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Rosemarie Daumüller - Diakonisches Werk der EKD

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„Das bisschen Haushalt . . .”<br />

Ein Modell für Stuttgart?<br />

Armutsprävention und Mil<strong>der</strong>ung defizitärer<br />

Lebenslagen durch Stärkung<br />

von Haushaltsführungskompetenzen.<br />

Fachtagung am 18. Oktober 2001 in Stuttgart<br />

03/02<br />

Diakonie<br />

Informationen und Materialien aus dem Diakonischen <strong>Werk</strong><br />

<strong>der</strong> Evangelischen Kirche in Deutschland<br />

Dokumentation


Impressum<br />

<strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Kirche in Deutschland (<strong>EKD</strong>)<br />

Hausanschrift: Stafflenbergstraße 76, 70184 Stuttgart<br />

Verantwortlich für die Reihe:<br />

Andreas Wagner<br />

Abteilung Information und Kommunikation im Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong><br />

Postfach 10 11 42, 70010 Stuttgart<br />

Telefon (07 11) 21 59-4 54<br />

Telefax (07 11) 21 59-5 66<br />

E-Mail: presse@diakonie.de<br />

Internet: www.diakonie.de<br />

Kontakt:<br />

<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong><br />

Referat Frauen und Familie<br />

Telefon (0711) 21 59–2 80<br />

E-Mail: daumueller@diakonie.de<br />

Layout:<br />

Fotosatz Keppler, Heinestraße 17, 72762 Reutlingen<br />

Ein Projekt <strong>der</strong> Evangelischen Diakonissenanstalt Stuttgart und des Weraheims Stuttgart<br />

unter Begleitung des Diakonischen <strong>Werk</strong>s <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>,<br />

geför<strong>der</strong>t vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Initiative Armutsprävention.<br />

Bestellungen:<br />

Zentraler Vertrieb des Diakonischen <strong>Werk</strong>es <strong>der</strong> <strong>EKD</strong><br />

Karlsruher Straße 11, 70771 Leinfelden-Echterdingen<br />

Telefon (07 11) 9 02 16-50<br />

Telefax (07 11) 7 97 75 02<br />

E-Mail: vertrieb@diakonie.de<br />

Die Texte, die wir in Diakonie Korrespondenz und Diakonie Dokumentation veröffentlichen, sind im<br />

Internet unter www.diakonie.de. Sie können dort zu nicht-kommerziellen Zwecken heruntergeladen und<br />

vervielfältigt werden.<br />

Druck: Grafische <strong>Werk</strong>stätte <strong>der</strong> Gustav Werner Stiftung zum Bru<strong>der</strong>haus, Gustav-Werner-Straße 24,<br />

72762 Reutlingen im Rahmen <strong>der</strong> Arbeits- und Beschäftigungstherapie.<br />

II Diakonie Dokumentation 03/2002


Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort ...........................................................................................................................................................n03<br />

Horst Steinhilber<br />

Grußwort.........................................................................................................................................................n04<br />

Karin-Renate Quessel<br />

Grußwort.........................................................................................................................................................n07<br />

Brunno Pfeifle<br />

Grußwort.........................................................................................................................................................n09<br />

Heinz Gerstlauer<br />

Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten –<br />

Armutsprävention durch Stärkung von Kompetenzen für Haushalt und Familie ....................................n11<br />

Michael-Burkhard Piorkowsy<br />

Armut in Stuttgart ..........................................................................................................................................n16<br />

Regine Jautz<br />

Projektvorstellung ..........................................................................................................................................n22<br />

Elsa Lopp, Carola Martin, Elke Rosental<br />

Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung.........................................................................n27<br />

Heike Hilbert<br />

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es”: Podiumsgespräch .....................................................................n33<br />

<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong>, Friedrich Weber<br />

Anhang: „Das bisschen Haushalt ...” Armutsprävention und Mil<strong>der</strong>ung defizitärer Lebenslagen<br />

durch Stärkung von Haushaltsführungskompetenzen ................................................................................n37<br />

<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong><br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Mitwirkenden .....................................................................................................................nU 3<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 1


2 Diakonie Dokumentation 01/2002


Vorwort<br />

Vorwort<br />

In den letzten zwanzig Jahren ist ein Ansteigen von<br />

relativer Armut, eine Zunahme überschuldeter Haushalte<br />

und die weitere Auseinan<strong>der</strong>entwicklung von<br />

Arm und Reich zu verzeichnen. Die Zahl von drei Millionen<br />

Empfängerinnen und Empfängern von Sozialhilfe<br />

in Deutschland, davon ein Million Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugendliche, unterstreicht diese Beobachtung. Dabei<br />

lässt sich eine Tendenz zur Vererbung o<strong>der</strong> Tradierung<br />

von Armut feststellen, so die Autorinnen und Autoren<br />

des 1. Stuttgarter Armutsberichtes. Die Auswirkungen<br />

<strong>der</strong> Armut für das Aufwachsen von Kin<strong>der</strong>n, für ihre<br />

Sozialisation und ihre Integration in die Gesellschaft<br />

sind erheblich.<br />

Dabei ist Armut nicht allein eine Frage absoluter Geldbeträge.<br />

Die Lebensbedingungen einer Familie werden<br />

zwar maßgeblich vom Einkommen und ihrer wirtschaftlichen<br />

Verfassung bestimmt, entscheidend für die<br />

Situation von Frauen, Männern, Mädchen und Jungen<br />

in ihren Familien sind jedoch ebenso die sie umgebende<br />

soziale Infrastruktur eines Gemeinwesens und – in<br />

hohem Maße – die je eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen<br />

<strong>der</strong> Alltags- und Lebensbewältigung. Armutsprävention<br />

und die Verbesserung bestehen<strong>der</strong> defizitärer<br />

Lebenslagen kann und muss daher auch mit <strong>der</strong> Vermittlung<br />

von Wissen sowie mit <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung von<br />

Verhalten einhergehen. Armut betrifft viele Lebensbereiche<br />

und kann daher nur mehrdimensional begriffen<br />

werden. Auch die Maßnahmen zur Bekämpfung von<br />

Armut müssen diesem Konzept Rechnung tragen und<br />

auf verschiedenen Ebenen ansetzen.<br />

Der Bildung in einem umfassenden Sinne kommt hier<br />

eine wichtige Rolle zu. Diese Erkenntnis sollte sich<br />

auch in entsprechenden Angeboten <strong>der</strong> freien und<br />

öffentlichen Träger wie<strong>der</strong>finden. Ein vernetztes Vorgehen<br />

von freien und öffentlichen Trägern im Hinblick<br />

auf die Entwicklung von Maßnahmen ist dabei nicht<br />

nur sinnvoll, son<strong>der</strong>n notwendig.<br />

Das „Stuttgarter Projekt” als Teil <strong>der</strong> vom Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />

geför<strong>der</strong>ten Praxisprojekte zur Armutsprävention hat<br />

gezeigt, dass sich die damit gesammelten Erfahrungen<br />

und Ergebnisse vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Erkenntnisse<br />

aus dem ersten Stuttgarter Armutsbericht in die Sozialplanung<br />

und die Konzeptentwicklung sozialer Arbeit<br />

implementieren lassen. Es hat auch deutlich gemacht,<br />

dass Interventionen und Angebote sehr genau auf die<br />

jeweilige Zielgruppe bezogen werden müssen, wenn<br />

die beson<strong>der</strong>s armutsgefährdeten Personengruppen<br />

erreicht werden sollen, d. h. Hilfen müssen „passgenau<br />

und zielgruppenspezifisch” entwickelt werden. Als<br />

Initiatoren dieses Projektes wünschen wir uns, dass es<br />

Früchte trägt. Daher hoffen wir auf eine produktive und<br />

vernetzte Weiterarbeit in Stuttgart, aber auch in an<strong>der</strong>en<br />

Städten und Regionen Deutschlands. Die vorliegende<br />

Dokumentation möge dazu beitragen.<br />

Horst Steinhilber<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 3


Grußwort<br />

Karin-Renate Quessel: Grußwort<br />

Vielen Dank für die Einladung zu Ihrer Tagung zur<br />

Armutsprävention. Zunächst überbringe ich Ihnen die<br />

Grüße <strong>der</strong> Bundesministerin für Familie, Senioren,<br />

Frauen und Jugend, Dr. Christine Bergmann, und sage<br />

Ihnen Dank für Ihren Einsatz für Menschen in schwierigen<br />

Lebenssituationen.<br />

Mit dieser Tagung präsentieren Sie die Ergebnisse des<br />

Stuttgarter Projektes „Das bisschen Haushalt...”. Sie<br />

wollen sich mit den Erkenntnissen <strong>der</strong> Armutsforschung<br />

auseinan<strong>der</strong>setzen sowie aufgrund des Sozialberichtes<br />

<strong>der</strong> Stadt Stuttgart überlegen, wie die in <strong>der</strong> Praxis<br />

gesammelten Erfahrungen in die Sozialplanung und in<br />

die soziale Arbeit einer Großstadt einfließen können.<br />

Mit Ihrer Fachtagung zur Armutsprävention greifen<br />

Sie nicht nur ein aktuelles Thema <strong>der</strong> sozialen Arbeit,<br />

son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong> Politik auf. – Eine Aufgabe, die auf<br />

Bundes- Landes- und insbeson<strong>der</strong>e auf kommunaler<br />

Ebene verfolgt werden muss, wenn man Familien im<br />

Alltag unterstützen will.<br />

Die wirtschaftlichen Lebensverhältnisse von Familien<br />

sind nicht einheitlich. Sie sind abhängig z. B. von <strong>der</strong><br />

beruflichen Qualifikation und <strong>der</strong> Erwerbsbeteiligung<br />

<strong>der</strong> Eltern, von Lebensstilen und Lebensformen, von<br />

<strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und von familialen Phasen, auch<br />

von Vermögen und Erbschaften.<br />

Viele Familienhaushalte befinden sich in einem Prozess<br />

ständiger Anpassung an verän<strong>der</strong>te Lebenslagen.<br />

Neben den Familien, die Sozialhilfe beziehen, vergrößert<br />

sich in beträchtlichem Umfang die Gruppe <strong>der</strong><br />

Familien, <strong>der</strong> es gerade noch gelingt, den Alltag wirtschaftlich<br />

zu bewältigen. Für diese Gruppe stellt sich<br />

die Anpassung an aktuelle Erfor<strong>der</strong>nisse als eine<br />

schwierige Daueraufgabe dar.<br />

Es kann festgestellt werden: Bevor Armut eintritt, gibt<br />

es wirtschaftlich labile Lebenslagen des so genannten<br />

„prekären Wohlstands”. Weil <strong>der</strong> Armut destabilisierende<br />

Entwicklungen und prekäre Lebenslage vorangehen,<br />

sind Strategien <strong>der</strong> Armutsvermeidung ebenso<br />

wichtig wie Strategien <strong>der</strong> Armutsbekämpfung.<br />

Es bleibt in <strong>der</strong> Verantwortung des Staates, durch Transferleistungen<br />

Einkommensungleichheit zu verringern<br />

und vor Einkommensarmut zu schützen. Die in dieser<br />

Legislaturperiode bereits durchgesetzten Verbesserungen<br />

beim Kin<strong>der</strong>geld und Erziehungsgeld waren notwendig.<br />

Die Bundesregierung hat weitere Verbesserungen<br />

beim steuerlichen Familienleistungsausgleich in<br />

Aussicht gestellt. Aber auch das weitere System <strong>der</strong><br />

staatlichen Transferleistungen in Deutschland trägt<br />

dazu bei, Einkommensungleichheit zu verringern bzw.<br />

bedeutet Unterstützung für Familien auf <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong><br />

materiellen Ressourcen. Zu nennen sind hier z. B.<br />

Unterhaltsvorschüsse bei einem Ausfall von Kindesunterhaltszahlungen,<br />

Wohngeld und Leistungen <strong>der</strong> Sozialhilfe.<br />

Bei allen Maßnahmen gilt es, immer ein umfassendes<br />

Lebenslagenkonzept im Blick zu haben, das <strong>der</strong> Ausdifferenzierung<br />

von Lebensformen und Lebensstilen<br />

privater Haushalte gerecht wird.<br />

Prekäre Lebenslagen und Armut von Familien haben<br />

viele Gesichter. Geför<strong>der</strong>t haben diesen Wahrnehmungsprozess<br />

insbeson<strong>der</strong>e die Armutsuntersuchungen<br />

des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Kooperation<br />

mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, die<br />

Untersuchungen des Deutschen Caritasverbandes und<br />

des Diakonischen <strong>Werk</strong>es sowie das im Auftrag <strong>der</strong><br />

Arbeiterwohlfahrt vom Institut für Sozialarbeit und<br />

Sozialpädagogik durchgeführte Forschungsprojekt<br />

„Armut bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen”. Das Wissen<br />

um die Entstehung sozialer Notlagen und ihre konkreten<br />

Auswirkungen auf die Familien eröffnet die Möglichkeit,<br />

in Kooperation mit den Verbänden Maßnahmen<br />

<strong>der</strong> Armutsprävention und Strategien <strong>der</strong><br />

Armutsbekämpfung zu initiieren und neue Ansätze <strong>der</strong><br />

Feldarbeit zu erproben.<br />

Die Initiativen von Verbänden und gesellschaftlichen<br />

Gruppen hat das BMFSFJ in einem Maßnahmenkonzept<br />

zusammengefasst, das durch entsprechende Forschung<br />

begleitet wird. Als Beispiel sei hier die qualitative<br />

Tiefenstudie <strong>der</strong> Universität Gießen (Lehrstuhl für<br />

Wirtschaftslehre des privaten Haushaltes und Famili-<br />

4 Diakonie Dokumentation 03/2002


Grußwort<br />

enwissenschaften) genannt, die zur Zeit in <strong>der</strong> Gießener<br />

Nordstadt – einem Stadtteil mit beson<strong>der</strong>em Entwicklungsbedarf<br />

– durchgeführt wird.<br />

Die in dieser Legislaturperiode begonnene Konzeptentwicklung<br />

zur Stärkung <strong>der</strong> wirtschaftlichen Kompetenzen<br />

(Armutsprävention) soll schrittweise fortgeschrieben<br />

werden. Die Überlegungen des Programms<br />

zur „Armutsprophylaxe” setzen insbeson<strong>der</strong>e bei den<br />

Selbsthilfemöglichkeiten und Bewältigungskompetenzen<br />

<strong>der</strong> wirtschaftsschwachen Bevölkerungsgruppen<br />

an.<br />

Bei Überschuldeten ist häufig festzustellen, dass ausreichende<br />

Kenntnisse einer wirtschaftlichen Haushaltsführung<br />

fehlen und wirtschaftliche Bewältigungsstrategien<br />

in <strong>der</strong> Kindheit und Jugend o<strong>der</strong> auch später nicht<br />

gelernt wurden. Ein Umgang mit eigenen Konsumwünschen<br />

und ein kontrolliertes Konsumverhalten ist daher<br />

nicht vorhanden. Die Fähigkeit, Kreditangebote zu beurteilen,<br />

Risiken realistisch abzuwägen und aus zunehmen<strong>der</strong><br />

Verschuldung Schlussfolgerungen zu ziehen,<br />

reicht nicht aus. Für viele Familien ist es nicht selbstverständlich<br />

– wie Sie es auch in <strong>der</strong> sozialen Praxis erfahren<br />

–, Angebote <strong>der</strong> wirtschaftlichen Bildung und Beratung<br />

zu nutzen. Viele kennen die Angebote nicht einmal.<br />

Deshalb ist es wichtig, gezielt Maßnahmen <strong>der</strong> Überschuldungs-<br />

und Armutsprävention in <strong>der</strong> Erziehung<br />

von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen durch Schulen, durch<br />

die verbrauchernahe Wirtschaft, in <strong>der</strong> Verantwortung<br />

<strong>der</strong> Medien, im Rahmen <strong>der</strong> sozialen Trägerarbeit und<br />

in staatlichen Verantwortungsbereichen anzubieten<br />

und insbeson<strong>der</strong>e Eltern entsprechende Kompetenzen<br />

zu vermitteln.<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugendliche müssen die wirtschaftlichen<br />

Bedingungen einer Haushaltsgründung, den Umgang<br />

mit Einkommen, mit Kreditangeboten und vermögensbildenden<br />

Angeboten erlernen können. Nur dann können<br />

sie eine souveräne Verbraucherrolle einnehmen.<br />

Inhaltliche Schwerpunkte des „Armutspräventionsprogramms”<br />

(Maßnahmenkonzeptes) sind:<br />

• die Stärkung von Haushaltsführungskompetenzen<br />

bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen, bei Frauen und Männern<br />

in belasteten Lebensverhältnissen,<br />

• die wirtschaftliche Bildung von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen,<br />

• die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Schuldnerberatung und<br />

zusätzliche Initiativen zur Prävention,<br />

• die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Entwicklung kommunaler Strategien<br />

<strong>der</strong> Armutsprävention.<br />

Das Armutspräventionsprogramm steht im Zusammenhang<br />

mit materiellen Strategien <strong>der</strong> Armutsvermeidung<br />

und Armutsbekämpfung – etwa Kin<strong>der</strong>geld<br />

und Sozialhilfe.<br />

Das Programm entfaltet sich auf unterschiedlichen<br />

Ebenen:<br />

• Grundlagen- und Aktionsforschung<br />

• Multiplikatorenarbeit<br />

• Praxisprojekte (Feldarbeit)<br />

In <strong>der</strong> Forschung geht es zum einen um die Analyse von<br />

Verhaltensmustern in prekären, <strong>der</strong> Armut vorgelagerten<br />

Lebenslagen, zum an<strong>der</strong>en um Konzepte einer verbesserten<br />

Allgemeinbildung <strong>der</strong> Einzelnen in Bezug auf<br />

Geld und Kredit. Bei den Forschungsprojekten gehen<br />

wir davon aus, dass die Komplexität des Geschehens in<br />

von Armut betroffenen o<strong>der</strong> von Armut bedrohten Haushalten<br />

bislang kaum erforscht und dargestellt ist. Dazu<br />

gehört eine umfassende Betrachtung <strong>der</strong> Alltagsbewältigung<br />

ebenso wie die Verknüpfungen zwischen Lebensereignissen,<br />

Persönlichkeitsmustern, Haushalts- und<br />

Familienstilen sowie ökonomischen Daten.<br />

Die Multiplikatorenarbeit bezieht sich auf Fort- und<br />

Weiterbildung von Fachkräften <strong>der</strong> Familienbildung<br />

und <strong>der</strong> familienorientierten Beratung sowie <strong>der</strong> Verbraucher-<br />

und Schuldnerberatung. Es gilt, den wirtschaftlichen<br />

Problemlagen mehr Aufmerksamkeit zu<br />

widmen und diese in den Konzeptionen sowie in <strong>der</strong><br />

praktischen Arbeit zu verankern. Wir wollen mit unserem<br />

Armutspräventionsprogramm auch die Verantwortlichen<br />

<strong>der</strong> freien Träger und <strong>der</strong>en Einrichtungen auf <strong>der</strong><br />

Durchführungsebene motivieren. Sie unterstützen im<br />

Rahmen <strong>der</strong> sozialen Arbeit bereits Familien in unterschiedlichen<br />

Lebenslagen und Lebensphasen bei <strong>der</strong><br />

Bewältigung des Alltags und för<strong>der</strong>n Familienmitglie<strong>der</strong><br />

in ihrer Kompetenz. Sie sind in vielfältiger Weise mit<br />

wirtschaftlichen und persönlichen Problemen von Familien<br />

konfrontiert. Es geht aber auch um die Erprobung<br />

von Maßnahmen innerhalb <strong>der</strong> Strukturen freier Träger<br />

und ihrer Bildungs- und Beratungsangebote.<br />

Damit ist schon <strong>der</strong> dritte Bereich – die Feldarbeit – angesprochen.<br />

Die Umsetzung <strong>der</strong> Maßnahmen liegt meist<br />

bei <strong>der</strong> regionalen Glie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Verbände, die im Rahmen<br />

einer konzertierten Aktion Beiträge zur Armutsprävention<br />

entwickeln und durchführen. Sie nutzen die<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 5


Grußwort<br />

bestehenden Strukturen <strong>der</strong> sozialen Arbeit wie zum<br />

Beispiel Familienpflege, Sozialpädagogische Familienhilfe,<br />

Mutter- und Kind- Kuren, hauswirtschaftliche<br />

Qualifizierungskurse, außerbetriebliche Weiterbildung,<br />

Mäd-chensozialarbeit, Arbeit in sozialen Brennpunkten,<br />

Frauentreffs, Familienzentren, Familienbildungsstätten,<br />

familienorientierte Beratung, Erziehungs- und Schuldnerberatung,<br />

aber auch Kin<strong>der</strong>gärten und Schulen.<br />

Die Feldarbeit stützt sich im wesentlichen auf praktische<br />

Projekte <strong>der</strong> Familienbildung und familienorientierten<br />

Beratung sowie auf hauswirtschaftliche Schulung<br />

von Kin<strong>der</strong>n, Jugendlichen und Erwachsenen in<br />

den Kommunen – wie das Projekt, das Sie hier in Stuttgart<br />

durchgeführt haben. Derzeit werden seitens des<br />

Bundes ca. 30 Praxisprojekte geför<strong>der</strong>t, in denen Erfahrungen<br />

gesammelt werden, wie Menschen in belasteten<br />

Situationen zu erreichen und zu unterstützen<br />

sind.<br />

Darüber hinaus gilt es, die im Rahmen des Präventionsprogramms<br />

entwickelten präventiven Angebote<br />

und Strategien in das örtliche Angebot und Hilfenetz<br />

einzubinden. Das bedeutet Kooperation und Vernetzung<br />

mit den vor Ort tätigen Trägern <strong>der</strong> sozialen<br />

Arbeit, den Bildungseinrichtungen sowie Schulen<br />

o<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätten usw. Die Träger <strong>der</strong> Praxisprojekte<br />

sind in dieser Richtung aktiv, um die neuen<br />

Wege <strong>der</strong> Armutsprävention auf <strong>der</strong> jeweiligen kommunalen<br />

Ebene zu verankern. Diese Veranstaltung<br />

heute ist ein erster Schritt in Stuttgart.<br />

Die Verbesserung <strong>der</strong> sozialräumlichen Infrastrukturangebote<br />

ist zentral für eine erfolgreiche Armutsprävention.<br />

Kommune, Land und Bund sollten dieses<br />

Ziel entsprechend ihrer Zuständigkeit und im Rahmen<br />

ihrer Möglichkeiten för<strong>der</strong>n.<br />

Ich wünsche Ihrer Fachveranstaltung einen guten Verlauf<br />

und gute Ergebnisse, die Sie in Ihrer praktischen<br />

Arbeit umsetzen können und die den politisch Verantwortlichen<br />

auf den verschiedenen Ebenen weitere<br />

Hinweise zur konkreten Unterstützung von Familien<br />

bieten.<br />

6 Diakonie Dokumentation 03/2002


Grußwort<br />

Bruno Pfeifle: Grußwort<br />

Im Namen <strong>der</strong> Landeshauptstadt Stuttgart und von Bürgermeisterin<br />

