutter und Kind, Stuttgart,<br />
Mitglied im Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> evangelischen<br />
Kirche in Württemberg<br />
III. Entwicklung eines Kursprogramms durch die Ausbil<strong>der</strong>innen<br />
<strong>der</strong> Ausbildungsstätte für Hauswirtschafterinnen<br />
<strong>der</strong> Evang. Diakonissenanstalt Stuttgart<br />
und den pädagogischen Fachkräften des Weraheims.<br />
III. Motivation <strong>der</strong> Teilnehmerinnen durch Einzelgespräche<br />
und Handzettel bzw. Flyer<br />
IV. Festlegung <strong>der</strong> Unterrichtsorte und Unterrichtszeiten<br />
IV. Durchführung <strong>der</strong> drei Kurse<br />
2. Kursprogramm<br />
„Das bisschen Haushalt...”<br />
Der Schwerpunkt liegt in <strong>der</strong> Stärkung <strong>der</strong><br />
• Kompetenz im Umgang mit Geld – Auskommen<br />
mit dem Einkommen<br />
– Ausgabenplanung, Budgetverwaltung, Kreditmanagement<br />
• Organisations- und Planungskompetenz im<br />
Haushalt<br />
– Zeitplanung, Aufgabenteilung<br />
• Beschaffungskompetenz<br />
– Entscheidung für Kauf, Miete o<strong>der</strong> Leasing<br />
• Sozialkompetenz<br />
– Wer bin ich selbst, Freizeitgestaltung, Familienplanung<br />
unterstützt durch praktische Übungen in<br />
• Nahrungszubereitung<br />
• Textilpflege und Anfertigung einfach textiler<br />
Gegenstände<br />
• Wohnungspflege<br />
• Reparaturen im Haushalt<br />
• Organisation und Durchführung von Festen<br />
22 Diakonie Dokumentation 03/2002
Projektvorstellung<br />
Weraheim Stuttgart und Evang. Diakonissenanstalt Stuttgart<br />
Kursprogramm „das bisschen Haushalt...” – „fit fürs Leben”<br />
20 x 2,5 Std. + Abschlussfest<br />
E 1 Kennen lernen <strong>der</strong> Teilnehmer/innen E 5 Wege durch den Behördendschungel<br />
Wera Dozenten und Ansprechpartner<br />
Wera • Überblick<br />
14.09. Einführung in das Kursprogramm • Zuständigkeiten<br />
• Rechtsansprüche<br />
Anfertigung eines einfachen<br />
Kin<strong>der</strong>spielzeugs<br />
12.10.<br />
E 2 Schriftverkehr E 6 Textilien einkaufen und pflegen<br />
• Formulare<br />
Wera • Anträge Diak • Textilkennzeichnung<br />
• Kalen<strong>der</strong>führung • Pflegekennzeichen<br />
• Reklamationen • Bedienung und Pflege <strong>der</strong> Geräte<br />
• zur Wäschepflege<br />
21.09. Ordnungssysteme • Ausbessern von Kleidung und Wäsche<br />
E 3 Anwendung einfacher Nähtechniken E 7 Kin<strong>der</strong>krankheiten<br />
Diak • Ausbesserungsarbeiten von Hand Wera • was tun bei ...<br />
• einschl. Textilkleben • Leistungen <strong>der</strong> Krankenkassen<br />
28.09. • Bedienung <strong>der</strong> Nähmaschine 26.10. • Hausapotheke<br />
E 4 Nahrungszubereitun E 8 Nahrungszubereitung<br />
Diak • Gemüsezubereitung Diak • Nährstoffbedarf<br />
• Hygiene in <strong>der</strong> Küche • Ernährungsformen<br />
5.10. • Vorbeugung ernährungsbedingter • Anwendung verschiedener Garverfahren<br />
• Krankheiten<br />
E 9 Aufgabenteilung in <strong>der</strong> Familie E 16 „Selbst ist die Frau / <strong>der</strong> Mann”<br />
Wera • Beruf und Familie Diak Durchführung kleinerer Reparaturen<br />
• Entlastungsmöglichkeiten 18.01. im Haushalt<br />
16.11. • Zeitplanung<br />
E 10 Nahrungszubereitung E 17 Aufgabenteilung in <strong>der</strong> Familie<br />
• einfache Gerichte<br />
Diak • schnelle Küche Wera • Beruf und Familie<br />
Resteverwertung • Entlastungsmöglichkeiten<br />
23.11. • Kostenvergleich 18.01. • Zeitplanung o<strong>der</strong> prakt. Übungen<br />
• (nach Bedarf o<strong>der</strong> Wunsch d. TN)<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 23
Projektvorstellung<br />
E 11 Wohnung gestalten und pflegen E 18 Freizeitgestaltung<br />
Diak • Reinigungsmittel Wera • Auswahl von Spielzeug<br />
• Reinigungsverfahren • Beschäftigung von Kin<strong>der</strong>n<br />
• Rationelle Arbeitsabläufe<br />
30.11. • Raumschmuck (Advent) 25.01.<br />
E 12 Mit dem Einkommen gut auskommen E 20 Planung und Organisation eines<br />
(Festes Abschlussfest)<br />
Wera • Budgetverwaltung Diak • Einladung<br />
• Kreditmanagement • Auswahl <strong>der</strong> Speisen einschl.<br />
• Ratenkauf • Kostenvoranschlag<br />
• Bargeldlose Zahlungen • Tischschmuck, Programm<br />
E 13 Nahrungszubereitung E 20 Vorbereitung eines einfachen kalten Buffets<br />
Diak • Herstellung von Backwaren Diak<br />
• Tischdecken<br />
14.12. • Tischschmuck 08.02.<br />
E 14 Erste Hilfe für Kin<strong>der</strong> – Kin<strong>der</strong>notfälle E 21 Abschlussfest und Übergabe <strong>der</strong> Zertifikate<br />
Wera • Kleinere Verletzungen Diak<br />
• Kin<strong>der</strong>krankheiten<br />
• Notrufzentralen 22.02.<br />
E 15 Familienplanung<br />
Wera<br />
11.01.<br />
2.1 Die Evangelische Diakonissenanstalt als Projektträger<br />
Die Evangelische Diakonissenanstalt Stuttgart ist eine<br />
kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts. Neben <strong>der</strong><br />
Führung eines Krankenhauses sowie Alten- und Pflegeheimen<br />
liegt ein Schwerpunkt in <strong>der</strong> Ausbildung<br />
zur Krankenschwester/Krankenpfleger, Alterpflegerin/<br />
Altenpfleger, in Berufen <strong>der</strong> Verwaltung und in <strong>der</strong><br />
Ausbildung zur Hauswirt-schafterin/Hauswirtschafter.<br />
Die hauswirtschaftliche Ausbildung umfasst 15 Ausbildungsplätze,<br />
die Zahl <strong>der</strong> Bewerbungen liegt<br />
wesentlich höher. Die räumliche und technische Ausstattung<br />
erschien geradezu ideal für die Vermittlung <strong>der</strong><br />
praxisbezogenen Lerninhalte. Die betriebliche Atmosphäre<br />
ermöglichte gewisse Freiräume für die Kursteilnehmerinnen.<br />
2.2 Das Weraheim als Wohnort <strong>der</strong><br />
Teilnehmerinnen<br />
Das Weraheim ist eine Einrichtung für Schwangere,<br />
Mütter, Väter und ihre Kin<strong>der</strong>, die aufgrund persönlicher<br />
und familiärer Probleme eine intensive sozialpädagogische<br />
Betreuung benötigen. Das Haus bietet<br />
seit fast 100 Jahren im beschützten Rahmen aktive und<br />
engagierte Hilfe an. Es befindet sich in einem kleinen<br />
Parkgelände zentral in Stuttgart.<br />
Das Angebot des Weraheims umfasst<br />
• 3 vollstationäre Wohngruppen (37 Plätze) mit<br />
– Arbeits- und Beschäftigungstherapie<br />
– Kin<strong>der</strong>betreuung<br />
– Rund-um-die-Uhr-Betreuung<br />
• Betreutes Wohnen in 4 Appartements (10 Plätze)<br />
• 5 Inobhutnahmeplätze<br />
24 Diakonie Dokumentation 03/2002
Projektvorstellung<br />
• 3 Notaufnahmeplätze<br />
• eine öffentliche Kin<strong>der</strong>krippe (10 Plätze)<br />
2.3 Die Teilnehmerinnen<br />
Um Interessentinnen für den Kurs „Fit für den Haushalt”<br />
zu gewinnen, wurde jede Bewohnerin des Weraheimes<br />
motiviert, teilzunehmen. Das Projekt wurde<br />
außerordentlich beim örtlichen Allgemeinen Sozialen<br />
Dienst (ASD), in an<strong>der</strong>en Mutter-Kind-Einrichtungen<br />
sowie über die Tagespresse vorgestellt.<br />
Der Teilnehmerinnenkreis setzte sich wie folgt zusammen:<br />
Insgesamt 26 Teilnehmerinnen und ein Teilnehmer,<br />
davon<br />
21 Bewohnerinnen und ein Bewohner des Weraheimes<br />
03 Teilnehmerinnen aus an<strong>der</strong>en Mutter-Kind-Einrichtungen<br />
0 1 Teilnehmerin über den ASD <strong>der</strong> Stadt Stuttgart<br />
01 Teilnehmerin über Pressebericht.<br />
Alle Teilnehmerinnen waren allein erziehend mit<br />
einem o<strong>der</strong> mehreren Kin<strong>der</strong>n, zwei standen kurz vor<br />
<strong>der</strong> Entbindung ihres ersten Kindes, ein Vater hat am<br />
Kurs teilgenommen. Die einzige Teilnehmerin, die aufgrund<br />
des Presseberichtes kam, schied nach zweimaligem<br />
Erscheinen wie<strong>der</strong> aus, da sie merkte, dass sie<br />
nicht zu dem angesprochenen Personenkreis (s.u.)<br />
gehörte.<br />
Um die Lebenssituation <strong>der</strong> Teilnehmerinnen verstehen<br />
zu können, soll hier die Zielgruppe des Weraheimes<br />
beschrieben werden.<br />
Die Situation <strong>der</strong> meist sehr jungen Mütter ist gekennzeichnet<br />
durch eine Häufung von Problemlagen, die im<br />
emotionalen, sozialen, intellektuellen o<strong>der</strong> materiellen<br />
Bereich liegen können. Problematisch ist häufig das<br />
Erreichen eines Schulabschlusses o<strong>der</strong> einer Ausbildung<br />
sowie <strong>der</strong> Einstieg in das Erwerbsleben. Der<br />
