trans aktuell 08 2014
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14 I RECHT PRAKTISCH<br />
<strong>trans</strong> <strong>aktuell</strong> 8 · 4. April <strong>2014</strong><br />
Anerkannter Ausgleich<br />
Urteil: Wenn ein Frachtführer ein<br />
eindeutiges Zeitfenster bekommt, muss<br />
die Entladung in dem Zeitrahmen auch<br />
erfolgen – ansonsten darf er ein<br />
Standgeld erheben. Das zeigt der Fall<br />
eines Mitglieds des Landesverbands<br />
Thüringen des Verkehrsgewerbes (LTV).<br />
Einen kleinen Erfolg<br />
können ein Frachtführer,<br />
der Landesverband<br />
Thüringen des Verkehrsgewerbes<br />
(LTV) und die Transportbranche<br />
verbuchen: Das<br />
Amtsgericht Köln hat sich in<br />
einer Standgeldsache auf die<br />
Seite des Transportunternehmens<br />
gestellt: Das Verfahren<br />
des Frachtführers gegen eine<br />
Handelskette endete mit einem<br />
Anerkenntnisurteil.<br />
In dem Fall vor dem Amtsgericht<br />
Köln (23.01.<strong>2014</strong>, Az.:<br />
138 C 613/13) hatte ein Frachtführer<br />
aus Nordthüringen geklagt,<br />
der auch Mitglied des<br />
LTV ist. Der Transportunternehmer<br />
war von einem Logistikdienstleister<br />
beauftragt worden,<br />
palettiertes Gut bei einer<br />
Handelskette anzuliefern. Als<br />
sich der Fahrer beim Pförtner<br />
des Handelsunternehmens meldete,<br />
um die Ladepapiere abzu-<br />
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50 Euro pro Stunde können Frachtführer verlangen, wenn Be- und Entladen nicht in einem angemessenen Zeitrahmen erfolgen.<br />
18. – 20. Juli <strong>2014</strong><br />
Großes Open-Air-Festival<br />
geben, erhielt er ein Funkgerät,<br />
über das er später das Zeitfenster<br />
14 Uhr mitgeteilt bekam.<br />
Wie allgemein üblich, meldete<br />
er sich schon ein bisschen<br />
früher beim Wareneingang<br />
zur Entladung, um 13.30 Uhr.<br />
Trotzdem konnte er erst um<br />
15.20 Uhr zu einem benannten<br />
Tor fahren. Die Entladung begann<br />
dann um 15.30 Uhr und<br />
war um 16.45 Uhr beendet.<br />
Der Fahrer musste allerdings<br />
noch bis 17.30 Uhr auf seine<br />
Papiere warten und konnte erst<br />
um 17.35 Uhr den Betriebshof<br />
des Handelsunternehmens<br />
wieder verlassen. Der Frachtführer<br />
verlangte daraufhin von<br />
der Handelskette bei einer Gesamtwartezeit<br />
von vier Stunden<br />
für eine unangemessene Entladezeit<br />
von zwei Stunden ein<br />
Standgeld von jeweils 50 Euro<br />
pro Stunde. Dagegen wehrte<br />
sich die Kette, sodass die Sache<br />
vor dem Amtsgericht Köln<br />
landete. Das stellte sich aber<br />
laut dem LTV auf die Seite des<br />
Klägers, also des Frachtführers.<br />
Und das trotz umfangreicher<br />
Einwendungen der Beklagtenseite,<br />
wie Dr. Ulrich Hoffmann,<br />
Rechtsreferent des LTV in Erfurt,<br />
gegenüber <strong>trans</strong> <strong>aktuell</strong><br />
mitteilt. So habe die Handelskette<br />
etwa zu ihrer Verteidigung<br />
ausgeführt, dass an dem Lagerstandort<br />
täglich sehr viele Lkw<br />
abzufertigen seien und dass mit<br />
der Zeitfensterbuchung grundsätzlich<br />
auch gewährleistet sei,<br />
dass Warenannahme und Entladung<br />
in möglichst kurzer Zeit<br />
erfolgen. Die Handelsfirma war<br />
daher nicht der Meinung, dass<br />
im Streitfall eine angemessene<br />
Entladezeit überschritten worden<br />
sei. Doch die Argumente<br />
blieben erfolglos.<br />
Laut Hoffmann müssen die<br />
Frachtführer sehr häufig beim<br />
Absender oder Empfänger<br />
länger stehen, als es eine angemessene<br />
Be- oder Entladezeit<br />
erlaubt. »Wir schätzen, dass<br />
pro Fahrzeug und Jahr bis zu<br />
250 Stunden unproduktive<br />
Standzeiten auflaufen, die unsere<br />
Unternehmer als Kostenfaktor<br />
vertreten müssen«, sagt<br />
Hoffmann. Von der sogenannten<br />
Rampenproblematik seien<br />
ja nicht nur die LTV-Mitglieder<br />
betroffen, sondern alle Güterkraftverkehrsunternehmer<br />
in<br />
Deutschland.<br />