Gabriele Müller-Trimbusch, die ich heute<br />

vertreten darf, möchte ich Sie zu dieser Fachtagung<br />

sehr herzlich begrüßen.<br />

Auch in Stuttgart steigt die Anzahl von Familien mit<br />

Kin<strong>der</strong>n, <strong>der</strong>en Lebensverhältnisse – verglichen mit<br />

dem allgemeinen Wohlstand – als materiell arm zu<br />

bezeichnen sind. Armut hat in unserem Land, in unserer<br />

Stadt, glücklicherweise nicht mehr Hunger o<strong>der</strong><br />

Obdachlosigkeit zur Folge. Aber es bedeutet oft Überschuldung,<br />

weniger gesunde Nahrungsmittel, belastete<br />

Wohnverhältnisse und schlechtere Kleidung. Reisen,<br />

eine Selbstverständlichkeit für die Mehrheit von uns,<br />

können sich „arme Familien” nicht leisten. Dies ist insbeson<strong>der</strong>e<br />

für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche aus „armen<br />

Familien” belastend. Haben sie doch gleichzeitig geringere<br />

Bildungschancen und damit schwierigere Lebensperspektiven<br />

als Gleichaltrige aus gesicherteren<br />

Lebensverhältnissen. Dies zeigt deutlich, wie wichtig<br />

„Armutsprävention” auch in einer wohlhabenden, mit<br />

vielen sozialen Absicherungen versehenen Gesellschaft<br />

ist – und gerade auch in <strong>der</strong>en ureigenstem Interesse.<br />

Die Vermin<strong>der</strong>ung bestehen<strong>der</strong> und die Vermeidung<br />

neuer Armut war und ist daher eine wichtige kommunale<br />

Aufgabe. Die Leistungsgewährung nach dem<br />

Bundessozialhilfegesetz ist dabei ein wichtiger Ansatz<br />

zur finanziellen Grundsicherung <strong>der</strong> Menschen.<br />

Im Referat Soziales, Jugend und Gesundheit gibt es<br />

darüber hinaus vielfältige Anlaufstellen, an die sich<br />

Menschen in schwierigen Lebenssituationen wenden<br />

können.<br />

Der Allgemeine Sozialdienst des Jugendamtes berät<br />

und unterstützt Alleinerziehende, Familien und Alleinstehende<br />

vor Ort in finanziellen Notlagen, bei Lebenskrisen<br />

und persönlichen Problemen. Das Gesundheitsamt<br />

engagiert sich vor allem im Rahmen des<br />

kin<strong>der</strong>- und jugendärztlichen Dienstes, <strong>der</strong> Ernährungsberatung<br />

und <strong>der</strong> Gesundheitsför<strong>der</strong>ung in Themenfel<strong>der</strong>n,<br />

die aus <strong>der</strong> materiellen Unterversorgung von<br />

Kin<strong>der</strong>n, Jugendlichen und Erwachsenen resultieren.<br />

Das Sozialamt schließlich bietet unter an<strong>der</strong>em mit <strong>der</strong><br />

Schuldnerberatung, <strong>der</strong> Familien- und Bonuscard, <strong>der</strong><br />

im Januar beginnenden Hilfeplanung aktivierende<br />

Unterstützung und Beratung bei <strong>der</strong> Bewältigung von<br />

Armutssituationen.<br />

Das Modellprojekt „Das bisschen Haushalt”, das heute<br />

vorgestellt wird, ergänzt die genannten Angebote. Auch<br />

dieses Projekt greift auf, dass materieller Mangel mit<br />

vielerlei Konsequenzen verbunden ist. Er beeinträchtigt<br />

die Wohnsituation, die Gesundheit, die Zukunftschancen<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und damit die gesamte psychosoziale<br />

Situation <strong>der</strong> Betroffenen. Dies belegen im<br />

Übrigen sowohl die Befunde des Armuts- und Reichtumsberichtes<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung als auch die Ergebnisse<br />

des ersten Sozialberichtes <strong>der</strong> Stadt Stuttgart.<br />

Die geplanten Kurse „Das bisschen Haushalt...”<br />

berücksichtigen, dass durch die Stärkung verschiedener<br />

zentraler Kompetenzen und persönlicher Ressourcen<br />

materiell schwierige Lebenssituationen und ihre<br />

vielfältigen Folgen gemil<strong>der</strong>t werden können. Gleichzeitig<br />

wird mit den Alleinerziehenden ein Personenkreis<br />

angesprochen, <strong>der</strong> in beson<strong>der</strong>em Maße dem<br />

Risiko <strong>der</strong> finanziellen und sozialen Verarmung ausgesetzt<br />

ist.<br />

Drei Ansatzpunkte aus dem Programm möchte ich gerne<br />

herausheben.<br />

Eine Haushaltführung mit geringen finanziellen Mitteln<br />

erfor<strong>der</strong>t Planung und Geschicklichkeit. Viele <strong>der</strong><br />

betroffenen Haushalte sind verschuldet. Der Kurs gibt<br />

Anregungen, wie mit dem wenigen Geld richtig umgegangen<br />

werden kann. Der Kreislauf: Armut führt zu<br />

Schulden, Schulden führen zur Armut soll damit durchbrochen<br />

werden.<br />

Wohnen in Stuttgart ist teuer. Preiswerte Wohnungen<br />

liegen häufig in durch Verkehr stark belasteten Wohngebieten.<br />

Das Wohnumfeld bietet wenig Grün und<br />

Spielmöglichkeiten für die Kin<strong>der</strong>. Oft sind bezahlbare<br />

Wohnungen zu klein für die Größe <strong>der</strong> Familien. Dies<br />

alles schwächt zusätzlich die Kraft, sich aus <strong>der</strong> schwierigen<br />

Lebenssituation zu befreien.<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 7


Grußwort<br />

Die „Gestaltung eines ansprechenden Zuhauses” ist<br />

einer <strong>der</strong> Programmpunkte des Kurses. Damit kann ein<br />

kleiner Beitrag zur Verbesserung <strong>der</strong> objektiven Situation<br />

und <strong>der</strong> subjektiven Befindlichkeit <strong>der</strong> Alleinerziehenden<br />

geleistet werden.<br />

Zahlreiche Untersuchungen, so auch <strong>der</strong> aktuelle Stuttgarter<br />

Gesundheitsbericht, dokumentieren, dass Menschen<br />

mit geringen finanziellen Mitteln im Verhältnis<br />

zur übrigen Bevölkerung weniger gesund sind.<br />

Gesundheitlich belastende Arbeitsbedingungen, eine<br />

weniger gesunde Lebensweise und falsche Ernährungsgewohnheiten<br />

sind Gründe dafür. Die Kurse<br />

bieten daher den Teilnehmerinnen und Teilnehmern<br />

Information und Schulung zum Einkaufen und gesunden<br />

Kochen. Mit seiner konzeptionellen Breite ist dieses<br />

Modellprojekt ein wichtiger Baustein, <strong>der</strong> zur Stärkung<br />

Alleinerziehen<strong>der</strong>, die sich in einer schwierigen<br />

Lebenssituation befinden, beitragen kann.<br />

Ich wünsche Ihnen – auch im Namen von Frau Müller-<br />

Trimbusch – für die Tagung interessante Erkenntnisse,<br />

einen konstruktiven Austausch und Anregungen für<br />

weitere Maßnahmen und Projekte, die zur Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Lebenssituation <strong>der</strong> von Armut betroffenen<br />

Bürgerinnen und Bürger beitragen.<br />

8 Diakonie Dokumentation 03/2002


Grußwort<br />

Heinz Gerstlauer: Grußwort<br />

Sie kommen mit Ihrem Thema und mit Ihrem Focus auf<br />

die verarmten Haushalte gerade recht in einer Zeit, in<br />

<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> einmal offen darüber nachgedacht wird,<br />

welchen Platz wir armen Menschen anbieten können in<br />

unserer Gesellschaft. Offenbar sollen und müssen wir<br />

uns entscheiden, wer wir sind: Kunde o<strong>der</strong> Bürger. Der<br />

eine sieht arme Menschen offenbar als Bremse seiner<br />

Kauflust, als störendes Element seiner Reise durch die<br />

Erlebniswelt Bahnhof o<strong>der</strong> Innenstadt.<br />

Der an<strong>der</strong>e sieht arme Menschen als Teil seiner Welt,<br />

seiner Nachbarschaft, seiner Kommune, seiner Gemeinde,<br />

seines Wohnquartiers und fragt sich, wie er Not<br />

lin<strong>der</strong>n, Selbsthilfe stärken, Verhältnisse än<strong>der</strong>n und<br />

Menschen bei Wegen aus ihrer Armut unterstützen<br />

kann.<br />

Kunde o<strong>der</strong> Bürger – wir sind beides. Wir sollten es<br />

nicht zulassen, dass wir in Marketingstrategien auf<br />

die Rolle des Kunden reduziert werden, die nur eines<br />

wollen: ungestört kaufen, kaufen, kaufen.<br />

Dass diese Tagung und das dahinter stehende Projekt,<br />

<strong>der</strong> jüngst erschienene Sozialbericht <strong>der</strong> Stadt Stuttgart<br />

und die daraus folgenden Aktivitäten das Thema Armut<br />

offensiv angeht, und auf die Tagesordnung setzt und<br />

fragt, in welcher Weise betroffenen Menschen – in <strong>der</strong><br />

Regel Frauen und ihren Kin<strong>der</strong>n – adäquat geholfen<br />

werden kann, ist höchst nötig und höchst löblich.<br />

Sie werden im Laufe des heutigen Tages die Ergebnisse<br />

dieses Armutsberichts präsentiert bekommen. Viele<br />

Ergebnisse sind uns bekannt, an<strong>der</strong>e sind uns neu bewusst<br />

geworden.<br />

• Viele Menschen haben sich offenbar einen Ruck<br />

gegeben und sind aufgebrochen aus dem Heer <strong>der</strong><br />

abhängig Beschäftigten, haben Unternehmen gegründet,<br />

sind in die Selbständigkeit gegangen. Einigen<br />

ist <strong>der</strong> Weg geglückt. Aber wir sehen daneben<br />

die vielen an<strong>der</strong>en Selbständigen, die mittlerweile in<br />

prekären Verhältnissen, um nicht zu sagen in Armut<br />

leben.<br />

• Viele Haushalte sind überschuldet. Schon das alltägliche<br />

Leben in Stuttgart ist im Vergleich zu an<strong>der</strong>en<br />

Kommunen teuer. Wer Schulden hat lebt auf Kosten<br />

seiner eigenen Zukunft und <strong>der</strong> seiner Kin<strong>der</strong>. Die<br />

Einführung eines privaten Insolvenzrechtes ist eine<br />

angemessene Reaktion auf diese Tatsache. Das<br />

Angebot einer qualifizierten Schuldnerberatung ist<br />

nötig, <strong>der</strong>en Ausbau und innovative Weiterentwicklung<br />

allerdings auch, denn wer Schulden hat, kann<br />

nicht ein Jahr warten, bis er in <strong>der</strong> Beratung dran<br />

kommt.<br />

• Menschen mit einer positiven Lebenseinstellung,<br />

mit einem spirituellen Fundament meistern Lebenskrisen<br />

besser als die an<strong>der</strong>n, weil sie gegen alle<br />

Erfahrungen <strong>der</strong> Ausgrenzung, <strong>der</strong> Abwertung, des<br />

Kämpfen müssens noch eine an<strong>der</strong>e Erfahrung<br />

haben: Das Wissen und das Gefühl trotz aller Wi<strong>der</strong>spenstigkeiten<br />

ein von Gott geliebter Mensch zu<br />

sein. Das heißt: Wert geschätzt, willkommen zu sein.<br />

Das motiviert Selbstheilungskräfte und gibt Mut,<br />

sein Leben in die Hand zu nehmen und eigene Schritte<br />

zu tun. Religion nicht als Opium, son<strong>der</strong>n als<br />

Motor <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung. Das sollten gerade wir in <strong>der</strong><br />

Diakonie uns immer wie<strong>der</strong> selbst vor Augen halten,<br />

wenn wir unsere Konzepte schreiben, Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter fortbilden, Angebote machen.<br />

Das Projekt und dieser Fachtag schließen im Reigen <strong>der</strong><br />

Hilfeangebote eine Lücke. Es hilft dort, wo Armut nicht<br />

mehr versteckt werden kann, son<strong>der</strong>n gemanagt, gelebt,<br />

erlitten, durchkämpft und zwischen Ansprüchen und<br />

Begrenztheiten überwunden werden muss: im Haushalt,<br />

in den eigenen vier Wänden, in <strong>der</strong> Familie.<br />

Der Erwerb von Haushaltsführungskompetenzen, die<br />

früher in den Frauenarbeitsschulen fester Bestandteil<br />

vor allem weiblicher Sozialisation und unterrichtlicher<br />

Bemühungen gewesen sind, wird mit diesem Projekt<br />

neu angeboten und im Sinne einer Kompetenz, und<br />

Chancenerweiterung ermöglicht. Spielräume zu gewinnen,<br />

Herr bzw. Frau <strong>der</strong> Dinge zu werden und zu<br />

sein schafft nicht nur eine an<strong>der</strong>e materielle Basis, son<strong>der</strong>n<br />

auch ein an<strong>der</strong>es Bewusstsein und die Freiheit,<br />

sich nicht nur um das Geld kümmern zu müssen, son<strong>der</strong>n<br />

sich Freundschaften, <strong>der</strong> Schule, den Kin<strong>der</strong>n,<br />

sich selbst zuwenden zu können.<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 9


Grußwort<br />

Auf die Ergebnisse Ihrer Arbeit bin ich gespannt. Sie<br />

werden Einfluss haben bei <strong>der</strong> weiteren Entwicklung<br />

bestehen<strong>der</strong> Hilfesysteme und einen neuen Akzent im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Fort- und Weiterbildung von Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern setzen, die im Bereich <strong>der</strong> Kin-<br />

<strong>der</strong> und Jugendhilfe, aber auch in an<strong>der</strong>en Hilfebereichen<br />

tätig sind.<br />

Ihrem Projekt, Ihrem Fachtag wünsche ich einen guten<br />

Erfolg und die entsprechende öffentliche Resonanz.<br />

10 Diakonie Dokumentation 03/2002


Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />

Michael-Burkhard Piorkowsky: Verarmungsgründe und<br />

Armutsprävention bei Privathaushalten – Armutsprävention<br />

durch Stärkung von Kompetenzen für Haushalt und Familie 1<br />

Einkommensarmut hat zugenommen<br />

In den Armuts- und Sozialberichten von Institutionen<br />

und Gebietskörperschaften, wie auch im 1. Armutsund<br />

Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung, <strong>der</strong> im<br />

April 2001 veröffentlicht worden ist, wird übereinstimmend<br />

festgestellt, dass die Zahl und <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Personen<br />

bzw. Haushalte mit geringem Einkommen seit<br />

Jahren steigt. Für die Messung von Einkommensarmut<br />

bzw. Armutsnähe werden meist drei Indikatoren verwendet:<br />

Überschuldung, Sozialhilfebezug und unterdurchschnittliches<br />

Nettoäquivalenzeinkommen.<br />

Nach den Ergebnissen des 1. Armuts- und Reichtumsberichts<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung ist die Zahl <strong>der</strong> Überschuldungsfälle<br />

in Deutschland von rund 2 Millionen<br />

1994 auf rund 2,8 Millionen 1999 gestiegen. Als überschuldet<br />

gilt, wer seine finanziellen Verpflichtungen<br />

nicht aus laufendem Einkommen (bzw. Vermögen)<br />

abdecken kann.<br />

Auch die Zahl <strong>der</strong> Empfänger von laufen<strong>der</strong> Hilfe zum<br />

Lebensunterhalt in Privathaushalten ist seit <strong>der</strong> Einführung<br />

<strong>der</strong> Sozialhilfe im langfristigen Trend gestiegen.<br />

Im früheren Bundesgebiet hat sie sich zwischen<br />

1973 und 1989 auf 2,5 Millionen erhöht und damit<br />

nahezu vervierfacht; in den neuen Län<strong>der</strong>n stieg die<br />

Zahl von Ende 1991 bis Ende 1998 von rund 0,2 Millionen<br />

auf 0,4 Millionen Sozialhilfebezug gilt zumindest<br />

als armutsnahe Lebenslage („bekämpfte Armut”).<br />

Schätzungen zufolge könnte die Zahl <strong>der</strong> Personen, die<br />

ihren Sozialhilfeanspruch nicht wahrnehmen („verdeckte<br />

Armut”) <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Sozialhilfe beziehenden<br />

Personen entsprechen.<br />

Nettoäquivalenzeinkommen sind – am Alter und <strong>der</strong><br />

Haushaltsgröße orientierte – bedarfsgewichtete Einkommen,<br />

die etwas über die individuelle Einkommensposition<br />

im Vergleich zur gesellschaftlichen Einkommenssituation<br />

aussagen. Als relativ einkommensarm<br />

gelten Personen, die über weniger als 50 Prozent des<br />

durchschnittlichen Nettoäquivalenzeinkommens verfügen,<br />

also weniger als die Hälfte des in <strong>der</strong> Gesellschaft<br />

im bedarfsgewichteten Durchschnitt verfügba-<br />

ren Einkommens ausgeben können. Unterschiedliche<br />

Berechnungsmethoden, die verschiedene altersgestufte<br />

Bedarfsgewichte und alternative Mittelwerte (z.B.<br />

Arithmetisches Mittel und Median) verwenden, kommen<br />

zwar zu recht unterschiedlichen Ergebnissen, aber<br />

stets zeigt sich ein Anstieg <strong>der</strong> nach diesem Grundkonzept<br />

gemessenen Armutsquoten in <strong>der</strong> Bevölkerung.<br />

Armutsrisiken sind vielschichtig<br />

Untersuchungen zur sozioökonomischen Lage von<br />

Haushalten und Familien kommen übereinstimmend<br />

zu dem Ergebnis, dass Anstoß- und Verstärkungsereignisse<br />

von Verarmungsprozessen vorrangig mangelhafte<br />

Erwerbsbedingungen sowie schwierige Haushaltsund<br />

Familiensituationen sind. Risikofaktoren im Erwerbsbereich<br />

sind vor allem fehlen<strong>der</strong> Schulabschluss,<br />

fehlende Berufsausbildung bzw. fehlen<strong>der</strong> Berufsabschluss,<br />

gering entlohnte Erwerbsarbeit, daneben auch<br />

Krankheit, fortgeschrittenes Alter und ausländische<br />

Nationalität. Risikofaktoren im Bereich von Haushalt<br />

und Familie sind insbeson<strong>der</strong>e fehlende Planungskompetenz,<br />

mangelhafte Kenntnisse von Märkten, Produkten<br />

und Verfahren, beson<strong>der</strong>s in Bezug auf Geld, naive<br />

Risikoabwägung, Unerfahrenheit im Umgang mit Behörden<br />

und nicht adäquate Nutzung öffentlich bereitgestellter<br />

Güter sowie Partnerschaftsprobleme, Alleinelternschaft<br />

und Trennung bzw. Scheidung o<strong>der</strong> Partnerverlust<br />

durch Tod.<br />

Die Risiken lassen sich teilweise gesellschaftlichen<br />

Ursachen zurechnen, etwa im Erwerbsbereich den globalen<br />

Einflüssen auf die Arbeitsmärkte und im Bereich<br />

von Haushalt und Familie dem Wandel <strong>der</strong> Lebensformen.<br />

Hinsichtlich dieser Ursachen von Armut und Verarmung<br />

sind die Einwirkungsmöglichkeiten zum Gegensteuern<br />

sehr begrenzt. Vor allem die Globalisierung<br />

<strong>der</strong> Wirtschaft und die Pluralisierung <strong>der</strong> Lebensformen<br />

sind Tendenzen, die sich administrativ kaum<br />

än<strong>der</strong>n lassen. Dagegen besteht eine wirksame Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> Armutsprävention in <strong>der</strong> Stärkung von<br />

Bewältigungskompetenzen auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> individuellen<br />

Haushalte und Familien.<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 11


Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />

Privathaushalte sind Wohlfahrtsproduzenten<br />

Ausgangspunkt für Maßnahmen <strong>der</strong> Armutsprävention<br />

durch Stärkung von Haushalts- und Familienkompetenzen<br />

ist ein mehrdimensionaler Armutsbegriff. Armut<br />

wird nicht mit Einkommensarmut gleichgesetzt, son<strong>der</strong>n<br />

als Mangel an ökonomischen, sozialen, physischen<br />

und/o<strong>der</strong> psychischen Ressourcen verstanden. Einkommensarmut<br />

ist zwar ein wesentlicher, aber nicht <strong>der</strong><br />

alleinige Grund und Indikator für eine defizitäre Lebenslage.<br />

Neben <strong>der</strong> Ressourcenausstattung, insbeson<strong>der</strong>e<br />

mit Geld, sind <strong>der</strong> effiziente Mitteleinsatz sowie die<br />

Möglichkeit des Rückgriffs auf soziale Netzwerke von<br />

Bedeutung<br />

Maßnahmen zur sozioökonomischen Stabilisierung von<br />

Privathaushalten durch Stärkung von Haushalts- und<br />

Familienkompetenzen können sich insbeson<strong>der</strong>e auf die<br />

Arbeiten von Gary S. Becker und Amartya K. Sen, die<br />

Wirtschaftsnobelpreisträger von 1992 und 1998, stützen.<br />

Becker hat die Grundlagen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Theorie <strong>der</strong><br />

Haushaltsproduktion gelegt. Und Sen hat die entscheidende<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Kompetenzen für die effiziente<br />