Anteil von ausländischen Frauen ist über dem des<br />
Bevölkerungsanteiles. Insbeson<strong>der</strong>e handelt es sich um<br />
Schwangere, Mütter und Väter ab 14 Jahren mit ihren<br />
Kin<strong>der</strong>n, die<br />
• in ihrer Herkunftsfamilie von Misshandlungen und<br />
Missbrauch betroffen o<strong>der</strong> bedroht sind,<br />
• nach einer klinisch-psychiatrischen Behandlung<br />
und/o<strong>der</strong> nach einer abgeschlossenen Therapie <strong>der</strong><br />
Nachsorge bedürfen,<br />
• nach einem Strafvollzug <strong>der</strong> Nachsorge bedürfen<br />
o<strong>der</strong> nach richterlichen Auflagen in <strong>der</strong> Einrichtung<br />
betreut werden,<br />
• seelisch behin<strong>der</strong>t sind,<br />
• oft schon Jahre auf <strong>der</strong> Straße gelebt haben,<br />
• drogengefährdet o<strong>der</strong> substituiert sind,<br />
• aus an<strong>der</strong>en Einrichtungen des Hilfesystems kommen,<br />
• oft verschuldet sind.<br />
2.4 Gewinnung <strong>der</strong> Kursleitung und <strong>der</strong> Dozenten<br />
Mit <strong>der</strong> Kursleitung wurde eine Hauswirtschaftsmeisterin,<br />
Alter Mitte 30, zwei Kin<strong>der</strong> im Alter von 5<br />
und 7 Jahren, beauftragt. Sie war früher als Ausbil<strong>der</strong>in<br />
in <strong>der</strong> Evangelischen Diakonissenanstalt Stuttgart<br />
beschäftigt und in den letzten Jahren ehrenamtlich in<br />
<strong>der</strong> Erwachsenenbildung tätig. Sie verfügte somit über<br />
Unterrichts- und Ausbildungserfahrung und besaß<br />
zudem die Fähigkeit, sich auf diesen Personenkreis einzustellen.<br />
Die Dozenten und Dozentinnen für die jeweiligen<br />
Fachgebiete wie Kin<strong>der</strong>krankheiten unter an<strong>der</strong>en wurden<br />
persönlich angefragt bzw. gewonnen.<br />
3. Durchführung <strong>der</strong> Maßnahme<br />
3.1 Gestaltung <strong>der</strong> Kursabende<br />
Für die Vermittlung <strong>der</strong> rein theoretischen Inhalte<br />
wurde als Unterrichtsort das Weraheim eingeplant,<br />
während die vorwiegend praktischen Inhalte in den<br />
Räumen <strong>der</strong> Evangelischen Diakonissenanstalt vermittelt<br />
wurden. Die räumliche Nähe <strong>der</strong> Evangelischen<br />
Diakonissenanstalt zum Weraheim erwies sich als<br />
sehr günstig. Da im Weraheim die Kin<strong>der</strong>betreuung<br />
bis 20 Uhr gewährleistet war, konnte die Unterrichtszeit<br />
17 bis 19.30 Uhr korrekt eingehalten werden.<br />
Bei den Unterrichtsabenden mit vorwiegend theoretischen<br />
Lerninhalten war die Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Teilnehmerinnen<br />
unterschiedlich stark.<br />
Fachpraktischen Übungen gingen jeweils ca. 45 Minuten<br />
Kenntnisvermittlung voraus, z.B. wurde <strong>der</strong> Nahrungszubereitung<br />
die Ernährungslehre vorgeschaltet.<br />
Dies erwies sich als uneffektiv und bereits im zweiten<br />
Kurs wurden Grundkenntnisse <strong>der</strong> Ernährungslehre<br />
z.B. während <strong>der</strong> Gemüsevorbereitung vermittelt. Ins-<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 25
Projektvorstellung<br />
gesamt war das Interesse an den fachpraktischen Übungen<br />
sehr groß.<br />
3.2 Gestaltung des Abschlussabends<br />
Allen Beteiligten war es wichtig, die Kurse offiziell<br />
abzuschließen. Dies erfolgte durch ein gemeinsames<br />
Abendessen mit einem einfachen kalten Büfett. Die<br />
Teilnehmerinnen erhielten eine Bescheinigung über die<br />
regelmäßige Teilnahme und die grobe Beschreibung<br />
<strong>der</strong> vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten. Inwieweit<br />
diese Bescheinigung eine Hilfe bei <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ung<br />
in das Arbeitsleben sein kann, kann noch nicht<br />
beurteilt werden.<br />
4. Abschließende Beurteilung<br />
Mit dem Kurs „Fit für den Haushalt” sollte dieser Gruppe<br />
von allein Erziehenden in Vorbereitung auf eine<br />
selbständige Lebensführung Kenntnisse und Fertigkeiten<br />
= Kompetenzen zur Haushaltsführung vermittelt<br />
werden. Es zeigte sich, dass das Wissen von externen<br />
Fachleuten zum Teil leichter angenommen werden<br />
konnte, als von den Sozialarbeitern, mit denen die Frauen<br />
täglich Themen aus dem psycho-sozialen Bereich<br />
bearbeiten.<br />
Die tatsächliche Umsetzung <strong>der</strong> Kursinhalte kann nur<br />
durch eine langfristige wissenschaftliche Begleitung<br />
erfasst werden. Kurzfristig kann aber beobachtet werden,<br />
dass die Teilnehmerinnen sensibilisiert sind für<br />
gesunde Ernährung und <strong>der</strong>en kostengünstigen Erwerb.<br />
Einige begannen ein Haushaltsbuch zu führen,<br />
um einen Überblick über ihren Etat zu bekommen. Viele<br />
Teilnehmerinnen fühlen sich bei Krankheiten ihrer<br />
Kin<strong>der</strong> sicherer. Sie können ihre Kin<strong>der</strong> gezielter beobachten<br />
und besser nachfragen.<br />
Die Teilnehmerinnen haben in dem Gruppenprozess<br />
viele positive Erfahrungen gemacht. Sie konnten sich<br />
im praktischen Teil häufig einbringen und sich selbst<br />
kreativ erleben. Die Bewohnerinnen sind sich im neuen<br />
Setting begegnet, konnten sich an<strong>der</strong>s kennen lernen<br />
und auch voreinan<strong>der</strong> lernen. Diese Erfolgserlebnisse,<br />
die sie in ihrem Alltag eher selten erfahren können,<br />
haben sie gestärkt und motiviert, Neues auszuprobieren.<br />
Dennoch zeigte es sich, dass ein hohes Maß an Motivationsarbeit<br />
nötig war. Sehr häufig weicht bei diesem<br />
Personenkreis die Eigenwahrnehmung massiv von <strong>der</strong><br />
Fremdwahrnehmung ab. So waren viele <strong>der</strong> Bewohnerinnen<br />
<strong>der</strong> Meinung, die Kursinhalte bereits zu beherrschen<br />
und nicht mehr profitieren zu können. Es fühlten<br />
sich offensichtlich nur wenige Frauen von dem Thema<br />
„Mit dem Einkommen gut Auskommen” angesprochen,<br />
obwohl viele von ihnen verschuldet sind.<br />
Auch die Vorstellung, ein halbes Jahr verbindlich die<br />
Teilnahme zusagen zu müssen, schreckte sie häufig<br />
ab. Die Mitarbeiterinnen des Weraheims suchten die<br />
Frauen immer wie<strong>der</strong> auf, motivierten sie zur erneuten<br />
Teilnahme o<strong>der</strong> fragten nach den Gründen für ein Fehlen.<br />
Praktikantinnen holten manche Bewohnerin im<br />
wahrsten Sinne des Wortes ab. Waren sie dann erst einmal<br />
„angekommen”, arbeiteten die meisten mit viel<br />
Spaß und Aufmerksamkeit den gesamten Abend über<br />
mit.<br />
Ganz wichtig für die Teilnehmerinnen ist die kontinuierliche<br />
Begleitung während des gesamten Kurses<br />
durch eine Person. Aus diesem Grunde war die Kursleiterin<br />
auch dann anwesend, wenn <strong>der</strong> Abend inhaltlich<br />
durch einen Referenten von außen gestaltet wurde.<br />
Die Teilnehmerinnen haben durch sie leichter eine persönliche<br />
Beziehung aufbauen können und sich damit<br />
auch mehr zu einer Teilnahme verpflichtet gefühlt.<br />
Die Erfahrung zeigt, dass viele Bewohnerinnen aus<br />
Herkunftsfamilien stammen, die selber schon durch das<br />
Jugend- o<strong>der</strong> Sozialamt betreut wurden und oft Sozialhilfe<br />
bezogen. Viele von ihnen sind verschuldet. Es<br />
konnten in diesen Familien oft keine ausreichenden<br />
Haushaltsführungskompetenzen an die nächste Generation<br />
vermittelt werden.<br />
Mit <strong>der</strong> Teilnahme an dem Kurs „Fit für den Haushalt”<br />
ist eine Möglichkeit geboten, <strong>der</strong> „Vererbung” von<br />
Armut entgegen zu wirken.<br />
26 Diakonie Dokumentation 03/2002
Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />
Heike Hilbert: Was hilft´s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />
Begleitung durch die Universität Hohenheim<br />
1. Konzeption <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />
Begleitung<br />
Kursziel<br />
Vermittlung hauswirtschaftlicher und ökonomischer<br />
Kenntnisse an allein erziehende Eltern (vor allem<br />
Mütter) mit geringem Haushaltseinkommen mit dem<br />
Ziel <strong>der</strong> Armutsprävention.<br />
Untersuchungsziel<br />
Messung des Kurserfolges und <strong>der</strong> Akzeptanz von<br />
Inhalten und Methoden bei den Teilnehmerinnen.<br />
Dimensionen des Kurserfolges<br />
kurzfristig:<br />
verbesserte hauswirtschaftliche Handlungskompetenz<br />
