Rosemarie Daumüller - Diakonisches Werk der EKD
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Armut in Stuttgart<br />
Seit 1998/1999 verzeichnen wir rückläufige Zahlen. Im<br />
Jahre 2000 kamen 39 HLU-Empfänger auf 1.000 Einwohner<br />
in Stuttgart. Der damalige Rückgang <strong>der</strong><br />
Sozialhilfedichte hat sowohl äußere Gründe – die bessere<br />
Arbeitsmarktlage, die Erhöhung staatlicher Transferleistungen,<br />
wie Arbeitslosengeld und Kin<strong>der</strong>geld –<br />
als auch interne Gründe, wie die greifenden Maßnahmen<br />
des städtischen Programms „Arbeit statt Sozialhilfe”.<br />
Inzwischen stellen wir wie<strong>der</strong> eine leichte<br />
Zunahme von 0,5 Prozent fest. Die aktuellen Arbeitsmarktzahlen<br />
sprechen ebenfalls für einen erneuten<br />
Anstieg <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger.<br />
Wer ist von Armut und Unterversorgung<br />
betroffen?<br />
Betrachtet man die Alterstruktur wird deutlich, dass <strong>der</strong><br />
Anteil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen sehr hoch ist, er<br />
liegt bei insgesamt über 32 Prozent. Die Hilfeempfänger<br />
im Erwachsenalter haben einen Anteil von insgesamt<br />
34,8 Prozent, <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong> Menschen über 65<br />
Jahre liegt bei 6,2 Prozent. Betrachtet man die Dichtewerte,<br />
also die Zahl <strong>der</strong> Empfängerinnen und Empfänger<br />
von Hilfe zum Lebensunterhalt (LU) auf 1.000 Einwohner<br />
ist folgendes abzuleiten: Insgesamt kann festgestellt<br />
werden, dass mit zunehmenden Alter <strong>der</strong>zeit<br />
die Wahrscheinlichkeit abnimmt, auf Sozialhilfe angewiesen<br />
zu sein.<br />
Betrachten wir die Auswertungen des Merkmals<br />
Geschlecht: Auf den ersten Blick kann von einer<br />
Geschlechterdifferenz bei dem Bezug von Sozialhilfe<br />
nicht gesprochen werden. Kurz gesagt: Der Anteil <strong>der</strong><br />
Sozialhilfeempfängerinnen liegt mit knapp 7 Prozent<br />
über dem Anteil <strong>der</strong> Männer, bei den Dichtwerten<br />
liegen die Frauen etwas darüber.<br />
Es gibt Hinweise auf die Ursachen des Sozialhilfebezugs<br />
bei Frauen: auffällig ist <strong>der</strong> höhere Anteil <strong>der</strong><br />
18- bis 45-Jährigen bei den Frauen, dies liegt sicherlich<br />
an dem hohen Anteil <strong>der</strong> allein Erziehenden.<br />
Kommen wir zur Staatsangehörigkeit <strong>der</strong> Empfängerinnen<br />
und Empfänger von Sozialhilfe: Knapp 60<br />
Prozent sind Deutsche, etwas über 40 Prozent sind<br />
nichtdeutscher Herkunft. Auffällig dabei ist <strong>der</strong><br />
Dichtewert bei den nichtdeutschen Hilfeempfängern.<br />
Die Wahrscheinlichkeit als nichtdeutscher Stuttgarter<br />
Bürger arm zu werden ist mehr als doppelt so hoch<br />
wie als Deutscher, ein wichtiger Aspekt wird bei <strong>der</strong><br />
Betrachtung <strong>der</strong> Altersstruktur sichtbar: Sie sehen hier<br />
zwei nahezu entgegengesetzte Trends: <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong><br />
Deutschen nimmt mit zunehmenden Alter ab, <strong>der</strong><br />
Anteil <strong>der</strong> nichtdeutschen nimmt mit zunehmenden<br />
Alter zu: Ob sich hier eine zukünftige Altersarmut <strong>der</strong><br />
Migrantinnen und Migranten anzeigt, hängt von <strong>der</strong>en<br />
Alterssicherung ab.<br />
Die Auswertungen zum Familienstand geben zentralen<br />
Einblick in die Risikostruktur materieller Versorgung.<br />
Eindeutig ist demnach, dass es einen Zusammenhang<br />
zwischen den „Stationen einer Ehe” bzw. dem Leben<br />
einer unverheirateten Person und den materiellen Risiken<br />
gibt. Das Armutsrisiko bei den Geschiedenen ist<br />
(mit einer Sozialhilfedichte von 78) am höchsten, es<br />
folgen die Ledigen. Bei <strong>der</strong> weiteren Analyse nach dem<br />
Geschlecht wurde deutlich, dass das Risiko, auf Sozialhilfe<br />
angewiesen zu sein, bei Frauen höher ist als bei<br />
Männern.<br />
Das Bildungsprofil – Ausbildung und Bildung – steht<br />
im engen Zusammenhang mit <strong>der</strong> Chance, ein selbstständiges<br />
und materiell risikoarmes Leben führen zu<br />
können. Die Auswertungen belegen eindeutig, dass die<br />
Empfänger von Sozialhilfe eher eine schlechte Schulbildung<br />
haben. So verfügen mehr als 30 Prozent über<br />
einen Hauptschulabschluss und fast 8 Prozent über keinen<br />
Schulabschluss. Übrigens zeichnet sich die Frage<br />
<strong>der</strong> Geschlechtsspezifik bei dieser Auswertung kaum<br />
ab. Betrachtet man die Frage nach <strong>der</strong> Nationalität<br />
wurde bei den Auswertungen deutlich, dass – wie zu<br />
erwarten – die nichtdeutschen Sozialhilfeempfänger<br />
insgesamt eine schlechtere Schulbildung haben als die<br />
deutschen.<br />
Die Frage nach dem höchsten Berufs- und Ausbildungsabschluss<br />
dokumentiert weiter den Zusammenhang<br />
zwischen Qualifikation und Armutsrisiko. Es ist<br />
hier zu sehen, dass von über 15.000 erwerbsfähigen<br />
Sozialhilfeempfängern nahezu ein Drittel über keinen<br />
beruflichen Ausbildungsabschluss verfügt.<br />
Resümierend kann formuliert werden, dass Frauen bei<br />
dieser Frage etwas schlechter gestellt sind als die<br />
Männer, Nichtdeutsche Sozialhilfeempfänger haben<br />
insgesamt ein schlechteres Ausbildungsniveau als die<br />
Deutschen.<br />
Betrachtet man nun die Haushaltsstrukturen, so werden<br />
die Aspekte und Problematiken klarer, die sich in den<br />
vorhergehenden Auswertungen zeigten: Es sind vor<br />
18 Diakonie Dokumentation 03/2002