Güternutzung – gegenüber <strong>der</strong> potenziellen Verfügbarkeit<br />

über Güter – für die Bedürfnisbefriedigung betont.<br />

Danach werden in den Privathaushalten – selbständige<br />

Haushaltsführung vorausgesetzt – in einem arteigenen<br />

Produktionsprozess private und öffentliche Güter verfügbar<br />

gemacht und in konsumreife Haushaltsendprodukte<br />

umgewandelt und damit Lebensqualität und Wohlfahrt<br />

für die Individuen und die Gesellschaft konkret produziert.<br />

In diesem Produktionsprozess sind Wissen und<br />

Fähigkeiten ein maßgeblicher Produktionsfaktor.<br />

Systematische Armutsprävention<br />

durch Bildung und Beratung<br />

Ein Blick auf Zusammenstellungen sozialstaatlicher<br />

Vorkehrungen gegen Armut bzw. zu <strong>der</strong>en Mil<strong>der</strong>ung<br />

zeigt, dass die Maßnahmen vor allem auf die Verbesserung<br />

<strong>der</strong> finanziellen Lage und <strong>der</strong> Erwerbschancen<br />

sowie <strong>der</strong> Versorgung mit Wohnraum und sozialen<br />

Diensten, zum Teil auch auf die För<strong>der</strong>ung sozialer<br />

Netzwerke gerichtet sind. Dagegen wird <strong>der</strong> Bereich<br />

<strong>der</strong> Stärkung von Kompetenzen für Haushalt und Familie<br />

ganz weitgehend vernachlässigt. Die oben angesprochenen<br />

Ergebnisse <strong>der</strong> Lebenslagen- und Armutsforschung<br />

zeigen aber, dass mangelhafte Haushalts-<br />

und Familienkompetenzen hinsichtlich ihrer Ursächlichkeit<br />

für eine suboptimale bzw. defizitäre Lebensgestaltung<br />

den fehlenden Erwerbskompetenzen als<br />

Risikofaktoren für eine erfolgreiche Erwerbsbiographie<br />

entsprechen. Hier kann Armutsprävention durch<br />

entsprechende Bildung und Beratung ansetzen, soweit<br />

Defizite bestehen.<br />

Im Folgenden wird ein System von Maßnahmen skizziert,<br />

das eine auf Haushalt und Familie bezogene<br />

Allgemeinbildung an den Anfang stellt und – darauf<br />

aufbauend – nach Dringlichkeit abgestufte problemadäquate<br />

Informationen und Interventionen für Zielgruppen<br />

beinhaltet.<br />

Familien- und haushaltsbezogene<br />

Schulbildung<br />

Schulische Bildung ist vor allem auf die Teilhabe am<br />

Erwerbsleben ausgerichtet. Dagegen wird die För<strong>der</strong>ung<br />

von Haushalts- und Familienkompetenzen vernachlässigt.<br />

Ein für alle Schulformen und Schulstufen<br />

in allen Bundeslän<strong>der</strong>n sowie für Jungen und Mädchen<br />

gleichermaßen durchgehend angebotenes Fach, das<br />

sich ausschließlich mit den Fragen <strong>der</strong> Haushaltsführung<br />

und dem Familienleben befasst, gibt es in<br />

Deutschland nicht. Dieses defizitäre Angebot steht im<br />

krassen Wi<strong>der</strong>spruch zu den Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> –<br />

nur banal klingenden – Alltagsbewältigung.<br />

Die Rahmenbedingungen privater Haushaltsführung<br />

unterliegen einem beschleunigten Wandel, <strong>der</strong> erhebliche<br />

Adaptions- o<strong>der</strong> besser noch Antizipationsfähigkeiten<br />

erfor<strong>der</strong>t. Zunehmende Optionalisierung, Virtualisierung<br />

und Unsicherheit auf den Arbeits-, Warenund<br />

Geldmärkten, aber auch in den privaten Lebensformen<br />

sowie Verän<strong>der</strong>ungen von Angeboten im Bereich<br />

öffentlicher Infrastruktur erzwingen Informations-<br />

und Entscheidungsprozesse, die auf den Begriff<br />

<strong>der</strong> Neuen Hausarbeit gebracht worden sind. Da traditionelles<br />

Wissen zunehmend schneller veraltet, können<br />

auch die eigenen Haushalte und Familien als Vermittlungsinstanzen<br />

für haushalts- und familienbezogenes<br />

Wissen und Können, selbst dort, wo es angeboten und<br />

angenommen wird, nur Stückwerk leisten.<br />

Eine entsprechende Basis für ein „Lebenslanges Lernen”<br />

auch in diesem Bereich kann nur – und muss – die<br />

allgemeinbildende Schule legen. Ohne ein solches Fundament<br />

wird sich nicht än<strong>der</strong>n, was oft zu Recht beklagt<br />

12 Diakonie Dokumentation 03/2002


Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />

wird, dass nämlich diejenigen Haushalte und Familien,<br />

die Information und Beratung am dringendsten benötigen,<br />

nicht die Beratungsstellen aufsuchen. Es ist aber<br />

stark zu vermuten, dass sich dies än<strong>der</strong>n würde, wenn<br />

mit <strong>der</strong> grundlegenden Allgemeinbildung für Haushalt<br />

und Familie zugleich Sensibilität für die möglichen<br />

Probleme sowie Kompetenz zur Suche nach Lösungsmöglichkeiten<br />

eingeübt werden konnten.<br />

Familien- und haushaltsbezogene<br />

Erwachsenenbildung<br />

Familien- und haushaltsbezogene Erwachsenenbildung<br />

wird gegenwärtig vor allem in Kursen in Familienbildungsstätten<br />

und in Volkshochschulen, in geringem<br />

Umfang auch in Elternschulen im Rahmen <strong>der</strong><br />

Geburtsvorbereitung in Kliniken angeboten. Inhaltlich<br />

dominieren in den Kursen, je nach Institution, die<br />

Themen: Kind und Familie, Kauf und Konsum sowie<br />

Ernährung. Anspruchsvolle Fragen <strong>der</strong> Haushaltsführung,<br />

wie die Verteilung <strong>der</strong> Ressourcen und die<br />

Steuerung des Haushaltsprozesses, z.B. durch Budgetplanung<br />

und -kontrolle, bleiben weitgehend außer Betracht<br />

o<strong>der</strong> werden banalisiert. Auch die Thematisierung<br />

von kritischen Lebensereignissen und adäquaten<br />

Bewältigungsstrategien findet kaum statt.<br />

Um hier eine Wende einzuleiten, wurden von <strong>der</strong><br />

Bundesarbeitsgemeinschaft Katholischer Familienbildungsstätten<br />

1999 und 2000 Multiplikatorinnen-<br />

Workshops im Rahmen des vom Bundesministerium<br />

für Familie, Senioren, Frauen und Jugend initiierten<br />

Maßnahmenkonzepts zur Armutsprävention, Bereich<br />

„Impulse <strong>der</strong> Familienbildung” veranstaltet. Die zur<br />

Vorbereitung und bei <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Kurse<br />

entwickelten Materialien mit dem Titel „Wirtschaftliche<br />

Bewältigungskompetenzen von Familienhaushalten<br />

durch Bildung stärken” stehen inzwischen zur<br />

Verfügung und können von dem genannten Bildungsträger<br />

bezogen werden. Anknüpfend an diese Erfahrungen<br />

wird gegenwärtig unter Fe<strong>der</strong>führung des neu<br />

entstandenen Bundesverbands <strong>der</strong> Verbraucherzentralen<br />

und Verbraucherverbände ein Konzept zur Neuorientierung<br />

<strong>der</strong> Familien- und hauswirtschaftlichen<br />

Bildung entwickelt, das bundesweit zum Einsatz gelangen<br />

soll.<br />

Gute Möglichkeiten zu verstärkter Aktivierung dürften<br />

in den Geburtskliniken und den häufig dort zu findenden<br />

„Elternschulen” bestehen. Es sollte angeregt wer-<br />

den, die bisher auf Fragen <strong>der</strong> Säuglingspflege, Hygiene<br />

und Ernährung konzentrierten Kurse zur Geburtsvorbereitung<br />

um solche Inhalte zu ergänzen, die sich<br />

mit <strong>der</strong> sozioökonomischen Stabilisierung von Haushalt<br />

und Familie befassen. Diesbezüglich ist eine hohe<br />

Motivation sowohl bei <strong>der</strong> Zielgruppe junger Eltern als<br />

auch bei den Klinikleitungen zu erwarten.<br />

Präventive Einkommens- und<br />

Budgetberatung<br />

Eine über die haushaltsbezogene Allgemeinbildung<br />

hinausgehende Maßnahme <strong>der</strong> Armutsprävention ist<br />

die präventive Einkommens- und Budgetberatung, die<br />

in einem dreieinhalbjährigen Bundes- und Landesmodellprojekt<br />

in Rostock von 1994 bis 1998 entwickelt<br />

worden ist. Sie hebt sich konzeptionell sowohl von <strong>der</strong><br />

Verbraucherberatung als auch von <strong>der</strong> Schuldnerberatung<br />

ab. Die Verbraucherberatung ist zwar ebenfalls<br />

präventiv orientiert, aber auf die Konsumentenrolle<br />

von Privathaushalten konzentriert. Die Schuldnerberatung<br />

wird nachsorgend tätig, wenn bereits hohe Verschuldung<br />

bzw. Überschuldung eingetreten ist.<br />

Das Grundkonzept <strong>der</strong> präventiven Einkommens- und<br />

Budgetberatung ist dadurch gekennzeichnet, dass eine<br />

umfassende Wirtschaftsberatung für voll handlungsfähige<br />

Privathaushalte mit mehr o<strong>der</strong> weniger knappem<br />

Budget in mehreren speziellen Beratungszweigen und<br />

Beratungsformen in freier Trägerschaft angeboten<br />

wird. Die Beratung erstreckt sich nicht nur auf die Ausgabenseite<br />

des Haushalts, son<strong>der</strong>n schließt auch die<br />

Einkommenserzielung ein und soll datengestützt, d.h.<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage einer mo<strong>der</strong>nen Haushaltsbuchführung<br />

durchgeführt werden.<br />

Das Beratungsangebot bezieht sich zwar vor allem auf<br />

die finanziellen Angelegenheiten <strong>der</strong> Ratsuchenden. Da<br />

aber die Finanzsphäre nicht isoliert existiert, son<strong>der</strong>n in<br />

den Haushalts- und Familienkontext eingebettet ist,<br />

muss die präventive Einkommens- und Budgetberatung<br />

diesen Zusammenhang so weit wie nötig berücksichtigen<br />

und insofern ganzheitlich angelegt sein. Die zweigspezifischen<br />

Beratungsinhalte können von den Ratsuchenden<br />

geson<strong>der</strong>t, aber auch in Kombination nachgefragt<br />

werden. Einige Beratungszweige sind ohnehin<br />

systematisch miteinan<strong>der</strong> verbunden; z.B. schließt die<br />

umfassende Haushaltsberatung die Budgetberatung<br />

ein, und die Kreditberatung ist mit einer Bedürfnisreflexion<br />

und Budgetberatung zu verbinden.<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 13


Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />

Vermittlung von praktischen<br />

Haushalts- und Familienkompetenzen<br />

Noch einen Schritt weiter als die präventive Einkommens-<br />

und Budgetberatung für alle Privathaushalte, die<br />

ihren finanziellen Spielraum gestalten wollen, geht die<br />

Vermittlung von praktischen Haushaltsführungskompetenzen<br />

für erkennbar armutsgefährdete bzw. armutsnahe<br />

Haushalte. Dazu liegen Erfahrungen aus <strong>der</strong> Arbeit<br />

im Rahmen <strong>der</strong> Familienpflege sowie aus Projekten<br />

freier Träger für Zielgruppen vor. Die Erfahrungen<br />

aus solchen Projekten werden im Rahmen des vom<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und<br />

Jugend initiierten Maßnahmenkonzepts zur Armutsprävention,<br />

Bereich „Beiträge hauswirtschaftlicher<br />

Verbände zu einer konzertierten Aktion <strong>der</strong> Armutsprävention”,<br />

umgesetzt.<br />

Die Maßnahmen <strong>der</strong> Praxisprojekte bestehen in <strong>der</strong><br />

Vermittlung von Wissen und <strong>der</strong> Einübung von Fertigkeiten<br />

durch unterschiedliche Zugangsweisen in<br />

Komm- und Gehstrukturen in unterschiedlichem Umfang<br />

und führen teils bis zur Vorbereitung auf den beruflichen<br />

Abschluss als Hauswirtschafter/in. Inhaltlich<br />

zielen die Maßnahmen insgesamt vor allem auf die<br />

Stärkung folgen<strong>der</strong> Kompetenzen: Umgang mit Geld,<br />

Organisation und Planung, Beschaffung, Arbeitstechniken,<br />

Sozialkompetenzen, Umgang mit Behörden.<br />

Der Zeitrahmen <strong>der</strong> Projekte ist unterschiedlich lang:<br />

Er reicht von vier Monaten bis zu drei Jahren.<br />

Für die Auswahl <strong>der</strong> Einzelprojekte und <strong>der</strong>en Einbindung<br />

in die konzertierte Aktion war insbeson<strong>der</strong>e maßgeblich,<br />

dass ein breites Spektrum von Zielgruppen und<br />

Maßnahmen mit unterschiedlichem Umfang und in<br />

verschiedenen Regionen Deutschlands repräsentiert<br />

wird und dass die Träger <strong>der</strong> Projekte für die Fortsetzung<br />

<strong>der</strong> Maßnahme und die Verbreitung <strong>der</strong> Projektergebnisse<br />

Sorge tragen.<br />

Einige Praxisprojekte sind bereits abgeschlossen.<br />

Die Auswertung <strong>der</strong> Ergebnisse zeigt, dass nicht<br />

nur generell die Kompetenzen in <strong>der</strong> Haushaltsführung<br />

gestärkt werden konnten. Weitergehende<br />

Wirkungen sind bei vielen Teilnehmerinnen eine<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Bildungsneigung, bei einzelnen Teilnehmerinnen<br />

die Aktivierung von Erwerbskompetenzen<br />

und bei an<strong>der</strong>en die Stabilisierung <strong>der</strong> Familiensituation,<br />

so dass z.B. in einem Fall die in einem<br />

Heim untergebrachten Kin<strong>der</strong> zurück in die Familie<br />

geholt werden konnten.<br />

Umsetzung von präventiven Maßnahmen<br />

auf kommunaler Ebene<br />

Für die Umsetzung von Maßnahmen <strong>der</strong> Prävention,<br />

insbeson<strong>der</strong>e in den Bereichen Erwachsenenbildung,<br />

Beratung und Vermittlung von praktischen Fähigkeiten,<br />

sind – vor <strong>der</strong> konkreten Planung und Durchführung<br />

<strong>der</strong> Maßnahmen – zunächst zwei Schritte<br />

erfor<strong>der</strong>lich: die Festlegung von Arbeitsstrukturen und<br />

Aufgaben sowie die organisatorische Verankerung und<br />

Flankierung <strong>der</strong> Maßnahmen.<br />

Für die Festlegung von Arbeitsstrukturen und Aufgaben<br />

sind folgende Schritte erfor<strong>der</strong>lich: (1) Verständigung<br />

auf eine bedarfsbezogene regionale Armutsdefinition,<br />

insbeson<strong>der</strong>e die Bestimmung von Zielgruppen<br />

und die Festlegung von Interventionskriterien; (2) Entwicklung<br />

von Arbeitsstrukturen und Maßnahmen zur<br />

Armutsvermeidung und Armutsbekämpfung; dazu gehören<br />

ein Funktions-, ein Inhalts- und ein Strukturkonzept.<br />

Das Funktionskonzept beschreibt die zu erfüllende<br />

Aufgabe bzw. die mit <strong>der</strong> Maßnahme angestrebte<br />

Wirkung. Das Inhaltskonzept beschreibt Art und Weise<br />

des Vorgehens bzw. <strong>der</strong> Information o<strong>der</strong> Hilfe. Das<br />

Strukturkonzept beschreibt die Regeln im Zusammenwirken<br />

<strong>der</strong> Akteure bei <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> Maßnahme;<br />

(3) Einführung von Qualitätssicherung und Konfliktmanagement<br />

für das Zusammenwirken <strong>der</strong> Akteure;<br />

(4) Verabredung von Instrumenten zur Wirkungsanalyse<br />

(Controlling); (5) gemeinsame Erarbeitung<br />

von Verfahren und <strong>Werk</strong>zeugen für Präventions- und<br />

Interventionsarbeit.<br />

Für die Zielgruppenbestimmung seien die beson<strong>der</strong>s<br />

armutsgefährdeten Gruppen genannt: Kin<strong>der</strong>reiche<br />

Familien, allein Erziehende mit ihren Kin<strong>der</strong>n, Migranten-Familien<br />

und Familien mit Langzeitarbeitslosen.<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Zielgruppenerreichung bieten folgende<br />

Institutionen: Einrichtungen <strong>der</strong> Schwangerenberatung<br />

und Vorsorgeuntersuchung, Eltern-Kind-Gruppen,<br />

Wohnungsunternehmen, Versorgungsunternehmen,<br />

Wohnungsamt, Klei<strong>der</strong>kammer, Suppenküche, Tafeln,<br />

Familienhilfe, Kin<strong>der</strong>garten, Schule. Frühindikatoren<br />

für erhöhte Armutsrisiken sind insbeson<strong>der</strong>e die folgenden<br />

Ereignisse: Verlust des Arbeitsplatzes, Abbruch <strong>der</strong><br />

Schul- o<strong>der</strong> Berufsausbildung, schwerwiegende Partnerkonflikte,<br />

Trennung, Erziehungsprobleme, akute<br />

Schulprobleme <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, Spiel- und Suchtverhalten,<br />

schwerwiegende Erkrankungen, Miet- und Nebenkostenrückstände,<br />

Rückzug aus Vereinen, Verstöße gegen<br />

die öffentliche Ordnung sowie Haft.<br />

14 Diakonie Dokumentation 03/2002


Verarmungsgründe und Armutsprävention bei Privathaushalten<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> organisatorischen Verankerung und<br />

Flankierung bieten vor allem folgende Maßnahmen:<br />

(1) „Run<strong>der</strong> Tisch Prävention” unter Beteiligung von<br />

kommunalen Stellen, sozialen Trägern und Kirchengemeinden,<br />

Volkshochschulen, Sportvereinen, Wohnungsbaugesellschaften,<br />

Arbeitsverwaltung, Unternehmervertretern,<br />

Beratungseinrichtungen, Medienvertretern,<br />

Kommunalpolitikern; (2) „Kommunale<br />

Konferenz zur Prävention” im Zusammenwirken mit<br />

dem „Runden Tisch”; (3) „Spendenparlament”, d.h.<br />

Institutionalisierung <strong>der</strong> Beteiligung <strong>der</strong> Spen<strong>der</strong> an<br />

den Verwendungsentscheidungen; (4) Kommunaler<br />

Lebenslagen- bzw. Sozialbericht.<br />

Die vorstehend genannten Hinweise sind aus Erfahrungen<br />

abgeleitet, auf die bei einer Tagung des Instituts<br />

für Bevölkerungsforschung und Sozialpolitik <strong>der</strong> Universität<br />

Bielefeld 1999 verwiesen werden konnte. Entsprechende<br />

Erfahrungen bzw. Perspektiven <strong>der</strong> Strategieentwicklung<br />

liegen auch <strong>der</strong> präventiven Einkommens-<br />

und Budgetberatung und den Praxisprojekten<br />

zugrunde; sie lassen sich – cum grano salis – auf<br />

Maßnahmen <strong>der</strong> Erwachsenenbildung zur Stärkung von<br />

Haushalts- und Familienkompetenzen im Rahmen <strong>der</strong><br />

sozioökonomischen Stabilisierung und Armutsprävention<br />

anwenden.<br />

1 Gekürzte und aktualisierte Fassung <strong>der</strong> Expertise „Verarmungsgründe<br />

und Armutsprävention bei Privathaushalten” für das<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend für<br />

das Berichtskapitel über Armut in Familienhaushalten für den<br />

1. Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung.<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 15


Armut in Stuttgart<br />

Regine Jautz:<br />

Armut in Stuttgart<br />

Das Thema <strong>der</strong> Tagung ist Armutsprävention, konkretisiert<br />

anhand eines bestimmten Modellprojektes und<br />

damit einer Maßnahme. Es geht also um den wohlfahrts-<br />

und sozialstaatlichen Umgang mit <strong>der</strong> Tatsache,<br />

dass in <strong>der</strong> Bundesrepublik nicht wenige Menschen in<br />

einer nicht nur materiell defizitären Situation leben.<br />

Den Stuttgarter Sozialbericht verstehe ich ebenfalls als<br />

präventiv, da er auch Grundlage für die Maßnahmenplanung<br />

sein soll.<br />

Ich möchte Sie im Folgenden durch den Armutsbericht<br />

führen, <strong>der</strong> im Frühsommer des Jahres 2001 in den Gremien<br />

des Stuttgarter Gemein<strong>der</strong>ates – konkret: dem<br />

Sozialausschuss, dem Ausschuss für Wirtschaft und<br />

Wohnen und dem Internationalen Ausschuss – vorgestellt<br />

wurde. Seit <strong>der</strong> Einbringung des Sozialberichtes<br />

ist in <strong>der</strong> Stadt eine rege Diskussion entstanden; <strong>der</strong><br />

Armutsbericht wird nicht nur im politischen Kontext<br />

diskutiert, son<strong>der</strong>n er fand auch in <strong>der</strong> Presse und in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit große Resonanz.<br />

Zum Einstieg in die Thematik „Armut und Unterversorgung”<br />

vergegenwärtigen Sie sich bitte die <strong>der</strong>zeitigen<br />

ökonomischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen:<br />

Strukturelle Ursachen für das<br />

Vorhandensein von Armut<br />

Nach wie vor prägt die De-Industriealisierung und<br />

Tertiärisierung <strong>der</strong> Wirtschaftstruktur die ökonomische<br />

Situation nicht nur in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland. Daraus resultiert die anhaltende Massenarbeitslosigkeit<br />

und eine damit einhergehende<br />

Strukturalisierung von Arbeitslosigkeit. Deutlich ist,<br />

dass wir eine Konzentration des Arbeitslosigkeitsrisikos<br />

auf bestimmte Problemgruppen des Arbeitsmarktes<br />

zu verzeichnen haben und an<strong>der</strong>erseits Berufsfel<strong>der</strong><br />

und Berufsgruppen vorfinden, die die „Gewinner”<br />

des weltweiten Globalisierungsprozesses sind.<br />

Ein weiteres Strukturelement ist <strong>der</strong> Abbau von<br />

Normalarbeitsverhältnissen und die Zunahme von<br />

atypischen bzw. prekären Beschäftigungsformen.<br />

Ein Stichwort wäre hier die Scheinselbständigkeit.<br />

Und schließlich stellen wir seit Jahren eine Erosion<br />

traditioneller Familien- und Haushaltsstrukturen fest,<br />

zugunsten <strong>der</strong> Herausbildung neuer Formen <strong>der</strong><br />

Lebensführung. Die klassische Kleinfamilie über<br />

einen ganzen Lebenszyklus gesehen ist im großstädtischen<br />

Umfeld nahezu ein Auslaufmodell zugunsten<br />

von lebenszeitlich begrenzten, familialen Konstellationen,<br />

in denen vielfältige Modelle möglich<br />

sind.<br />

All diese Phänomene sind Ihnen nicht unbekannt, Sie<br />

als Fachleute werden heutzutage nahezu täglich mit<br />

Situationen konfrontiert, die Resultat dieser Entwicklungen<br />

in <strong>der</strong> Gesellschaft sind.<br />

Der Stuttgarter Sozialbericht<br />

Bevor ich in die Fragestellungen und Ergebnisse einsteige,<br />

lassen Sie mich kurz auf die Genese diese<br />

Berichtes eingehen. Dass die Stadt Stuttgart eine<br />

aktuelle Berichterstattung über „Armut und Unterversorgung<br />

in Stuttgart” benötigt, wurde nicht nur von<br />

<strong>der</strong> Fachverwaltung gesehen, son<strong>der</strong>n auch von <strong>der</strong><br />

Politik, genauer gesagt von <strong>der</strong> SPD-Fraktion, eingefor<strong>der</strong>t.<br />

