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ZAHNÄRZ TEBLATT

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Rechtstipp<br />

© Matthias Eckert / Fotolia.com<br />

Voraussetzungen für die Herausgabe<br />

von Behandlungsunterlagen<br />

Bekanntlich hat der Patient einen Anspruch<br />

auf Einsicht in seine über ihn beim Zahnarzt<br />

geführten Behandlungsunterlagen. Der Gesetzgeber hat<br />

durch das Patientenrechtegesetz in § 630 g BGB normiert,<br />

dass dem Patienten auf Verlangen unverzüglich Einsicht in<br />

die vollständig, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren<br />

ist, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische<br />

Gründe oder sonstige Rechte Dritter entgegenstehen<br />

(§ 630 g Abs. 1 S. 1 BGB).<br />

Doch in der Regel verlangt der Patient nicht Einsicht in die<br />

Patientenakte vor Ort, sondern fordert Kopien der Patientenakte<br />

an. Ein Anspruch auf Herausgabe der Kopien hat der<br />

Patient nur, wenn er zugleich auch erklärt, die Kosten dafür<br />

zu tragen. Dabei können dem Patienten nur die Kopierkosten<br />

selbst in Rechnung gestellt werden, nicht aber die Kosten,<br />

die dadurch entstehen, dass eine Zahnarzthelferin mit der<br />

Anfertigung der Kopien beschäftigt ist.<br />

Häufig fordert die Behandlungsunterlagen aber nicht der<br />

Patient selbst an, sondern er lässt sich hierbei vertreten.<br />

So fordert z.B. ein Angehöriger die Unterlagen an oder<br />

aber ein Rechtsanwalt.<br />

Achtung: Die Unterlagen können an einen Vertreter eines<br />

Patienten nur dann herausgegeben werden, wenn dieser<br />

seine Legitimation durch eine Schweigepflichtentbindungserklärung<br />

und eine Vollmacht nachgewiesen hat. Liegen<br />

diese Unterlagen nicht vor, darf der Zahnarzt Kopien der<br />

Patientenakte auch nicht herausgeben.<br />

Ein Arzt hatte sich in einem Rechtsstreit genau an diese<br />

Anweisung gehalten und hatte, obwohl ihm eine Frist<br />

gesetzt worden war, die Patientenakte zunächst nach Aufforderung<br />

durch den Vater des Patienten nicht herausgegeben.<br />

Ihm wurde dann von seiner Berufshaftpflichtversicherung<br />

mitgeteilt, dass von dem Patienten zwischenzeitlich die<br />

Vollmacht und die Schweigepflichtentbindungserklärung<br />

vorgelegt wurden. Er hat daraufhin umgehend innerhalb<br />

von 4 Tagen die Behandlungsunterlagen herausgegeben.<br />

Umso überraschter war er, als er feststellen musste, dass<br />

er zwischenzeitlich wegen Herausgabe von Kopien der<br />

Patientenakte verklagt worden war. Die Klage wurde umgehend<br />

vom Patienten zurückgenommen, weil die Herausgabe<br />

erfüllt worden war. Doch nun stellte sich die Frage,<br />

wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Das Oberlandesgericht<br />

Koblenz hat entschieden, dass der Arzt mit der<br />

Herausgabe der Behandlungsunterlagen nicht in Verzug<br />

war und daher keine Herausgabepflicht bestand, weil dem<br />

Schreiben des Vertreters des Patienten keine Vollmacht<br />

und keine Schweigepflichtentbindungserklärung beigefügt<br />

war (OLG Koblenz, 23.01.2014, AZ: 5 W 44/14). Die Kosten<br />

des Verfahrens musste der Arzt daher nicht tragen.<br />

Werden Kopien der Behandlungsunterlagen schriftlich<br />

angefordert, ist vom Zahnarzt zunächst zu prüfen, ob der<br />

Patient sie selbst anfordert oder ob er sich hierbei vertreten<br />

lässt. Fordert er sie selbst, sind die Behandlungsunterlagen<br />

Zug um Zug gegen Kostenerstattung für die Kopien herauszugeben.<br />

Lässt sich der Patient vertreten, ist zu prüfen, ob<br />

eine Schweigepflichtentbindungserklärung und eine Vollmacht<br />

dem Schreiben beiliegt. Ist dies nicht der Fall, kann<br />

der Arzt mit der Herausgabe der Unterlagen trotz Fristsetzung<br />

solange nicht in Verzug geraten, wie Vollmacht und<br />

Schweigepflicht nicht vorgelegt werden.<br />

Die Anforderung von Kopien der Behandlungsunterlagen<br />

bedeutet auch nicht in jedem Fall, dass der Patient dem<br />

Zahnarzt einen Behandlungsfehler vorwerfen will. Häufig<br />

will er sich auch nur ein Bild darüber machen, was während<br />

seiner Behandlung passiert ist oder er will in die Lage<br />

versetzt werden, mit einer Versicherung zu korrespondieren<br />

und Erstattungen zu erwirken. Dennoch sollten alle formellen<br />

Voraussetzungen bei Herausgabeverlangen strikt<br />

beachtet werden.<br />

ß<br />

Wencke Boldt,<br />

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht<br />

Hildesheimer Straße 33, 30169 Hannover<br />

Tel.: 0511 8074-995, Fax: 0511 8074-997<br />

—<br />

Quelle: www.zfn-online.de<br />

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