15.09.2014 Aufrufe

Berliner Betrieb für Zentrale Gesundheitliche Aufgaben ...

Berliner Betrieb für Zentrale Gesundheitliche Aufgaben ...

Berliner Betrieb für Zentrale Gesundheitliche Aufgaben ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Untersuchungen, Beratungen und Gutachten in den<br />

Bereichen Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Betrieb</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Zentrale</strong> <strong>Gesundheitliche</strong> <strong>Aufgaben</strong><br />

Leistungsbilanz 2006


Invalidenstraße<br />

A. Der <strong>Berliner</strong> <strong>Betrieb</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Zentrale</strong> <strong>Gesundheitliche</strong> <strong>Aufgaben</strong> im Jahr 2006<br />

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,<br />

das Jahr 2006 stand <strong>für</strong> den <strong>Berliner</strong> <strong>Betrieb</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Zentrale</strong> <strong>Gesundheitliche</strong> <strong>Aufgaben</strong><br />

(BBGes) wesentlich im Zeichen der geplanten<br />

Fusion unseres Instituts <strong>für</strong> Lebensmittel,<br />

Arzneimittel und Tierseuchen (ILAT)<br />

mit dem Landeslabor Brandenburg (s.a.<br />

Chronik der Fusionsverhandlungen unter<br />

D.). Nach heutigem Stand wird die Fusion<br />

zum 1.1.2009 vollzogen werden, der Dienstsitz<br />

der neuen Einrichtung wird Berlin sein.<br />

Als Rechtsform ist die Anstalt öffentlichen<br />

Rechts vorgesehen.<br />

Die Fusion band 2006 und bindet auch in<br />

diesem Jahr wesentliche Arbeitskapazitäten<br />

in der Geschäftsleitung, der Geschäftsstelle<br />

und im ILAT, so dass nicht alle anderen<br />

geplanten Vorhaben durchgeführt werden<br />

konnten. Nach vielen schwierigen Phasen<br />

in den Fusionsverhandlungen zeichnet sich<br />

allerdings mittlerweile ab, dass sich der<br />

Einsatz gelohnt hat, da einige der zentralen<br />

Positionen des BBGes Eingang in die vertraglichen<br />

Grundlagen <strong>für</strong> die Fusion finden<br />

werden.<br />

Im „Memorandum Lebensmittelsicherheit<br />

in Berlin“ der Senatsverwaltung <strong>für</strong> Gesundheit,<br />

Umwelt und Verbraucherschutz (Sen-<br />

GesUmV) vom März 2007 werden die Vorteile<br />

der Fusion insbesondere hinsichtlich<br />

der Verbesserung des Verbraucherschutzes<br />

herausgestellt. (Quelle: http://www.berlin.<br />

de/imperia/md/content/sen-guv/memorandum_lebensmittelsicherheit.pdf)<br />

Die Einrichtungen im Geschäftsbereich II,<br />

das Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin, das Klinische<br />

Labor im Unfallkrankenhaus Berlin,<br />

das Institut <strong>für</strong> Toxikologie mit der Beratungsstelle<br />

<strong>für</strong> Vergiftungserscheinungen<br />

(Giftnotruf) und der Klinischen Toxikologie<br />

und Pharmakologie sowie das Pharmakovigilanz-<br />

und Beratungszentrum <strong>für</strong> Embryonaltoxikologie,<br />

werden ihr Leistungsspektrum<br />

auch zukünftig im vollen Umfang<br />

anbieten. Im Zuge der Fusion, von der<br />

über 200 Beschäftigte im BBGes betroffen<br />

sind, werden diese Einrichtungen ab 2009<br />

eine neue organisatorische Anbindung<br />

erhalten, über die zum Zeitpunkt der<br />

Drucklegung dieses Berichts noch keine<br />

Entscheidung gefallen war.<br />

Somit ist dieser Leistungsbericht im<br />

13. Geschäftsjahr der vermutlich vorletzte<br />

seiner Art <strong>für</strong> den BBGes. In ihm werden<br />

- neben der kurzgefassten Vorstellung der<br />

wichtigsten Ergebnisse und Entwicklungen<br />

in den Fach- und Arbeitsbereichen - mit<br />

den ausführlicheren Darstellungen zu den<br />

Themen „Nahrungsergänzungsmittel:<br />

Harmlose Alternative zu Arzneimitteln?“,<br />

„Qualität von Fleisch: ‚Gammelfleisch’-<br />

und Separatorenfleisch-Problematik“,<br />

„Influenza-A-Diagnostik“, „Das Wirken<br />

von Prof. Dr. Ulrich Bienzle“ und „Unfälle<br />

3


Der <strong>Berliner</strong> <strong>Betrieb</strong> <strong>für</strong> <strong>Zentrale</strong> <strong>Gesundheitliche</strong> <strong>Aufgaben</strong> im Jahr 2006<br />

