trans aktuell 08 2014
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
<strong>trans</strong> <strong>aktuell</strong> 8 · 4. April <strong>2014</strong> DIE SEITE DREI I 3<br />
Kilometer 0 | B |<br />
Antwerpen-Berchem<br />
Kilometer 14 | B | Lier<br />
Kilometer 16 | B | Lier,<br />
Abzweig Nazareth<br />
Kilometer 32 | B |<br />
Herentals<br />
Kilometer 45 | B | Geel<br />
Kilometer 54 | B | Mol<br />
Kilometer 68 | B |<br />
Lommel<br />
Kilometer 77 | B |<br />
Neerpelt<br />
Kilometer 85 | NL |<br />
Budel<br />
Kilometer 95 | NL |<br />
Weert<br />
Kilometer 112 | NL |<br />
Haelen<br />
Kilometer 120 | NL |<br />
Roermond<br />
Kilometer 126 | NL |<br />
Herkenbosch<br />
Kilometer 136 | NL |<br />
Dalheim<br />
Der Eiserne Rhein soll’s richten<br />
Antwerpen als belgischer<br />
Heimathafen für<br />
Deutschland – so wirbt<br />
der deutsche Hafenvertreter<br />
Antwerpens, Dr. Dieter Lindenblatt.<br />
Und auch Mark van Peel,<br />
Vorsitzender des Verwaltungsrats<br />
der Hafengesellschaft, wird<br />
nicht müde zu betonen, welche<br />
Möglichkeiten der Standort<br />
bietet. Der größte Hafen Belgiens<br />
wirbt in einer Charme-<br />
Offensive um deutsche Unternehmen.<br />
Speziell für deutsche Kunden<br />
hat der kommunale Hafenbetrieb<br />
Antwerpen erst im März<br />
zusätzlich zu Dr. Dieter Lindenblatt<br />
zwei weitere Hafenvertreter<br />
vor allem für Nordrhein-<br />
Westfalen eingestellt – Robert<br />
Giraud (Kundenbetreuer für<br />
deutsche Unternehmen) und<br />
Hans Königs (Strategie und<br />
politische Kontakte). Denn der<br />
Hafen hat Großes vor: Lag der<br />
Anteil Deutschlands am Seegüterverkehr<br />
mit Ausgangspunkt<br />
Antwerpen 2010 noch knapp<br />
bei 35 Millionen Tonnen, wäre<br />
nach Ansicht des Hafenbetreibers<br />
bis 2030 eine Steigerung<br />
auf 60 Millionen Tonnen möglich<br />
– vorausgesetzt, die Eisenbahn-Infrastruktur<br />
werde verbessert.<br />
Damit zeigt sich der<br />
Hafen deutlich optimistischer<br />
als die Güterverkehrsprognose,<br />
die in der Seeverkehrsprognose<br />
von einem Anteil von 20 Millionen<br />
Tonnen ausgehend ein<br />
Wachstum auf etwas mehr als<br />
40 Millionen Tonnen erwartet.<br />
Viel zu bieten hat der Standort<br />
allemal. Auch wenn er 80<br />
Kilometer landeinwärts gelegen<br />
ist, verbucht allein der Containerhafen<br />
eine Gütermenge von<br />
14 Millionen TEU im Jahr,<br />
selbst die ultragroßen Containerschiffe<br />
bis 18.000 TEU<br />
können dank eines neuen Containerterminals<br />
ohne Schleuse<br />
einlaufen. Im Visier ist auch die<br />
neue Reeder-Großallianz P3<br />
(Maersk Line, MSC und CMA<br />
CGM), die noch das Okay der<br />
Kartellbehörden braucht, dem<br />
Hafen Antwerpen aber laut<br />
Eddy Bruyninckx, Vorstandsvorsitzender<br />
der Hafengesellschaft,<br />
schon eine Zusage gegeben<br />
hat.<br />
Traditionell stark ist der<br />
Hafen auch im Stückgutumschlag<br />
sowie als Standort für<br />
die Öl- und Petrochemie: »Wir<br />
haben zahlreiche Möglichkeiten<br />
rund um die Logistik und<br />
bieten mehr Lagerfläche als die<br />
anderen europäischen Häfen«,<br />
sagt van Peel. Die Attraktivität<br />
steigern auch neue Infrastrukturprojekte<br />
(siehe Kasten), in<br />
die der Hafen und die flämische<br />
Regierung bis 2025 insgesamt<br />
1,6 Milliarden Euro investieren<br />
wollen.<br />
Bis 2035, so die Prognose<br />
des Hafens, werde Antwerpen<br />
insgesamt 325 Millionen Tonnen<br />
handeln. 190 Millionen<br />
Tonnen waren es im vergangenen<br />
Jahr, ein Rekordwert.<br />
40 Seeschiffe laufen den Hafen<br />
jeden Tag an. Den Hinterlandverkehr<br />
wickeln zum<br />
großen Teil Binnenschiffe ab<br />
– 35 Prozent macht ihr Anteil<br />
derzeit aus, im Containerbereich<br />
sogar 40 Prozent.<br />
Hinterland: Der Hafen Antwerpen wirbt um deutsche Unternehmen. Neue<br />