Mit verschiedenen Anträgen im den Jahren<br />

1995 und 1997. Schließlich wurde dem Gemein<strong>der</strong>at<br />

ein Konzept <strong>der</strong> Sozialberichterstattung vorgelegt und<br />

die Arbeit an dem ersten Sozialbericht, <strong>der</strong> Armut und<br />

Unterversorgung als übergeordnete Fragestellung<br />

hatte, konnte beginnen. Darüber hinaus standen nun<br />

auch zum ersten Mal die technischen Voraussetzungen<br />

zur Verfügung: Erst ab dem Frühjahr 1997 war nun<br />

eine kleinräumige Analyse <strong>der</strong> Sozialhilfedaten<br />

möglich. Den Zuhörerinnen und Zuhörern, die eine<br />

Sozialberichterstattung bzw. eine Analyse sozialer<br />

Ungleichheit planen, kann ich nur sagen: Es ist sehr<br />

aufwendig, vor allem, wenn sie – worauf ich noch<br />

später eingehen werde – die Analyse mit einem mehrdimensionalen<br />

Ansatz, dem so genannten Lebenslagenansatz,<br />

verfolgen.<br />

16 Diakonie Dokumentation 03/2002


Armut in Stuttgart<br />

Die Ausgangsfragen<br />

Folgende Ausgangsfragen standen am Beginn unserer<br />

Untersuchung über Armut und Unterversorgung in<br />

Stuttgart:<br />

Wir wollten wissen<br />

• wer, also welche Zielgruppen bzw. welche Bevölkerungsteile<br />

sind von Armut betroffen?<br />

• wie stark und welchem Umfang sind die materiellen<br />

Defizite ausgeprägt?<br />

• welche Entwicklungstendenzen zeigen sich? Ist ein<br />

Wandel o<strong>der</strong> eine kontinuierliche Entwicklung festzustellen?<br />

• wo, also in welchen Stadtteilen, Stadtbezirken und<br />

Stadtvierteln, ist die materielle Armut (Sozialhilfe)<br />

beson<strong>der</strong>s ausgeprägt?<br />

Um dieses Fragebündel zu beantworten, haben wir mit<br />

verschiedenen sozialwissenschaftlichen Methoden<br />

gearbeitet: Für die quantitativen Analysen mit statistischen<br />

Auswertungen und für die qualitative Analyse<br />

mit Fragebogen und Frageleitfaden, die schriftlich und<br />

mündlich von den Mitarbeiterinnen des Allgemeinen<br />

Sozialdienstes beantwortet wurden. Darüber hinaus<br />

wurden zahlreiche Interviews mit von Armut Betroffenen<br />

und Gespräche mit weiteren Experten und Expertinnen<br />

geführt.<br />

Ich wurde in den letzten Wochen immer wie<strong>der</strong> gefragt:<br />

Was ist denn eigentlich Armut in unserer Gesellschaft?<br />

Ohne nun in sozialpolitische und ethische Ausführungen<br />

einzusteigen, definiere ich im Rahmen des Sozialberichtes<br />

Armut als relativ. Das heißt, wir sprechen in<br />

den meisten Fällen von einer „relativen Einkommensarmut”,<br />

die auf das wirtschaftliche, soziale und kulturelle<br />

Gesamtniveau unserer Gesellschaft bezogen ist.<br />

Konkret lautet die Definition <strong>der</strong> Europäischen Kommission<br />

von 1975 folgen<strong>der</strong>maßen: „Arme sind Einzelpersonen<br />

o<strong>der</strong> Familien, die über so geringe Mittel<br />

verfügen, dass sie von <strong>der</strong> Lebensweise ausgeschlossen<br />

sind, die im Mitgliedstaat, in dem sie leben als annehmbares<br />

Minimum angesehen wird”.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> kommunalen Armutsanalyse, also einer<br />

kleinräumigeren Untersuchung, wird im Allgemeinen<br />

die Sozialhilfestatistik herangezogen und zwar die Statistik<br />

<strong>der</strong> „Hilfe zum Lebensunterhalt”. Innerhalb dieser<br />

Statistik gibt es eine so genannte Personendatei und<br />

Haushaltsdatei, die die Auswertung bestimmter personen-<br />

und haushaltbezogener Merkmale wie das Alter,<br />

Geschlecht, Nationalität und Haushaltsgröße ermöglichen.<br />

Eine weitere Frage wurde mir in den vergangenen<br />

Wochen immer wie<strong>der</strong> gestellt: Warum wird die Sozialhilfestatistik<br />

herangezogen, sind Menschen, die Sozialhilfe<br />

beziehen, überhaupt noch arm? In den letzten Jahren<br />

hat sich sowohl auf wissenschaftlicher Ebene, als<br />

auch in <strong>der</strong> gesellschaftspolitischen Diskussion ein<br />

Konsens zu diesem Thema herauskristallisiert, nämlich,<br />

dass Menschen, die Sozialhilfe beziehen, als arm<br />

gelten, da sie trotz staatlicher Intervention, in ihrer<br />

Lebensgestaltung erheblich eingeschränkt sind.<br />

Armut ist aber wesentlich mehr als eine materielle Notlage.<br />

Armut bedeutet Unterversorgung und Defizitssituationen<br />

in verschiedenen Lebensbereichen, wie etwa<br />

in den Bereichen Wohnen, Gesundheit und Bildung.<br />

Wenn wir eine Analyse materieller Unterversorgung<br />

anhand von Sozialhilfedaten beginnen, ist zu beachten,<br />

dass viele Menschen in so genannter verdeckter bzw.<br />

verschämter Armut leben. Diese Personengruppe, die<br />

trotz eines Anspruches auf Sozialhilfe dieses Recht<br />

nicht wahrnimmt, haben wir nicht in die Untersuchung<br />

einbeziehen können. Als Ursachen für ein Leben in verdeckter<br />

Armut werden Unwissenheit, Angst vor aufenthaltsrechtlichen<br />

Sanktionen, die Scheu davor, dass<br />

eventuell dadurch die nahen Angehörigen zum Unterhalt<br />

herangezogen werden und nach wie vor auch die<br />

Scham, zum Sozialamt zu gehen, genannt.<br />

Wissenschaftliche Studien belegten, dass auf nahezu<br />

jeden Sozialhilfeempfänger ein verdeckte Armer käme.<br />

Demnach ist in Stuttgart von insgesamt etwa 48.000<br />

Menschen auszugehen, die in einer materiell prekären<br />

Situation leben.<br />

Zur Entwicklung <strong>der</strong> Empfängerzahlen<br />

im Bereich <strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />

in Stuttgart<br />

Ich beziehe mich hier auf die bereinigten Zahlen des<br />

statistischen Landesamtes:<br />

Deutlich wurde, dass zwischen 1994 und 1997 eine<br />

Zunahme <strong>der</strong> Sozialhilfe/<strong>der</strong> Hilfe zum Lebensunterhalt<br />

(HLU) zu verzeichnen ist. Rechnen wir diese Empfängerzahlen<br />

auf 1.000 Einwohner (das ist die Dichte),<br />

stellen wir fest, dass auf 1.000 Einwohner 44 (42)<br />

Sozialhilfeempfänger kommen.<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 17


Armut in Stuttgart<br />

Seit 1998/1999 verzeichnen wir rückläufige Zahlen. Im<br />

Jahre 2000 kamen 39 HLU-Empfänger auf 1.000 Einwohner<br />

in Stuttgart. Der damalige Rückgang <strong>der</strong><br />

Sozialhilfedichte hat sowohl äußere Gründe – die bessere<br />

Arbeitsmarktlage, die Erhöhung staatlicher Transferleistungen,<br />

wie Arbeitslosengeld und Kin<strong>der</strong>geld –<br />

als auch interne Gründe, wie die greifenden Maßnahmen<br />

des städtischen Programms „Arbeit statt Sozialhilfe”.<br />

Inzwischen stellen wir wie<strong>der</strong> eine leichte<br />

Zunahme von 0,5 Prozent fest. Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen<br />

sprechen ebenfalls für einen erneuten<br />

Anstieg <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger.<br />

Wer ist von Armut und Unterversorgung<br />

betroffen?<br />

Betrachtet man die Alterstruktur wird deutlich, dass <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen sehr hoch ist, er<br />

liegt bei insgesamt über 32 Prozent. Die Hilfeempfänger<br />

im Erwachsenalter haben einen Anteil von insgesamt<br />

34,8 Prozent, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Menschen über 65<br />

Jahre liegt bei 6,2 Prozent. Betrachtet man die Dichtewerte,<br />

also die Zahl <strong>der</strong> Empfängerinnen und Empfänger<br />

von Hilfe zum Lebensunterhalt (LU) auf 1.000 Einwohner<br />

ist folgendes abzuleiten: Insgesamt kann festgestellt<br />

werden, dass mit zunehmenden Alter <strong>der</strong>zeit<br />

die Wahrscheinlichkeit abnimmt, auf Sozialhilfe angewiesen<br />

zu sein.<br />

Betrachten wir die Auswertungen des Merkmals<br />

Geschlecht: Auf den ersten Blick kann von einer<br />

Geschlechterdifferenz bei dem Bezug von Sozialhilfe<br />

nicht gesprochen werden. Kurz gesagt: Der Anteil <strong>der</strong><br />

Sozialhilfeempfängerinnen liegt mit knapp 7 Prozent<br />

über dem Anteil <strong>der</strong> Männer, bei den Dichtwerten<br />

liegen die Frauen etwas darüber.<br />

Es gibt Hinweise auf die Ursachen des Sozialhilfebezugs<br />

bei Frauen: auffällig ist <strong>der</strong> höhere Anteil <strong>der</strong><br />

18- bis 45-Jährigen bei den Frauen, dies liegt sicherlich<br />

an dem hohen Anteil <strong>der</strong> allein Erziehenden.<br />

Kommen wir zur Staatsangehörigkeit <strong>der</strong> Empfängerinnen<br />

und Empfänger von Sozialhilfe: Knapp 60<br />

Prozent sind Deutsche, etwas über 40 Prozent sind<br />

nichtdeutscher Herkunft. Auffällig dabei ist <strong>der</strong><br />

Dichtewert bei den nichtdeutschen Hilfeempfängern.<br />

Die Wahrscheinlichkeit als nichtdeutscher Stuttgarter<br />

Bürger arm zu werden ist mehr als doppelt so hoch<br />

wie als Deutscher, ein wichtiger Aspekt wird bei <strong>der</strong><br />

Betrachtung <strong>der</strong> Altersstruktur sichtbar: Sie sehen hier<br />

zwei nahezu entgegengesetzte Trends: <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />

Deutschen nimmt mit zunehmenden Alter ab, <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> nichtdeutschen nimmt mit zunehmenden<br />

Alter zu: Ob sich hier eine zukünftige Altersarmut <strong>der</strong><br />

Migrantinnen und Migranten anzeigt, hängt von <strong>der</strong>en<br />

Alterssicherung ab.<br />

Die Auswertungen zum Familienstand geben zentralen<br />

Einblick in die Risikostruktur materieller Versorgung.<br />

Eindeutig ist demnach, dass es einen Zusammenhang<br />

zwischen den „Stationen einer Ehe” bzw. dem Leben<br />

einer unverheirateten Person und den materiellen Risiken<br />

gibt. Das Armutsrisiko bei den Geschiedenen ist<br />

(mit einer Sozialhilfedichte von 78) am höchsten, es<br />

folgen die Ledigen. Bei <strong>der</strong> weiteren Analyse nach dem<br />

Geschlecht wurde deutlich, dass das Risiko, auf Sozialhilfe<br />

angewiesen zu sein, bei Frauen höher ist als bei<br />

Männern.<br />

Das Bildungsprofil – Ausbildung und Bildung – steht<br />

im engen Zusammenhang mit <strong>der</strong> Chance, ein selbstständiges<br />

und materiell risikoarmes Leben führen zu<br />

können. Die Auswertungen belegen eindeutig, dass die<br />

Empfänger von Sozialhilfe eher eine schlechte Schulbildung<br />

haben. So verfügen mehr als 30 Prozent über<br />

einen Hauptschulabschluss und fast 8 Prozent über keinen<br />

Schulabschluss. Übrigens zeichnet sich die Frage<br />

<strong>der</strong> Geschlechtsspezifik bei dieser Auswertung kaum<br />

ab. Betrachtet man die Frage nach <strong>der</strong> Nationalität<br />

wurde bei den Auswertungen deutlich, dass – wie zu<br />

erwarten – die nichtdeutschen Sozialhilfeempfänger<br />

insgesamt eine schlechtere Schulbildung haben als die<br />

deutschen.<br />

Die Frage nach dem höchsten Berufs- und Ausbildungsabschluss<br />

dokumentiert weiter den Zusammenhang<br />

zwischen Qualifikation und Armutsrisiko. Es ist<br />

hier zu sehen, dass von über 15.000 erwerbsfähigen<br />

Sozialhilfeempfängern nahezu ein Drittel über keinen<br />

beruflichen Ausbildungsabschluss verfügt.<br />

Resümierend kann formuliert werden, dass Frauen bei<br />

dieser Frage etwas schlechter gestellt sind als die<br />

Männer, Nichtdeutsche Sozialhilfeempfänger haben<br />

insgesamt ein schlechteres Ausbildungsniveau als die<br />

Deutschen.<br />

Betrachtet man nun die Haushaltsstrukturen, so werden<br />

die Aspekte und Problematiken klarer, die sich in den<br />

vorhergehenden Auswertungen zeigten: Es sind vor<br />

18 Diakonie Dokumentation 03/2002


Armut in Stuttgart<br />

allem die Haushalte <strong>der</strong> allein Lebenden von Armut<br />

bedroht. Ich möchte diese Sozialhilfeempfängergruppe<br />

hervorheben, da sie oft in <strong>der</strong> Darstellung <strong>der</strong> Medien<br />

und in <strong>der</strong> Politik untergehen. Herausragend sind darüber<br />

hinaus die Haushalte mit fünf und mehr Personen,<br />

also so genannte kin<strong>der</strong>reiche Familien.<br />

Beschäftigen wir uns mit dem Thema Kin<strong>der</strong>, Ein-<br />

Eltern und Zwei-Elternfamilien: Hier werden die<br />

Risiko- und Verteilungsstrukturen überdeutlich: Es<br />

sind vor allem die allein Erziehenden, <strong>der</strong>en Armutsrisiko<br />

hoch ist. Wohl liegt ihr Anteil nur bei 20,5 Prozent<br />

<strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger, bezogen auf die Einwohnerzahlen<br />

liegt jedoch die Sozialhilfedichte bei<br />

271. Zwei-Elternfamilien liegen dagegen mit 40 HLU-<br />

Empfänger auf 1.000 Einwohner im Risikobereich von<br />

Haushalten ohne Kin<strong>der</strong>.<br />

Und die Kin<strong>der</strong>? Wo leben sie? Von den 7.715 Kin<strong>der</strong>n,<br />

die Sozialhilfe beziehen, d.h. Personen unter 18 Jahren,<br />

leben 53,4 Prozent also 4.118 Kin<strong>der</strong>, bei nur einem<br />

Elternteil, 46,6 Prozent leben bei beiden Eltern. Dies<br />

zeigt, dass gerade diese spezifischen Haushaltskonstellationen,<br />

das Armutsrisiko von Kin<strong>der</strong>n erhöhen.<br />

Ein Blick über die Grenzen zeigt dabei interessante<br />

Befunde: In den skandinavischen Län<strong>der</strong>n mit ihren<br />

großzügigen Maßnahmen in <strong>der</strong> Familienpolitik mit<br />

<strong>der</strong> entsprechenden Infrastruktur und <strong>der</strong> hohen (Teilzeit-)Erwerbsquote<br />

<strong>der</strong> Frauen ist das Problem <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>armut<br />

nicht anzutreffen (3,9 Prozent in Dänemark,<br />

5,9 Prozent in Finnland).<br />

Direkte Ursachen sind also Arbeitslosigkeit, die so<br />

genannte häusliche Bindung – dies trifft oft auf die<br />

alleinerziehenden Frauen zu – und nicht ausreichendes<br />

Einkommen. Hier tritt die aufstockende Sozialhilfe ein.<br />

Sekundäre Ursachen sind Trennung und Scheidung,<br />

Überschuldung et cetera. Wir haben somit eindeutige<br />

Indikatoren die das Armutsrisiko steigern, das geht aus<br />

allen wissenschaftlichen Untersuchungen und auch<br />

unseren Stuttgarter Befunden hervor:<br />

Das Geschlecht,<br />

die Nationalität,<br />

<strong>der</strong> Familienstand<br />

und die Bildung.<br />

Weitere Faktoren, die zur Arbeitslosigkeit führen, sind<br />

ein schlechter Bildungsabschluss, Sprachprobleme,<br />

psychosoziale Probleme, wie Sucht o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Defizite,<br />

und schließlich gesundheitliche Probleme.<br />

Die dargelegten Ergebnisse beschreiben den sozioökonomischen<br />

Status <strong>der</strong> Menschen, die Sozialhilfe beziehen.<br />

Zu fragen ist nun: wie lange sind die Empfänger im<br />

Bezug von Sozialhilfe? Wie lange dauert ein Lebensabschnitt<br />

materieller Notlage in Stuttgart?<br />

Wir haben hierfür den Begriff <strong>der</strong> Verweil- bzw. Bezugsdauer<br />

in <strong>der</strong> Sozialhilfe gewählt. Die wenigen<br />

Untersuchungen, die es bisher in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

gibt und auch unsere erste Analyse <strong>der</strong> Bezugsdauer<br />

von Hilfe zur Lebensunterhalt machen klar, dass wir<br />

von einem Kurzzeitbezug ausgehen können.<br />

Unsere Berechnung von laufenden Fällen und abgeschlossenen<br />

Fällen brachte folgendes Ergebnis: Die<br />

mittlere Bezugsdauer liegt bei 1,47 Jahre. Die Anzahl<br />

<strong>der</strong> Kurzzeitbezieher bis zu einem Jahr liegt bei 50 Prozent.<br />

An dieser Stelle möchte ich klar formulieren, dass<br />

die Befunde sich nur auf eine erste so genannte Episode<br />

beziehen. Ob also die aus <strong>der</strong> Sozialhilfe ausgestiegenen<br />

Personen länger materiell auf eigenen Füßen<br />

stehen o<strong>der</strong> ob sie später wie<strong>der</strong> etwa durch erneute<br />

Arbeitslosigkeit in den Sozialhilfebezug kommen,<br />

bleibt zunächst offen. Im Rahmen einer weiteren notwendigen<br />

Evaluation werden wir eine Auswahl von<br />

Fällen in eine Langzeitbeobachtung einbeziehen.<br />

Wo ist Armut und Unterversorgung in<br />

Stuttgart räumlich angesiedelt?<br />

Ein erster Blick auf Verteilungsmuster im Stadtgebiet ist<br />

wie<strong>der</strong>um über die Analyse <strong>der</strong> allgemeinen Sozialhilfedichte<br />

in den Stadtbezirken und Stadtvierteln möglich.<br />

Wie bereits gezeigt, lag die Sozialhilfedichte in Stuttgart<br />

bei 42 HLU-Empfangenden auf 1.000 Einwohner.<br />

Die Werte in den Stadtvierteln schwanken zwischen<br />

0 und 119 HLU-Empfangende pro 1.000 Einwohner.<br />

Die höchsten Empfängerzahlen sind in den Bezirken<br />

Bad Cannstatt, Süd, Ost und West anzutreffen. Die<br />

Stadtbezirke Münster, Birkach, Hedelfingen, Plieningen<br />

und Degerloch weisen die niedrigsten Empfängerzahlen<br />

auf. Augenscheinlich bei diesem räumlichen<br />

Verteilungsmuster ist also, dass sich die Bezirke mit<br />

überdurchschnittlicher Sozialhilfedichte überwiegend<br />

im Stuttgarter Talkessel, entlang des Neckars und im<br />

nördlichen äußeren Stadtgebiet befinden. Bezirke mit<br />

unterdurchschnittlicher Sozialhilfedichte sind auf den<br />

Höhenlagen des Stuttgarter Kessels, im südlichen<br />

Stadtgebiet und auf <strong>der</strong> Fil<strong>der</strong>hochebene zu finden.<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 19


Armut in Stuttgart<br />

Ich kann in diesem Rahmen heute nicht weiter auf<br />

Einzelergebnisse zu den verschiedenen Zielgruppen<br />

sozialer Planung bzw. Empfängergruppen eingehen,<br />

Ihnen jedoch die eher überraschenden Befunde nennen:<br />

1. Dort, wo bestimmte Gruppen wohnen, ist nicht<br />

unbedingt gleichzeitig auch von einem erhöhten<br />

Anteil <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger zu sprechen.<br />

2. So wohnen Kin<strong>der</strong> und Jugendliche vor allem in den<br />

so genannten randlichen Lagen. Die Stadtviertel mit<br />

deutlich überdurchschnittlichem Anteil an Kin<strong>der</strong>n<br />

und Jugendlichen, die Sozialhilfe beziehen, befinden<br />

sich eher in den Tallagen <strong>der</strong> Innenstadtbezirke,<br />

in den Neckarvororten, in Bad Cannstatt sowie in<br />

den Wohngebieten mit sozialem Wohnungsbau.<br />

3. Die allein Erziehenden insgesamt wohnen eher in<br />

Innenstadtlagen (über 40 Prozent) und in Bad Cannstatt;<br />

dasselbe gilt für die Sozialhilfeempfänger.<br />

4. Über die Hälfte <strong>der</strong> Einwohner Stuttgarts mit ausländischem<br />