ausgeprägteres ökonomisch-rationales Verhalten<br />
2. Ergebnisse <strong>der</strong> Anfangsinterviews<br />
Variable: Auszüge aus den Interviewergebnissen<br />
Ernährungsverhalten • in <strong>der</strong> Regel keine festen Essenszeiten<br />
• physiologische Aspekte • relativ gute theoretische Kenntnisse <strong>der</strong> Ernährungslehre<br />
• sozial-kommunikative Aspekte • Fast-Food-Konsum in Grenzen<br />
• Fertignahrung für die Kin<strong>der</strong> statt selbstgekochte Breie<br />
Organisationsgrad des Haushalts Überwiegend:<br />
• effizienter Einsatz von Zeit und • keine Zeitplanung<br />
• Einkommen (Voraussetzung für die • keine Planung <strong>der</strong> Hausarbeit<br />
• Aufnahme einer Erwerbstätigkeit • keine regelmäßige Ablage von Schriftverkehr<br />
• die Teilnehmer kommen mit Ihrer Zeit in <strong>der</strong> Regel gut zurecht,<br />
• was auf die vorhandenen Kin<strong>der</strong>betreuungsangebote<br />
• zurückzuführen ist.<br />
Haushaltsarbeitszeit keine quantitativen Daten erhoben<br />
• in angemessenem Umfang?<br />
langfristig:<br />
Zunahme <strong>der</strong> „Zufriedenheit” mit <strong>der</strong> eigenen Lebenssituation<br />
Zunahme <strong>der</strong> Neigung zur Aufnahme einer Ausbildung/Erwerbstätigkeit<br />
Dimensionen <strong>der</strong> Akzeptanz durch die<br />
Teilnehmerinnen<br />
Die Akzeptanz einer Bildungsmaßnahme kann anhand<br />
folgen<strong>der</strong> Beurteilungskategorien gemessen werden:<br />
Akzeptanz <strong>der</strong> methodischen Vermittlung des Lehrstoffes,<br />
diese drückt sich in positiver Bewertung <strong>der</strong><br />
Verständlichkeit <strong>der</strong> Vermittlung und <strong>der</strong> Anleitung<br />
aus.<br />
Akzeptanz <strong>der</strong> vermittelten Inhalte, dies bedeutet, dass<br />
die Teilnehmerinnen diese als praxisbezogen und daher<br />
sinnvoll beurteilen.<br />
Budgetplanung und Konsumverhalten • keine Haushaltsbuchführung<br />
• Kenntnisse <strong>der</strong> fixen und variablen • zum Teil ungenaue Kenntnisse über die genaue Höhe<br />
• Ausgabenanteile sind Voraussetzung • und Zusammensetzung des Monatseinkommens<br />
• für Budgetplanung • größter Budgetanteil für Lebensmittel und<br />
• Windeln/Säuglingspflegeprodukte<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 27
Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />
• Werden Konsumentscheidungen • keine guten Kenntnisse über die genauen Preise von<br />
rational o<strong>der</strong> spontan und emotional Produkten des täglichen Bedarfs<br />
getroffen? • Markengeleitetes Konsumverhalten vor allem bei Kleidung und<br />
Windeln/Säuglingspflegeprodukten – nicht bei Lebensmitteln<br />
Ausgabeverhalten und • in <strong>der</strong> Regel vernünftige Einstellung zu Konsum und Verschul-<br />
Schuldenneigung dung<br />
• Sparsames o<strong>der</strong> verschwen<strong>der</strong>isches • keine Überschuldungsfälle<br />
Ausgabeverhalten<br />
• Einstellung zum Schuldenmachen • praktisch keine monatlichen Fixkosten (Miete, Versicherungen,<br />
Abonnements ...), dadurch auskömmliche Finanzlage<br />
Gründe für die Teilnahme<br />
(Häufigkeit <strong>der</strong> Nennungen – Mehrfachnennungen waren möglich)<br />
Hinweis <strong>der</strong> allg. Interesse weil es ein sinnvolle Sonstige Gründe (Beispiele):<br />
Heimleitung an hauswirt- Zertifikat Freizeit-<br />
schaftl.Themen gibt gestaltung<br />
1 1 1 „Für unser weiteres Familienleben möchte ich<br />
noch Einiges im Leben dazulernen und<br />
weitergeben können”.<br />
1 1 1 „Kin<strong>der</strong>krankheiten; Baby-Nahrung”<br />
1 1 1 1 „Um noch was zu lernen”<br />
1 1 1 1 „Ich kann das, was ich noch nicht weiß,<br />
dazulernen”<br />
„Das bisschen Haushalt...” – Welche Aussage trifft am ehesten auf Sie zu?<br />
(Häufigkeit <strong>der</strong> Nennungen – Mehrfachnennungen waren möglich)<br />
„Manchmal wächst mir die „Ich habe die Hausarbeit voll „Eigentlich läuft es ganz gut,<br />
Hausarbeit und Kin<strong>der</strong>betreuung im Griff” aber ein paar Tipps könnten<br />
ganz schön über den Kopf” nicht schaden”<br />
3 1 5<br />
Interesse an Themengruppen<br />
(Häufigkeit <strong>der</strong> Nennungen)<br />
1 „Weil man was dazulernen kann”<br />
4 5 2 4<br />
Sehr Mittelmäßig Wenig<br />
Kochen 9 1<br />
Nähen 3 3 1<br />
„alles rund um´s Kind! 9<br />
Sparsam wirtschaften lernen 1 1 1<br />
Arbeitseinteilung/Arbeitsorganisation 9<br />
Umgang mit Behörden 6 3<br />
28 Diakonie Dokumentation 03/2002
Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />
3. Die Schlussbefragung<br />
Auswertung nach inhaltlichen und methodischen Einzelaspekten<br />
• Beurteilung <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Kursabende zu den einzelnen Themengruppen<br />
Thema Unzufriedenheits- Bewertung Bewertung<br />
faktor x „zuwenig” y „zuviel”<br />
Kochen/Ernährung 0,884 – 0,875 x – 0,125 y<br />
Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege 0,857 – 0,857 x – 0,000 y<br />
Schriftverkehr/Behörden 0,857 – 0,857 x – 0,000 y<br />
Do-it-yourself 0,833 – 0,833 x – 0,000 y<br />
Textilien/Wäsche/Nähen 0,637 – 0,625 x – 0,125 y<br />
Arbeits(ein)-teilung 0,589 – 0,571 x – 0,143 y<br />
Familienplanung 0,571 – 0,571 x – 0,000 y<br />
Wohnungsgestaltung/-pflege 0,571 – 0,571 x – 0,000 y<br />
Finanzplanung 0,471 – 0,333 x – 0,333 y<br />
• Beurteilung des Theorie-Anteils <strong>der</strong> Kursabende<br />
Thema Unzufriedenheits- Bewertung Bewertung<br />
faktor x „zuwenig” y „zuviel”<br />
Schriftverkehr/Behörden 0,728 – 0,714 x – 0,143 y<br />
Arbeits(ein)-teilung 0,728 – 0,286 x – 0,286 y<br />
Finanzplanung 0,687 – 0,167 x – 0,667 y<br />
Textilien/Wäsche/Nähen 0,673 – 0,625 x – 0,250 y<br />
Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege 0,637 – 0,625 x – 0,125 y<br />
Kochen/Ernährung 0,625 – 0,500 x – 0,375 y<br />
Do-it-yourself 0,167 – 0,167 – 0,000 y<br />
Wohnungsgestaltung/-pflege 0,143 – 0,143 x – 0,000 y<br />
Familienplanung nicht erhoben<br />
• Beurteilung <strong>der</strong> praktischen Anleitung<br />
Thema Bewertung (normalisierter Mittelwert)<br />
Textilien/Wäsche/Nähen – 1,250<br />
Wohnungsgestaltung/-pflege – 0,571<br />
Kochen/Ernährung – 0,500<br />
Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege – 0,500<br />
Arbeits(ein)teilung – 0,429<br />
Finanzplanung – 0,400<br />
Do-it-yourself – 0,333<br />
Schriftverkehr/Behörden – 0,286<br />
Familienplanung – nicht erhoben<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 29
Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />
• Beurteilung <strong>der</strong> Vermittlung des Lehrstoffes<br />
Thema Bewertung (normalisierte Mittelwerte)<br />
Do-it-yourself 0,667<br />
Textilien/Wäsche/Nähen 0,625<br />
Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege 0,500<br />
Wohnungsgestaltung/-pflege 0,429<br />
Familienplanung 0,429<br />
Arbeits(ein)-teilung 0,286<br />
Kochen/Ernährung 0,250<br />
Finanzplanung 0,167<br />
Schriftverkehr/Behörden 0,143<br />
• Beurteilung <strong>der</strong> Praxisrelevanz <strong>der</strong> vermittelten Kenntnisse<br />
Thema Bewertung (normalisierte Mittelwerte)<br />
Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege 1,875<br />
Wohnungsgestaltung/-pflege 1,714<br />
Do-it-yourself 1,667<br />
Textilien/Wäsche/Nähen 1,500<br />
Arbeits(ein)-teilung 1,500<br />
Kochen/Ernährung 1,429<br />
Schriftverkehr/Behörden 1,375<br />
Familienplanung 1,333<br />
Finanzplanung 1,143<br />
Gesamteindruck des Kurses – Ergebnisse <strong>der</strong> offenen Fragen<br />
• Beson<strong>der</strong>s gut hat mir das Thema/die Themen gefallen<br />
• (Mehrfachnennungen waren möglich)<br />
Kochen<br />
Textilien/Wäsche/Nähen<br />
Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege<br />
Finanzplanung<br />
Do-it-yourself<br />
Familienplanung<br />
Wohnungsgestaltung/-pflege<br />
Schriftverkehr/Behörden<br />
Arbeits(ein)-teilung<br />
Freizeitgestaltung<br />
1 2 3 4 5<br />
30 Diakonie Dokumentation 03/2002
Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />
Auf die Frage „Was haben Sie im Kurs Neues<br />
gelernt? (Bitte Beispiele ...)” antworteten die<br />
Befragten: (Original-Zitate)<br />
„Besser sich im Haushalt zurecht zu finden. Wie man<br />
was kocht. Wie man die Küche führt”<br />
„Wie man Kin<strong>der</strong>krankheiten (häuslich) besser behandelt.”<br />