mit Gifttieren“ inhaltliche Schwerpunkte<br />

gesetzt. An ihnen wird deutlich, welche<br />

Spannbreite an Angeboten und Leistungen<br />

der BBGes in den Bereichen Gesundheit,<br />

Umwelt und Verbraucherschutz umfasst.<br />

Im Jahr 2006 hat neben der Geflügelpest<br />

(Vogelgrippe) auch der sog. „Gammelfleisch-Skandal“<br />

und damit die Problematik<br />

der Lebensmittelsicherheit insgesamt<br />

vor allem das ILAT beschäftigt und dies<br />

erfolgt auch 2007. Im ILAT werden die <strong>für</strong><br />

die Abwehr von Gefährdungen und die<br />

<strong>für</strong> die notwendigen Informationen der<br />

Verbraucher erforderlichen Untersuchungen<br />

und Gutachten zu Lebensmitteln und<br />

Bedarfsgegenständen durchgeführt und<br />

erstellt, womit ein wesentlicher Beitrag<br />

zum Verbraucherschutz geleistet wird.<br />

Neben drei weiteren Standorten sowie zwei<br />

Außenstellen des Instituts <strong>für</strong> Tropenmedizin<br />

verfügt der BBGes mit seinem Hauptsitz<br />

an der Invalidenstraße in Berlin-Mitte über<br />

ein Gebäude mit 7.230 qm Hauptnutzfläche,<br />

das in einer <strong>für</strong> den Raum Berlin-Brandenburg<br />

zentralen verkehrstechnischen Lage<br />

am neuen Hauptbahnhof liegt. Dieser<br />

Standort wird auch der Dienstsitz der neuen<br />

fusionierten Einrichtung sein.<br />

Die durch organisatorische Straffung in<br />

den letzten Jahren auf das erforderliche<br />

Maß angepasste Stellenausstattung des<br />

BBGes ist im Jahr 2006 konstant geblieben.<br />

Im Jahr 2007 verfügt der BBGes noch über<br />

rund 340 Planstellen, von denen zurzeit<br />

315 besetzt sind.<br />

Als Landesbetrieb gehört der BBGes zum<br />

Geschäftsbereich der SenGesUmV. Im Jahr<br />

2006 erzielte der BBGes Umsatzerlöse in<br />

Höhe von 18,3 Mio. € bei einem Vorhaltekostenzuschuss<br />

des Landes Berlin von<br />

7 Mio. € einschl. Investitionen. Für 2007 ist<br />

ein Vorhaltekostenzuschuss von 5,9 Mio. €<br />

im Landeshaushalt vorgesehen. Der Wirtschaftsplan<br />

weist <strong>für</strong> 2007 19,4 Mio. €<br />

Umsatzerlösen aus. Die <strong>für</strong> 2006 geplante<br />

und betriebswirtschaftlich notwendige<br />

Anpassung der Preise <strong>für</strong> Lebensmittelproben<br />

an die tatsächlichen Kosten konnte<br />

nicht umgesetzt werden. Dies führte zu<br />

einer beträchtlichen Unterdeckung.<br />

Im Jahr 2006 ist eine geringe Absenkung<br />

der Einnahmen gegenüber dem Jahr 2005<br />

um 130.000 € aufgetreten, was rund 6,5 %<br />

entspricht. Bei den Ausgaben betrug die<br />

Steigerung 8,3 %. Der Zuschuss des Landes<br />

Berlin <strong>für</strong> Vorhaltekosten wurde 2006<br />

gegenüber 2005 um 22,3 % erhöht.<br />

Der im BBGes noch vorhandene Investitionsrückstau<br />

konnte 2006 mit einem<br />

Finanzierungsaufwand von 1,4 Mio. €<br />

nur teilweise abgebaut werden. Für das<br />

Jahr 2007 ist eine Absenkung der da<strong>für</strong><br />

vorgesehenen Zuschüsse in Höhe von<br />

10 % vorgesehen.<br />

Weitere fachliche und organisatorische<br />

Informationen erhalten Sie in unserem<br />

ausführlichen Internet-Auftritt unter www.<br />

bbges.de. Wir hoffen, dass Sie diesem<br />

gedruckten Bericht die wichtigsten Informationen<br />

über unsere Arbeit und vielleicht<br />

auch die eine oder andere Anregung <strong>für</strong><br />

die eigene Arbeit entnehmen können.<br />

Die überwältigende Mehrheit der Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeitern des BBGes<br />