Pass wohnt in den Stadtbezirken Bad<br />

Cannstatt, Ost, Süd, West und Zuffenhausen, dieselben<br />

Stadtbezirke haben wie<strong>der</strong>um die höchste<br />

Anzahl an Sozialhilfeempfängern. Ein weiterer<br />

wichtiger Befund ist hier: Da, wo viele Auslän<strong>der</strong><br />

leben, leben viele arme Deutsche.<br />

Probleme und Ressourcen<br />

Von <strong>der</strong> räumlichen Analyse kommen wir nun zu einer<br />

kurzen Darstellung <strong>der</strong> Lebenslagen, Probleme und<br />

Ressourcen von Menschen in Armut. Wie bereits von<br />

meinen Vorrednern erläutert, wirkt sich materielle<br />

Armut auf verschiedene Lebensbereiche aus und zwar<br />

defizitär. Wir haben dies auch in unserer qualitativen<br />

Analyse, den Interviews mit von Armut Betroffenen<br />

und den Expertinnen in den verschiedenen Stadtteilen<br />

bestätigt gefunden. Die Gesundheit, die Wohnqualität,<br />

die Konsum- und die Ernährungsgewohnheiten unterschieden<br />

sich eindeutig von Personen, die über ein<br />

gesichertes, ausreichendes Einkommen verfügen. An<br />

dieser Stelle möchte ich diese Aspekte nicht weiter<br />

ausführen, jedoch noch einige wenige Worte zum Thema<br />

„Ressourcen und Bewältigungsstrategien” von<br />

Menschen in Armut verlieren. Tatsache ist, dass – je<br />

nach individueller Disposition und je nach Lebensphase<br />

– die Menschen verschieden mit <strong>der</strong> materiell<br />

schwierigen Lebensphase umgehen. Von größter<br />

Bedeutung erweist sich hierbei vor allem die Dauer.<br />

Bei lang anhalten<strong>der</strong> Hilfebedürftigkeit versiegen<br />

auch stärkste individuelle Ressourcen. Als Grenze<br />

wurde in vielen Gesprächen ein individuell unterschiedlicher<br />

Zeitraum von zwei bis drei Jahren<br />

genannt. Ist danach keine Än<strong>der</strong>ung in Sicht, also z. B.<br />

kein neuer Arbeitsplatz gefunden, resignieren auch<br />

starke und optimistische Personen. Sie ergeben sich<br />

in ihr Schicksal und versuchen nicht mehr, sich aus<br />

eigener Kraft zu befreien.<br />

Danach beginnt häufig ein Anpassungsprozess, <strong>der</strong> in<br />

<strong>der</strong> Glücksforschung schon länger beobachtet wird:<br />

Fast niemand bezeichnet sich über einen längeren<br />

Zeitraum hinweg als „vollkommen unglücklich”.<br />

Menschen scheinen sich mit ihren Verhältnissen<br />

arrangieren zu wollen und auch zu können. Die Ressource<br />

Anpassungsfähigkeit hilft nun zwar dabei,<br />

überleben zu können, setzt aber keine Selbsthilfekräfte<br />

in dem Sinne frei, dass die betroffene Person<br />

sich aus eigener Kraft aus ihrer Situation noch befreien<br />

wollte und könnte.<br />

In kürzeren Armutsperioden greifen dagegen viele verschiedene<br />

Ressourcen, die dabei helfen, eine Armutsphase<br />

zu überwinden. Folgende Kraftquellen wurden<br />

von Betroffenen und Experten genannt: „innere Ruhe”,<br />

ein guter Schlaf, Religiosität, eine intakte Familie, eine<br />

glückliche Kindheit, die Kin<strong>der</strong>, gute Freunde und<br />

Nachbarn, eine hohe innere Befriedigung durch betimmte<br />

Aktivitäten und aus eigenem Antrieb intensiv<br />

betriebene Hobbys, Haustiere. Aber selbst solche eher<br />

persönlichen und persönlichkeitsbedingten Ressourcen<br />

bedürfen, wie viele Betroffene meinten, einer kontinuierlichen<br />

Stützung „von außen”, durch Beratung,<br />

finanzielle Zuschüsse und die Bereitstellung von entsprechen<strong>der</strong><br />

Infrastruktur.<br />

Weitere Ressourcen, die häufig genannt wurden, erfor<strong>der</strong>n<br />

von vornherein Interventionen von an<strong>der</strong>er Seite:<br />

eine gute Wohnung, in <strong>der</strong> die Betroffenen sich wohl<br />

fühlen, ein ästhetisch ansprechendes Haus und ein alle<br />

Sinne anregendes Wohnungsumfeld, Nähe/Bezug zur<br />

Natur (Mietergärtchen, Balkonpflanzen, natürliche<br />

Freiflächen, Tiere), ein soziales Umfeld, das eine gute<br />

Mischung aus Menschen in ähnlich schwierigen<br />

Lebensumständen, aber auch Menschen in besseren<br />

Verhältnissen bietet, eine Infrastruktur, die vielen verschiedenen<br />

Bedürfnissen gerade von Menschen in<br />

Armut gerecht wird. Solche Bedingungen werden als<br />

Quellen von Freude und Kräften erfahren, die dabei<br />

helfen, den schwierigen Alltag zu meistern und den<br />

Blick in die Zukunft zu richten. Als wichtigste Ressource<br />

wird aber die Arbeit betrachtet. Oft wird erzählt,<br />

20 Diakonie Dokumentation 03/2002


Armut in Stuttgart<br />

dass mit dem Moment des Beginns einer neuen Arbeit<br />

viele Probleme sich von selbst gelöst hätten.<br />

Mehrere Gesprächspartner beschrieben uns neben<br />

positiven Ressourcen auch Erfahrungen und soziale<br />

Prozesse, die sich demotivierend, also negativ, auswirkten:<br />

Demütigung durch soziale Einrichtungen und<br />

ihre Vertreter, Undurchschaubarkeit von Verfahren und<br />

Regeln und damit <strong>der</strong> eigenen Lebensumstände und<br />

schließlich, fast als die schlimmste Erfahrung, <strong>der</strong> armutsbedingte<br />

Umzug in ein Wohnviertel, das als sozial<br />

schwächer erlebt wird und ein schlechtes Image hat. Ich<br />

zitiere einen Befragten: „Da wusste ich, da kommst du<br />

nicht mehr heraus.”<br />

Meine Damen und Herren, mit diesem Zitat schließe<br />

ich die Berichterstattung über unsere statistischen<br />

Befunde und qualitativen Ergebnisse <strong>der</strong> Befragungen.<br />

Was noch zu sagen bleibt<br />

Wie sehen die Perspektiven aus? Deutlich wurde, dass<br />

unsere Befunde sich mit den Ergebnissen des Armutsberichtes<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung decken. Perspektivisch<br />

ist davon auszugehen, dass die Möglichkeiten<br />

bestimmter Empfängergruppen, wie die <strong>der</strong> allein<br />

Erziehenden o<strong>der</strong> auch allein Lebenden mit schlechten<br />

Chancen am Arbeitsmarkt, von ihrem Vermögen<br />

abhängen, dem diskontinuierlichen Erwerbsverlauf<br />

Kontinuität zu geben. Darüber hinaus sind weitere<br />

Faktoren, wie Heiratsverhalten, die persönliche Ausgestaltung<br />

des Lebensweges o<strong>der</strong> psychosoziale<br />

Konstellationen ausschlaggebend. Die Perspektiven<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen, die in einem armen<br />

Elternhaus aufwachsen sind schwierig zu prognostizieren:<br />

Bildung und För<strong>der</strong>ung sind stark herkunftsbezogen;<br />

jedoch kann eine zuverlässige Infrastruktur<br />

nicht nur für die Kin<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch für die Eltern<br />

eindeutig das Armutsrisiko min<strong>der</strong>n.<br />

Wenn wir uns wie<strong>der</strong> den Rahmenbedingungen<br />

zuwenden und auch einen Blick auf die Handlungsmöglichkeiten<br />

werfen: Armut ist immer im Zusammenhang<br />

zu sehen mit den ökonomischen und<br />

wohlfahrtsstaatlichen Rahmenbedingungen eines<br />

Landes und so auch einer Kommune. Wir wissen,<br />

dass den kommunalen Handlungsmöglichkeiten<br />

Grenzen gesetzt sind. Entscheidende Weichenstellungen<br />

werden auf Bundesebene im Bereich <strong>der</strong><br />

Familien- und Sozialpolitik, <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>politik<br />

und in <strong>der</strong> Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik vorgenommen.<br />

Das Sozialreferat <strong>der</strong> Stadt Stuttgart verfügt über vielfältige<br />

Maßnahmen zur Armutsverhin<strong>der</strong>ung, die immer<br />

wie<strong>der</strong> modifiziert und den Erfor<strong>der</strong>nissen <strong>der</strong><br />

Gruppen und <strong>der</strong> Rahmenbedingungen angepasst werden.<br />

Eine beson<strong>der</strong>e Rolle kommt dem Programm<br />

„Arbeit statt Sozialhilfe” und zukünftig <strong>der</strong> Hilfeplanung<br />

zu, die zentraler Baustein <strong>der</strong> Armutsbekämpfung<br />

sein wird. Bruno Pfeifle hat in seinem Grußwort weitere<br />

Interventionsinstrumente und Angebote erwähnt.<br />

Wie geht nun eine Kommune, wie die Stadt Stuttgart<br />

mit den konkreten sozialwissenschaftlichen Ergebnissen<br />

des ersten Sozialberichtes um? Wo sehe ich persönlich<br />

den sozialplanerischen Handlungsbedarf in <strong>der</strong><br />

Thematik „Armut und Unterversorgung in Stuttgart”?<br />

In den Ausschüssen des Gemein<strong>der</strong>ates wurde <strong>der</strong> erste<br />

Sozialbericht „Armut in Stuttgart – quantitative und<br />

qualitative Analysen” nicht nur vorgestellt und diskutiert.<br />

Darüber hinaus wurde Folgendes beschlossen: Es<br />

wird eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die die Ergebnisse<br />

des Armutsberichtes hinsichtlich Maßnahmen zur<br />

Verbesserung <strong>der</strong> Situation materiell bedürftiger Einwohner<br />

diskutiert und daraus Vorschläge entwickelt.<br />

Die Erarbeitung einer Konzeption für einen Fachkongress<br />

bzw. einen Fachtag, <strong>der</strong> das Thema „Armut und<br />

Unterversorgung” in ihren verschiedenen Perspektiven<br />

zum Inhalt hat, ist die weitere Aufgabe dieser Arbeitsgruppe.<br />

Die Arbeitsgruppe sollte interdisziplinär<br />

zusammengesetzt sein und auf <strong>der</strong> Ebene konkreter<br />

Vorschläge und Maßnahmen arbeiten.<br />

Ich sehe nun Handlungsbedarf – ohne auf das Programm<br />

<strong>der</strong> zukünftigen interdisziplinären Arbeitsgruppe<br />

einzugehen – auch in <strong>der</strong> Vernetzung <strong>der</strong> Maßnahmen.<br />

Ich erwarte mir davon, dass unter <strong>der</strong> Überschrift<br />

„Vermeidung und Bekämpfung <strong>der</strong> Armut in <strong>der</strong> Stadt<br />

Stuttgart” <strong>der</strong> Bedarf abgefragt und formuliert wird und<br />

somit auch Defizite aufgezeigt werden können. Dies<br />

wird ein wesentlicher Bestandteil einer passgerechteren<br />

Maßnahmenplanung sein.<br />

In diesem Sinne wünsche ich mir für das Thema „Armut<br />

und Unterversorgung” eine konstruktive, auch öffentliche<br />

Diskussion, eine effektive Bestandsanalyse und<br />

gegebenenfalls Maßnahmenplanung und eine offensive<br />

und fruchtbare Umsetzung des Programms im Sinne<br />

einer Verbesserung <strong>der</strong> Lebenssituation aller Bürgerinnen<br />

und Bürger, die in einer materiell prekären Lage<br />

sind.<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 21


Projektvorstellung<br />

Elsa Lopp, Carola Martin, Elke Rosental: Projektvorstellung<br />

1. Projekthintergrund<br />

1.1 Das Projekt „Armutsprävention durch Vermittlung<br />

von Haushaltsführungskompetenzen”<br />

Das durchgeführte Projekt beruhte auf einer<br />

Initiative des Bundesministeriums für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend. Auf Bundesebene<br />

wurden Verbände, insbeson<strong>der</strong>e Hauswirtschaftliche<br />

Verbände aufgefor<strong>der</strong>t, Projekte zu entwickeln.<br />

Ziel war, Haushaltsführungskompetenzen<br />

von Familien mit Defiziten zu stärken.<br />

1.2 „Das bisschen Haushalt...”: Ausgangslage für<br />

das in Stuttgart entwickelte Projekt war die Situation<br />

benachteiligter allein erziehen<strong>der</strong> junger<br />

Frauen und Mütter. Benachteiligte junge Frauen<br />

und Mütter bedürfen auf Grund ihrer Persönlichkeitsentwicklung<br />

und Häufung von Problemlagen<br />

im emotionalen, sozialen und materiellen<br />

Bereich <strong>der</strong> Betreuung. Oft fehlt ihnen die notwendige<br />

Unterstützung in ihrer Herkunftsfamilie.<br />

Viele dieser Frauen haben keinen Schulabschluss<br />

o<strong>der</strong> es fehlt ihnen eine berufliche Ausbildung.<br />

Darüber hinaus wurden allein erziehende<br />

Frauen aus dem Stadtteil erreicht, die ihr<br />

Kind zur Tagesbetreuung in eine Kin<strong>der</strong>tagesstätte<br />

bringen.<br />

Ziel: Junge allein erziehende Frauen mit kleinen<br />

Kin<strong>der</strong>n, sollten auf eine selbständige Lebensführung<br />

mit dem Kind (den Kin<strong>der</strong>n) vorbereitet<br />

werden. Durch die Kursreihe (20 x 2,5 Stunden)<br />

sollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer in<br />

Theorie und durch praktischen Übungen, durch<br />

die gemeinsame Vorbereitung und Durchführung<br />

des Abschlussfestes ihre Fähigkeiten und Kompetenzen<br />

zur Haushaltsführung erweitern bzw.<br />

einüben.<br />

Zielgruppe: Junge Frauen, in <strong>der</strong> Regel zwischen<br />

16 und 30 Jahren als Schwangere o<strong>der</strong><br />

Mütter mit Säuglingen, Alleinerziehende mit<br />

kleineren Kin<strong>der</strong>n.<br />

1.3 Vorgehensweise:<br />

III. Gewinnung von Projektbeteiligten durch das<br />

Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> Evangelischen Kirche in<br />

Deutschland e.V.: Evang. Diakonissenanstalt<br />

Stuttgart, Mitglied im Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong><br />

evangelischen Kirche in Württemberg e.V. und<br />

Weraheim, Haus für Mutter und Kind, Stuttgart,<br />

Mitglied im Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> evangelischen<br />

Kirche in Württemberg<br />

III. Entwicklung eines Kursprogramms durch die Ausbil<strong>der</strong>innen<br />

<strong>der</strong> Ausbildungsstätte für Hauswirtschafterinnen<br />

<strong>der</strong> Evang. Diakonissenanstalt Stuttgart<br />

und den pädagogischen Fachkräften des Weraheims.<br />

III. Motivation <strong>der</strong> Teilnehmerinnen durch Einzelgespräche<br />

und Handzettel bzw. Flyer<br />

IV. Festlegung <strong>der</strong> Unterrichtsorte und Unterrichtszeiten<br />

IV. Durchführung <strong>der</strong> drei Kurse<br />

2. Kursprogramm<br />

„Das bisschen Haushalt...”<br />

Der Schwerpunkt liegt in <strong>der</strong> Stärkung <strong>der</strong><br />

• Kompetenz im Umgang mit Geld – Auskommen<br />

mit dem Einkommen<br />

– Ausgabenplanung, Budgetverwaltung, Kreditmanagement<br />

• Organisations- und Planungskompetenz im<br />

Haushalt<br />

– Zeitplanung, Aufgabenteilung<br />

• Beschaffungskompetenz<br />

– Entscheidung für Kauf, Miete o<strong>der</strong> Leasing<br />

• Sozialkompetenz<br />

– Wer bin ich selbst, Freizeitgestaltung, Familienplanung<br />

unterstützt durch praktische Übungen in<br />

• Nahrungszubereitung<br />

• Textilpflege und Anfertigung einfach textiler<br />

Gegenstände<br />

• Wohnungspflege<br />

• Reparaturen im Haushalt<br />

• Organisation und Durchführung von Festen<br />

22 Diakonie Dokumentation 03/2002


Projektvorstellung<br />

Weraheim Stuttgart und Evang. Diakonissenanstalt Stuttgart<br />

Kursprogramm „das bisschen Haushalt...” – „fit fürs Leben”<br />

20 x 2,5 Std. + Abschlussfest<br />

E 1 Kennen lernen <strong>der</strong> Teilnehmer/innen E 5 Wege durch den Behördendschungel<br />

Wera Dozenten und Ansprechpartner<br />

Wera • Überblick<br />

14.09. Einführung in das Kursprogramm • Zuständigkeiten<br />

• Rechtsansprüche<br />

Anfertigung eines einfachen<br />

Kin<strong>der</strong>spielzeugs<br />

12.10.<br />

E 2 Schriftverkehr E 6 Textilien einkaufen und pflegen<br />

• Formulare<br />

Wera • Anträge Diak • Textilkennzeichnung<br />

• Kalen<strong>der</strong>führung • Pflegekennzeichen<br />

• Reklamationen • Bedienung und Pflege <strong>der</strong> Geräte<br />

• zur Wäschepflege<br />

21.09. Ordnungssysteme • Ausbessern von Kleidung und Wäsche<br />

E 3 Anwendung einfacher Nähtechniken E 7 Kin<strong>der</strong>krankheiten<br />

Diak • Ausbesserungsarbeiten von Hand Wera • was tun bei ...<br />

• einschl. Textilkleben • Leistungen <strong>der</strong> Krankenkassen<br />

28.09. • Bedienung <strong>der</strong> Nähmaschine 26.10. • Hausapotheke<br />

E 4 Nahrungszubereitun E 8 Nahrungszubereitung<br />

Diak • Gemüsezubereitung Diak • Nährstoffbedarf<br />

• Hygiene in <strong>der</strong> Küche • Ernährungsformen<br />

5.10. • Vorbeugung ernährungsbedingter • Anwendung verschiedener Garverfahren<br />

• Krankheiten<br />

E 9 Aufgabenteilung in <strong>der</strong> Familie E 16 „Selbst ist die Frau / <strong>der</strong> Mann”<br />

Wera • Beruf und Familie Diak Durchführung kleinerer Reparaturen<br />

• Entlastungsmöglichkeiten 18.01. im Haushalt<br />

16.11. • Zeitplanung<br />

E 10 Nahrungszubereitung E 17 Aufgabenteilung in <strong>der</strong> Familie<br />

• einfache Gerichte<br />

Diak • schnelle Küche Wera • Beruf und Familie<br />

Resteverwertung • Entlastungsmöglichkeiten<br />

23.11. • Kostenvergleich 18.01. • Zeitplanung o<strong>der</strong> prakt. Übungen<br />

• (nach Bedarf o<strong>der</strong> Wunsch d. TN)<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 23


Projektvorstellung<br />

E 11 Wohnung gestalten und pflegen E 18 Freizeitgestaltung<br />

Diak • Reinigungsmittel Wera • Auswahl von Spielzeug<br />

• Reinigungsverfahren • Beschäftigung von Kin<strong>der</strong>n<br />

• Rationelle Arbeitsabläufe<br />

30.11. • Raumschmuck (Advent) 25.01.<br />

E 12 Mit dem Einkommen gut auskommen E 20 Planung und Organisation eines<br />

(Festes Abschlussfest)<br />

Wera • Budgetverwaltung Diak • Einladung<br />

• Kreditmanagement • Auswahl <strong>der</strong> Speisen einschl.<br />

• Ratenkauf • Kostenvoranschlag<br />

• Bargeldlose Zahlungen • Tischschmuck, Programm<br />

E 13 Nahrungszubereitung E 20 Vorbereitung eines einfachen kalten Buffets<br />

Diak • Herstellung von Backwaren Diak<br />

• Tischdecken<br />

14.12. • Tischschmuck 08.02.<br />

E 14 Erste Hilfe für Kin<strong>der</strong> – Kin<strong>der</strong>notfälle E 21 Abschlussfest und Übergabe <strong>der</strong> Zertifikate<br />

Wera • Kleinere Verletzungen Diak<br />

• Kin<strong>der</strong>krankheiten<br />

• Notrufzentralen 22.02.<br />

E 15 Familienplanung<br />

Wera<br />

11.01.<br />

2.1 Die Evangelische Diakonissenanstalt als Projektträger<br />

Die Evangelische Diakonissenanstalt Stuttgart ist eine<br />

kirchliche Stiftung bürgerlichen Rechts. Neben <strong>der</strong><br />

Führung eines Krankenhauses sowie Alten- und Pflegeheimen<br />

liegt ein Schwerpunkt in <strong>der</strong> Ausbildung<br />

zur Krankenschwester/Krankenpfleger, Alterpflegerin/<br />

Altenpfleger, in Berufen <strong>der</strong> Verwaltung und in <strong>der</strong><br />

Ausbildung zur Hauswirt-schafterin/Hauswirtschafter.<br />

Die hauswirtschaftliche Ausbildung umfasst 15 Ausbildungsplätze,<br />

die Zahl <strong>der</strong> Bewerbungen liegt<br />

wesentlich höher. Die räumliche und technische Ausstattung<br />

erschien geradezu ideal für die Vermittlung <strong>der</strong><br />

praxisbezogenen Lerninhalte. Die betriebliche Atmosphäre<br />

ermöglichte gewisse Freiräume für die Kursteilnehmerinnen.<br />

2.2 Das Weraheim als Wohnort <strong>der</strong><br />

Teilnehmerinnen<br />

Das Weraheim ist eine Einrichtung für Schwangere,<br />

Mütter, Väter und ihre Kin<strong>der</strong>, die aufgrund persönlicher<br />

und familiärer Probleme eine intensive sozialpädagogische<br />

Betreuung benötigen. Das Haus bietet<br />

seit fast 100 Jahren im beschützten Rahmen aktive und<br />

engagierte Hilfe an. Es befindet sich in einem kleinen<br />

Parkgelände zentral in Stuttgart.<br />

Das Angebot des Weraheims umfasst<br />

• 3 vollstationäre Wohngruppen (37 Plätze) mit<br />

– Arbeits- und Beschäftigungstherapie<br />

– Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

– Rund-um-die-Uhr-Betreuung<br />

• Betreutes Wohnen in 4 Appartements (10 Plätze)<br />

• 5 Inobhutnahmeplätze<br />

24 Diakonie Dokumentation 03/2002


Projektvorstellung<br />

• 3 Notaufnahmeplätze<br />

• eine öffentliche Kin<strong>der</strong>krippe (10 Plätze)<br />

2.3 Die Teilnehmerinnen<br />

Um Interessentinnen für den Kurs „Fit für den Haushalt”<br />

zu gewinnen, wurde jede Bewohnerin des Weraheimes<br />

motiviert, teilzunehmen. Das Projekt wurde<br />

außerordentlich beim örtlichen Allgemeinen Sozialen<br />

Dienst (ASD), in an<strong>der</strong>en Mutter-Kind-Einrichtungen<br />

sowie über die Tagespresse vorgestellt.<br />

Der Teilnehmerinnenkreis setzte sich wie folgt zusammen:<br />

Insgesamt 26 Teilnehmerinnen und ein Teilnehmer,<br />

davon<br />

21 Bewohnerinnen und ein Bewohner des Weraheimes<br />

03 Teilnehmerinnen aus an<strong>der</strong>en Mutter-Kind-Einrichtungen<br />

0 1 Teilnehmerin über den ASD <strong>der</strong> Stadt Stuttgart<br />

01 Teilnehmerin über Pressebericht.<br />

Alle Teilnehmerinnen waren allein erziehend mit<br />

einem o<strong>der</strong> mehreren Kin<strong>der</strong>n, zwei standen kurz vor<br />