Infrastrukturmaßnahmen sorgen zudem für mehr Effizienz. Für das zukünftige<br />
Wachstum soll auch die Schienenanbindung verbessert werden.<br />
Wachstum fest eingplant: Mit einem Gesamtumschlag von 190 Millionen Tonnen ist Antwerpen der zweitgrößte Hafen Europas.<br />
Im Verkehr mit Deutschland<br />
werden aufgrund der günstigen<br />
Rheinanbindung sogar 50<br />
Prozent auf der Wasserstraße<br />
<strong>trans</strong>portiert.<br />
Allein der Schienenanteil<br />
am Transportvolumen zum<br />
und aus dem Hafen liegt bei<br />
nur zehn Prozent – ein Wert,<br />
den der Hafen bis 2030 auf<br />
mindestens 15 Prozent steigern<br />
will. Um die Hinterlandverkehre<br />
zu verbessern, hat der<br />
Hafenbetrieb Antwerpen nicht<br />
nur <strong>aktuell</strong> eine neue Internetplattform<br />
erstellt (www.portofantwerp.en.connectivity),<br />
auf<br />
der Spediteure wie Verlader die<br />
schnellste und kostengünstigste<br />
Verbindung nach Antwerpen<br />
suchen können.<br />
Großprojekt Schleuse: mehr<br />
Volumen im Waaslandhaven.<br />
Im Rahmen einer Hinterlandinitiative<br />
haben die Belgier<br />
bereits im Sommer vergangenen<br />
Jahres ein Kooperationsabkommen<br />
mit dem Hafen Duisburg<br />
abgeschlossen und eine Minderheitsbeteiligung<br />
von 15 Prozent<br />
an der intermodalen Bahnverbindung<br />
zwischen Duisburg<br />
und Antwerpen übernommen.<br />
Zwischen beiden Standorten<br />
(Antwerpen Main Hub und<br />
Duisport) verkehren heute<br />
mehrmals wöchentlich Containerzüge<br />
im Rundlauf, seit Februar<br />
gibt es sogar eine direkte<br />
Verbindung zum Hochseeterminal<br />
Antwerp Gateway. Gute<br />
Nachrichten auch für andere<br />
Standorte: Eddy Bruyninckx,<br />
Vorstandsvorsitzender der Hafengesellschaft,<br />
hat nach eigenen<br />
Angaben auch durchaus<br />
Interesse daran, in weitere gut<br />
entwickelte Standorte zu investieren,<br />
um die Hinterlandanbindungen<br />
an den Nordhafen<br />
zu verbessern. »Wir wollen<br />
definitiv die Zahl der Zugverbindungen<br />
verbessern«, sagt er.<br />
Das Stichwort, das auf<br />
belgischer Seite beim Thema<br />
intermodale Transporte immer<br />
wieder fällt, ist Eiserner<br />
Rhein: 1992 wurde die historische<br />
Strecke, die Antwerpen<br />
und Duisburg verbindet (siehe<br />
Streckenband-Grafik ganz<br />
links) und allgemein als Eiserner<br />
Rhein bezeichnet wird, stillgelegt.<br />
Seit einigen Jahren wird<br />
in Belgien über das Wann und<br />
Ob einer Reaktivierung für den<br />
Güterverkehr, über Trassierung<br />
und Finanzierung diskutiert.<br />
Vor allem über Letzteres konnten<br />
sich die drei Regionen –<br />
Flandern, Wallonien und Brüssel<br />
– nicht einig werden.<br />
Für das deutsche Bundesverkehrsministerium<br />
sind die<br />
DER HAFEN IN ZAHLEN<br />
Der Hafen Antwerpen hat 2013 mit insgesamt 190,8 Millionen<br />
Tonnen (plus 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr) einen neuen<br />
Rekord beim Güterumschlag erreicht. Das größte Wachstum<br />
verzeichnete der Hafen vor allem im Bereich flüssiges Massengut:<br />
Die Menge legte hier um 31,4 Prozent auf mehr als<br />
59 Millionen Tonnen zu. Dabei handelt es sich unter anderem<br />
um Ölderivate, die von den Unternehmen gleich im Hafen<br />
weiterverarbeitet werden. Bei den trockenen Massengütern<br />
sank die Menge um 24,8 Prozent auf 14 Millionen Tonnen.<br />
Auch im Containerbereich ging die Umschlagmenge um 0,7<br />
Prozent auf rund 8,5 Millionen TEU (in Tonnen: minus 1,7 Prozent,<br />
102 Millionen Tonnen) zurück, auch beim konventionellen<br />
Stückgut, der eigentlichen Stärke des Hafens, gingen die<br />
Mengen um 7,4 Prozent auf einen Gesamtumschlag von zehn<br />
Millionen Tonnen zurück. Der Ro-Ro-Verkehr (Roll on, Roll off)<br />
sank ebenfalls um 4,9 Prozent auf rund 4,5 Millionen Tonnen.<br />