„Viel beim Kochen und wie man fast alles mit nicht so<br />
viel Geld machen kann und basteln kann.”<br />
„Nähen, Fragen und Antworten, was ich nicht wusste,<br />
und das Backen mit an<strong>der</strong>en Leuten Spaß macht und<br />
alleine nicht.”<br />
„Ich weiß jetzt etwas besser über die Kin<strong>der</strong>pflege<br />
Bescheid. Und (über) Behörden.”<br />
„Man hat gelernt, dass eine Familie o<strong>der</strong> ein Haushalt<br />
zu führen mehr bedeutet als Kin<strong>der</strong> auf die Welt zu<br />
setzen.”<br />
„Alles nützliche Dinge fürs Leben und für den Haushalt.”<br />
Können Sie Beispiele nennen, wo Sie das im Kurs<br />
Gelernte schon praktisch umgesetzt haben?<br />
(Original-Zitate)<br />
„Das Kochen, wo wir die Blätter bekommen haben, da<br />
hab ich schon mal was gekocht davon – es war gut.”<br />
„Beim Backen und Nähen.”<br />
„Ich lasse jetzt nicht mehr den ganzen schriftlichen<br />
Kram liegen.”<br />
„Reparaturen im Haushalt, Kochen, Backen, Nähen,<br />
Handarbeit.”<br />
„Beim Kochen/Backen. Do it yourself kleine Reparaturen.”<br />
4. Zusammenfassung<br />
Kurzfristiger Kurserfolg:<br />
• verbesserte hauswirtschaftliche Handlungskompetenz<br />
• ausgeprägteres ökonomisch-rationales Verhalten<br />
Aus den Zitaten <strong>der</strong> Kursteilnehmerinnen ergeben sich<br />
Hinweise, dass das haushälterische Bewusstsein durchaus<br />
zugenommen hat (vgl. die Aussagen zur Frage<br />
„Was haben Sie im Kurs Neues gelernt?”). Eine echte<br />
Lernerfolgskontrolle hat nicht stattgefunden. Diese<br />
könnte jedoch zukünftig in einer Überprüfung <strong>der</strong><br />
theoretischen Kenntnisse beispielsweise durch einen<br />
Lückentext o<strong>der</strong> durch Beurteilungen <strong>der</strong> praktischen<br />
Fähigkeiten je<strong>der</strong> Teilnehmerin durch die Lehrkräfte<br />
erfolgen.<br />
Langfristiger Kurserfolg:<br />
• Zunahme <strong>der</strong> „Zufriedenheit” mit <strong>der</strong> eigenen Lebenssituation<br />
• Zunahme <strong>der</strong> Neigung zur Aufnahme einer Ausbildung/Erwerbstätigkeit<br />
Der langfristige Kurserfolg kann erst nach einiger Zeit<br />
beurteilt werden. Es ist geplant, mit einigen Teilnehmerinnen<br />
Kontakt zu halten und sie nach etwas ein bis zwei<br />
Jahren erneut zu befragen.<br />
Diskussion zur Untersuchungsmethodik, Reichweite<br />
<strong>der</strong> Untersuchung und Anregungen für die zukünftige<br />
Kursgestaltung<br />
• Indikatoren <strong>der</strong> Erhebung wurden so gewählt, dass<br />
möglichst viele Aspekte des haushälterischen Handelns<br />
erfasst werden konnten.<br />
• die wissenschaftliche Begleitung hatte qualitativen<br />
Charakter im Sinne einer Explorations-Studie. Die<br />
ermittelten Ergebnisse gelten nur für die untersuchte<br />
Gruppe.<br />
• Man muss sich ausschließlich auf die mündlichen<br />
und im Fragebogen erhobenen Aussagen verlassen.<br />
Die Problematik <strong>der</strong> sozialen Erwünschtheit <strong>der</strong><br />
Antworten im Sinne von Gefälligkeitsaussagen darf<br />
dabei natürlich nicht außer Acht gelassen werden.<br />
• Lernziele formulieren!<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 31
Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />
Erarbeiten von<br />
Kriterien für eine<br />
Kaufentscheidung<br />
Anleitung<br />
zur Haushaltsbuchführung<br />
„Schnelle Küche<br />
für<br />
Berufstätige”<br />
Fallbeispiele für die<br />
Zielgruppenorientierung<br />
„Verbraucherinformation”<br />
„Budgetplanung”<br />
„Ernährung”<br />
Kaufempfehlungen<br />
Aufstellen<br />
eines konkreten<br />
Haushaltsplanes<br />
„Einfache Küche<br />
mit<br />
wenig Geld”<br />
32 Diakonie Dokumentation 03/2002
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es”<br />
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es”<br />
Schlussfolgerungen aus dem Podiumsgespräch mit: Bruno Pfleifle, Stadt Stuttgart, Jugendamtsleiter;<br />
Walter Tattermusch, Stadt Stuttgart, Sozialamtsleiter; Helmuth Beutel, Vorstand<br />
Evangelische Gesellschaft Stuttgart; Dr. Ilse Unold, Stadträtin, CDU; Marita Gröger, Stadträtin,<br />
SPD; Ursula Marx, Stadträtin, GRÜNE; Dr. Gisela Dahl, Stadträtin, FDP<br />
Mo<strong>der</strong>ation:<br />
Gretel Wildt, Leiterin Abteilung Frauen, Jugend und Familie, <strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong><br />
Das Podiumsgespräch zum Abschluss <strong>der</strong> Fachtagung<br />
war <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Erkenntnisse des<br />
Fachtagung in Stuttgart gewidmet. Die Mo<strong>der</strong>atorin<br />
ging dabei von <strong>der</strong> Frage aus, wie Frauen und Männer,<br />
Mütter und Väter, aber auch Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />
befähigt werden können, Alltags- und Lebensbewältigungskompetenzen<br />
weiter zu entwickeln.<br />
Der Sozialbericht <strong>der</strong> Stadt Stuttgart enthält deutliche<br />
Hinweise auf die zentrale Bedeutung einer ganzheitlichen<br />
Bildung für die Prävention und Überwindung<br />
von Armutssituationen bei <strong>der</strong> Bevölkerung. Dass<br />
Armutsprävention und die Bekämpfung von defizitären<br />
Lebenslagen vorrangig eine kommunale Aufgabe<br />
ist, wurde in <strong>der</strong> Diskussion deutlich, darin<br />
stimmten alle Teilnehmenden überein. Gemeinsamkeiten<br />
bestanden auch in <strong>der</strong> Bereitschaft, hierbei<br />
Schwerpunkte in <strong>der</strong> städtischen Politik ebenso wie<br />
bei den Maßnahmen und Angeboten des Sozial- und<br />
Jugendamtes, wie auch <strong>der</strong> freien Träger setzen zu<br />
wollen. Gleichzeitig wurde <strong>der</strong> Erwerb von Alltagsbzw.<br />
Haushaltsführungskompetenzen aber auch als<br />
wichtiges Fach für den Lehrplan in allgemeinbildenden<br />
Schulen betrachtet.<br />
Im Folgenden werden die wichtigsten Schlussfolgerungen<br />
wie<strong>der</strong>gegeben:<br />
• Armutsprävention und Armutsbekämpfung stellen<br />
für die kommunale Sozialpolitik und die Sozialverwaltung<br />
eine große Herausfor<strong>der</strong>ung dar und<br />
gehören zu ihren vorrangigen Aufgaben. Die Kommunen<br />
sind gefor<strong>der</strong>t, hier ihre Kräfte zu bündeln.<br />
• Die Einrichtung eines „Runden Tisches” in Stuttgart<br />
ist eine gute Voraussetzung für die Planung<br />
von Maßnahmen. An diesen runden Tisch gehö-<br />
ren neben den Verantwortlichen <strong>der</strong> Jugend- und<br />
Sozialämter weitere Akteure wie Vertreterinnen<br />
und Vertreter des Bildungs- und Gesundheitswesens<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wohnungswirtschaft ebenso wie<br />
die freie Wohlfahrtspflege und an<strong>der</strong>e Angebotsträger.<br />
• Bildung ist als wesentliche Dimension zu betrachten,<br />
wenn es um Armutsprävention und Mil<strong>der</strong>ung<br />
defizitärer Lebenslagen bzw. Armutsbekämpfung<br />
geht. Der Erwerb von Alltags- und Haushaltsführungskompetenzen<br />
o<strong>der</strong> die Fragen <strong>der</strong> Budgetplanung<br />
gehören bereits in den Lehrplan <strong>der</strong> allgemeinbildenden<br />
Schulen, jedoch als wichtiges<br />
Element auch in die quartiersbezogene Sozialarbeit.<br />
• Kursangebote o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Maßnahmen zur Stärkung<br />
von Haushaltsführungskompetenzen sollen<br />
alle Bevölkerungsgruppen erreichen können und<br />
daher niedrigschwellig sein. Für die beson<strong>der</strong>s<br />
armutsgefährdeten Personengruppen müssen sie<br />
jedoch zielgruppenspezifisch und passgenau ausgestaltet<br />
und angeboten werden.<br />
• Hierbei sind nicht nur Kursangebote für bestimmte<br />
(Ziel)Gruppen denkbar, in Frage kommen ebenso<br />
auch einzelfallbezogene Interventionen zur Erreichung<br />
des Ziels „Erwerb von ausreichenden Haushaltsführungskompetenzen”,<br />
ähnlich dem methodischen<br />
Vorgehen bei <strong>der</strong> sozialpädagogischen<br />
Familienhilfe.<br />
• Angebote o<strong>der</strong> Interventionen sind einzubetten in<br />
den Hilfeplan und das Hilfegeschehen, bei <strong>der</strong><br />
Sozialhilfegewährung o<strong>der</strong> bei Leistungen nach<br />
dem Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfegesetz. Das Sozialamt<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 33
„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es”<br />