<strong>der</strong> Entbindung ihres ersten Kindes, ein Vater hat am<br />

Kurs teilgenommen. Die einzige Teilnehmerin, die aufgrund<br />

des Presseberichtes kam, schied nach zweimaligem<br />

Erscheinen wie<strong>der</strong> aus, da sie merkte, dass sie<br />

nicht zu dem angesprochenen Personenkreis (s.u.)<br />

gehörte.<br />

Um die Lebenssituation <strong>der</strong> Teilnehmerinnen verstehen<br />

zu können, soll hier die Zielgruppe des Weraheimes<br />

beschrieben werden.<br />

Die Situation <strong>der</strong> meist sehr jungen Mütter ist gekennzeichnet<br />

durch eine Häufung von Problemlagen, die im<br />

emotionalen, sozialen, intellektuellen o<strong>der</strong> materiellen<br />

Bereich liegen können. Problematisch ist häufig das<br />

Erreichen eines Schulabschlusses o<strong>der</strong> einer Ausbildung<br />

sowie <strong>der</strong> Einstieg in das Erwerbsleben. Der<br />

Anteil von ausländischen Frauen ist über dem des<br />

Bevölkerungsanteiles. Insbeson<strong>der</strong>e handelt es sich um<br />

Schwangere, Mütter und Väter ab 14 Jahren mit ihren<br />

Kin<strong>der</strong>n, die<br />

• in ihrer Herkunftsfamilie von Misshandlungen und<br />

Missbrauch betroffen o<strong>der</strong> bedroht sind,<br />

• nach einer klinisch-psychiatrischen Behandlung<br />

und/o<strong>der</strong> nach einer abgeschlossenen Therapie <strong>der</strong><br />

Nachsorge bedürfen,<br />

• nach einem Strafvollzug <strong>der</strong> Nachsorge bedürfen<br />

o<strong>der</strong> nach richterlichen Auflagen in <strong>der</strong> Einrichtung<br />

betreut werden,<br />

• seelisch behin<strong>der</strong>t sind,<br />

• oft schon Jahre auf <strong>der</strong> Straße gelebt haben,<br />

• drogengefährdet o<strong>der</strong> substituiert sind,<br />

• aus an<strong>der</strong>en Einrichtungen des Hilfesystems kommen,<br />

• oft verschuldet sind.<br />

2.4 Gewinnung <strong>der</strong> Kursleitung und <strong>der</strong> Dozenten<br />

Mit <strong>der</strong> Kursleitung wurde eine Hauswirtschaftsmeisterin,<br />

Alter Mitte 30, zwei Kin<strong>der</strong> im Alter von 5<br />

und 7 Jahren, beauftragt. Sie war früher als Ausbil<strong>der</strong>in<br />

in <strong>der</strong> Evangelischen Diakonissenanstalt Stuttgart<br />

beschäftigt und in den letzten Jahren ehrenamtlich in<br />

<strong>der</strong> Erwachsenenbildung tätig. Sie verfügte somit über<br />

Unterrichts- und Ausbildungserfahrung und besaß<br />

zudem die Fähigkeit, sich auf diesen Personenkreis einzustellen.<br />

Die Dozenten und Dozentinnen für die jeweiligen<br />

Fachgebiete wie Kin<strong>der</strong>krankheiten unter an<strong>der</strong>en wurden<br />

persönlich angefragt bzw. gewonnen.<br />

3. Durchführung <strong>der</strong> Maßnahme<br />

3.1 Gestaltung <strong>der</strong> Kursabende<br />

Für die Vermittlung <strong>der</strong> rein theoretischen Inhalte<br />

wurde als Unterrichtsort das Weraheim eingeplant,<br />

während die vorwiegend praktischen Inhalte in den<br />

Räumen <strong>der</strong> Evangelischen Diakonissenanstalt vermittelt<br />

wurden. Die räumliche Nähe <strong>der</strong> Evangelischen<br />

Diakonissenanstalt zum Weraheim erwies sich als<br />

sehr günstig. Da im Weraheim die Kin<strong>der</strong>betreuung<br />

bis 20 Uhr gewährleistet war, konnte die Unterrichtszeit<br />

17 bis 19.30 Uhr korrekt eingehalten werden.<br />

Bei den Unterrichtsabenden mit vorwiegend theoretischen<br />

Lerninhalten war die Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Teilnehmerinnen<br />

unterschiedlich stark.<br />

Fachpraktischen Übungen gingen jeweils ca. 45 Minuten<br />

Kenntnisvermittlung voraus, z.B. wurde <strong>der</strong> Nahrungszubereitung<br />

die Ernährungslehre vorgeschaltet.<br />

Dies erwies sich als uneffektiv und bereits im zweiten<br />

Kurs wurden Grundkenntnisse <strong>der</strong> Ernährungslehre<br />

z.B. während <strong>der</strong> Gemüsevorbereitung vermittelt. Ins-<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 25


Projektvorstellung<br />

gesamt war das Interesse an den fachpraktischen Übungen<br />

sehr groß.<br />

3.2 Gestaltung des Abschlussabends<br />

Allen Beteiligten war es wichtig, die Kurse offiziell<br />

abzuschließen. Dies erfolgte durch ein gemeinsames<br />

Abendessen mit einem einfachen kalten Büfett. Die<br />

Teilnehmerinnen erhielten eine Bescheinigung über die<br />

regelmäßige Teilnahme und die grobe Beschreibung<br />

<strong>der</strong> vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten. Inwieweit<br />

diese Bescheinigung eine Hilfe bei <strong>der</strong> Einglie<strong>der</strong>ung<br />

in das Arbeitsleben sein kann, kann noch nicht<br />

beurteilt werden.<br />

4. Abschließende Beurteilung<br />

Mit dem Kurs „Fit für den Haushalt” sollte dieser Gruppe<br />

von allein Erziehenden in Vorbereitung auf eine<br />

selbständige Lebensführung Kenntnisse und Fertigkeiten<br />

= Kompetenzen zur Haushaltsführung vermittelt<br />

werden. Es zeigte sich, dass das Wissen von externen<br />

Fachleuten zum Teil leichter angenommen werden<br />

konnte, als von den Sozialarbeitern, mit denen die Frauen<br />

täglich Themen aus dem psycho-sozialen Bereich<br />

bearbeiten.<br />

Die tatsächliche Umsetzung <strong>der</strong> Kursinhalte kann nur<br />

durch eine langfristige wissenschaftliche Begleitung<br />

erfasst werden. Kurzfristig kann aber beobachtet werden,<br />

dass die Teilnehmerinnen sensibilisiert sind für<br />

gesunde Ernährung und <strong>der</strong>en kostengünstigen Erwerb.<br />

Einige begannen ein Haushaltsbuch zu führen,<br />

um einen Überblick über ihren Etat zu bekommen. Viele<br />

Teilnehmerinnen fühlen sich bei Krankheiten ihrer<br />

Kin<strong>der</strong> sicherer. Sie können ihre Kin<strong>der</strong> gezielter beobachten<br />

und besser nachfragen.<br />

Die Teilnehmerinnen haben in dem Gruppenprozess<br />

viele positive Erfahrungen gemacht. Sie konnten sich<br />

im praktischen Teil häufig einbringen und sich selbst<br />

kreativ erleben. Die Bewohnerinnen sind sich im neuen<br />

Setting begegnet, konnten sich an<strong>der</strong>s kennen lernen<br />

und auch voreinan<strong>der</strong> lernen. Diese Erfolgserlebnisse,<br />

die sie in ihrem Alltag eher selten erfahren können,<br />

haben sie gestärkt und motiviert, Neues auszuprobieren.<br />

Dennoch zeigte es sich, dass ein hohes Maß an Motivationsarbeit<br />

nötig war. Sehr häufig weicht bei diesem<br />

Personenkreis die Eigenwahrnehmung massiv von <strong>der</strong><br />

Fremdwahrnehmung ab. So waren viele <strong>der</strong> Bewohnerinnen<br />

<strong>der</strong> Meinung, die Kursinhalte bereits zu beherrschen<br />

und nicht mehr profitieren zu können. Es fühlten<br />

sich offensichtlich nur wenige Frauen von dem Thema<br />

„Mit dem Einkommen gut Auskommen” angesprochen,<br />

obwohl viele von ihnen verschuldet sind.<br />

Auch die Vorstellung, ein halbes Jahr verbindlich die<br />

Teilnahme zusagen zu müssen, schreckte sie häufig<br />

ab. Die Mitarbeiterinnen des Weraheims suchten die<br />

Frauen immer wie<strong>der</strong> auf, motivierten sie zur erneuten<br />

Teilnahme o<strong>der</strong> fragten nach den Gründen für ein Fehlen.<br />

Praktikantinnen holten manche Bewohnerin im<br />

wahrsten Sinne des Wortes ab. Waren sie dann erst einmal<br />

„angekommen”, arbeiteten die meisten mit viel<br />

Spaß und Aufmerksamkeit den gesamten Abend über<br />

mit.<br />

Ganz wichtig für die Teilnehmerinnen ist die kontinuierliche<br />

Begleitung während des gesamten Kurses<br />

durch eine Person. Aus diesem Grunde war die Kursleiterin<br />

auch dann anwesend, wenn <strong>der</strong> Abend inhaltlich<br />

durch einen Referenten von außen gestaltet wurde.<br />

Die Teilnehmerinnen haben durch sie leichter eine persönliche<br />

Beziehung aufbauen können und sich damit<br />

auch mehr zu einer Teilnahme verpflichtet gefühlt.<br />

Die Erfahrung zeigt, dass viele Bewohnerinnen aus<br />

Herkunftsfamilien stammen, die selber schon durch das<br />

Jugend- o<strong>der</strong> Sozialamt betreut wurden und oft Sozialhilfe<br />

bezogen. Viele von ihnen sind verschuldet. Es<br />

konnten in diesen Familien oft keine ausreichenden<br />

Haushaltsführungskompetenzen an die nächste Generation<br />

vermittelt werden.<br />

Mit <strong>der</strong> Teilnahme an dem Kurs „Fit für den Haushalt”<br />

ist eine Möglichkeit geboten, <strong>der</strong> „Vererbung” von<br />

Armut entgegen zu wirken.<br />

26 Diakonie Dokumentation 03/2002


Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />

Heike Hilbert: Was hilft´s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Begleitung durch die Universität Hohenheim<br />

1. Konzeption <strong>der</strong> wissenschaftlichen<br />

Begleitung<br />

Kursziel<br />

Vermittlung hauswirtschaftlicher und ökonomischer<br />

Kenntnisse an allein erziehende Eltern (vor allem<br />

Mütter) mit geringem Haushaltseinkommen mit dem<br />

Ziel <strong>der</strong> Armutsprävention.<br />

Untersuchungsziel<br />

Messung des Kurserfolges und <strong>der</strong> Akzeptanz von<br />

Inhalten und Methoden bei den Teilnehmerinnen.<br />

Dimensionen des Kurserfolges<br />

kurzfristig:<br />

verbesserte hauswirtschaftliche Handlungskompetenz<br />

ausgeprägteres ökonomisch-rationales Verhalten<br />

2. Ergebnisse <strong>der</strong> Anfangsinterviews<br />

Variable: Auszüge aus den Interviewergebnissen<br />

Ernährungsverhalten • in <strong>der</strong> Regel keine festen Essenszeiten<br />

• physiologische Aspekte • relativ gute theoretische Kenntnisse <strong>der</strong> Ernährungslehre<br />

• sozial-kommunikative Aspekte • Fast-Food-Konsum in Grenzen<br />

• Fertignahrung für die Kin<strong>der</strong> statt selbstgekochte Breie<br />

Organisationsgrad des Haushalts Überwiegend:<br />

• effizienter Einsatz von Zeit und • keine Zeitplanung<br />

• Einkommen (Voraussetzung für die • keine Planung <strong>der</strong> Hausarbeit<br />

• Aufnahme einer Erwerbstätigkeit • keine regelmäßige Ablage von Schriftverkehr<br />

• die Teilnehmer kommen mit Ihrer Zeit in <strong>der</strong> Regel gut zurecht,<br />

• was auf die vorhandenen Kin<strong>der</strong>betreuungsangebote<br />

• zurückzuführen ist.<br />

Haushaltsarbeitszeit keine quantitativen Daten erhoben<br />

• in angemessenem Umfang?<br />

langfristig:<br />

Zunahme <strong>der</strong> „Zufriedenheit” mit <strong>der</strong> eigenen Lebenssituation<br />

Zunahme <strong>der</strong> Neigung zur Aufnahme einer Ausbildung/Erwerbstätigkeit<br />

Dimensionen <strong>der</strong> Akzeptanz durch die<br />

Teilnehmerinnen<br />

Die Akzeptanz einer Bildungsmaßnahme kann anhand<br />

folgen<strong>der</strong> Beurteilungskategorien gemessen werden:<br />

Akzeptanz <strong>der</strong> methodischen Vermittlung des Lehrstoffes,<br />

diese drückt sich in positiver Bewertung <strong>der</strong><br />

Verständlichkeit <strong>der</strong> Vermittlung und <strong>der</strong> Anleitung<br />

aus.<br />

Akzeptanz <strong>der</strong> vermittelten Inhalte, dies bedeutet, dass<br />

die Teilnehmerinnen diese als praxisbezogen und daher<br />

sinnvoll beurteilen.<br />

Budgetplanung und Konsumverhalten • keine Haushaltsbuchführung<br />

• Kenntnisse <strong>der</strong> fixen und variablen • zum Teil ungenaue Kenntnisse über die genaue Höhe<br />

• Ausgabenanteile sind Voraussetzung • und Zusammensetzung des Monatseinkommens<br />

• für Budgetplanung • größter Budgetanteil für Lebensmittel und<br />

• Windeln/Säuglingspflegeprodukte<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 27


Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />

• Werden Konsumentscheidungen • keine guten Kenntnisse über die genauen Preise von<br />

rational o<strong>der</strong> spontan und emotional Produkten des täglichen Bedarfs<br />

getroffen? • Markengeleitetes Konsumverhalten vor allem bei Kleidung und<br />

Windeln/Säuglingspflegeprodukten – nicht bei Lebensmitteln<br />

Ausgabeverhalten und • in <strong>der</strong> Regel vernünftige Einstellung zu Konsum und Verschul-<br />

Schuldenneigung dung<br />

• Sparsames o<strong>der</strong> verschwen<strong>der</strong>isches • keine Überschuldungsfälle<br />

Ausgabeverhalten<br />

• Einstellung zum Schuldenmachen • praktisch keine monatlichen Fixkosten (Miete, Versicherungen,<br />

Abonnements ...), dadurch auskömmliche Finanzlage<br />

Gründe für die Teilnahme<br />

(Häufigkeit <strong>der</strong> Nennungen – Mehrfachnennungen waren möglich)<br />

Hinweis <strong>der</strong> allg. Interesse weil es ein sinnvolle Sonstige Gründe (Beispiele):<br />

Heimleitung an hauswirt- Zertifikat Freizeit-<br />

schaftl.Themen gibt gestaltung<br />

1 1 1 „Für unser weiteres Familienleben möchte ich<br />

noch Einiges im Leben dazulernen und<br />

weitergeben können”.<br />

1 1 1 „Kin<strong>der</strong>krankheiten; Baby-Nahrung”<br />

1 1 1 1 „Um noch was zu lernen”<br />

1 1 1 1 „Ich kann das, was ich noch nicht weiß,<br />

dazulernen”<br />

„Das bisschen Haushalt...” – Welche Aussage trifft am ehesten auf Sie zu?<br />

(Häufigkeit <strong>der</strong> Nennungen – Mehrfachnennungen waren möglich)<br />

„Manchmal wächst mir die „Ich habe die Hausarbeit voll „Eigentlich läuft es ganz gut,<br />

Hausarbeit und Kin<strong>der</strong>betreuung im Griff” aber ein paar Tipps könnten<br />

ganz schön über den Kopf” nicht schaden”<br />

3 1 5<br />

Interesse an Themengruppen<br />

(Häufigkeit <strong>der</strong> Nennungen)<br />

1 „Weil man was dazulernen kann”<br />

4 5 2 4<br />

Sehr Mittelmäßig Wenig<br />

Kochen 9 1<br />

Nähen 3 3 1<br />

„alles rund um´s Kind! 9<br />

Sparsam wirtschaften lernen 1 1 1<br />

Arbeitseinteilung/Arbeitsorganisation 9<br />

Umgang mit Behörden 6 3<br />

28 Diakonie Dokumentation 03/2002


Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />

3. Die Schlussbefragung<br />

Auswertung nach inhaltlichen und methodischen Einzelaspekten<br />

• Beurteilung <strong>der</strong> Anzahl <strong>der</strong> Kursabende zu den einzelnen Themengruppen<br />

Thema Unzufriedenheits- Bewertung Bewertung<br />

faktor x „zuwenig” y „zuviel”<br />

Kochen/Ernährung 0,884 – 0,875 x – 0,125 y<br />

Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege 0,857 – 0,857 x – 0,000 y<br />

Schriftverkehr/Behörden 0,857 – 0,857 x – 0,000 y<br />

Do-it-yourself 0,833 – 0,833 x – 0,000 y<br />

Textilien/Wäsche/Nähen 0,637 – 0,625 x – 0,125 y<br />

Arbeits(ein)-teilung 0,589 – 0,571 x – 0,143 y<br />

Familienplanung 0,571 – 0,571 x – 0,000 y<br />

Wohnungsgestaltung/-pflege 0,571 – 0,571 x – 0,000 y<br />

Finanzplanung 0,471 – 0,333 x – 0,333 y<br />

• Beurteilung des Theorie-Anteils <strong>der</strong> Kursabende<br />

Thema Unzufriedenheits- Bewertung Bewertung<br />

faktor x „zuwenig” y „zuviel”<br />

Schriftverkehr/Behörden 0,728 – 0,714 x – 0,143 y<br />

Arbeits(ein)-teilung 0,728 – 0,286 x – 0,286 y<br />

Finanzplanung 0,687 – 0,167 x – 0,667 y<br />

Textilien/Wäsche/Nähen 0,673 – 0,625 x – 0,250 y<br />

Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege 0,637 – 0,625 x – 0,125 y<br />

Kochen/Ernährung 0,625 – 0,500 x – 0,375 y<br />

Do-it-yourself 0,167 – 0,167 – 0,000 y<br />

Wohnungsgestaltung/-pflege 0,143 – 0,143 x – 0,000 y<br />

Familienplanung nicht erhoben<br />

• Beurteilung <strong>der</strong> praktischen Anleitung<br />

Thema Bewertung (normalisierter Mittelwert)<br />

Textilien/Wäsche/Nähen – 1,250<br />

Wohnungsgestaltung/-pflege – 0,571<br />

Kochen/Ernährung – 0,500<br />

Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege – 0,500<br />

Arbeits(ein)teilung – 0,429<br />

Finanzplanung – 0,400<br />

Do-it-yourself – 0,333<br />

Schriftverkehr/Behörden – 0,286<br />

Familienplanung – nicht erhoben<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 29


Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />

• Beurteilung <strong>der</strong> Vermittlung des Lehrstoffes<br />

Thema Bewertung (normalisierte Mittelwerte)<br />

Do-it-yourself 0,667<br />

Textilien/Wäsche/Nähen 0,625<br />

Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege 0,500<br />

Wohnungsgestaltung/-pflege 0,429<br />

Familienplanung 0,429<br />

Arbeits(ein)-teilung 0,286<br />

Kochen/Ernährung 0,250<br />

Finanzplanung 0,167<br />

Schriftverkehr/Behörden 0,143<br />

• Beurteilung <strong>der</strong> Praxisrelevanz <strong>der</strong> vermittelten Kenntnisse<br />

Thema Bewertung (normalisierte Mittelwerte)<br />

Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege 1,875<br />

Wohnungsgestaltung/-pflege 1,714<br />

Do-it-yourself 1,667<br />

Textilien/Wäsche/Nähen 1,500<br />

Arbeits(ein)-teilung 1,500<br />

Kochen/Ernährung 1,429<br />

Schriftverkehr/Behörden 1,375<br />

Familienplanung 1,333<br />

Finanzplanung 1,143<br />

Gesamteindruck des Kurses – Ergebnisse <strong>der</strong> offenen Fragen<br />

• Beson<strong>der</strong>s gut hat mir das Thema/die Themen gefallen<br />

• (Mehrfachnennungen waren möglich)<br />

Kochen<br />

Textilien/Wäsche/Nähen<br />

Kin<strong>der</strong>-/Krankenpflege<br />

Finanzplanung<br />

Do-it-yourself<br />

Familienplanung<br />

Wohnungsgestaltung/-pflege<br />

Schriftverkehr/Behörden<br />

Arbeits(ein)-teilung<br />

Freizeitgestaltung<br />

1 2 3 4 5<br />

30 Diakonie Dokumentation 03/2002


Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />

Auf die Frage „Was haben Sie im Kurs Neues<br />

gelernt? (Bitte Beispiele ...)” antworteten die<br />

Befragten: (Original-Zitate)<br />

„Besser sich im Haushalt zurecht zu finden. Wie man<br />

was kocht. Wie man die Küche führt”<br />

„Wie man Kin<strong>der</strong>krankheiten (häuslich) besser behandelt.”<br />

„Viel beim Kochen und wie man fast alles mit nicht so<br />

viel Geld machen kann und basteln kann.”<br />

„Nähen, Fragen und Antworten, was ich nicht wusste,<br />

und das Backen mit an<strong>der</strong>en Leuten Spaß macht und<br />

alleine nicht.”<br />

„Ich weiß jetzt etwas besser über die Kin<strong>der</strong>pflege<br />

Bescheid. Und (über) Behörden.”<br />

„Man hat gelernt, dass eine Familie o<strong>der</strong> ein Haushalt<br />

zu führen mehr bedeutet als Kin<strong>der</strong> auf die Welt zu<br />

setzen.”<br />

„Alles nützliche Dinge fürs Leben und für den Haushalt.”<br />

Können Sie Beispiele nennen, wo Sie das im Kurs<br />

Gelernte schon praktisch umgesetzt haben?<br />

(Original-Zitate)<br />

„Das Kochen, wo wir die Blätter bekommen haben, da<br />

hab ich schon mal was gekocht davon – es war gut.”<br />

„Beim Backen und Nähen.”<br />

„Ich lasse jetzt nicht mehr den ganzen schriftlichen<br />

Kram liegen.”<br />

„Reparaturen im Haushalt, Kochen, Backen, Nähen,<br />

Handarbeit.”<br />

„Beim Kochen/Backen. Do it yourself kleine Reparaturen.”<br />

4. Zusammenfassung<br />

Kurzfristiger Kurserfolg:<br />

• verbesserte hauswirtschaftliche Handlungskompetenz<br />

• ausgeprägteres ökonomisch-rationales Verhalten<br />

Aus den Zitaten <strong>der</strong> Kursteilnehmerinnen ergeben sich<br />

Hinweise, dass das haushälterische Bewusstsein durchaus<br />

zugenommen hat (vgl. die Aussagen zur Frage<br />

„Was haben Sie im Kurs Neues gelernt?”). Eine echte<br />

Lernerfolgskontrolle hat nicht stattgefunden. Diese<br />

könnte jedoch zukünftig in einer Überprüfung <strong>der</strong><br />

theoretischen Kenntnisse beispielsweise durch einen<br />

Lückentext o<strong>der</strong> durch Beurteilungen <strong>der</strong> praktischen<br />