haben aufgrund ihrer Qualifikation, ihrer<br />

Einsatzbereitschaft und ihrer Fähigkeit zur<br />

konstruktiven Zusammenarbeit wesentlich<br />

zur Stabilität des BBGes in diesen Zeiten<br />

des Umbruchs beigetragen. Da<strong>für</strong> gebührt<br />

ihnen der Dank der Geschäftsleitung,<br />

verbunden mit der Zusicherung, weiterhin<br />

gemeinsam die anstehenden Veränderungen<br />

anzugehen und sich <strong>für</strong> eine gesicherte<br />

Zukunft aller Fachbereiche einzusetzen.<br />

Barbara Raub<br />

Geschäftsleiterin des BBGes<br />

Claudia Peschel<br />

Stellvertretende Geschäftsleiterin des BBGes<br />

Berlin im Mai 2007<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

• <br />

• <br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

• <br />

<br />

<br />

<br />

<br />

• <br />

<br />

<br />

<br />

• <br />

<br />

• <br />

<br />

<br />

<br />

<br />

•<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

4<br />


Standorte<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

2<br />

<br />

<br />

<br />

3<br />

<br />

<br />

1<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

4<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

1 2<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

3<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

4<br />

<br />

<br />

Geschäftsleitung BBGes<br />

1 Tel. 030 - 397 84 - 320<br />

Fax 030 - 397 84 - 380<br />

Geschäftsbereich I<br />

1 Institut <strong>für</strong> Lebensmittel, Arzneimittel<br />

und Tierseuchen | ILAT<br />

incl. Umwelt- und Gesundheitsschutz<br />

und Human- und<br />

Veterinärmikrobiologie (ZID)<br />

Tel. 030 - 397 84 - 30<br />

Fax 030 - 397 84 - 400<br />

Invalidenstr. 60, 10557 Berlin<br />

Geschäftsbereich II<br />

2 Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin (IfT)<br />

Tel. 030 - 301 16 - 6<br />

Fax 030 - 301 16 - 888<br />

Pharmakorigilanz- und Beratungszentrum<br />

<strong>für</strong> Embryonaltoxikologie<br />

Tel. 030 - 303 08 - 110<br />

Fax 030 - 303 08 - 122<br />

gemeinsame Adresse:<br />

Spandauer Damm 130,<br />

Haus 10, 14050 Berlin<br />

3 Institut <strong>für</strong> Toxilogie (ITox)<br />

Klinische Toxikologie und<br />

Pharmakologie<br />

Tel. 030 - 41 94 - 55 29<br />

Fax 030 - 41 94 - 59 00<br />

Beratungsstelle <strong>für</strong> Vergiftungserscheinungen<br />

(BGift)<br />

Tel. 030 - 30 686 - 6<br />

Fax 030 - 30 686 - 721<br />

Giftnotruf 030 - 19 240<br />

Oranienburger Str. 285,<br />

Haus D, 13437 Berlin<br />

4 Klinisches Labor im Unfallkrankenhaus<br />

Berlin (UKB)<br />

Warener Str. 7, 12683 Berlin<br />

Tel. 030 - 56 81 - 0<br />

Fax 030 - 56 81 - 33 50<br />

5


Inhaltsübersicht<br />

A. Der <strong>Berliner</strong> <strong>Betrieb</strong> <strong>für</strong> <strong>Zentrale</strong> <strong>Gesundheitliche</strong> <strong>Aufgaben</strong> im Jahr 2006 3<br />

Standorte 5<br />

B. Geschäftsbereich I: Institut <strong>für</strong> Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen | (ILAT) 7<br />

– Fachbereich 11 | Arzneimittel und Medizinprodukte 8<br />

– Nahrungsergänzungsmittel: Harmlose Alternative zu Arzneimitteln? 8<br />

– Fachbereich 21 | Getreide, Back- und Teigwaren, Zucker, Nahrungsergänzungsmittel u.a. 11<br />

– Fachbereich 22 | Alkoholische und alkoholfreie Getränke, Obst- und Gemüseerzeugnisse,<br />

Hülsenfrüchte, Ölsamen, Kaffee, Tee, Gewürze u.a., Nachweis der Bestrahlung 11<br />