<strong>der</strong> Stadt Stuttgart wird ab dem Jahr 2002 erstmals<br />
Hilfeplanung und damit auch eine Perspektiveentwicklung<br />
für Empfängerinnen und Empfänger von<br />
Sozialhilfe – zusammen mit diesen – durchführen.<br />
• Begleitende Angebote zur Stärkung von Haushaltsführungskompetenzen<br />
können die Einführung <strong>der</strong><br />
Pauschalierung bei <strong>der</strong> Gewährung von einmaligen<br />
Beihilfen in <strong>der</strong> Sozialhilfe unterstützen. Insbeson<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> Aspekt <strong>der</strong> Budgetplanung ist dabei von<br />
großer Bedeutung.<br />
Zusammenfassung von <strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong> und<br />
Friedrich Weber<br />
34 Diakonie Dokumentation 03/2002
Anhang<br />
<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong>: „Das bisschen Haushalt....”<br />
Armutsprävention und Mil<strong>der</strong>ung defizitärer Lebenslagen<br />
durch Stärkung von Haushaltsführungskompetenzen<br />
Die Lebensbedingungen von Menschen werden zwar maßgeblich von ihrer wirtschaftlichen<br />
Lage bestimmt. Entscheidend sind aber auch die eigenen Fähigkeiten zur Alltags- und Lebensbewältigung.<br />
Diese Erkenntnis soll auch in entsprechende Angebote <strong>der</strong> freien und öffentlichen<br />
Träger umgesetzt werden.<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Privathaushalte<br />
„Das bisschen Haushalt...” Der Titel klingt nach:<br />
unwichtig, selbstverständlich und nebenbei. Gleichzeitig<br />
enthält er die Leichtigkeit und Ironie des<br />
gleichnamigen Schlagers und weist damit auf die<br />
Geringschätzung privater Haushaltstätigkeit als unbezahlte,<br />
meist weibliche Subsistenzarbeit innerhalb<br />
einer männlich dominierten Erwerbsgesellschaft<br />
hin. Dabei prägt Haushaltsführung in hohem<br />
Maße die Lebensqualität aller Mitglie<strong>der</strong> eines Haushaltes.<br />
Sie entscheidet mit über Wohnqualität, gesunde<br />
Ernährung, Bewältigung <strong>der</strong> alltäglichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen des Lebens und das Management <strong>der</strong><br />
Finanzen. Die wirtschaftliche und die psycho-soziale<br />
Verfassung einer Familie entscheidet über die<br />
Bedingungen unter denen die darin lebenden Kin<strong>der</strong><br />
aufwachsen. Familie findet in privaten Haushalten<br />
statt. Haushaltsführung und Familienkompetenzen<br />
muss daher eine verstärkte Aufmerksamkeit zukommen.<br />
Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Frage, welche präventiven<br />
Maßnahmen zur Verhin<strong>der</strong>ung von Armut ergriffen<br />
werden können und welche Interventionen geeignet<br />
sind, Unterversorgungslagen nachhaltig zu verbessern,<br />
kommt <strong>der</strong> Stärkung von Kompetenzen <strong>der</strong><br />
Haushaltsführung eine hohe Bedeutung zu. Um<br />
Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hierbei<br />
nicht um ein Frauenthema, womöglich um die<br />
„Wie<strong>der</strong>belebung” verlorengegangener weiblicher<br />
Tugenden und Fertigkeiten. Elternkompetenzen und<br />
Fähigkeiten, einen Haushalt selbständig zu führen,<br />
sind ein Thema für Frauen und Männer, für Mädchen<br />
und Jungen gleichermaßen.<br />
Armut und Unterversorgung in einem<br />
wohlhabenden Land?<br />
In Deutschland nimmt die Auseinan<strong>der</strong>entwicklung<br />
von Arm und Reich zu, wie <strong>der</strong> im Frühjahr 2001 veröffentlichte<br />
Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
1 zeigt.<br />
Überdurchschnittlich von Armut betroffen sind kin<strong>der</strong>reiche<br />
Familien, allein Erziehende mit ihren Kin<strong>der</strong>n<br />
und Familien mit Migrationshintergrund. Eine Entwicklung,<br />
die wegen ihrer Folgen für die Betroffenen und die<br />
gesamte Gesellschaft we<strong>der</strong> von den politisch Verantwortlichen<br />
noch von denjenigen, die für die professionelle<br />
soziale Arbeit stehen, hingenommen werden kann.<br />
Im Jahr 1998 waren in <strong>der</strong> Bundesrepublik rund drei<br />
Millionen Personen auf Sozialhilfe angewiesen 2 , darunter<br />
mehr als eine Million Kin<strong>der</strong> und Jugendliche 3 .<br />
Hinzu kommt eine etwa gleich große Gruppe von<br />
„verdeckt Armen” 4 , <strong>der</strong>en Einkommen unterhalb <strong>der</strong><br />
Sozialhilfegrenze liegt, die aber aus verschiedenen<br />
Gründen ihren Sozialhilfeanspruch nicht realisieren.<br />
2,8 Millionen Haushalte in <strong>der</strong> Bundesrepublik sind<br />
überschuldet, mit dem entsprechenden wirtschaftlichen<br />
und psychischen Druck, <strong>der</strong> auf ihren Mitglie<strong>der</strong>n<br />
lastet. Rund ein Drittel aller Familienhaushalte wird<br />
nicht zu Steuerzahlungen herangezogen – ebenfalls ein<br />
Indikator dafür, dass sich diese Haushalte im Niedrigeinkommensbereich<br />
befinden, denn die Besteuerung<br />
des Einkommens soll erst dann einsetzen, wenn eine<br />
einfache Lebenshaltung gewährleistet ist.<br />
Dabei kann Armut in Deutschland nur in wenigen Fällen<br />
mit <strong>der</strong> Vorstellung von absoluter Armut verbunden<br />
werden, bei <strong>der</strong> die Grundbedürfnisse nach Nahrung,<br />
Kleidung und einem Dach über dem Kopf nicht erfüllt<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 35
Anhang<br />
sind, obwohl es auch das gibt in unserem Land. Der<br />
Begriff <strong>der</strong> relativen Armut 5 bezeichnet vielmehr die<br />
Abweichung von dem, was in unserer Gesellschaft als<br />
normal gilt, was Standard ist und zielt damit auf den<br />
Grad <strong>der</strong> gesellschaftlichen Teilhabe. In jüngster Zeit<br />
hat sich, wenn auch nicht unumstritten, die Grenze von<br />
50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens als<br />
definierte Armutsgrenze durchgesetzt. Haushalte, die<br />
über weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen<br />
Einkommens verfügen gelten demnach als arm.<br />
Es fehlt nicht nur am Geld<br />
Eine Armutsdefinition muss mehrdimensional ausfallen,<br />
denn eine rein auf das Einkommen bezogene Definition<br />
geht an <strong>der</strong> Lebenswelt von Familien, vor<br />
allem <strong>der</strong> darin lebenden Kin<strong>der</strong>, vorbei. Nicht nur die<br />
materielle Lage <strong>der</strong> Familie ist in den Blick zu nehmen,<br />
son<strong>der</strong>n auch und vor allem die Lebenssituation und<br />
Lebenslage <strong>der</strong> Haushaltsmitglie<strong>der</strong>. Dazu gehören<br />
Wohnen und Wohnumfeld, Ernährung, Bildung,<br />
Arbeit, Freizeit, Gesundheit und <strong>der</strong> Zugang zu Versorgungs-<br />
und Unterstützungsstrukturen.<br />
Ein Leben an <strong>der</strong> Armutsgrenze beeinflusst die oben<br />
genannten Bereiche des Lebens und damit die Lebenssituation<br />
<strong>der</strong> Betroffenen. Armut bedeutet nicht nur<br />
Unterversorgung in den wesentlichen Lebensbereichen,<br />
son<strong>der</strong>n auch Ausgrenzung und mangelnde Teilhabe<br />
am gesellschaftlichen Leben 6 . Was dies für das<br />
Aufwachsen <strong>der</strong> von Armut betroffenen Kin<strong>der</strong> bedeutet<br />
und welche Risiken für die Entwicklungs-, Bildungs-<br />
und Erziehungschancen von Kin<strong>der</strong>n damit verbunden<br />
sind, beschreibt unter an<strong>der</strong>em auch <strong>der</strong> 10.<br />
Kin<strong>der</strong> und Jugendbericht <strong>der</strong> Bundesregierung von<br />
1998 7 . Neben dem Verzicht auf Materielles wie neue<br />
Kleidung, ein eigenes Zimmer, auf Spiele, Ausflüge,<br />
Taschengeld müssen diese Kin<strong>der</strong> oft auf Selbstverständliches<br />
wie Klassenfahrten o<strong>der</strong> die Mitgliedschaft<br />
in einem Sportverein verzichten. Dazu kommt häufig<br />
ein Mangel an Sozialerfahrungen, Lernmöglichkeiten<br />
und Entwicklungsanregungen. So sind bei Kin<strong>der</strong>n aus<br />
armen Familien verstärkt gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />
festzustellen. Aggressionen, De-pressionen<br />
und Ängste treten verstärkt auf, gleichzeitig erhöht sich<br />
das Risiko einer problematischen Sozialentwicklung.<br />
Durch geringere Bildung, schlechtere Schulleistungen<br />
und einem allgemein geringer ausgeprägten Selbstwertgefühl<br />