Fähigkeiten je<strong>der</strong> Teilnehmerin durch die Lehrkräfte<br />

erfolgen.<br />

Langfristiger Kurserfolg:<br />

• Zunahme <strong>der</strong> „Zufriedenheit” mit <strong>der</strong> eigenen Lebenssituation<br />

• Zunahme <strong>der</strong> Neigung zur Aufnahme einer Ausbildung/Erwerbstätigkeit<br />

Der langfristige Kurserfolg kann erst nach einiger Zeit<br />

beurteilt werden. Es ist geplant, mit einigen Teilnehmerinnen<br />

Kontakt zu halten und sie nach etwas ein bis zwei<br />

Jahren erneut zu befragen.<br />

Diskussion zur Untersuchungsmethodik, Reichweite<br />

<strong>der</strong> Untersuchung und Anregungen für die zukünftige<br />

Kursgestaltung<br />

• Indikatoren <strong>der</strong> Erhebung wurden so gewählt, dass<br />

möglichst viele Aspekte des haushälterischen Handelns<br />

erfasst werden konnten.<br />

• die wissenschaftliche Begleitung hatte qualitativen<br />

Charakter im Sinne einer Explorations-Studie. Die<br />

ermittelten Ergebnisse gelten nur für die untersuchte<br />

Gruppe.<br />

• Man muss sich ausschließlich auf die mündlichen<br />

und im Fragebogen erhobenen Aussagen verlassen.<br />

Die Problematik <strong>der</strong> sozialen Erwünschtheit <strong>der</strong><br />

Antworten im Sinne von Gefälligkeitsaussagen darf<br />

dabei natürlich nicht außer Acht gelassen werden.<br />

• Lernziele formulieren!<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 31


Was hilft’s? Ergebnisse <strong>der</strong> wissenschaftlichen Begleitung<br />

Erarbeiten von<br />

Kriterien für eine<br />

Kaufentscheidung<br />

Anleitung<br />

zur Haushaltsbuchführung<br />

„Schnelle Küche<br />

für<br />

Berufstätige”<br />

Fallbeispiele für die<br />

Zielgruppenorientierung<br />

„Verbraucherinformation”<br />

„Budgetplanung”<br />

„Ernährung”<br />

Kaufempfehlungen<br />

Aufstellen<br />

eines konkreten<br />

Haushaltsplanes<br />

„Einfache Küche<br />

mit<br />

wenig Geld”<br />

32 Diakonie Dokumentation 03/2002


„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es”<br />

„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es”<br />

Schlussfolgerungen aus dem Podiumsgespräch mit: Bruno Pfleifle, Stadt Stuttgart, Jugendamtsleiter;<br />

Walter Tattermusch, Stadt Stuttgart, Sozialamtsleiter; Helmuth Beutel, Vorstand<br />

Evangelische Gesellschaft Stuttgart; Dr. Ilse Unold, Stadträtin, CDU; Marita Gröger, Stadträtin,<br />

SPD; Ursula Marx, Stadträtin, GRÜNE; Dr. Gisela Dahl, Stadträtin, FDP<br />

Mo<strong>der</strong>ation:<br />

Gretel Wildt, Leiterin Abteilung Frauen, Jugend und Familie, <strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong><br />

Das Podiumsgespräch zum Abschluss <strong>der</strong> Fachtagung<br />

war <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Umsetzung <strong>der</strong> Erkenntnisse des<br />

Fachtagung in Stuttgart gewidmet. Die Mo<strong>der</strong>atorin<br />

ging dabei von <strong>der</strong> Frage aus, wie Frauen und Männer,<br />

Mütter und Väter, aber auch Kin<strong>der</strong> und Jugendliche<br />

befähigt werden können, Alltags- und Lebensbewältigungskompetenzen<br />

weiter zu entwickeln.<br />

Der Sozialbericht <strong>der</strong> Stadt Stuttgart enthält deutliche<br />

Hinweise auf die zentrale Bedeutung einer ganzheitlichen<br />

Bildung für die Prävention und Überwindung<br />

von Armutssituationen bei <strong>der</strong> Bevölkerung. Dass<br />

Armutsprävention und die Bekämpfung von defizitären<br />

Lebenslagen vorrangig eine kommunale Aufgabe<br />

ist, wurde in <strong>der</strong> Diskussion deutlich, darin<br />

stimmten alle Teilnehmenden überein. Gemeinsamkeiten<br />

bestanden auch in <strong>der</strong> Bereitschaft, hierbei<br />

Schwerpunkte in <strong>der</strong> städtischen Politik ebenso wie<br />

bei den Maßnahmen und Angeboten des Sozial- und<br />

Jugendamtes, wie auch <strong>der</strong> freien Träger setzen zu<br />

wollen. Gleichzeitig wurde <strong>der</strong> Erwerb von Alltagsbzw.<br />

Haushaltsführungskompetenzen aber auch als<br />

wichtiges Fach für den Lehrplan in allgemeinbildenden<br />

Schulen betrachtet.<br />

Im Folgenden werden die wichtigsten Schlussfolgerungen<br />

wie<strong>der</strong>gegeben:<br />

• Armutsprävention und Armutsbekämpfung stellen<br />

für die kommunale Sozialpolitik und die Sozialverwaltung<br />

eine große Herausfor<strong>der</strong>ung dar und<br />

gehören zu ihren vorrangigen Aufgaben. Die Kommunen<br />

sind gefor<strong>der</strong>t, hier ihre Kräfte zu bündeln.<br />

• Die Einrichtung eines „Runden Tisches” in Stuttgart<br />

ist eine gute Voraussetzung für die Planung<br />

von Maßnahmen. An diesen runden Tisch gehö-<br />

ren neben den Verantwortlichen <strong>der</strong> Jugend- und<br />

Sozialämter weitere Akteure wie Vertreterinnen<br />

und Vertreter des Bildungs- und Gesundheitswesens<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wohnungswirtschaft ebenso wie<br />

die freie Wohlfahrtspflege und an<strong>der</strong>e Angebotsträger.<br />

• Bildung ist als wesentliche Dimension zu betrachten,<br />

wenn es um Armutsprävention und Mil<strong>der</strong>ung<br />

defizitärer Lebenslagen bzw. Armutsbekämpfung<br />

geht. Der Erwerb von Alltags- und Haushaltsführungskompetenzen<br />

o<strong>der</strong> die Fragen <strong>der</strong> Budgetplanung<br />

gehören bereits in den Lehrplan <strong>der</strong> allgemeinbildenden<br />

Schulen, jedoch als wichtiges<br />

Element auch in die quartiersbezogene Sozialarbeit.<br />

• Kursangebote o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Maßnahmen zur Stärkung<br />

von Haushaltsführungskompetenzen sollen<br />

alle Bevölkerungsgruppen erreichen können und<br />

daher niedrigschwellig sein. Für die beson<strong>der</strong>s<br />

armutsgefährdeten Personengruppen müssen sie<br />

jedoch zielgruppenspezifisch und passgenau ausgestaltet<br />

und angeboten werden.<br />

• Hierbei sind nicht nur Kursangebote für bestimmte<br />

(Ziel)Gruppen denkbar, in Frage kommen ebenso<br />

auch einzelfallbezogene Interventionen zur Erreichung<br />

des Ziels „Erwerb von ausreichenden Haushaltsführungskompetenzen”,<br />

ähnlich dem methodischen<br />

Vorgehen bei <strong>der</strong> sozialpädagogischen<br />

Familienhilfe.<br />

• Angebote o<strong>der</strong> Interventionen sind einzubetten in<br />

den Hilfeplan und das Hilfegeschehen, bei <strong>der</strong><br />

Sozialhilfegewährung o<strong>der</strong> bei Leistungen nach<br />

dem Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfegesetz. Das Sozialamt<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 33


„Es gibt nichts Gutes, außer man tut es”<br />

<strong>der</strong> Stadt Stuttgart wird ab dem Jahr 2002 erstmals<br />

Hilfeplanung und damit auch eine Perspektiveentwicklung<br />

für Empfängerinnen und Empfänger von<br />

Sozialhilfe – zusammen mit diesen – durchführen.<br />

• Begleitende Angebote zur Stärkung von Haushaltsführungskompetenzen<br />

können die Einführung <strong>der</strong><br />

Pauschalierung bei <strong>der</strong> Gewährung von einmaligen<br />

Beihilfen in <strong>der</strong> Sozialhilfe unterstützen. Insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Aspekt <strong>der</strong> Budgetplanung ist dabei von<br />

großer Bedeutung.<br />

Zusammenfassung von <strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong> und<br />

Friedrich Weber<br />

34 Diakonie Dokumentation 03/2002


Anhang<br />

<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong>: „Das bisschen Haushalt....”<br />

Armutsprävention und Mil<strong>der</strong>ung defizitärer Lebenslagen<br />

durch Stärkung von Haushaltsführungskompetenzen<br />

Die Lebensbedingungen von Menschen werden zwar maßgeblich von ihrer wirtschaftlichen<br />

Lage bestimmt. Entscheidend sind aber auch die eigenen Fähigkeiten zur Alltags- und Lebensbewältigung.<br />

Diese Erkenntnis soll auch in entsprechende Angebote <strong>der</strong> freien und öffentlichen<br />

Träger umgesetzt werden.<br />

Bedeutung <strong>der</strong> Privathaushalte<br />

„Das bisschen Haushalt...” Der Titel klingt nach:<br />

unwichtig, selbstverständlich und nebenbei. Gleichzeitig<br />

enthält er die Leichtigkeit und Ironie des<br />

gleichnamigen Schlagers und weist damit auf die<br />

Geringschätzung privater Haushaltstätigkeit als unbezahlte,<br />

meist weibliche Subsistenzarbeit innerhalb<br />

einer männlich dominierten Erwerbsgesellschaft<br />

hin. Dabei prägt Haushaltsführung in hohem<br />

Maße die Lebensqualität aller Mitglie<strong>der</strong> eines Haushaltes.<br />

Sie entscheidet mit über Wohnqualität, gesunde<br />

Ernährung, Bewältigung <strong>der</strong> alltäglichen<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen des Lebens und das Management <strong>der</strong><br />

Finanzen. Die wirtschaftliche und die psycho-soziale<br />

Verfassung einer Familie entscheidet über die<br />

Bedingungen unter denen die darin lebenden Kin<strong>der</strong><br />

aufwachsen. Familie findet in privaten Haushalten<br />

statt. Haushaltsführung und Familienkompetenzen<br />

muss daher eine verstärkte Aufmerksamkeit zukommen.<br />

Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Frage, welche präventiven<br />

Maßnahmen zur Verhin<strong>der</strong>ung von Armut ergriffen<br />

werden können und welche Interventionen geeignet<br />

sind, Unterversorgungslagen nachhaltig zu verbessern,<br />

kommt <strong>der</strong> Stärkung von Kompetenzen <strong>der</strong><br />

Haushaltsführung eine hohe Bedeutung zu. Um<br />

Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hierbei<br />

nicht um ein Frauenthema, womöglich um die<br />

„Wie<strong>der</strong>belebung” verlorengegangener weiblicher<br />

Tugenden und Fertigkeiten. Elternkompetenzen und<br />

Fähigkeiten, einen Haushalt selbständig zu führen,<br />

sind ein Thema für Frauen und Männer, für Mädchen<br />

und Jungen gleichermaßen.<br />

Armut und Unterversorgung in einem<br />

wohlhabenden Land?<br />

In Deutschland nimmt die Auseinan<strong>der</strong>entwicklung<br />

von Arm und Reich zu, wie <strong>der</strong> im Frühjahr 2001 veröffentlichte<br />

Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

1 zeigt.<br />

Überdurchschnittlich von Armut betroffen sind kin<strong>der</strong>reiche<br />

Familien, allein Erziehende mit ihren Kin<strong>der</strong>n<br />

und Familien mit Migrationshintergrund. Eine Entwicklung,<br />

die wegen ihrer Folgen für die Betroffenen und die<br />

gesamte Gesellschaft we<strong>der</strong> von den politisch Verantwortlichen<br />

noch von denjenigen, die für die professionelle<br />

soziale Arbeit stehen, hingenommen werden kann.<br />

Im Jahr 1998 waren in <strong>der</strong> Bundesrepublik rund drei<br />

Millionen Personen auf Sozialhilfe angewiesen 2 , darunter<br />

mehr als eine Million Kin<strong>der</strong> und Jugendliche 3 .<br />

Hinzu kommt eine etwa gleich große Gruppe von<br />

„verdeckt Armen” 4 , <strong>der</strong>en Einkommen unterhalb <strong>der</strong><br />

Sozialhilfegrenze liegt, die aber aus verschiedenen<br />

Gründen ihren Sozialhilfeanspruch nicht realisieren.<br />

2,8 Millionen Haushalte in <strong>der</strong> Bundesrepublik sind<br />

überschuldet, mit dem entsprechenden wirtschaftlichen<br />

und psychischen Druck, <strong>der</strong> auf ihren Mitglie<strong>der</strong>n<br />

lastet. Rund ein Drittel aller Familienhaushalte wird<br />

nicht zu Steuerzahlungen herangezogen – ebenfalls ein<br />

Indikator dafür, dass sich diese Haushalte im Niedrigeinkommensbereich<br />

befinden, denn die Besteuerung<br />

des Einkommens soll erst dann einsetzen, wenn eine<br />

einfache Lebenshaltung gewährleistet ist.<br />

Dabei kann Armut in Deutschland nur in wenigen Fällen<br />

mit <strong>der</strong> Vorstellung von absoluter Armut verbunden<br />

werden, bei <strong>der</strong> die Grundbedürfnisse nach Nahrung,<br />

Kleidung und einem Dach über dem Kopf nicht erfüllt<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 35


Anhang<br />

sind, obwohl es auch das gibt in unserem Land. Der<br />

Begriff <strong>der</strong> relativen Armut 5 bezeichnet vielmehr die<br />

Abweichung von dem, was in unserer Gesellschaft als<br />

normal gilt, was Standard ist und zielt damit auf den<br />

Grad <strong>der</strong> gesellschaftlichen Teilhabe. In jüngster Zeit<br />

hat sich, wenn auch nicht unumstritten, die Grenze von<br />

50 Prozent des durchschnittlichen Einkommens als<br />

definierte Armutsgrenze durchgesetzt. Haushalte, die<br />

über weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen<br />

Einkommens verfügen gelten demnach als arm.<br />

Es fehlt nicht nur am Geld<br />

Eine Armutsdefinition muss mehrdimensional ausfallen,<br />

denn eine rein auf das Einkommen bezogene Definition<br />

geht an <strong>der</strong> Lebenswelt von Familien, vor<br />

allem <strong>der</strong> darin lebenden Kin<strong>der</strong>, vorbei. Nicht nur die<br />

materielle Lage <strong>der</strong> Familie ist in den Blick zu nehmen,<br />

son<strong>der</strong>n auch und vor allem die Lebenssituation und<br />

Lebenslage <strong>der</strong> Haushaltsmitglie<strong>der</strong>. Dazu gehören<br />

Wohnen und Wohnumfeld, Ernährung, Bildung,<br />

Arbeit, Freizeit, Gesundheit und <strong>der</strong> Zugang zu Versorgungs-<br />

und Unterstützungsstrukturen.<br />

Ein Leben an <strong>der</strong> Armutsgrenze beeinflusst die oben<br />

genannten Bereiche des Lebens und damit die Lebenssituation<br />

<strong>der</strong> Betroffenen. Armut bedeutet nicht nur<br />

Unterversorgung in den wesentlichen Lebensbereichen,<br />

son<strong>der</strong>n auch Ausgrenzung und mangelnde Teilhabe<br />

am gesellschaftlichen Leben 6 . Was dies für das<br />

Aufwachsen <strong>der</strong> von Armut betroffenen Kin<strong>der</strong> bedeutet<br />

und welche Risiken für die Entwicklungs-, Bildungs-<br />

und Erziehungschancen von Kin<strong>der</strong>n damit verbunden<br />

sind, beschreibt unter an<strong>der</strong>em auch <strong>der</strong> 10.<br />

Kin<strong>der</strong> und Jugendbericht <strong>der</strong> Bundesregierung von<br />

1998 7 . Neben dem Verzicht auf Materielles wie neue<br />

Kleidung, ein eigenes Zimmer, auf Spiele, Ausflüge,<br />

Taschengeld müssen diese Kin<strong>der</strong> oft auf Selbstverständliches<br />

wie Klassenfahrten o<strong>der</strong> die Mitgliedschaft<br />

in einem Sportverein verzichten. Dazu kommt häufig<br />

ein Mangel an Sozialerfahrungen, Lernmöglichkeiten<br />

und Entwicklungsanregungen. So sind bei Kin<strong>der</strong>n aus<br />

armen Familien verstärkt gesundheitliche Beeinträchtigungen<br />

festzustellen. Aggressionen, De-pressionen<br />

und Ängste treten verstärkt auf, gleichzeitig erhöht sich<br />

das Risiko einer problematischen Sozialentwicklung.<br />

Durch geringere Bildung, schlechtere Schulleistungen<br />

und einem allgemein geringer ausgeprägten Selbstwertgefühl<br />

wird die Fortsetzung <strong>der</strong> Notlage durch eine<br />

Tradierung <strong>der</strong> Armut begünstigt.<br />

Obwohl das Einkommen die zentrale Dimension <strong>der</strong><br />

Armut darstellt ist eine Verbesserung defizitärer<br />

Lebenslagen aber nicht allein mit <strong>der</strong> Erhöhung von<br />

Einkommen o<strong>der</strong> Transferleistungen zu erreichen.<br />

Ansatzpunkte für Armutsbekämpfung<br />

Dem Ansatz, Armut und defizitären Lebenslagen über<br />

die Stärkung von Haushalts- und Familienkompetenzen<br />

zu begegnen, wird auch mit Fragen und Skepsis<br />

begegnet. So wird gefragt, ob sich ein gesellschaftliches<br />

Problem, welches Armut in unserem Land darstellt,<br />

denn individuell-pädagogisch bearbeiten lässt?<br />

Ob damit nicht die politischen For<strong>der</strong>ungen einer<br />

Armutsbekämpfung durch Umverteilung von Finanzströmen,<br />

durch eine wirksamere Arbeitsmarktpolitik<br />

o<strong>der</strong> die notwendige Erhöhung von sozialstaatlichen<br />

Transfers unzulässig entschärft werden? Ob damit die<br />

Betroffenen, wegen des scheinbar immanenten Vorwurfes<br />

ihrer mangeln<strong>der</strong> Fähigkeiten, ein weiteres Mal<br />

zum Opfer werden?<br />

Wer jedoch die Ursachen und vielfältigen Auswirkungen<br />

von Verarmung betrachtet und ernsthaft nach wirksamen<br />

Konzepten zur Armutsbekämpfung sucht, kann die<br />

Frage nach <strong>der</strong> richtigen Vorgehensweise bei <strong>der</strong> Prävention<br />

und Bekämpfung von Armut nur mit einem Sowohl-als-auch<br />

beantworten und muss dem Ursachenbündel<br />

ein Maßnahmenbündel entgegenstellen. Mindestens<br />

drei Bereiche sind zu benennen, bei denen Armutsprävention<br />

und -bekämpfung und damit verbunden, die<br />

Verbesserung von Lebensqualität ansetzen muss. 8<br />

• Finanzen: Zur materiellen Absicherung des soziokulturellen<br />

Existenzminimums müssen die Bemühungen<br />

(sozialpolitisch wie individuell) auf eine<br />

Einkommenserzielung o<strong>der</strong> -verbesserung gerichtet<br />

sein. Dazu gehört auch die bedarfsgerechte Ausgestaltung<br />

von Transferleistungen. Geld stellt die<br />

zentrale Dimension <strong>der</strong> Armut dar, die auf alle übrigen<br />

Bereiche ausstrahlt.<br />

• Infrastruktur: Ein weiterer Ressourcenstrang ist die<br />

„Soziale Infrastruktur” <strong>der</strong> Lebenswelt von Familien<br />

o<strong>der</strong> Einzelnen. Dazu gehören die Rahmenbedingungen<br />

des Wohngebietes bzw. des Stadtteiles, alle<br />

Einrichtungen und Angebote zur Begleitung, Unterstützung<br />

und Entlastung von Familien, zum Beispiel<br />

Tagesbetreuung für Kin<strong>der</strong>, Bildungs- und Freizeitangebote,<br />

Beratungsdienste u.a.m.<br />

36 Diakonie Dokumentation 03/2002


Anhang<br />

• Kompetenzen: Bildung und die Fähigkeiten zur Alltags-<br />

und Lebensbewältigung, die so genannten<br />

humanen Ressourcen, wie sie auch <strong>der</strong> 5. Familienbericht<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung von 1994 9 beschreibt,<br />

nehmen bei <strong>der</strong> Bewältigung schwieriger Lebenslagen<br />

eine vorrangige Stellung ein. Denn neben dem<br />

Umfang von verfügbaren Ressourcen (insbeson<strong>der</strong>e<br />

von Geld) ist ebenso von Bedeutung, wie diese eingesetzt<br />

werden können. Der indische Nobelpreisträger<br />

Amartya Sen 10 wies darauf hin, dass für die<br />

effiziente Güternutzung die Kompetenzen sogar den<br />

Vorrang vor <strong>der</strong> Verfügbarkeit von Gütern haben.<br />

Dies unterstreicht den hohen Stellenwert von Bildung.<br />

Alle drei Ebenen stehen miteinan<strong>der</strong> in Wechselwirkung<br />

und enthalten sowohl Armutsursachen als auch<br />

Ansatzpunkte, um Ressourcen für die Überwindung<br />

von Armutssituationen zu nutzen o<strong>der</strong> aufzubauen.<br />

Armutsprävention als Empowerment<br />

In <strong>der</strong> 1998 geschlossenen Koalitionsvereinbarung<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung wird die Bekämpfung von Armut<br />

als Schwerpunkt genannt. Teil des Armutspräventionsprogrammes<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung ist ein Paket<br />

hauswirtschaftlicher Praxisprojekte. Mit diesem Maßnahmenkonzept<br />

setzt das Bundesministerium für Familie,<br />

Senioren, Frauen und Jugend an den humanen<br />

Ressourcen als „Schlüsselrolle” an. „Es zielt auf die<br />

Vermittlung von eigenständigen Regelungskompetenzen<br />

bei Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen, bei Frauen und<br />

Männern in belasteten Lebensverhältnissen, bei Familien<br />

bzw. privaten Haushalten in prekären, <strong>der</strong> eigentlichen<br />

Armutskrise vorgelagerten Lebenssituationen”<br />

11 .<br />

Wenn Einkommensarmut zwar zentral, jedoch nicht<br />

<strong>der</strong> einzige Auslöser und Indikator für eine defizitäre<br />

Lebenssituation ist, dann ist neben <strong>der</strong> notwendigen<br />

Ausstattung eines Haushaltes mit Geld auch <strong>der</strong> effiziente<br />

Einsatz <strong>der</strong> Mittel von Bedeutung. Dafür sind individuelle<br />

Fähigkeiten, so genannte humane Ressourcen,<br />

nötig, die es zu unterstützen gilt. Armutsprävention und<br />

die Überwindung von Unterversorgungslagen muss<br />

daher auch mit <strong>der</strong> Vermittlung von Kenntnissen <strong>der</strong><br />