– Fachbereich 23 | Milcherzeugnisse, Speiseöle und -fette, Fertiggerichte, Eier, Novel Food u.a. 12<br />

– Fachbereich 24 | Fleisch, Fisch und Erzeugnisse daraus u.a. 12<br />

– Qualität von Fleisch: „Gammelfleisch“- und Separatorenfleisch-Problematik 12<br />

– Fachbereich 25 | Bedarfsgegenstände, Spielwaren, Kosmetika, Tabakerzeugnisse u.a. 14<br />

– Fachbereich 26 | Frisches Obst, Gemüse, Kartoffeln, Rückstandsuntersuchungen 14<br />

– Fachbereich 27 | Lebensmittelmikrobiologie 15<br />

– Fachbereich 31 | Trinkwasser, Oberflächen- und Badewasser, Luft u.a. 15<br />

– Zentrum <strong>für</strong> Infektionsmedizin (ZID) | Fachbereiche 41 und 42 16<br />

– Fachbereich 41 | Veterinärmedizinische Untersuchungen 16<br />

– Influenza-A-Diagnostik in Berlin 16<br />

– Fachbereich 42 | Humanmikrobiologische Untersuchungen 17<br />

C. Geschäftsbereich II 18<br />

– Fachbereich 51 | Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin 18<br />

– Das Wirken von Prof. Dr. Ulrich Bienzle 18<br />

– Fachbereich 53 | Klinisches Labor im Unfallkrankenhaus Berlin 23<br />

– Institut <strong>für</strong> Toxikologie (ITox) | Fachbereiche 61 und 62 24<br />

– Fachbereich 61 | Beratungsstelle <strong>für</strong> Vergiftungserscheinungen (Giftnotruf Berlin) 24<br />

– Unfälle mit Gifttieren 26<br />

– Fachbereich 62 | Klinische Toxikologie und Pharmakologie 27<br />

– Fachbereich 63 | Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum <strong>für</strong> Embryonaltoxikologie 28<br />

D. Geschäftsstelle: Serviceeinheiten und Steuerungsdienste 30<br />

– Prozessoptimierung <strong>für</strong> die Serviceeinheit Einkauf und Lager 30<br />

– Ausstattungs- und Prozessanalyse im Institut <strong>für</strong> Lebensmittel, Arzneimittel und Tierseuchen 30<br />

– Vorbereitung der Fusion des Instituts <strong>für</strong> Lebensmittel, Arzneimittel und<br />

Tierseuchen mit dem Landeslabor Brandenburg 30<br />

– Personalien im Leitungsbereich 31<br />

E. Alltagsbilder aus dem BBGes 32<br />

Impressum 34<br />

ˇ<br />

Hinweise zum Text<br />

Sofern nicht ausdrücklich vermerkt, beziehen sich Zahlen und Aussagen im Text auf das<br />

Jahr 2006. Zur besseren Lesbarkeit werden im Text in der Regel nur die männlichen Bezeichnungen<br />

benutzt, auch wenn meistens die weiblichen Bezeichnungen ebenso zutreffen.<br />

6


B. Geschäftsbereich I:<br />

Institut <strong>für</strong> Lebensmittel, Arzneimittel<br />

und Tierseuchen (ILAT)<br />

Das Institut <strong>für</strong> Lebensmittel, Arzneimittel<br />

und Tierseuchen (ILAT) ist als Teil<br />

des BBGes integrativer Bestandteil der<br />

Lebensmittelüberwachung im Land Berlin.<br />

Vorrangige Ziele der amtlichen Lebensmittelüberwachung<br />

sind der vorbeugende<br />

gesundheitliche Verbraucherschutz und<br />

der Schutz vor Irreführung und Täuschung.<br />

Das ILAT dient den Behörden als zentrale<br />

amtliche Untersuchungseinrichtung insbesondere<br />

in den Bereichen Lebensmittel,<br />

Bedarfsgegenstände und Kosmetika,<br />

Trinkwasser, Badewasser, Gentechnik, Arzneimittel,<br />

Tierseuchen und Zoonosen. Für<br />

die Wahrnehmung dieser <strong>Aufgaben</strong> besitzt<br />

das ILAT die Akkreditierung bei der Staatlichen<br />

Akkreditierungsstelle Hannover (AKS)<br />

und ist in wesentlichen Teilen als amtliche<br />

Untersuchungsstelle in der EU zugelassen.<br />

Das Institut stellt auch Sachverständige <strong>für</strong><br />

die Tätigkeit der Überwachungsbehörden<br />

zur Verfügung und wirkt an der Fortentwicklung<br />

der Fachgebiete durch Beteiligung<br />

an Gremien und Ausschüssen mit,<br />

z.B. bei der Entwicklung und Normung<br />

amtlicher Untersuchungsverfahren.<br />

Das Land Berlin ist als Vertragsland Bestandteil<br />

der Norddeutschen Kooperation (NOKO).<br />

Ein Verwaltungsabkommen regelt die<br />

Zusammenarbeit der Länder Brandenburg,<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-<br />