wird die Fortsetzung <strong>der</strong> Notlage durch eine<br />
Tradierung <strong>der</strong> Armut begünstigt.<br />
Obwohl das Einkommen die zentrale Dimension <strong>der</strong><br />
Armut darstellt ist eine Verbesserung defizitärer<br />
Lebenslagen aber nicht allein mit <strong>der</strong> Erhöhung von<br />
Einkommen o<strong>der</strong> Transferleistungen zu erreichen.<br />
Ansatzpunkte für Armutsbekämpfung<br />
Dem Ansatz, Armut und defizitären Lebenslagen über<br />
die Stärkung von Haushalts- und Familienkompetenzen<br />
zu begegnen, wird auch mit Fragen und Skepsis<br />
begegnet. So wird gefragt, ob sich ein gesellschaftliches<br />
Problem, welches Armut in unserem Land darstellt,<br />
denn individuell-pädagogisch bearbeiten lässt?<br />
Ob damit nicht die politischen For<strong>der</strong>ungen einer<br />
Armutsbekämpfung durch Umverteilung von Finanzströmen,<br />
durch eine wirksamere Arbeitsmarktpolitik<br />
o<strong>der</strong> die notwendige Erhöhung von sozialstaatlichen<br />
Transfers unzulässig entschärft werden? Ob damit die<br />
Betroffenen, wegen des scheinbar immanenten Vorwurfes<br />
ihrer mangeln<strong>der</strong> Fähigkeiten, ein weiteres Mal<br />
zum Opfer werden?<br />
Wer jedoch die Ursachen und vielfältigen Auswirkungen<br />
von Verarmung betrachtet und ernsthaft nach wirksamen<br />
Konzepten zur Armutsbekämpfung sucht, kann die<br />
Frage nach <strong>der</strong> richtigen Vorgehensweise bei <strong>der</strong> Prävention<br />
und Bekämpfung von Armut nur mit einem Sowohl-als-auch<br />
beantworten und muss dem Ursachenbündel<br />
ein Maßnahmenbündel entgegenstellen. Mindestens<br />
drei Bereiche sind zu benennen, bei denen Armutsprävention<br />
und -bekämpfung und damit verbunden, die<br />
Verbesserung von Lebensqualität ansetzen muss. 8<br />
• Finanzen: Zur materiellen Absicherung des soziokulturellen<br />
Existenzminimums müssen die Bemühungen<br />
(sozialpolitisch wie individuell) auf eine<br />
Einkommenserzielung o<strong>der</strong> -verbesserung gerichtet<br />
sein. Dazu gehört auch die bedarfsgerechte Ausgestaltung<br />
von Transferleistungen. Geld stellt die<br />
zentrale Dimension <strong>der</strong> Armut dar, die auf alle übrigen<br />
Bereiche ausstrahlt.<br />
• Infrastruktur: Ein weiterer Ressourcenstrang ist die<br />
„Soziale Infrastruktur” <strong>der</strong> Lebenswelt von Familien<br />
o<strong>der</strong> Einzelnen. Dazu gehören die Rahmenbedingungen<br />
des Wohngebietes bzw. des Stadtteiles, alle<br />
Einrichtungen und Angebote zur Begleitung, Unterstützung<br />
und Entlastung von Familien, zum Beispiel<br />
Tagesbetreuung für Kin<strong>der</strong>, Bildungs- und Freizeitangebote,<br />
Beratungsdienste u.a.m.<br />
36 Diakonie Dokumentation 03/2002
Anhang<br />
• Kompetenzen: Bildung und die Fähigkeiten zur Alltags-<br />
und Lebensbewältigung, die so genannten<br />
humanen Ressourcen, wie sie auch <strong>der</strong> 5. Familienbericht<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung von 1994 9 beschreibt,<br />
nehmen bei <strong>der</strong> Bewältigung schwieriger Lebenslagen<br />
eine vorrangige Stellung ein. Denn neben dem<br />
Umfang von verfügbaren Ressourcen (insbeson<strong>der</strong>e<br />
von Geld) ist ebenso von Bedeutung, wie diese eingesetzt<br />
werden können. Der indische Nobelpreisträger<br />
Amartya Sen 10 wies darauf hin, dass für die<br />
effiziente Güternutzung die Kompetenzen sogar den<br />
Vorrang vor <strong>der</strong> Verfügbarkeit von Gütern haben.<br />
Dies unterstreicht den hohen Stellenwert von Bildung.<br />
Alle drei Ebenen stehen miteinan<strong>der</strong> in Wechselwirkung<br />
und enthalten sowohl Armutsursachen als auch<br />
Ansatzpunkte, um Ressourcen für die Überwindung<br />
von Armutssituationen zu nutzen o<strong>der</strong> aufzubauen.<br />
Armutsprävention als Empowerment<br />
In <strong>der</strong> 1998 geschlossenen Koalitionsvereinbarung<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung wird die Bekämpfung von Armut<br />
als Schwerpunkt genannt. Teil des Armutspräventionsprogrammes<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung ist ein Paket<br />
hauswirtschaftlicher Praxisprojekte. Mit diesem Maßnahmenkonzept<br />
setzt das Bundesministerium für Familie,<br />
Senioren, Frauen und Jugend an den humanen<br />
Ressourcen als „Schlüsselrolle” an. „Es zielt auf die<br />
Vermittlung von eigenständigen Regelungskompetenzen<br />
bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen, bei Frauen und<br />
Männern in belasteten Lebensverhältnissen, bei Familien<br />
bzw. privaten Haushalten in prekären, <strong>der</strong> eigentlichen<br />
Armutskrise vorgelagerten Lebenssituationen”<br />
11 .<br />
Wenn Einkommensarmut zwar zentral, jedoch nicht<br />
<strong>der</strong> einzige Auslöser und Indikator für eine defizitäre<br />
Lebenssituation ist, dann ist neben <strong>der</strong> notwendigen<br />
Ausstattung eines Haushaltes mit Geld auch <strong>der</strong> effiziente<br />
Einsatz <strong>der</strong> Mittel von Bedeutung. Dafür sind individuelle<br />
Fähigkeiten, so genannte humane Ressourcen,<br />
nötig, die es zu unterstützen gilt. Armutsprävention und<br />
die Überwindung von Unterversorgungslagen muss<br />
daher auch mit <strong>der</strong> Vermittlung von Kenntnissen <strong>der</strong><br />
Haushaltsführung sowie <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung von Verhaltensweisen<br />
einher gehen. Bildungspolitik in Deutschland<br />
hat bisher aber nur die schulischen und beruflichen<br />
Qualifikationen im Blick.<br />
Strategien zur Verhin<strong>der</strong>ung und Überwindung von<br />
Armut verlangen ein Gesamtkonzept mit unterschiedlichen<br />
Bausteinen 12 . Die Stabilisierung von Privathaushalten<br />
durch haushaltsbezogene Bildung und Beratung<br />
ist ein solcher Baustein. Die Stärkung von Selbsthilfekräften<br />
durch För<strong>der</strong>ung von haushaltsbezogenem<br />
Wissen und Fähigkeiten ist in diesem Sinn eine echte<br />
Empowermentstrategie<br />
Das Stuttgarter Praxisprojekt<br />
Eines <strong>der</strong> vom BMFSFJ geför<strong>der</strong>ten Projekte ist das in<br />
Stuttgart vom Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong> initiierte<br />
und begleitete Projekt „Das bisschen Haushalt... 13 ”. Als<br />
Projektpartnerinnen wurden die Evangelische Diakonissenanstalt<br />
in Stuttgart, <strong>der</strong> eine Fachschule für Hauswirtschaft<br />
angeglie<strong>der</strong>t ist, und das Weraheim, eine<br />
Einrichtung für Mutter und Kind, gewonnen.<br />
Einrichtungen für Mutter (Vater) und Kind wenden sich<br />
mit ihrem Angebot an min<strong>der</strong>jährige o<strong>der</strong> volljährige<br />
Schwangere und Mütter, die wegen persönlicher und<br />
sozialer Schwierigkeiten für sich und ihr Kind gezielte<br />
Hilfe benötigen. Die Situation dieser allein erziehenden<br />
Mädchen und Frauen ist meist gekennzeichnet durch<br />
eine Häufung von Problemlagen, die im emotionalen,<br />
sozialen, intellektuellen o<strong>der</strong> materiellen Bereich liegen<br />
und einem Lebensumfeld, das keine ausreichende<br />
Unterstützung bietet. Viele dieser jungen Frauen haben<br />
keinen Schulabschluss o<strong>der</strong> eine Berufsausbildung; <strong>der</strong><br />
Einstieg in das Erwerbsleben ist problematisch. Meist<br />
kommen die jungen Frauen aus sehr belasteten Herkunftsfamilien,<br />
in denen sie die notwendige Unterstützung<br />
nicht finden. Hier droht die Tradierung von Armut<br />
und Benachteiligung, wenn es nicht gelingt die bestehende<br />
Defizite im Lebensumfeld und in <strong>der</strong> Persönlichkeitsentwicklung<br />
abzubauen. So ist <strong>der</strong> Hauptauftrag<br />
dieser betreuten Wohnformen für Mütter und Väter<br />
auch, sie auf ein selbständiges Leben mit dem Kind<br />
vorzubereiten 14 .<br />
Für diese „Risikogruppe” wurde nun ein spezielles<br />
Kursangebot entwickelt, das für die Dauer eines halben<br />
Jahres in 22 Abendeinheiten durchgeführt wurde. Jede<br />
Bewohnerin des Weraheims wurde ganz persönlich<br />
motiviert, teilzunehmen. Dazu musste den Teilnehmerinnen<br />
ein persönlicher Gewinn in Aussicht gestellt<br />
werden, <strong>der</strong> – wie sich zeigte – nicht allein im Wissenszuwachs<br />
liegen kann. Während <strong>der</strong> Abendkurse wurden<br />
