Rosemarie Daumüller - Diakonisches Werk der EKD
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Anhang<br />
<strong>Rosemarie</strong> <strong>Daumüller</strong>: „Das bisschen Haushalt....”<br />
Armutsprävention und Mil<strong>der</strong>ung defizitärer Lebenslagen<br />
durch Stärkung von Haushaltsführungskompetenzen<br />
Die Lebensbedingungen von Menschen werden zwar maßgeblich von ihrer wirtschaftlichen<br />
Lage bestimmt. Entscheidend sind aber auch die eigenen Fähigkeiten zur Alltags- und Lebensbewältigung.<br />
Diese Erkenntnis soll auch in entsprechende Angebote <strong>der</strong> freien und öffentlichen<br />
Träger umgesetzt werden.<br />
Bedeutung <strong>der</strong> Privathaushalte<br />
„Das bisschen Haushalt...” Der Titel klingt nach:<br />
unwichtig, selbstverständlich und nebenbei. Gleichzeitig<br />
enthält er die Leichtigkeit und Ironie des<br />
gleichnamigen Schlagers und weist damit auf die<br />
Geringschätzung privater Haushaltstätigkeit als unbezahlte,<br />
meist weibliche Subsistenzarbeit innerhalb<br />
einer männlich dominierten Erwerbsgesellschaft<br />
hin. Dabei prägt Haushaltsführung in hohem<br />
Maße die Lebensqualität aller Mitglie<strong>der</strong> eines Haushaltes.<br />
Sie entscheidet mit über Wohnqualität, gesunde<br />
Ernährung, Bewältigung <strong>der</strong> alltäglichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen des Lebens und das Management <strong>der</strong><br />
Finanzen. Die wirtschaftliche und die psycho-soziale<br />
Verfassung einer Familie entscheidet über die<br />
Bedingungen unter denen die darin lebenden Kin<strong>der</strong><br />
aufwachsen. Familie findet in privaten Haushalten<br />
statt. Haushaltsführung und Familienkompetenzen<br />
muss daher eine verstärkte Aufmerksamkeit zukommen.<br />
Vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Frage, welche präventiven<br />
Maßnahmen zur Verhin<strong>der</strong>ung von Armut ergriffen<br />
werden können und welche Interventionen geeignet<br />
sind, Unterversorgungslagen nachhaltig zu verbessern,<br />
kommt <strong>der</strong> Stärkung von Kompetenzen <strong>der</strong><br />
Haushaltsführung eine hohe Bedeutung zu. Um<br />
Missverständnissen vorzubeugen: Es geht hierbei<br />
nicht um ein Frauenthema, womöglich um die<br />
„Wie<strong>der</strong>belebung” verlorengegangener weiblicher<br />
Tugenden und Fertigkeiten. Elternkompetenzen und<br />
Fähigkeiten, einen Haushalt selbständig zu führen,<br />
sind ein Thema für Frauen und Männer, für Mädchen<br />
und Jungen gleichermaßen.<br />
Armut und Unterversorgung in einem<br />
wohlhabenden Land?<br />
In Deutschland nimmt die Auseinan<strong>der</strong>entwicklung<br />
von Arm und Reich zu, wie <strong>der</strong> im Frühjahr 2001 veröffentlichte<br />
Armuts- und Reichtumsbericht <strong>der</strong> Bundesregierung<br />
1 zeigt.<br />
Überdurchschnittlich von Armut betroffen sind kin<strong>der</strong>reiche<br />
Familien, allein Erziehende mit ihren Kin<strong>der</strong>n<br />
und Familien mit Migrationshintergrund. Eine Entwicklung,<br />
die wegen ihrer Folgen für die Betroffenen und die<br />
gesamte Gesellschaft we<strong>der</strong> von den politisch Verantwortlichen<br />
noch von denjenigen, die für die professionelle<br />
soziale Arbeit stehen, hingenommen werden kann.<br />
Im Jahr 1998 waren in <strong>der</strong> Bundesrepublik rund drei<br />
Millionen Personen auf Sozialhilfe angewiesen 2 , darunter<br />
mehr als eine Million Kin<strong>der</strong> und Jugendliche 3 .<br />
Hinzu kommt eine etwa gleich große Gruppe von<br />
„verdeckt Armen” 4 , <strong>der</strong>en Einkommen unterhalb <strong>der</strong><br />
Sozialhilfegrenze liegt, die aber aus verschiedenen<br />
Gründen ihren Sozialhilfeanspruch nicht realisieren.<br />
2,8 Millionen Haushalte in <strong>der</strong> Bundesrepublik sind<br />
überschuldet, mit dem entsprechenden wirtschaftlichen<br />
und psychischen Druck, <strong>der</strong> auf ihren Mitglie<strong>der</strong>n<br />
lastet. Rund ein Drittel aller Familienhaushalte wird<br />
nicht zu Steuerzahlungen herangezogen – ebenfalls ein<br />
Indikator dafür, dass sich diese Haushalte im Niedrigeinkommensbereich<br />
befinden, denn die Besteuerung<br />
des Einkommens soll erst dann einsetzen, wenn eine<br />
einfache Lebenshaltung gewährleistet ist.<br />
Dabei kann Armut in Deutschland nur in wenigen Fällen<br />
mit <strong>der</strong> Vorstellung von absoluter Armut verbunden<br />
werden, bei <strong>der</strong> die Grundbedürfnisse nach Nahrung,<br />
Kleidung und einem Dach über dem Kopf nicht erfüllt<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 35