Rosemarie Daumüller - Diakonisches Werk der EKD
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Anhang<br />
bote darstellen. „Oft werden Armutsrisiken von den<br />
Betroffenen nicht erkannt und auch wo sie im Bewusstsein<br />
sind, werden häufig nicht die richtigen<br />
Schritte unternommen und vorgehaltene Unterstützungsangebote<br />
in Anspruch genommen. Dabei könnte<br />
durch frühzeitige Inanspruchnahme in vielen Fällen<br />
ein Abrutschen verhin<strong>der</strong>t und eine Stabilisierung erreicht<br />
werden.” 16<br />
Ausblick: Es gibt nichts Gutes –<br />
außer man tut es!<br />
Grundsätzlich verfügen Projekte über den Vorteil einer<br />
ausreichenden finanziellen För<strong>der</strong>ung (hier durch den<br />
Bund), weisen in <strong>der</strong> Regel aber den Nachteil <strong>der</strong> Kurzlebigkeit<br />
auf. Damit sie nachhaltige Wirkung für einen<br />
größeren Personenkreis entfalten, bedarf es einer Implementierung<br />
in bestehende Angebote sozialer Arbeit<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Entwicklung neuer Maßnahmen.<br />
Armutsprävention und Armutsbekämpfung stellen für<br />
die Soziale Arbeit, ganz beson<strong>der</strong>s aber für die kommunale<br />
Sozialpolitik und die Sozialverwaltung, eine<br />
enorme Herausfor<strong>der</strong>ung dar. Dies hat auch <strong>der</strong> im<br />
Frühjahr 2001 vorgelegte Armutsbericht <strong>der</strong> Stadt<br />
Stuttgart 17 gezeigt, dessen Ergebnisse sich im Wesentlichen<br />
mit denen des Armuts- und Reichtumsberichtes<br />
<strong>der</strong> Bundesregierung decken. Neben den strukturellen<br />
Ursachen und Rahmenbedingungen von Armut – so<br />
wird festgestellt – sind es individuell häufig die nicht<br />
ausreichenden o<strong>der</strong> fehlenden Bildungsressourcen,<br />
die zu <strong>der</strong> konstatierten „Vererbung von Armut” 18 bei<br />
tragen.<br />
Das Diakonische <strong>Werk</strong> <strong>der</strong> <strong>EKD</strong> hat daher nach Abschluss<br />
<strong>der</strong> drei Kurse im Oktober 2001 zu einer Fachtagung<br />
nach Stuttgart eingeladen und alle Fachkräfte<br />
und Multiplikatoren im Bereich <strong>der</strong> Jugend- und Familienhilfe<br />
<strong>der</strong> öffentlichen und freien Träger angesprochen.<br />
Dabei interessierte vor allem die Frage, wie innerhalb<br />
<strong>der</strong> Großstadt Stuttgart sowohl die Erkenntnisse<br />
<strong>der</strong> Armutsforschung, als auch die mit dem Praxisprojekt<br />
gesammelten Erfahrungen in die Sozialplanung<br />
und die Konzipierung sozialer Arbeit mit Familien einfließen<br />
können.<br />
Eine wichtige Erkenntnis war: Informationen und<br />
Interventionen müssen sehr genau auf die jeweiligen<br />
Zielgruppen bezogen und auf die gebotene Dringlichkeit<br />
abgestimmt sein. Die Frage: Wie erreichen wir die<br />
jeweilige Zielgruppe mit dem entsprechenden Angebot?<br />
werden sich dabei diejenigen stellen – und beantworten<br />
– müssen, die mit den Betroffenen arbeiten. Die<br />
Passgenauigkeit von Hilfen ist ein wichtiger Teil von<br />
Qualitätsentwicklung und ist in erster Linie eine Sache<br />
<strong>der</strong> Planung. Hilfeplanung ist seit langem ein unverzichtbares<br />
Element für viele Maßnahmen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>und<br />
Jugendhilfe. Mittlerweile wird begonnen, sie auch<br />
in <strong>der</strong> Sozialhilfe anzuwenden. Die Stadt Stuttgart wird<br />
im Jahr 2002 eine individuelle Hilfeplanung für Empfängerinnen<br />
und Empfänger von Sozialhilfe einführen,<br />
denn schließlich „soll (die Hilfe ihre Empfänger, Anm.<br />
R.D.) soweit wie möglich befähigen, unabhängig von ihr<br />
zu leben.... 19 . Gleichzeitig sollen in Stuttgart die einmaligen<br />
Beihilfen in diesem Jahr erstmals pauschaliert<br />
gewährt werden, was vor dem Hintergrund <strong>der</strong> notorischen<br />
Mangelsituation, die <strong>der</strong> Sozialhilfebezug bedeutet,<br />
enorm hohe Anfor<strong>der</strong>ungen an die Finanzplanung<br />
und Disziplin <strong>der</strong> Betroffenen stellt. Bei <strong>der</strong> Frage, wie<br />
das Wissen und die Fähigkeiten, die Selbsthilfekräfte<br />
also, an die Frau und an den Mann kommen sollen, ist bei<br />
einigen schwer zu erreichenden, beson<strong>der</strong>s armutsgefährdeten<br />
Zielgruppen auch ein ganz individueller<br />
Zuschnitt des Angebots denkbar und notwendig. Ein<br />
Weg, wie er bisher schon in <strong>der</strong> Sozialpädagogischen<br />
Familienhilfe als Form <strong>der</strong> “aufsuchenden Hilfe„ gegangen<br />
wird. Fähigkeiten und Kenntnisse <strong>der</strong> Haushaltsführung<br />
würden dabei nicht einer Gruppe, son<strong>der</strong>n den<br />
Einzelnen, vielleicht zu Hause, vermittelt. Denkbar wäre<br />
das z.B. für Familien mit massiven Unterversorgungslagen,<br />
in denen die Vernachlässigung von Kin<strong>der</strong>n droht.<br />
Ein persönliches “Lernprogramm„ könnte hier Teil des<br />
umfassenden Hilfekonzeptes nach § 31 SGB VIII sein.<br />
Ausgebildete Kräfte gibt es dafür. So verfügen die Einsatzstellen<br />
<strong>der</strong> Haus- und Familienpflege o<strong>der</strong> die hauswirtschaftlichen<br />
Fachschulen über entsprechend qualifizierte<br />
Mitarbeiterinnen und Lehrkräfte.<br />
Was wir uns als Verantwortliche für dieses Stuttgarter<br />
Projekt wünschen, ist eine breite, bundesweite Diskussion<br />
dieses Ansatzes in den Handlungsfel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Sozialen<br />
Arbeit sowie die Bereitschaft <strong>der</strong> Kostenträger<br />
zur Finanzierung solcher Maßnahmen. Sie werden sich<br />
langfristig rechnen!<br />
(Beitrag erscheint in: Blätter für die Wohlfahrtspflege<br />
3 + 4 / 2002)<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 39