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mir gehören?<br />
mit der Lizenz zum Autofahren das Gefühl der großen Freiheit inklusive. Heute liegt der Fall<br />
Johannes Müller und Annette Napp diskutieren, ob CARSHARING für sie infrage kommt.<br />
„Selbst wenn sharing zur echten<br />
Car-<br />
Alternative wird:<br />
Das entspannte<br />
Gefühl, im eigenen<br />
Auto zu sitzen, kann<br />
es nicht ersetzen“<br />
Okay, zugegeben: Privat fahre ich<br />
mit einem Mazda 2 in Basismotorisierung<br />
nicht unbedingt mein<br />
Traumauto, und Fahrspaß definiere<br />
ich auch irgendwie anders. Aber deswegen<br />
auf die kleine Kugel verzichten?<br />
Wohl eher nicht. Denn mal davon<br />
abgesehen, dass ich auch<br />
persönlich an diesem Auto hänge,<br />
leiste ich es mir vor allem, um flexibel<br />
zu sein. Als Ergänzung, wenn Bus<br />
und Bahn an ihre Grenzen stoßen.<br />
Carsharing taugt da nicht als Alternative.<br />
Der Hauptgrund: Es ist, mit einigen<br />
wenigen Ausnahmen, nur in ausgewählten<br />
Gebieten verfügbar.<br />
Der Bundesverband Carsharing<br />
spricht von rund 380 Städten und<br />
Gemeinden mit entsprechendem<br />
Angebot. Sobald man aber im Stadtrandgebiet<br />
wohnt oder regelmäßig<br />
längere Strecken in ländliche<br />
Gegenden fährt, braucht man doch<br />
wieder ein anderes, zusätzliches Fortbewegungsmittel.<br />
Klar, das Angebot für Mitfahrgelegenheiten<br />
wächst zusehends, außerhalb<br />
der Hauptpendler- oder Studentenstrecken<br />
aber wird es auch dort<br />
schwierig. Außerdem fällt es ab<br />
einem gewissen Punkt schwer, die<br />
Vorteile gegenüber dem Bahnfahren<br />
zu erkennen. Sowohl beim Carsharing<br />
als auch bei Mitfahrgelegenheiten<br />
sollte ich meine Fahrt rechtzeitig<br />
planen und ein Auto reservieren.<br />
Und, ich muss mich samt Gepäck zu<br />
dem jeweiligen Fahrzeug bewegen,<br />
das nur selten in meiner unmittelbaren<br />
Nähe parkt. Und das, ohne zu<br />
wissen, was mich dort erwartet. Mit<br />
meinem eigenen Auto genieße<br />
ich den Luxus, jederzeit die<br />
Schlüssel nehmen, zu Fuß zum<br />
Auto gehen und entspannt losfahren<br />
zu können.<br />
Und in der Stadt? Selbst dort<br />
empfinde ich Bus und Bahn als<br />
einfachere und spontanere<br />
Lösung. Denn viele Carsharing-<br />
Angebote sind stationsgebunden.<br />
Wenn ich da nicht gerade<br />
das Glück habe, in der Nähe<br />
eines Fahrzeugpools zu wohnen,<br />
wäre ich wieder auf andere Konzepte<br />
angewiesen, um dorthin zu<br />
kommen. Bei den wenigen Anbietern,<br />
die ihre Fahrzeuge frei im Geschäftsgebiet<br />
verteilen, kann ich – wegen der<br />
derzeit noch überschaubaren Flottengröße<br />
– würfeln, ob zufällig gerade<br />
dann ein Auto in meiner Nähe parkt,<br />
wenn ich es brauche.<br />
Natürlich fahre ich auch mit meinem<br />
eigenen Auto nur ungern in eine<br />
Stadt. Wer begibt sich schon gern auf<br />
Parkplatzsuche und fühlt sich im<br />
städtischen Stop-and-go-Verkehr<br />
wohl? Warum also sollte ich genau<br />
dort freiwillig auf ein geliehenes Auto<br />
umsteigen? Damit stehe ich genauso<br />
im Stau und zahle noch für jede Minute<br />
Geld, denn die Abrechnung erfolgt<br />
meistens minutengenau. Stressfrei<br />
hört sich das für mich nicht an.<br />
Wenn es dann wenigstens günstig<br />
wäre. Bei den aktuellen Preisen muss<br />
sich aber noch nicht einmal die Bahn<br />
verstecken. Die liefert dafür aber ein<br />
System, das überall in Deutschland<br />
gleich funktioniert. Beim Carsharing<br />
dagegen muss ich mich für jedes Ziel<br />
neu informieren, ob es verfügbar ist,<br />
und mich bei jedem Anbieter neu<br />
(und oft gebührenpflichtig) registrieren.<br />
Interessantes Detail: Kein Carsharing-Anbieter<br />
in Deutschland arbeitet<br />
bislang kostendeckend. Und<br />
ohne das Engagement großer Autohersteller<br />
wie BMW und Daimler bei<br />
DriveNow und car2go würde das<br />
Konzept derzeit weitaus weniger Aufmerksamkeit<br />
genießen.<br />
Ich möchte nicht ausschließen, dass<br />
das Carsharing in Zukunft besonders<br />
in Städten und Ballungsräumen eine<br />
brauchbare Alternative zu Bus und<br />
Bahn darstellen kann. Eines kann es<br />
aber nicht ersetzen: das entspannte<br />
Gefühl, im eigenen Auto zu sitzen. Wo<br />
alles genau so eingestellt ist, wie es<br />
für mich perfekt ist. Wo es so sauber<br />
ist, wie ich es hinterlassen habe, und<br />
so riecht, wie ich es gewohnt bin.<br />
Dort, wo ich den ganzen Kleinkram,<br />
den ich irgendwann einmal brauchen<br />
könnte, einfach liegen lassen kann.<br />
Und mal ganz ehrlich – es ist doch<br />
auch etwas anderes, die Tür zur eigenen<br />
Wohnung aufzuschließen als ein<br />
Hotelzimmer zu beziehen!<br />
Annette Napp<br />
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