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Z eitschrift des S auerländer H eimatbundes

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8 Sauerland 1/2012<br />

röchte und Dortmund-Eving wird er 1934<br />

zum Rektor der deutschen Gemeinde in<br />

Paris ernannt. Zu seinen Gemeindemitgliedern<br />

zählen Angehörige der Deutschen<br />

Botschaft, Familien, die in Paris leben,<br />

Studenten, weibliche Angestellte und junge<br />

Mädchen, die als Au-Pair-Mädchen nach<br />

Paris gekommen sind, um französisch zu<br />

lernen. Zu dieser Gruppe kommen nach<br />

und nach politische Flüchtlinge, die vor<br />

dem Nationalsozialismus in Deutschland<br />

geflohen sind.<br />

Der von London<br />

aus über den<br />

Rundfunk verbreitete<br />

Aufruf General<br />

de Gaulles vom<br />

18. Juni 1940 ist<br />

der Gründungsakt<br />

<strong>des</strong> „Freien Frankreichs“<br />

und der<br />

Beginn <strong>des</strong> Widerstan<strong>des</strong><br />

gegen die<br />

Deutschen. Die<br />

Stock mit dem deutschen Botschafter von Welczek (2. v.l.)<br />

Primiz 1932 in Neheim<br />

Der Ausbruch <strong>des</strong> Zweiten Weltkrieges,<br />

den Hitler am 1. September 1939 durch<br />

den deutschen Angriff auf Polen auslöst,<br />

beendet vorerst Stocks Tätigkeit in Paris.<br />

Ende <strong>des</strong> Jahres wird er zum Pfarrverweser<br />

in Dortmund-Bodelschwingh berufen<br />

und im Januar zur Vertretung in die mitteldeutsche<br />

Diaspora nach Klein-Wanzleben<br />

geschickt.<br />

Nach der Niederwerfung und Besetzung<br />

Frankreichs durch deutsche Truppen<br />

und dem Waffenstillstandsvertrag vom 22.<br />

Juni 1940 in Compiègne erhält Stock erneut<br />

seine Ernennung zum Seelsorger der<br />

Deutschen in Paris.<br />

Mitglieder der Résistance<br />

stammen<br />

aus allen Milieus. Es<br />

sind Nationalisten,<br />

Christen, Demokraten<br />

und Kommunisten,<br />

die von<br />

den offiziellen Stellen<br />

als Feinde <strong>des</strong><br />

Reiches deklariert<br />

und gefangengesetzt<br />

werden. Ihnen<br />

gibt Abbé Stock seit<br />

November 1940 religiösen Beistand und<br />

versucht nach Kräften zu helfen. Er betreut<br />

die Gefangenen in den Pariser Gefängnissen<br />

La Santé, Cherche-Midi und Fresnes.<br />

Allein in Fresnes werden zwischen 1940<br />

und 1944 mehr als 11 000 Menschen<br />

inhaftiert. Man nennt es das „Vorzimmer<br />

<strong>des</strong> To<strong>des</strong>“ und die „Filiale der Hölle“. In<br />

Fresnes und den anderen Gefängnissen, in<br />

denen die Gefangenen in den Zellen zusammengepfercht<br />

werden, finden sich auf<br />

den Wänden der feuchten Verliese Botschaften,<br />

die mit einem Nagel oder Bleistift<br />

eingekritzelt worden sind. Sie beschreiben<br />

die Leiden der Gefangenen, die wegen<br />

ihres Widerstan<strong>des</strong> hier inhaftiert gewesen<br />

sind, bezeugen aber auch die Gedanken<br />

der Hoffnung und <strong>des</strong> Verzeihens.<br />

Anfangs wird Stock nicht immer mit<br />

Wohlwollen empfangen, wenn er die Zellen<br />

betritt. Schließlich ist er Deutscher<br />

und verkörpert mit seinen blauen Augen<br />

und seinem blonden Haar vom äußeren<br />

Erscheinungsbild ganz das Idealbild der<br />

Nazis. Seine Besuche in Soutane mit einer<br />

Rote-Kreuz-Armbinde werden jedoch<br />

immer häufiger und wecken bei den Gefangenen<br />

Vertrauen. Bald erhält er für<br />

seinen unermüdlichen Einsatz von den<br />

Gefangenen den Beinamen „Seelsorger in<br />

der Hölle“.<br />

Viele haben nicht nur ein ungewisses<br />

Schicksal vor sich, sie sind auch ohne<br />

Nachricht von ihren Angehörigen. Stock<br />

ist und bleibt die einzige Verbindung von<br />

der Außenwelt in die Gefängnisse und von<br />

den Gefängnissen in die Außenwelt. Er<br />

Das Paris, in das er zurückkehrt, hat<br />

sich verändert. Es ist nicht mehr die gleiche<br />

Stadt wie vor dem Kriege. Auf dem<br />

Arc de Triomphe weht die Hakenkreuzfahne.<br />

Das Bild ist geprägt von der militärischen<br />

Gegenwart der deutschen Besatzer.<br />

Die katholische Gemeinde besteht jetzt<br />

aus uniformierten Offizieren und Soldaten,<br />

aus Nachrichtenhelferinnen und Krankenschwestern.<br />

Stock organisiert eine regelmäßige<br />

Seelsorge für sie in Form von Gottesdiensten,<br />

Predigten oder Vorträgen. Auf<br />

der Tagesordnung stehen auch Führungen<br />

zu den Sehenswürdigkeiten der Stadt. In<br />

seiner schwarzen Soutane ist er der einzige<br />

Zivilist unter den Uniformierten.<br />

In der nationalen Gedenkstätte am Mont Valérien werden die Erschießungspfähle<br />

und die Särge, in denen die Erschossenen zu den Massengräbern transportiert wurden,<br />

aufbewahrt. Erschießungsphahl und Sarg werden als Leihgabe aus Paris in<br />

der Arnsberger Ausstellung zu sehen sein.

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