18.06.2014 Aufrufe

AUTOStraßenverkehr Heft 14-2014

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mir gehören?<br />

mit der Lizenz zum Autofahren das Gefühl der großen Freiheit inklusive. Heute liegt der Fall<br />

Johannes Müller und Annette Napp diskutieren, ob CARSHARING für sie infrage kommt.<br />

„Selbst wenn sharing zur echten<br />

Car-<br />

Alternative wird:<br />

Das entspannte<br />

Gefühl, im eigenen<br />

Auto zu sitzen, kann<br />

es nicht ersetzen“<br />

Okay, zugegeben: Privat fahre ich<br />

mit einem Mazda 2 in Basismotorisierung<br />

nicht unbedingt mein<br />

Traumauto, und Fahrspaß definiere<br />

ich auch irgendwie anders. Aber deswegen<br />

auf die kleine Kugel verzichten?<br />

Wohl eher nicht. Denn mal davon<br />

abgesehen, dass ich auch<br />

persönlich an diesem Auto hänge,<br />

leiste ich es mir vor allem, um flexibel<br />

zu sein. Als Ergänzung, wenn Bus<br />

und Bahn an ihre Grenzen stoßen.<br />

Carsharing taugt da nicht als Alternative.<br />

Der Hauptgrund: Es ist, mit einigen<br />

wenigen Ausnahmen, nur in ausgewählten<br />

Gebieten verfügbar.<br />

Der Bundesverband Carsharing<br />

spricht von rund 380 Städten und<br />

Gemeinden mit entsprechendem<br />

Angebot. Sobald man aber im Stadtrandgebiet<br />

wohnt oder regelmäßig<br />

längere Strecken in ländliche<br />

Gegenden fährt, braucht man doch<br />

wieder ein anderes, zusätzliches Fortbewegungsmittel.<br />

Klar, das Angebot für Mitfahrgelegenheiten<br />

wächst zusehends, außerhalb<br />

der Hauptpendler- oder Studentenstrecken<br />

aber wird es auch dort<br />

schwierig. Außerdem fällt es ab<br />

einem gewissen Punkt schwer, die<br />

Vorteile gegenüber dem Bahnfahren<br />

zu erkennen. Sowohl beim Carsharing<br />

als auch bei Mitfahrgelegenheiten<br />

sollte ich meine Fahrt rechtzeitig<br />

planen und ein Auto reservieren.<br />

Und, ich muss mich samt Gepäck zu<br />

dem jeweiligen Fahrzeug bewegen,<br />

das nur selten in meiner unmittelbaren<br />

Nähe parkt. Und das, ohne zu<br />

wissen, was mich dort erwartet. Mit<br />

meinem eigenen Auto genieße<br />

ich den Luxus, jederzeit die<br />

Schlüssel nehmen, zu Fuß zum<br />

Auto gehen und entspannt losfahren<br />

zu können.<br />

Und in der Stadt? Selbst dort<br />

empfinde ich Bus und Bahn als<br />

einfachere und spontanere<br />

Lösung. Denn viele Carsharing-<br />

Angebote sind stationsgebunden.<br />

Wenn ich da nicht gerade<br />

das Glück habe, in der Nähe<br />

eines Fahrzeugpools zu wohnen,<br />

wäre ich wieder auf andere Konzepte<br />

angewiesen, um dorthin zu<br />

kommen. Bei den wenigen Anbietern,<br />

die ihre Fahrzeuge frei im Geschäftsgebiet<br />

verteilen, kann ich – wegen der<br />

derzeit noch überschaubaren Flottengröße<br />

– würfeln, ob zufällig gerade<br />

dann ein Auto in meiner Nähe parkt,<br />

wenn ich es brauche.<br />

Natürlich fahre ich auch mit meinem<br />

eigenen Auto nur ungern in eine<br />

Stadt. Wer begibt sich schon gern auf<br />

Parkplatzsuche und fühlt sich im<br />

städtischen Stop-and-go-Verkehr<br />

wohl? Warum also sollte ich genau<br />

dort freiwillig auf ein geliehenes Auto<br />

umsteigen? Damit stehe ich genauso<br />

im Stau und zahle noch für jede Minute<br />

Geld, denn die Abrechnung erfolgt<br />

meistens minutengenau. Stressfrei<br />

hört sich das für mich nicht an.<br />

Wenn es dann wenigstens günstig<br />

wäre. Bei den aktuellen Preisen muss<br />

sich aber noch nicht einmal die Bahn<br />

verstecken. Die liefert dafür aber ein<br />

System, das überall in Deutschland<br />

gleich funktioniert. Beim Carsharing<br />

dagegen muss ich mich für jedes Ziel<br />

neu informieren, ob es verfügbar ist,<br />

und mich bei jedem Anbieter neu<br />

(und oft gebührenpflichtig) registrieren.<br />

Interessantes Detail: Kein Carsharing-Anbieter<br />

in Deutschland arbeitet<br />

bislang kostendeckend. Und<br />

ohne das Engagement großer Autohersteller<br />

wie BMW und Daimler bei<br />

DriveNow und car2go würde das<br />

Konzept derzeit weitaus weniger Aufmerksamkeit<br />

genießen.<br />

Ich möchte nicht ausschließen, dass<br />

das Carsharing in Zukunft besonders<br />

in Städten und Ballungsräumen eine<br />

brauchbare Alternative zu Bus und<br />

Bahn darstellen kann. Eines kann es<br />

aber nicht ersetzen: das entspannte<br />

Gefühl, im eigenen Auto zu sitzen. Wo<br />

alles genau so eingestellt ist, wie es<br />

für mich perfekt ist. Wo es so sauber<br />

ist, wie ich es hinterlassen habe, und<br />

so riecht, wie ich es gewohnt bin.<br />

Dort, wo ich den ganzen Kleinkram,<br />

den ich irgendwann einmal brauchen<br />

könnte, einfach liegen lassen kann.<br />

Und mal ganz ehrlich – es ist doch<br />

auch etwas anderes, die Tür zur eigenen<br />

Wohnung aufzuschließen als ein<br />

Hotelzimmer zu beziehen!<br />

Annette Napp<br />

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