15.09.2014 Aufrufe

martin grubinger - Tonhalle-Orchester Zürich

martin grubinger - Tonhalle-Orchester Zürich

martin grubinger - Tonhalle-Orchester Zürich

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

di Napoli …»<br />

eine bestimmte Floskel als Verzierung gemeint ist, oder ob man<br />

sie rhythmisch genau in den Musikverlauf einzupassen hat. Bei<br />

meinem Neapel-Projekt gibt es zudem nur wenige kontrapunktische<br />

Bezifferungen. Das heisst, die Harmonisierung der Musik<br />

muss ich selber sozusagen «herauslesen».<br />

Eine Menge Arbeit also, bevor Sie überhaupt zur Blockflöte<br />

greifen …<br />

Fast möchte ich sagen, in seinem solchen Projekt ist das Blockflötenspiel<br />

noch das Wenigste. Obwohl es natürlich ein anspruchsvolles<br />

Programm ist, da wir ausschliesslich – und dies<br />

im Unterschied zu meiner CD – in kammermusikalischer Besetzung<br />

und zum Teil sogar solistisch spielen. Zudem kommen<br />

sehr spezielle Instrumente wie zum Beispiel ein Psalterium,<br />

eine Theorbe oder ein Violoncello piccolo um Einsatz.<br />

Ihr Konzertprogramm «Una follia di Napoli» beginnt<br />

nicht in Neapel, sondern – mit Francesco Maria Veracini –<br />

in Florenz.<br />

Genau deshalb heisst es im Untertitel: «Eine musikalische Reise<br />

in den Süden Italiens». Wir starten in Florenz mit Veracini, dem<br />

Begründer einer noblen, berühmten Geigenschule. Mit Tarquinio<br />

Merula sind wir dann bereits im Veneto. Und mit der anschliessenden<br />

«Tarantella» von Andrea Falconiero definitiv in<br />

Neapel – das klingt sozusagen wie Spaghetti Napoli.<br />

«Wenn wir die ‹Follia› spielen, gleicht<br />

keine Aufführung der anderen.»<br />

maurice steger<br />

© Marco Borggreve<br />

Besonders brisant – man kennt es von Ihrer CD-Einspielung<br />

her – zum Schluss die Improvisationen über «Follia di<br />

Spagna» von Alessandro Scarlatti. Musik mit einem unwiderstehlichen<br />

Groove … Wie viel künstlerische Freiheit ist von<br />

den Musikern hier beim Improvisieren gewünscht resp.<br />

erlaubt?<br />

Ich gebe den Rahmen vor und lasse mich dabei von anderen<br />

musikalischen Quellen, die mir bekannt sind, leiten. Nicht jeder<br />

Musiker darf sozusagen einfach seine momentane private<br />

Befindlichkeit einbringen. Ein Rahmen muss sein, und zwar<br />

aufgrund der Architektur des Werks und seiner jeweiligen taktischen<br />

Einheiten. Im Jazz ist das letztlich nicht anders. Improvisieren<br />

ist eine spontanere Form des Komponierens, hält sich<br />

aber wie das Komponieren an Regeln. Dennoch, wenn wir die<br />

«Follia» spielen, gleicht keine Aufführung der anderen. Neulich<br />

in einem Konzert verloren wir sogar alle den Faden und fielen<br />

raus. Ich sagte dann zum Publikum: «Sehen Sie, das ist Improvisation.<br />

Wem so etwas nie passiert, der schummelt.»<br />

Werner Pfister<br />

<strong>Tonhalle</strong>-<strong>Orchester</strong> Zürich Magazin August/September 2013 23

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!