die Kin<strong>der</strong> kostenlos in <strong>der</strong> Einrichtung betreut –<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 37
Anhang<br />
dies verschaffte den Müttern auch persönlichen Freiraum.<br />
Es wurden insgesamt drei Kurse mit 26 Teilnehmerinnen<br />
und einem Teilnehmer durchgeführt. Die<br />
Kursreihe endete mit einem Abschlussfest und <strong>der</strong><br />
Übergabe eines Zertifikates für die erfolgreiche Teilnahme<br />
am „Lehrgang Hauswirtschaft”. Es ist zu vermuten,<br />
dass die Vorlage eines solchen Zertifikates bei<br />
<strong>der</strong> Bewerbung um eine Ausbildungsstelle o<strong>der</strong> einen<br />
Arbeitsplatz durchaus positiv bewertet wird.<br />
Aus den Themen:<br />
• Gut geplant – Zeit gewonnen<br />
• Wenn das Geld nicht reicht....<br />
• Feste feiern – gut vorbereitet sein<br />
• Einkaufen will gelernt sein<br />
• Nahrungszubereitung – schnell und gesund<br />
• Textilien einkaufen und pflegen<br />
• Lebensräume schaffen<br />
• Wohnung gestalten und pflegen<br />
• „Selbst ist die Frau” Kleine Reparaturen im Haushalt<br />
• Pfade durch den Behördendschungel<br />
• Papiere, Papiere... Schriftverkehr und Ordnungssysteme<br />
• Aufgabenteilung in <strong>der</strong> Familie<br />
• Familienplanung, Schwangerschaftsverhütung<br />
Eine Hauswirtschaftsmeisterin, die gleichzeitig über<br />
gute Kenntnisse in <strong>der</strong> Erwachsenenbildung verfügt,<br />
wurde mit <strong>der</strong> Kursleitung beauftragt.<br />
Für die Vermittlung <strong>der</strong> rein theoretischen Inhalte wurde<br />
als Unterrichtsort das Weraheim gewählt, während<br />
die vorwiegend praktischen Inhalte (Nahrungszubereitung,<br />
Ausbessern von Textilien u.ä.) in den Räumen<br />
<strong>der</strong> Evangelischen Diakonissenanstalt vermittelt<br />
wurden. Die räumliche Nähe <strong>der</strong> beiden Orte erwies<br />
sich dabei als günstig. Bei den eher theoretischen<br />
Unterrichtsabenden war die Aufmerksamkeit <strong>der</strong><br />
Teilnehmerinnen unterschiedlich stark. Den fachpraktischen<br />
Übungen gingen jeweils ca. 45 Minuten<br />
Kenntnisvermittlung voraus, zum Beispiel wurde<br />
dem Kochen die Ernährungslehre vorangestellt. Dies<br />
erwies sich allerdings als uneffektiv und bereits im<br />
zweiten Kurs wurden Grundkenntnisse <strong>der</strong> Ernährungslehre<br />
beim Tun, z.B. während des gemeinsamen<br />
Gemüseschneidens vermittelt. Der Kursverlauf war<br />
festgelegt – schließlich mussten auch externe Referentinnen<br />
und Referenten gewonnen und eingeplant<br />
werden – blieb aber insoweit prozessorientiert, als<br />
nach je<strong>der</strong> Einheit überlegt wurde, ob <strong>der</strong> Aufbau<br />
hilfreich war. So konnten bereits in den zweiten Kurs<br />
die Erfahrungen des ersten Durchgangs einfließen.<br />
Voraussetzung dafür war ein ständiger Austausch<br />
zwischen den Verantwortlichen des Weraheims und<br />
<strong>der</strong> Diakonissenanstalt.<br />
Eine wissenschaftliche Begleitung 15 untersuchte die<br />
Akzeptanz <strong>der</strong> Kursinhalte durch die Teilnehmenden<br />
sowie die kurzfristigen Kurserfolge bezogen auf verbesserte<br />
hauswirtschaftliche Handlungskompetenz<br />
und ausgeprägteres ökonomisch-rationales Verhalten.<br />
Dabei erhielten das Kurskonzept und die Durchführung<br />
von den Teilnehmerinnen durchgängig „gute Noten”.<br />
Viele gaben an, ihr Verhalten nach dem Kurs verän<strong>der</strong>t<br />
zu haben. „Ich lasse nicht mehr den ganzen schriftlichen<br />
Kram liegen, son<strong>der</strong>n erledige das gleich”, erklärte<br />
eine Teilnehmerin, an<strong>der</strong>e gaben an kleinere Reparaturen<br />
jetzt selbst auszuführen, Rezepte nachzukochen<br />
und die Tipps zum Sparen im Haushalt mit guten Erfolgen<br />
anzuwenden. Um die Frage nach einem nachhaltigen<br />
Kurserfolg beantworten zu können, müsste eine<br />
Langzeitstudie durchgeführt werden. Dies war im Budget<br />
nicht enthalten, es ist jedoch geplant, die Teilnehmerinnen<br />
und den Teilnehmer des ersten Kurses in ein<br />
bis zwei Jahren erneut zu befragen.<br />
Zielgruppenspezifisch<br />
Wesentlicher Teil des Projektes war die Motivation <strong>der</strong><br />
ausgewählten Zielgruppe und <strong>der</strong> Zuschnitt dieses<br />
Angebotes auf die beson<strong>der</strong>e Lebenssituation <strong>der</strong> Bewohnerinnen.<br />
Wie sich zeigte, mussten diejenigen,<br />
welche für die Zielgruppe stehen – also die betreuenden<br />
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Weraheimes –<br />
während <strong>der</strong> Maßnahme in gleicher Weise verantwortlich<br />
und aktiv sein, wie die durchführende Kursleiterin<br />
und weitere Referentinnen, als Vertreterinnen <strong>der</strong> Angebotsseite.<br />
Veranstaltungen, die sich mit Haushaltsführung und<br />
Alltagsorganisation befassen, sind nichts grundsätzlich<br />
Neues. Volkshochschulen und Familienbildungsstätten,<br />
auch die hauswirtschaftlichen Verbände haben<br />
sie seit langem in ihren Programmen. Die Erfahrung<br />
zeigt allerdings auch, dass gerade Menschen in beson<strong>der</strong>s<br />
belasteten Lebenssituationen von diesen Angeboten<br />
nicht erreicht werden. Neu und ganz beson<strong>der</strong>s<br />
entscheidend ist dagegen, dafür zu sorgen, dass das<br />
Wissen den Personengruppen vermittelt werden kann,<br />
die nicht die klassische Klientel für Bildungsange-<br />
38 Diakonie Dokumentation 03/2002
Anhang<br />
bote darstellen. „Oft werden Armutsrisiken von den<br />
Betroffenen nicht erkannt und auch wo sie im Bewusstsein<br />
sind, werden häufig nicht die richtigen<br />
Schritte unternommen und vorgehaltene Unterstützungsangebote<br />
in Anspruch genommen. Dabei könnte<br />
durch frühzeitige Inanspruchnahme in vielen Fällen<br />
ein Abrutschen verhin<strong>der</strong>t und eine Stabilisierung erreicht<br />
werden.” 16<br />
Ausblick: Es gibt nichts Gutes –<br />
außer man tut es!<br />
Grundsätzlich verfügen Projekte über den Vorteil einer<br />
ausreichenden finanziellen För<strong>der</strong>ung (hier durch den<br />
Bund), weisen in <strong>der</strong> Regel aber den Nachteil <strong>der</strong> Kurzlebigkeit<br />
auf. Damit sie nachhaltige Wirkung für einen<br />
größeren Personenkreis entfalten, bedarf es einer Implementierung<br />
in bestehende Angebote sozialer Arbeit<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Entwicklung neuer Maßnahmen.<br />
Armutsprävention und Armutsbekämpfung stellen für<br />
die Soziale Arbeit, ganz beson<strong>der</strong>s aber für die kommunale<br />
Sozialpolitik und die Sozialverwaltung, eine<br />
enorme Herausfor<strong>der</strong>ung dar. Dies hat auch <strong>der</strong> im<br />
Frühjahr 2001 vorgelegte Armutsbericht <strong>der</strong> Stadt<br />
Stuttgart 17 gezeigt, dessen Ergebnisse sich im Wesentlichen<br />
mit denen des Armuts- und Reichtumsberichtes<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung decken. Neben den strukturellen<br />
Ursachen und Rahmenbedingungen von Armut – so<br />
wird festgestellt – sind es individuell häufig die nicht<br />
ausreichenden o<strong>der</strong> fehlenden Bildungsressourcen,<br />
die zu <strong>der</strong> konstatierten „Vererbung von Armut” 18 bei<br />
tragen.<br />
Das Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong> hat daher nach Abschluss<br />
<strong>der</strong> drei Kurse im Oktober 2001 zu einer Fachtagung<br />
nach Stuttgart eingeladen und alle Fachkräfte<br />
und Multiplikatoren im Bereich <strong>der</strong> Jugend- und Familienhilfe<br />
<strong>der</strong> öffentlichen und freien Träger angesprochen.<br />
Dabei interessierte vor allem die Frage, wie innerhalb<br />
<strong>der</strong> Großstadt Stuttgart sowohl die Erkenntnisse<br />
<strong>der</strong> Armutsforschung, als auch die mit dem Praxisprojekt<br />
gesammelten Erfahrungen in die Sozialplanung<br />
und die Konzipierung sozialer Arbeit mit Familien einfließen<br />
können.<br />
Eine wichtige Erkenntnis war: Informationen und<br />
Interventionen müssen sehr genau auf die jeweiligen<br />
Zielgruppen bezogen und auf die gebotene Dringlichkeit<br />
abgestimmt sein. Die Frage: Wie erreichen wir die<br />
jeweilige Zielgruppe mit dem entsprechenden Angebot?<br />