Pläne zur Reaktivierung des<br />
Eisernen Rheins aber gar nicht<br />
dringlich: Es seien »für die absehbare<br />
Zukunft ausreichende<br />
Kapazitätsreserven vorhanden«<br />
– und zwar auf der sogenannten<br />
Montzen-Route, die über<br />
Antwerpen–Tongeren–Aachen<br />
West führt und anders als der<br />
Eiserne Rhein niederländisches<br />
Gebiet umgeht.<br />
Damit seien die grenzüberschreitenden<br />
Verbindungen<br />
zwischen dem Hafen und dem<br />
Ruhrgebiet bereits »hervorragend<br />
ausgebaut« heißt es auf<br />
Anfrage von <strong>trans</strong> <strong>aktuell</strong>.<br />
Gleichwohl wolle der Bund im<br />
Rahmen des Bundesverkehrswegeplans<br />
auch wieder unterschiedliche<br />
Vorschläge für<br />
den Güterverkehr zwischen<br />
Antwerpen und Nordrhein-<br />
Westfalen neu bewerten – neben<br />
dem Eisernen Rhein in<br />
seinen unterschiedlichen Varianten<br />
insbesondere auch »eine<br />
Kapazitätssteigerung der Verbindung<br />
Aachen West–Köln<br />
(für Güterzüge, die über die<br />
Montzen-Route aus Antwerpen<br />
kommen) sowie der zweigleisige<br />
Ausbau der Strecke Kaldenkirchen–Dülken<br />
im Zuge<br />
der Verbindung Köln/Düsseldorf–Venlo/Antwerpen«.<br />
Hafendirektor Bruyninckx<br />
schöpft Hoffnung: Inzwischen<br />
gebe es endlich auch in Belgien<br />
und vor allem in der flämischen<br />
Regierung mehr Enthusiasmus<br />
für das Vorhaben, zumal die<br />
Strecke Antwerpen–Duisburg<br />
Teil eines Güterverkehrskorridors<br />
im Transeuropäischen<br />
Verkehrsnetz (TEN-V) sei. Eine<br />
Wende könnte daher der 25.<br />
Mai bringen. Da finden in Belgien<br />
nicht nur Europa-Wahlen,<br />
sondern auch regionale und<br />
föderale Wahlen statt. »Ich<br />
bin zumindest optimistisch,<br />
dass die Idee einer Reaktivierung<br />
dann akzeptiert wird«,<br />
sagt der Hafendirektor, »auch<br />
wenn eine Realisierung immer<br />
noch nicht durch ist.« So oder<br />
so bleibt die Verbindung nach<br />
Deutschland bestehen.<br />
Ilona Jüngst<br />
Fotos: Antwerp Port Authority; Grafik: Barthels, Mannchen<br />
Kilometer 140 | NL |<br />
Wegberg<br />
Kilometer 155 | D |<br />
Mönchengladbach-<br />
Rheydt<br />
Das Streckenband des<br />
Eisernen Rheins<br />
◆ Die größte Schleuse der Welt steht künftig<br />
in Antwerpen: Für die Deurganck-Dockschleuse<br />
am linken Ufer der Schelde werden derzeit die<br />
Querwände gegossen, die an die bestehenden<br />
Kaimauern anschließen – rund 2.000 Kubikmeter<br />
Beton täglich. Die Schleuse ist 500 Meter<br />
lang, 68 Meter breit und hat eine Tiefe von<br />
17,80 Meter. Sie kann somit auch den großen<br />
Containerschiffe Zugang zum Waaslandhaven<br />
verschaffen. Im Frühjahr 2016 sollen die ersten<br />
Schiffe geschleust werden. Fünf Millionen<br />
Euro schießt die EU-Kommission im Rahmen<br />
des Transeuropäischen Transportnetzwerkes<br />
(TEN-T) bei, den Rest der Kosten tragen der<br />
kommunale Hafenbetrieb Antwerpen und die<br />
flämische Regierung.<br />
GROSSBAUSTELLEN<br />
◆ Für die Liefkenshoek-Bahnverbindung sind<br />
die Bauarbeiten abgeschlossen, jetzt stehen<br />
Tests und die Zertifizierung auf dem Plan, bevor<br />
im Dezember Eröffnung gefeiert wird: Der neue<br />
Tunnel ermöglicht eine direkte, 16,2 Kilometer<br />
lange Zugverbindung für den Güterverkehr<br />
von der linken Hafenseite (Waaslandhaven)<br />
zur rechten Seite (Antwerpen-Noord). Dafür<br />
wurden 40 Meter unter der Schelde zwei Tunnelröhren<br />
gebaut, durch die täglich bis zu 100<br />
Güterzüge fahren sollen. Getragen werden die<br />
Gesamtkosten von 765 Millionen Euro durch<br />
ein PPP-Projekt (690 Millionen Euro, davon 107<br />
Millionen von der Flämischen Regierung) und<br />
75 Millionen durch Infrabel, dem belgischen<br />
Bahn-Infrastrukturbetreiber.<br />
Im Dezember betriebsbereit: der neue Eisenbahntunnel.