Rosemarie Daumüller - Diakonisches Werk der EKD
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Vorwort<br />
Vorwort<br />
In den letzten zwanzig Jahren ist ein Ansteigen von<br />
relativer Armut, eine Zunahme überschuldeter Haushalte<br />
und die weitere Auseinan<strong>der</strong>entwicklung von<br />
Arm und Reich zu verzeichnen. Die Zahl von drei Millionen<br />
Empfängerinnen und Empfängern von Sozialhilfe<br />
in Deutschland, davon ein Million Kin<strong>der</strong> und<br />
Jugendliche, unterstreicht diese Beobachtung. Dabei<br />
lässt sich eine Tendenz zur Vererbung o<strong>der</strong> Tradierung<br />
von Armut feststellen, so die Autorinnen und Autoren<br />
des 1. Stuttgarter Armutsberichtes. Die Auswirkungen<br />
<strong>der</strong> Armut für das Aufwachsen von Kin<strong>der</strong>n, für ihre<br />
Sozialisation und ihre Integration in die Gesellschaft<br />
sind erheblich.<br />
Dabei ist Armut nicht allein eine Frage absoluter Geldbeträge.<br />
Die Lebensbedingungen einer Familie werden<br />
zwar maßgeblich vom Einkommen und ihrer wirtschaftlichen<br />
Verfassung bestimmt, entscheidend für die<br />
Situation von Frauen, Männern, Mädchen und Jungen<br />
in ihren Familien sind jedoch ebenso die sie umgebende<br />
soziale Infrastruktur eines Gemeinwesens und – in<br />
hohem Maße – die je eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen<br />
<strong>der</strong> Alltags- und Lebensbewältigung. Armutsprävention<br />
und die Verbesserung bestehen<strong>der</strong> defizitärer<br />
Lebenslagen kann und muss daher auch mit <strong>der</strong> Vermittlung<br />
von Wissen sowie mit <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung von<br />
Verhalten einhergehen. Armut betrifft viele Lebensbereiche<br />
und kann daher nur mehrdimensional begriffen<br />
werden. Auch die Maßnahmen zur Bekämpfung von<br />
Armut müssen diesem Konzept Rechnung tragen und<br />
auf verschiedenen Ebenen ansetzen.<br />
Der Bildung in einem umfassenden Sinne kommt hier<br />
eine wichtige Rolle zu. Diese Erkenntnis sollte sich<br />
auch in entsprechenden Angeboten <strong>der</strong> freien und<br />
öffentlichen Träger wie<strong>der</strong>finden. Ein vernetztes Vorgehen<br />
von freien und öffentlichen Trägern im Hinblick<br />
auf die Entwicklung von Maßnahmen ist dabei nicht<br />
nur sinnvoll, son<strong>der</strong>n notwendig.<br />
Das „Stuttgarter Projekt” als Teil <strong>der</strong> vom Bundesministerium<br />
für Familie, Senioren, Frauen und Jugend<br />
geför<strong>der</strong>ten Praxisprojekte zur Armutsprävention hat<br />
gezeigt, dass sich die damit gesammelten Erfahrungen<br />
und Ergebnisse vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Erkenntnisse<br />
aus dem ersten Stuttgarter Armutsbericht in die Sozialplanung<br />
und die Konzeptentwicklung sozialer Arbeit<br />
implementieren lassen. Es hat auch deutlich gemacht,<br />
dass Interventionen und Angebote sehr genau auf die<br />
jeweilige Zielgruppe bezogen werden müssen, wenn<br />
die beson<strong>der</strong>s armutsgefährdeten Personengruppen<br />
erreicht werden sollen, d. h. Hilfen müssen „passgenau<br />
und zielgruppenspezifisch” entwickelt werden. Als<br />
Initiatoren dieses Projektes wünschen wir uns, dass es<br />
Früchte trägt. Daher hoffen wir auf eine produktive und<br />
vernetzte Weiterarbeit in Stuttgart, aber auch in an<strong>der</strong>en<br />
Städten und Regionen Deutschlands. Die vorliegende<br />
Dokumentation möge dazu beitragen.<br />
Horst Steinhilber<br />
03/2002 Diakonie Dokumentation 3