Haushaltsführung sowie <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung von Verhaltensweisen<br />

einher gehen. Bildungspolitik in Deutschland<br />

hat bisher aber nur die schulischen und beruflichen<br />

Qualifikationen im Blick.<br />

Strategien zur Verhin<strong>der</strong>ung und Überwindung von<br />

Armut verlangen ein Gesamtkonzept mit unterschiedlichen<br />

Bausteinen 12 . Die Stabilisierung von Privathaushalten<br />

durch haushaltsbezogene Bildung und Beratung<br />

ist ein solcher Baustein. Die Stärkung von Selbsthilfekräften<br />

durch För<strong>der</strong>ung von haushaltsbezogenem<br />

Wissen und Fähigkeiten ist in diesem Sinn eine echte<br />

Empowermentstrategie<br />

Das Stuttgarter Praxisprojekt<br />

Eines <strong>der</strong> vom BMFSFJ geför<strong>der</strong>ten Projekte ist das in<br />

Stuttgart vom Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong> initiierte<br />

und begleitete Projekt „Das bisschen Haushalt... 13 ”. Als<br />

Projektpartnerinnen wurden die Evangelische Diakonissenanstalt<br />

in Stuttgart, <strong>der</strong> eine Fachschule für Hauswirtschaft<br />

angeglie<strong>der</strong>t ist, und das Weraheim, eine<br />

Einrichtung für Mutter und Kind, gewonnen.<br />

Einrichtungen für Mutter (Vater) und Kind wenden sich<br />

mit ihrem Angebot an min<strong>der</strong>jährige o<strong>der</strong> volljährige<br />

Schwangere und Mütter, die wegen persönlicher und<br />

sozialer Schwierigkeiten für sich und ihr Kind gezielte<br />

Hilfe benötigen. Die Situation dieser allein erziehenden<br />

Mädchen und Frauen ist meist gekennzeichnet durch<br />

eine Häufung von Problemlagen, die im emotionalen,<br />

sozialen, intellektuellen o<strong>der</strong> materiellen Bereich liegen<br />

und einem Lebensumfeld, das keine ausreichende<br />

Unterstützung bietet. Viele dieser jungen Frauen haben<br />

keinen Schulabschluss o<strong>der</strong> eine Berufsausbildung; <strong>der</strong><br />

Einstieg in das Erwerbsleben ist problematisch. Meist<br />

kommen die jungen Frauen aus sehr belasteten Herkunftsfamilien,<br />

in denen sie die notwendige Unterstützung<br />

nicht finden. Hier droht die Tradierung von Armut<br />

und Benachteiligung, wenn es nicht gelingt die bestehende<br />

Defizite im Lebensumfeld und in <strong>der</strong> Persönlichkeitsentwicklung<br />

abzubauen. So ist <strong>der</strong> Hauptauftrag<br />

dieser betreuten Wohnformen für Mütter und Väter<br />

auch, sie auf ein selbständiges Leben mit dem Kind<br />

vorzubereiten 14 .<br />

Für diese „Risikogruppe” wurde nun ein spezielles<br />

Kursangebot entwickelt, das für die Dauer eines halben<br />

Jahres in 22 Abendeinheiten durchgeführt wurde. Jede<br />

Bewohnerin des Weraheims wurde ganz persönlich<br />

motiviert, teilzunehmen. Dazu musste den Teilnehmerinnen<br />

ein persönlicher Gewinn in Aussicht gestellt<br />

werden, <strong>der</strong> – wie sich zeigte – nicht allein im Wissenszuwachs<br />

liegen kann. Während <strong>der</strong> Abendkurse wurden<br />

die Kin<strong>der</strong> kostenlos in <strong>der</strong> Einrichtung betreut –<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 37


Anhang<br />

dies verschaffte den Müttern auch persönlichen Freiraum.<br />

Es wurden insgesamt drei Kurse mit 26 Teilnehmerinnen<br />

und einem Teilnehmer durchgeführt. Die<br />

Kursreihe endete mit einem Abschlussfest und <strong>der</strong><br />

Übergabe eines Zertifikates für die erfolgreiche Teilnahme<br />

am „Lehrgang Hauswirtschaft”. Es ist zu vermuten,<br />

dass die Vorlage eines solchen Zertifikates bei<br />

<strong>der</strong> Bewerbung um eine Ausbildungsstelle o<strong>der</strong> einen<br />

Arbeitsplatz durchaus positiv bewertet wird.<br />

Aus den Themen:<br />

• Gut geplant – Zeit gewonnen<br />

• Wenn das Geld nicht reicht....<br />

• Feste feiern – gut vorbereitet sein<br />

• Einkaufen will gelernt sein<br />

• Nahrungszubereitung – schnell und gesund<br />

• Textilien einkaufen und pflegen<br />

• Lebensräume schaffen<br />

• Wohnung gestalten und pflegen<br />

• „Selbst ist die Frau” Kleine Reparaturen im Haushalt<br />

• Pfade durch den Behördendschungel<br />

• Papiere, Papiere... Schriftverkehr und Ordnungssysteme<br />

• Aufgabenteilung in <strong>der</strong> Familie<br />

• Familienplanung, Schwangerschaftsverhütung<br />

Eine Hauswirtschaftsmeisterin, die gleichzeitig über<br />

gute Kenntnisse in <strong>der</strong> Erwachsenenbildung verfügt,<br />

wurde mit <strong>der</strong> Kursleitung beauftragt.<br />

Für die Vermittlung <strong>der</strong> rein theoretischen Inhalte wurde<br />

als Unterrichtsort das Weraheim gewählt, während<br />

die vorwiegend praktischen Inhalte (Nahrungszubereitung,<br />

Ausbessern von Textilien u.ä.) in den Räumen<br />

<strong>der</strong> Evangelischen Diakonissenanstalt vermittelt<br />

wurden. Die räumliche Nähe <strong>der</strong> beiden Orte erwies<br />

sich dabei als günstig. Bei den eher theoretischen<br />

Unterrichtsabenden war die Aufmerksamkeit <strong>der</strong><br />

Teilnehmerinnen unterschiedlich stark. Den fachpraktischen<br />

Übungen gingen jeweils ca. 45 Minuten<br />

Kenntnisvermittlung voraus, zum Beispiel wurde<br />

dem Kochen die Ernährungslehre vorangestellt. Dies<br />

erwies sich allerdings als uneffektiv und bereits im<br />

zweiten Kurs wurden Grundkenntnisse <strong>der</strong> Ernährungslehre<br />

beim Tun, z.B. während des gemeinsamen<br />

Gemüseschneidens vermittelt. Der Kursverlauf war<br />

festgelegt – schließlich mussten auch externe Referentinnen<br />

und Referenten gewonnen und eingeplant<br />

werden – blieb aber insoweit prozessorientiert, als<br />

nach je<strong>der</strong> Einheit überlegt wurde, ob <strong>der</strong> Aufbau<br />

hilfreich war. So konnten bereits in den zweiten Kurs<br />

die Erfahrungen des ersten Durchgangs einfließen.<br />

Voraussetzung dafür war ein ständiger Austausch<br />

zwischen den Verantwortlichen des Weraheims und<br />

<strong>der</strong> Diakonissenanstalt.<br />

Eine wissenschaftliche Begleitung 15 untersuchte die<br />

Akzeptanz <strong>der</strong> Kursinhalte durch die Teilnehmenden<br />

sowie die kurzfristigen Kurserfolge bezogen auf verbesserte<br />

hauswirtschaftliche Handlungskompetenz<br />

und ausgeprägteres ökonomisch-rationales Verhalten.<br />

Dabei erhielten das Kurskonzept und die Durchführung<br />

von den Teilnehmerinnen durchgängig „gute Noten”.<br />

Viele gaben an, ihr Verhalten nach dem Kurs verän<strong>der</strong>t<br />

zu haben. „Ich lasse nicht mehr den ganzen schriftlichen<br />

Kram liegen, son<strong>der</strong>n erledige das gleich”, erklärte<br />

eine Teilnehmerin, an<strong>der</strong>e gaben an kleinere Reparaturen<br />

jetzt selbst auszuführen, Rezepte nachzukochen<br />

und die Tipps zum Sparen im Haushalt mit guten Erfolgen<br />

anzuwenden. Um die Frage nach einem nachhaltigen<br />

Kurserfolg beantworten zu können, müsste eine<br />

Langzeitstudie durchgeführt werden. Dies war im Budget<br />

nicht enthalten, es ist jedoch geplant, die Teilnehmerinnen<br />

und den Teilnehmer des ersten Kurses in ein<br />

bis zwei Jahren erneut zu befragen.<br />

Zielgruppenspezifisch<br />

Wesentlicher Teil des Projektes war die Motivation <strong>der</strong><br />

ausgewählten Zielgruppe und <strong>der</strong> Zuschnitt dieses<br />

Angebotes auf die beson<strong>der</strong>e Lebenssituation <strong>der</strong> Bewohnerinnen.<br />

Wie sich zeigte, mussten diejenigen,<br />

welche für die Zielgruppe stehen – also die betreuenden<br />

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Weraheimes –<br />

während <strong>der</strong> Maßnahme in gleicher Weise verantwortlich<br />

und aktiv sein, wie die durchführende Kursleiterin<br />

und weitere Referentinnen, als Vertreterinnen <strong>der</strong> Angebotsseite.<br />

Veranstaltungen, die sich mit Haushaltsführung und<br />

Alltagsorganisation befassen, sind nichts grundsätzlich<br />

Neues. Volkshochschulen und Familienbildungsstätten,<br />

auch die hauswirtschaftlichen Verbände haben<br />

sie seit langem in ihren Programmen. Die Erfahrung<br />

zeigt allerdings auch, dass gerade Menschen in beson<strong>der</strong>s<br />

belasteten Lebenssituationen von diesen Angeboten<br />

nicht erreicht werden. Neu und ganz beson<strong>der</strong>s<br />

entscheidend ist dagegen, dafür zu sorgen, dass das<br />

Wissen den Personengruppen vermittelt werden kann,<br />

die nicht die klassische Klientel für Bildungsange-<br />

38 Diakonie Dokumentation 03/2002


Anhang<br />

bote darstellen. „Oft werden Armutsrisiken von den<br />

Betroffenen nicht erkannt und auch wo sie im Bewusstsein<br />

sind, werden häufig nicht die richtigen<br />

Schritte unternommen und vorgehaltene Unterstützungsangebote<br />

in Anspruch genommen. Dabei könnte<br />

durch frühzeitige Inanspruchnahme in vielen Fällen<br />

ein Abrutschen verhin<strong>der</strong>t und eine Stabilisierung erreicht<br />

werden.” 16<br />

Ausblick: Es gibt nichts Gutes –<br />

außer man tut es!<br />

Grundsätzlich verfügen Projekte über den Vorteil einer<br />

ausreichenden finanziellen För<strong>der</strong>ung (hier durch den<br />

Bund), weisen in <strong>der</strong> Regel aber den Nachteil <strong>der</strong> Kurzlebigkeit<br />

auf. Damit sie nachhaltige Wirkung für einen<br />

größeren Personenkreis entfalten, bedarf es einer Implementierung<br />

in bestehende Angebote sozialer Arbeit<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Entwicklung neuer Maßnahmen.<br />

Armutsprävention und Armutsbekämpfung stellen für<br />

die Soziale Arbeit, ganz beson<strong>der</strong>s aber für die kommunale<br />

Sozialpolitik und die Sozialverwaltung, eine<br />

enorme Herausfor<strong>der</strong>ung dar. Dies hat auch <strong>der</strong> im<br />

Frühjahr 2001 vorgelegte Armutsbericht <strong>der</strong> Stadt<br />

Stuttgart 17 gezeigt, dessen Ergebnisse sich im Wesentlichen<br />

mit denen des Armuts- und Reichtumsberichtes<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung decken. Neben den strukturellen<br />

Ursachen und Rahmenbedingungen von Armut – so<br />

wird festgestellt – sind es individuell häufig die nicht<br />

ausreichenden o<strong>der</strong> fehlenden Bildungsressourcen,<br />

die zu <strong>der</strong> konstatierten „Vererbung von Armut” 18 bei<br />

tragen.<br />

Das Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong> hat daher nach Abschluss<br />

<strong>der</strong> drei Kurse im Oktober 2001 zu einer Fachtagung<br />

nach Stuttgart eingeladen und alle Fachkräfte<br />

und Multiplikatoren im Bereich <strong>der</strong> Jugend- und Familienhilfe<br />

<strong>der</strong> öffentlichen und freien Träger angesprochen.<br />

Dabei interessierte vor allem die Frage, wie innerhalb<br />

<strong>der</strong> Großstadt Stuttgart sowohl die Erkenntnisse<br />

<strong>der</strong> Armutsforschung, als auch die mit dem Praxisprojekt<br />

gesammelten Erfahrungen in die Sozialplanung<br />

und die Konzipierung sozialer Arbeit mit Familien einfließen<br />

können.<br />

Eine wichtige Erkenntnis war: Informationen und<br />

Interventionen müssen sehr genau auf die jeweiligen<br />

Zielgruppen bezogen und auf die gebotene Dringlichkeit<br />

abgestimmt sein. Die Frage: Wie erreichen wir die<br />

jeweilige Zielgruppe mit dem entsprechenden Angebot?<br />

werden sich dabei diejenigen stellen – und beantworten<br />

– müssen, die mit den Betroffenen arbeiten. Die<br />

Passgenauigkeit von Hilfen ist ein wichtiger Teil von<br />

Qualitätsentwicklung und ist in erster Linie eine Sache<br />

<strong>der</strong> Planung. Hilfeplanung ist seit langem ein unverzichtbares<br />

Element für viele Maßnahmen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>und<br />

Jugendhilfe. Mittlerweile wird begonnen, sie auch<br />

in <strong>der</strong> Sozialhilfe anzuwenden. Die Stadt Stuttgart wird<br />

im Jahr 2002 eine individuelle Hilfeplanung für Empfängerinnen<br />

und Empfänger von Sozialhilfe einführen,<br />

denn schließlich „soll (die Hilfe ihre Empfänger, Anm.<br />

R.D.) soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr<br />

zu leben.... 19 . Gleichzeitig sollen in Stuttgart die einmaligen<br />

Beihilfen in diesem Jahr erstmals pauschaliert<br />

gewährt werden, was vor dem Hintergrund <strong>der</strong> notorischen<br />

Mangelsituation, die <strong>der</strong> Sozialhilfebezug bedeutet,<br />

enorm hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an die Finanzplanung<br />

und Disziplin <strong>der</strong> Betroffenen stellt. Bei <strong>der</strong> Frage, wie<br />

das Wissen und die Fähigkeiten, die Selbsthilfekräfte<br />

also, an die Frau und an den Mann kommen sollen, ist bei<br />

einigen schwer zu erreichenden, beson<strong>der</strong>s armutsgefährdeten<br />

Zielgruppen auch ein ganz individueller<br />

Zuschnitt des Angebots denkbar und notwendig. Ein<br />

Weg, wie er bisher schon in <strong>der</strong> Sozialpädagogischen<br />

Familienhilfe als Form <strong>der</strong> “aufsuchenden Hilfe„ gegangen<br />

wird. Fähigkeiten und Kenntnisse <strong>der</strong> Haushaltsführung<br />

würden dabei nicht einer Gruppe, son<strong>der</strong>n den<br />

Einzelnen, vielleicht zu Hause, vermittelt. Denkbar wäre<br />

das z.B. für Familien mit massiven Unterversorgungslagen,<br />

in denen die Vernachlässigung von Kin<strong>der</strong>n droht.<br />

Ein persönliches “Lernprogramm„ könnte hier Teil des<br />

umfassenden Hilfekonzeptes nach § 31 SGB VIII sein.<br />

Ausgebildete Kräfte gibt es dafür. So verfügen die Einsatzstellen<br />

<strong>der</strong> Haus- und Familienpflege o<strong>der</strong> die hauswirtschaftlichen<br />

Fachschulen über entsprechend qualifizierte<br />

Mitarbeiterinnen und Lehrkräfte.<br />

Was wir uns als Verantwortliche für dieses Stuttgarter<br />

Projekt wünschen, ist eine breite, bundesweite Diskussion<br />

dieses Ansatzes in den Handlungsfel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Sozialen<br />

Arbeit sowie die Bereitschaft <strong>der</strong> Kostenträger<br />

zur Finanzierung solcher Maßnahmen. Sie werden sich<br />

langfristig rechnen!<br />

(Beitrag erscheint in: Blätter für die Wohlfahrtspflege<br />

3 + 4 / 2002)<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 39


Anhang<br />

1 Lebenslagen in Deutschland. Der erste Armuts- und Reichtumsbericht<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung, 2001<br />

2 Statistik <strong>der</strong> Sozialhilfe 1998. Arbeitsunterlage. Hrsg.: Statistisches<br />

Bundesamt, Zweigstelle Bonn, 2000<br />

3 Armut von Kin<strong>der</strong>n und Jugendlichen. Sozialpolitische Bilanz,<br />

Hrsg.: Nationale Armutskonferenz für die Bundesrepublik<br />

Deutschland, 2001<br />

4 Verdeckte Armut in Deutschland, Studie im Auftrag <strong>der</strong><br />

Friedrich-Ebert-Stiftung, Frankfurt, 1998<br />

5 Eggen, Bernd et al (1998): Privathaushalte mit Niedrigeinkommen,<br />

Band 1000 Schriftenreihe des Bundesministeriums für<br />

Gesundheit, Baden-Baden<br />

6 Es fehlt nicht nur am Geld. Entwicklungschancen von Kin<strong>der</strong>n in<br />

armen Familien, <strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong> in: TPS 6/94<br />

7 Bericht über die Lebenssituation von Kin<strong>der</strong>n und die Leistungen<br />

<strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>hilfen in Deutschland (10. Kin<strong>der</strong>- und Jugendbericht),<br />

BT-Drucksache 13/11368, 1998<br />

8 vgl. Piorkowsky, Michael-Burkhard in: Verarmungsgründe<br />

und Armutsprävention bei Privathaushalten; Expertise für das<br />

BMFSFJ als Beitrag zum Berichtskapitel über Armut in Familienhaushalten<br />

für den 1. Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong><br />

Bundesregierung<br />

9 Familien und Familienpolitik im geeinten Deutschland – Zukunft<br />

des Humanvermögens. 5. Familienbericht, Hrsg.: Bundesministerium<br />

für Familie und Senioren, Bonn 1994<br />

10 Sen, Amartya: Poor, relatively speaking. In: Oxford Economic<br />

Papers, Vol. 35, 1983, S. 153-169<br />

11 Frank Bertsch in: Zur Philosophie des Armutspräventionsprogrammes<br />

<strong>der</strong> Bundesregierung, unveröffentlichter Einführungsvortrag<br />

Berlin 2000,<br />

12 vgl. Kettschau, Irmhild: Familien in Armut – Haushaltsführung<br />

und Lebensgestaltung, in: Haushalt und Bildung 3/2000<br />

13 Das bisschen Haushalt.... Armutsprävention durch Stärkung von<br />

Haushaltsführungskompetenzen. Ein Projektbericht. Elsa Lopp,<br />

Carola Martin, Elke Rosental, Stuttgart 2001<br />

14 Etwas Beson<strong>der</strong>es: Einrichtungen für Mutter (Vater) und Kind.<br />

<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong> in: Angebote und Hilfen <strong>der</strong> Bundesarbeitsgemeinschaft<br />

Evangelischer Einrichtungen für Mutter<br />

(Vater) und Kind, Hrsg: <strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong> 1998<br />

15 „Das bisschen Haushalt” Wissenschaftliche Begleitung des<br />

ersten Kurses. Lehrstuhl für Haushalts- und Konsumökonomik,<br />

Universität Hohenheim, 2000<br />

16 Armutsprävention in <strong>der</strong> Kommune, Andreas Borchers in: Netzwerk<br />

für örtliche und regionale Familienpolitik, Son<strong>der</strong>heft 2001,<br />

Hannover<br />

17 Armut in Stuttgart. Quantitative und qualitative Analysen.<br />

Sozialbericht 1, Stuttgart 2001<br />

18 ebd.<br />

40 Diakonie Dokumentation 03/2002


Verzeichnis <strong>der</strong> Mitwirkenden, Autorinnen und Autoren:<br />

Verzeichnis <strong>der</strong> Mitwirkenden, Autorinnen und Autoren:<br />

Helmuth Beutel<br />

Evangelische Gesellschaft Stuttgart,<br />

Vorstand <strong>der</strong> Dienste für seelische Gesundheit /<br />

Erwachsene<br />

Dr. Gisela Dahl<br />

Stadträtin in Stuttgart (F.D.P.)<br />

<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong><br />

Referentin für Frauen und Familie,<br />

<strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>, Stuttgart<br />

Pfarrer Heinz Gerstlauer<br />

Evangelische Gesellschaft Stuttgart,<br />

Vorstandsvorsitzen<strong>der</strong><br />

Marita Gröger<br />

Stadträtin in Stuttgart (SPD)<br />

Heike Hilbert<br />

Dipl.Oecotrophologin, Lehrstuhl für Haushalts- und<br />

Konsumökonomik, Universität Hohenheim<br />

Dr. Regine Jautz<br />

Sozialplanerin, Stadt Stuttgart<br />

Schwester Elsa Lopp<br />

Evang. Diakonissenanstalt Stuttgart<br />

Carola Martin<br />

Leiterin des Weraheims, Stiftung kirchliche<br />

Zufluchtstätten, Stuttgart<br />

Ursula Marx<br />

Stadträtin in Stuttgart (Die Grünen)<br />

Bruno Pfeifle<br />

Leiter des Jugendamtes, Stadt Stuttgart<br />

Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky<br />

Universität Bonn, Lehrstuhl für Haushalts- und<br />

Konsumökonomik<br />

Karin-Renate Quessel<br />

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen<br />

und Jugend, Berlin<br />

Elke Rosental<br />

Hauswirtschaftsleiterin, Kursleitung,<br />

Diakonissenanstalt Stuttgart<br />

Horst Steinhilber<br />

Direktor des Bereichs Diakonische Dienste,<br />

Diakonischen <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>, Stuttgart<br />

Walter Tattermusch<br />

Leiter des Sozialamts, Stadt Stuttgart<br />

Dr. Ilse Unold<br />

Stadträtin in Stuttgart (CDU)<br />

Friedrich Weber<br />

Fachreferent für Kranken-, Haus- und Familienpflege,<br />

<strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>, Stuttgart<br />

Gretel Wildt<br />

Leiterin <strong>der</strong> Abteilung Frauen, Jugend und<br />

Familie, <strong>Diakonisches</strong> <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong>,<br />

Stuttgart<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 41


„Das bisschen Haushalt . . .”<br />

42 Diakonie Dokumentation 03/2002


P„Das bisschen Haushalt . . .”<br />

03/2002 Diakonie Dokumentation 43

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