Holstein, Hamburg, Niedersachen, Bremen<br />

und Berlin auf dem Gebiet der Laboruntersuchungen<br />

im Bereich des Veterinärwesens<br />

und der Lebensmittelüberwachung. Im<br />

Rahmen dieser Kooperation werden die<br />

vorhandenen Ressourcen unter Beachtung<br />

fachlicher und wirtschaftlicher Aspekte<br />

zunehmend gemeinsam genutzt.<br />

Das ILAT schafft mit seinen Untersuchungen<br />

und Begutachtungen u.a. die grundlegenden<br />

Voraussetzungen <strong>für</strong> die Überwachung<br />

von Produkten des täglichen<br />

Bedarfs. Die Untersuchungsergebnisse<br />

bzw. Gutachten werden vom ILAT an die<br />

in Berlin (Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsämter<br />

der Bezirke, Landesamt <strong>für</strong><br />

Gesundheit und Soziales, Landesamt <strong>für</strong><br />

Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und<br />

technische Sicherheit) bzw. in anderen<br />

Bundesländern zuständigen Überwachungsbehörden<br />

übermittelt. Diese können<br />

dann auf Grundlage der entsprechenden<br />

Gesetze in eigener Beurteilung der<br />

möglichen Verstöße Maßnahmen gegen<br />

Produzenten, Händler etc. einleiten.<br />

Auf der Basis der risikoorientierten Probenplanung<br />

werden stichprobenartig Proben<br />

entnommen und insbesondere mittels<br />

sensorischer, chemischer, physikalischer,<br />

mikrobiologischer und virologischer<br />

Methoden untersucht. Dabei steht bei<br />

Lebensmitteln die Frage der Sicherheit des<br />

Produktes im Vordergrund. Ein Lebensmittel<br />

gilt z. B. dann als nicht sicher, wenn es<br />

aufgrund einer Kontamination mit pathogenen<br />

Keimen als gesundheitsschädlich zu<br />

beurteilen ist. Ein solches Untersuchungsergebnis<br />

kann zu einer Schnellwarnung auf<br />

europäischer Ebene führen. Insofern fällt<br />

dem ILAT eine große Verantwortung bei<br />

der Beurteilung und zeitnahen Weitergabe<br />

eines entsprechenden Untersuchungsergebnisses<br />

an die zuständigen Überwachungsbehörden<br />

zu.<br />

Leistungszahlen 2006 des ILAT<br />

Arbeitsbereich<br />

Das Institut beteiligt sich maßgeblich an<br />

den bundesweiten Überwachungsprogrammen<br />

und stellt die Ergebnisse den<br />

Bundesbehörden zur Verfügung.<br />

Anzahl der Proben/ Einsendungen<br />

2005 2006<br />

Arzneimittel 789 757<br />

Lebensmittel,<br />

Bedarfsgegenstände, etc. 18.743 19.014<br />

Trinkwasser* 6.773 3.094<br />

Umwelt* 2.536 5.206<br />

Tierseuchendiagnostik 5.705 8.433<br />

Humandiagnostik 33.623 35.233<br />

* Die Systematik der Zuordnung wurde 2006 verändert<br />

Zusammenstellung der bearbeiteten Proben im ILAT 2006<br />

Probenart Gesamteinsendungen Planproben Verdachts-/Verfolgs- Hygienestatus Sonstige Proben<br />

Beschwerdeproben<br />

Anzahl beanst. % Anzahl beanst. % Anzahl beanst. % Anzahl beanst. % Anzahl beanst. %<br />