werden sich dabei diejenigen stellen – und beantworten<br />
– müssen, die mit den Betroffenen arbeiten. Die<br />
Passgenauigkeit von Hilfen ist ein wichtiger Teil von<br />
Qualitätsentwicklung und ist in erster Linie eine Sache<br />
<strong>der</strong> Planung. Hilfeplanung ist seit langem ein unverzichtbares<br />
Element für viele Maßnahmen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>und<br />
Jugendhilfe. Mittlerweile wird begonnen, sie auch<br />
in <strong>der</strong> Sozialhilfe anzuwenden. Die Stadt Stuttgart wird<br />
im Jahr 2002 eine individuelle Hilfeplanung für Empfängerinnen<br />
und Empfänger von Sozialhilfe einführen,<br />
denn schließlich „soll (die Hilfe ihre Empfänger, Anm.<br />
R.D.) soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr<br />
zu leben.... 19 . Gleichzeitig sollen in Stuttgart die einmaligen<br />
Beihilfen in diesem Jahr erstmals pauschaliert<br />
gewährt werden, was vor dem Hintergrund <strong>der</strong> notorischen<br />
Mangelsituation, die <strong>der</strong> Sozialhilfebezug bedeutet,<br />
enorm hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an die Finanzplanung<br />
und Disziplin <strong>der</strong> Betroffenen stellt. Bei <strong>der</strong> Frage, wie<br />
das Wissen und die Fähigkeiten, die Selbsthilfekräfte<br />
also, an die Frau und an den Mann kommen sollen, ist bei<br />
einigen schwer zu erreichenden, beson<strong>der</strong>s armutsgefährdeten<br />
Zielgruppen auch ein ganz individueller<br />
Zuschnitt des Angebots denkbar und notwendig. Ein<br />
Weg, wie er bisher schon in <strong>der</strong> Sozialpädagogischen<br />
Familienhilfe als Form <strong>der</strong> “aufsuchenden Hilfe„ gegangen<br />
wird. Fähigkeiten und Kenntnisse <strong>der</strong> Haushaltsführung<br />
würden dabei nicht einer Gruppe, son<strong>der</strong>n den<br />
Einzelnen, vielleicht zu Hause, vermittelt. Denkbar wäre<br />
das z.B. für Familien mit massiven Unterversorgungslagen,<br />
in denen die Vernachlässigung von Kin<strong>der</strong>n droht.<br />
Ein persönliches “Lernprogramm„ könnte hier Teil des<br />
umfassenden Hilfekonzeptes nach § 31 SGB VIII sein.<br />
Ausgebildete Kräfte gibt es dafür. So verfügen die Einsatzstellen<br />
<strong>der</strong> Haus- und Familienpflege o<strong>der</strong> die hauswirtschaftlichen<br />
Fachschulen über entsprechend qualifizierte<br />
Mitarbeiterinnen und Lehrkräfte.<br />
Was wir uns als Verantwortliche für dieses Stuttgarter<br />
Projekt wünschen, ist eine breite, bundesweite Diskussion<br />
dieses Ansatzes in den Handlungsfel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Sozialen<br />
Arbeit sowie die Bereitschaft <strong>der</strong> Kostenträger<br />
zur Finanzierung solcher Maßnahmen. Sie werden sich<br />
langfristig rechnen!<br />
(Beitrag erscheint in: Blätter für die Wohlfahrtspflege<br />
3 + 4 / 2002)<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 39
Anhang<br />
1 Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung, 2001<br />
2 Statistik <strong>der</strong> Sozialhilfe 1998. Arbeitsunterlage. Hrsg.: Statistisches<br />
Bundesamt, Zweigstelle Bonn, 2000<br />
3 Armut von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen. Sozialpolitische Bilanz,<br />
Hrsg.: Nationale Armutskonferenz für die Bundesrepublik<br />
Deutschland, 2001<br />
4 Verdeckte Armut in Deutschland, Studie im Auftrag <strong>der</strong><br />
Friedrich-Ebert-Stiftung, Frankfurt, 1998<br />
5 Eggen, Bernd et al (1998): Privathaushalte mit Niedrigeinkommen,<br />
Band 1000 Schriftenreihe des Bundesministeriums für<br />
Gesundheit, Baden-Baden<br />
6 Es fehlt nicht nur am Geld. Entwicklungschancen von Kin<strong>der</strong>n in<br />
armen Familien, <strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong> in: TPS 6/94<br />
7 Bericht über die Lebenssituation von Kin<strong>der</strong>n und die Leistungen<br />
<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>hilfen in Deutschland (10. Kin<strong>der</strong>- und Jugendbericht),<br />
BT-Drucksache 13/11368, 1998<br />
8 vgl. Piorkowsky, Michael-Burkhard in: Verarmungsgründe<br />
und Armutsprävention bei Privathaushalten; Expertise für das<br />
BMFSFJ als Beitrag zum Berichtskapitel über Armut in Familienhaushalten<br />
für den 1. Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong><br />
Bundesregierung<br />
9 Familien und Familienpolitik im geeinten Deutschland – Zukunft<br />
des Humanvermögens. 5. Familienbericht, Hrsg.: Bundesministerium<br />
für Familie und Senioren, Bonn 1994<br />
10 Sen, Amartya: Poor, relatively speaking. In: Oxford Economic<br />
Papers, Vol. 35, 1983, S. 153-169<br />
11 Frank Bertsch in: Zur Philosophie des Armutspräventionsprogrammes<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung, unveröffentlichter Einführungsvortrag<br />
Berlin 2000,<br />
12 vgl. Kettschau, Irmhild: Familien in Armut – Haushaltsführung<br />
und Lebensgestaltung, in: Haushalt und Bildung 3/2000<br />
13 Das bisschen Haushalt.... Armutsprävention durch Stärkung von<br />
Haushaltsführungskompetenzen. Ein Projektbericht. Elsa Lopp,<br />
Carola Martin, Elke Rosental, Stuttgart 2001<br />
14 Etwas Beson<strong>der</strong>es: Einrichtungen für Mutter (Vater) und Kind.<br />
<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong> in: Angebote und Hilfen <strong>der</strong> Bundesarbeitsgemeinschaft<br />
Evangelischer Einrichtungen für Mutter<br />
(Vater) und Kind, Hrsg: <strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong> 1998<br />
15 „Das bisschen Haushalt” Wissenschaftliche Begleitung des<br />
ersten Kurses. Lehrstuhl für Haushalts- und Konsumökonomik,<br />
Universität Hohenheim, 2000<br />
16 Armutsprävention in <strong>der</strong> Kommune, Andreas Borchers in: Netzwerk<br />
für örtliche und regionale Familienpolitik, Son<strong>der</strong>heft 2001,<br />
Hannover<br />
17 Armut in Stuttgart. Quantitative und qualitative Analysen.<br />
Sozialbericht 1, Stuttgart 2001<br />
18 ebd.<br />
40 Diakonie Dokumentation 03/2002
Verzeichnis <strong>der</strong> Mitwirkenden, Autorinnen und Autoren:<br />
Verzeichnis <strong>der</strong> Mitwirkenden, Autorinnen und Autoren:<br />
Helmuth Beutel<br />
Evangelische Gesellschaft Stuttgart,<br />
Vorstand <strong>der</strong> Dienste für seelische Gesundheit /<br />
Erwachsene<br />
Dr. Gisela Dahl<br />
Stadträtin in Stuttgart (F.D.P.)<br />
<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong><br />
Referentin für Frauen und Familie,<br />
<strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>, Stuttgart<br />
Pfarrer Heinz Gerstlauer<br />
Evangelische Gesellschaft Stuttgart,<br />
Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong><br />
Marita Gröger<br />
Stadträtin in Stuttgart (SPD)<br />
Heike Hilbert<br />
Dipl.Oecotrophologin, Lehrstuhl für Haushalts- und<br />
Konsumökonomik, Universität Hohenheim<br />
Dr. Regine Jautz<br />
Sozialplanerin, Stadt Stuttgart<br />
Schwester Elsa Lopp<br />
Evang. Diakonissenanstalt Stuttgart<br />
Carola Martin<br />
Leiterin des Weraheims, Stiftung kirchliche<br />
Zufluchtstätten, Stuttgart<br />
Ursula Marx<br />
Stadträtin in Stuttgart (Die Grünen)<br />
Bruno Pfeifle<br />
Leiter des Jugendamtes, Stadt Stuttgart<br />
Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky<br />
Universität Bonn, Lehrstuhl für Haushalts- und<br />
Konsumökonomik<br />
Karin-Renate Quessel<br />
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen<br />
und Jugend, Berlin<br />
Elke Rosental<br />
Hauswirtschaftsleiterin, Kursleitung,<br />
Diakonissenanstalt Stuttgart<br />
Horst Steinhilber<br />
Direktor des Bereichs Diakonische Dienste,<br />
Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>, Stuttgart<br />
Walter Tattermusch<br />
Leiter des Sozialamts, Stadt Stuttgart<br />
Dr. Ilse Unold<br />
Stadträtin in Stuttgart (CDU)<br />
Friedrich Weber<br />
Fachreferent für Kranken-, Haus- und Familienpflege,<br />
<strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>, Stuttgart<br />
Gretel Wildt<br />
Leiterin <strong>der</strong> Abteilung Frauen, Jugend und<br />
Familie, <strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>,<br />
Stuttgart<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 41
„Das bisschen Haushalt . . .”<br />
42 Diakonie Dokumentation 03/2002
P„Das bisschen Haushalt . . .”<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 43