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Z eitschrift des S auerländer H eimatbundes

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24 Sauerland 1/2012<br />

Für die bergige Bahnnebenstrecke<br />

Wennemen-Eslohe-Finnentrop war<br />

eine gleichmäßige Steigung der<br />

Bahntrasse erforderlich. Buchstäblich von<br />

Menschenhand wurde vor mehr als 100<br />

Jahren u. a. ein bis zu 18 m tiefer und<br />

mehr als 100 m langer Geländeeinschnitt<br />

in felsigem Untergrund erforderlich. Dieser<br />

Einschnitt für die Bahntrasse an der<br />

Helle wurde aufwändig überbrückt. Diese<br />

Hellebrücke ermögliche die Wegeführung<br />

zu land- und forstwirtschaftlichen Flächen<br />

jenseits der Bahntrasse ohne Umwege.<br />

Trotz ihrer durchaus erhaltenswerten<br />

Architektur der Hellbrücke mit ihren drei<br />

Bögen aus heimischen Bruchsteinen stufte<br />

Steinbrücke an<br />

der Helle –<br />

Grundstein im<br />

Mosaik der<br />

Ortsentwicklung<br />

<br />

von Dr. Hans Dürr<br />

das LWL-Denkmalschutzamt die Brücke<br />

auch 2011 nicht als Baudenkmal ein. Vergleichbare<br />

oder ähnliche Brückenobjekte<br />

mag es auch andernorts geben, dennoch<br />

ist die Hellebrücke einzigartig für den<br />

Raum Eslohe.<br />

Nachdem bereits 1861 die Ruhr-Sieg-<br />

Hauptstrecke bahnmäßig erschlossen<br />

worden war, verharrte Eslohe verkehrstechnisch<br />

noch ein halbes Jahrhundert<br />

auf überkommenen Infrastrukturen per<br />

Fuhrwerke. Zur Vermeidung von Wettbewerbsnachteilen<br />

hatten Esloher Gewerbetreibende,<br />

wie z. B. Kleineisenindustrie<br />

der Fa. Chr. Gabriel, immer wieder den<br />

Bau der Eisenbahnnebenlinie Wennemen-Finnentrop<br />

gefordert, damit Esloher<br />

Unternehmer kostengünstiger auf den<br />

Märkten agieren könnten. In den Protokoll<br />

büchern der Gemeinde Eslohe finden<br />

sich Hinweise darauf, wie Kommunalpolitiker<br />

die Bahnhöfe und die Bahnanbindung<br />

von Gewerbegrundstücken z. B. der<br />

Fa. Chr. Gabriel unterstützten.<br />

Gewerke Gabriel auf der Eröffnungsfeier<br />

der Bahnstrecke am 11. Jan. 1911:<br />

Fernab <strong>des</strong> Heerwegs, der den breiten Flüsse<br />

Zu folgen pflegt, grünen unsere Matten.<br />

Da liegen unsere Dörfer, unsere Berge.<br />

Da ziehen unsere Wälder ihre Schatten.<br />

Wie das verträumte Königskind im Märchen<br />

Von dichten Dornenhecken rings umgeben,<br />

Im müß‘gen Schlafe hundert Jahre ruhte,<br />

So schlief auch hundert Jahre hier das Leben<br />

…<br />

Und all die Dörfer, deren blanke Häuser<br />

Im Wenne-Esseltale eingebettet<br />

Sind heut erwacht aus langem Märchentraume<br />

Und heute miteinander neu verkettet. …<br />

(Quelle: Bruns, Alfred (1982), S. 57)<br />

1. Bauphase bis 1911<br />

Interessengeleitet hatten Esloher<br />

Wald- und Grundbesitzer, so wie Fuhrunternehmer,<br />

den Bau einer Bahntrasse<br />

Wennemen-Finnentrop noch bis zur Jahrhundertwende<br />

hinausgezögert. Einigen<br />

Grundbesitzern aus (Nieder-)Eslohe ermöglichte<br />

die Bahnbehörden eine ungehinderte<br />

Nutzung ihrer Wald- und Wiesenflächen<br />

jenseits der Bahnlinie durch den Bau der<br />

Hellebrücke und durch Unterführungen an<br />

Verkehrsschnittpunkten, damit die Grundstücksfragen<br />

zum Bau der neuen Trasse<br />

vom Tisch kamen. Dennoch wird so gar<br />

noch von Enteignungen für Bahngelände<br />

berichtet.<br />

Danach konnten mit massivem Einsatz<br />

von „Gastarbeitern“ aus Südeuropa<br />

Brücken-, Tiefbau- und Tunnelbauten in<br />

wenigen Jahren fertiggestellt werden. Der<br />

Geländeeinschnitt unter der Hellebrücke<br />

war verbunden mit Sprengarbeiten und<br />

anschließend sehr viel Handarbeit. Das hat<br />

nicht nur Tausende von Arbeitsstunden<br />

gekostet, fünf Menschen fanden den Tod<br />

beim Bau der gesamten Nebenstrecke.<br />

1911 wurde die Bauphase beendet.<br />

Zu Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhunderts<br />

leitete der Bau der Eisenbahnstrecke<br />

mit seinen Bahnhöfen und Brücken zu<br />

einem Wirtschaftsaufschwung in der Region<br />

ein. Bereits während der Bauphase<br />

konnte Eslohe davon wirtschaftlich profitieren:<br />

• Für einige Jahre bezog die Bauleitung<br />

der Bahn Quartier im Dorf<br />

• Willkommener Nebenerwerb für Esloher<br />

Frauen wurde die Verköstigung der<br />

Bahnbauarbeiter<br />

• Die Gastronomie <strong>des</strong> Ortes boomte<br />

Eslohe hatte nun (Bahn-)Anschluss<br />

an die Industrieregionen Lenne-Sieg und<br />

an das Ruhrgebiet und war so reichsweit<br />

mit den Absatz- und Beschaffungsmärkten<br />

vernetzt. Erste Touristen kamen per<br />

Bahn, umgekehrt konnten Esloher bequemer<br />

verreisen. Die überwiegend landund<br />

forstwirtschaftlich strukturierte Region<br />

Wenne-Eslohe war im Industriezeitalter angekommen.<br />

Mit dem Betrieb der Bahn gab<br />

es neue berufliche Möglichkeiten, die den<br />

allmählichen Rückgang der landwirtschaftlichen<br />

Erwerbsmöglichkeiten auffangen<br />

konnte. Auch wurden Erwerbsmöglichkeiten<br />

für Pendler durch die Bahn verbreitert<br />

– selbst wenn lange Fußmärsche zum<br />

Arbeitsplatz (noch) alltäglich üblich waren.<br />

Hellebrücke 2011<br />

Quelle: Archiv Museum Eslohe<br />

Lage der Hellebrücke<br />

Quelle: Schulte, B., S. 193

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