»Wir gehen davon aus, dass<br />
für einen 40-Tonnen-Anhänger-<br />
oder Sattel-<br />
Standzeiten am besten<br />
protokollieren<br />
anhängerzug bei<br />
voller Ladung<br />
von 25 Tonnen<br />
rund zwei Stunden<br />
jeweils für die Be- als auch<br />
für die Entladung angemessen<br />
sind«, sagt der Jurist. Dieser<br />
Wert sei dem § 5 der Vertragsbedingungen<br />
für den Güterkraftverkehrs-,<br />
Speditions- und<br />
Logistikunternehmer entlehnt<br />
(siehe Kasten) und werde von<br />
den Amtsgerichten im Allgemeinen<br />
anerkannt, so auch im<br />
Falle des Arbeitsgerichts Köln.<br />
Um auf der sicheren Seite zu<br />
sein, rät der Verband den Fahrern,<br />
für anfallende Standzeiten<br />
sowohl bei der Be- als auch bei<br />
der Entladung Protokolle zu<br />
führen. »Hier wird zwar meistens<br />
die Bestätigung durch das<br />
Rampenpersonal verweigert,<br />
trotzdem sind diese Protokolle<br />
ein Indiz für die tatsächlich angefallenen<br />
Standzeiten.« Der betroffene<br />
Unternehmer schreibt<br />
dann eine Standgeldrechnung<br />
an den verursachenden Unternehmer<br />
und nimmt bei Zahlungsverweigerung<br />
gerichtliche<br />
Hilfe in Anspruch.<br />
Dass der Verursacher der<br />
langen Standzeiten, der sich auf<br />
einmal mit einer Geldforderung<br />
konfrontiert sieht, darüber<br />
nicht erfreut ist, kann man sich<br />
denken, mehr noch: »Die Verursacher<br />
der Standzeiten leisten<br />
in der Regel erbitterten Widerstand«,<br />
berichtet der Rechtsreferent<br />
des thüringischen Landesverbands,<br />
»teilweise werden<br />
sogar Standgeldrechnungen mit<br />
Hausverboten gegenüber dem<br />
Anspruch stellenden Unternehmer<br />
geahndet.« Eine umstrittene<br />
Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes<br />
(BGH) aus dem<br />
Jahre 2005 gebe allerdings<br />
Hilfestellung (20.10.2005, Az.:<br />
I ZR 201/04).<br />
Eben dieses BGH-Standgeldurteil<br />
billigt laut Hoffmann nur<br />
dem sogenannten Hauptfrachtführer<br />
einen Standgeldanspruch<br />
bei unangemessenen Entladezeiten<br />
gegenüber dem Empfänger<br />
zu, nicht aber dem »Unterfrachtführer«,<br />
dessen Fahrzeuge<br />
an den Rampen der Empfänger<br />
stehen. Diese Ansicht<br />
korrespondiere<br />
weder mit<br />
dem Anliegen der<br />
Transportrechtsreform<br />
1998 noch mit dem Urteil<br />
des BGH vom 14.06.2007,<br />
Az.: I ZR 50/05. »Das billigt<br />
dem Empfänger auch Schadensersatzansprüche<br />
wegen Verlusts<br />
oder Beschädigung des Gutes<br />
gegen den Unterfrachtführer<br />
zu«, sagt Hoffmann. Daraus<br />
würden viele Fachjuristen im<br />
Umkehrschluss schließen, dass<br />
damit im Gegenzug auch dem<br />
»Unterfrachtführer« ein Anspruchsrecht<br />
auf Standgeld<br />
wegen unangemessener Entladezeiten<br />
beim Empfänger zuzubilligen<br />
ist.<br />
Laut Hoffman rät der LTV<br />
seinen Mitgliedsunternehmen<br />
jedenfalls auch weiter, pro<br />
Stunde 50 Euro als Ausgleich<br />
für unangemessene Standzeiten<br />
zu verlangen. Das wurde<br />
bisher von anderen Amtsgerichten<br />
anerkannt – und hat<br />
auch in Köln funktioniert.<br />
Ilona Jüngst<br />
SO STEHT’S IM VERTRAG<br />
§5, Absatz 2: Für das Beladen und das Entladen steht eine<br />
dem jeweiligen Vorgang angemessene Zeit (Ladezeit, Entladezeit)<br />
zur Verfügung. Für Komplettladungen ... eines Auftraggebers<br />
mit Fahrzeugen/Fahrzeugeinheiten mit 40 t zulässigem<br />
Gesamtgewicht beträgt die Be- und Entladezeit (höchstens<br />
1 Beladestelle,höchstens 1 Entladestelle), vorbehaltlich anderweitiger<br />
vertraglicher Absprachen, pauschal jeweils maximal<br />
2 Stunden für die Beladung und maximal 2 Stunden<br />
für die Entladung. Bei Fahrzeugen/Fahrzeugeinheiten mit<br />
niedrigerem Gesamtgewicht reduzieren sich diese Zeiten (...).<br />
Quelle: BGL - Vertragsbedingungen für den Güterkraftverkehrs-, Speditionsund<br />
Logistikunternehmer (VBGL)<br />
Fotos: Jüngst, Küppers,; Montage: Mannchen