Lebensmittel 16172 2660 16,5 13370 1675 12,6 2756 980 35,6 4 2 50 42 3 7,1<br />

Erzeugnisse<br />

des Weinrechtes 992 84 8,5 921 47 5,1 44 14 31,8 0 0 0 27 23 85,2<br />

Bedarfsgegenstände<br />

Kosmetische Mittel 1486 432 29,1 1359 353 26 120 72 60 7 7 100 0 0 0<br />

Tabakerzeugnisse 190 29 15,3 174 26 14,9 16 3 18,8 0 0 0 0 0 0<br />

Sonstige Proben 236 58 24,4 0 0 0 7 3 42,8 229 55 23,8 0 0 0<br />

Summe 19076 3263 17,1 15824 2101 13,3 2943 1072 36,4 240 64 26,7 69 26 37,7<br />

7


Geschäftsbereich I · Fachbereich 11<br />

Im Jahr 2006 wurden 19.014 Proben<br />

(2005: 18.963) aus den Bereichen Lebensmittel,<br />

kosmetische Mittel, Tabakwaren<br />

und Bedarfsgegenstände einschl. Proben<br />

zur Überprüfung des Hygienestatus untersucht.<br />

Für die Gesamteinsendungen wurde<br />

eine Beanstandungsquote von 17,2 %<br />

(16,4 %) ermittelt, wobei der Anteil der<br />

Beanstandungen bei den Verdachts-/ Verfolgs-<br />

und Beschwerdeproben mit 36,4 %<br />

(37,7 %) erwartungsgemäß höher ausfiel<br />

als bei den Planproben mit 13,3 % (12 %).<br />

Unter dem Begriff „Beanstandungen“<br />

werden alle festgestellten und im Gutachten<br />

berücksichtigten Abweichungen<br />

von der Norm zusammengefasst. Der<br />

Anteil der Proben, die als nicht sicher<br />

beurteilt wurden, war auch im Jahr 2006<br />

erfreulicherweise gering. Am häufigsten<br />

wurden Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften<br />

sowie irreführende<br />

Auslobungen festgestellt.<br />

Die unverändert hohen Beanstandungszahlen<br />

zeigen allerdings, dass eine<br />

unabhängige amtliche Lebensmittelüberwachung<br />

nach wie vor unerlässlich ist.<br />

Dabei ist unstrittig, dass die Eigenkontrollsysteme<br />

von Lebensmittelproduktion<br />

und -handel einen ganz wesentlichen<br />

Beitrag zur stetigen Erhöhung der Sicherheit<br />

von Nahrungsmitteln leisten.<br />

Auf das besondere Vorkommnis<br />

„Gammelfleisch“ im Bereich der Lebensmittel<br />

wird nachfolgend in der detaillierten<br />

Berichterstattung zum Fachbereich<br />

24 eingegangen. ˇ<br />

Fachbereich 11 | Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte<br />

Der Fachbereich Arzneimittel und Medizinprodukte<br />

untersucht und begutachtet im<br />

akkreditierten Bereich als Arzneimitteluntersuchungsstelle<br />

<strong>für</strong> die Bundesländer<br />

Berlin, Brandenburg und den Freistaat<br />

Thüringen amtliche Arzneimittelproben<br />

aus diesen und weiteren Bundesländern.<br />

Die Arzneimitteluntersuchungsstelle ist<br />

Mitglied des europäischen Verbundes der<br />

Arzneimitteluntersuchungsstellen<br />

(Official Medicine Control Laboratory)<br />

beim European Directorate for the Quality<br />

of Medicines (EDQM), einer Gliederung<br />

des Europarates.<br />

Als Auftraggeber senden Arzneimittelüberwachungsbehörden<br />

(Planproben<br />

aus Herstellerbetrieben, Apotheken,<br />

Krankenhausapotheken, Verdachtsproben<br />

aus besonderem Anlass), Veterinär- und<br />

Lebensmittelaufsichtsämter (Verdachtsproben<br />

aus dem Einzelhandel), Veterinäraufsichtsbehörden<br />

der Städte und Landkreise<br />

(Tierarzneimittel, Fütterungsarzneimittel)<br />

sowie Justizbehörden, Polizeidienststellen<br />

und Zollbehörden Proben ein. Darüber<br />

hinaus stellt der Fachbereich im Auftrag der<br />

Arzneimittelüberwachungsbehörden Sachverständige<br />

<strong>für</strong> die Inspektionen von Arzneimittelherstellungsbetrieben<br />

bereit. Da keine<br />

privaten Einrichtungen Aufträge erteilen,<br />

bewahrt der Fachbereich ein hohes Maß an<br />

Unabhängigkeit gegenüber allen am Verkehr<br />

mit Arzneimitteln Beteiligten, insbesondere<br />

den pharmazeutischen Unternehmen.<br />

Im Jahr 2006 wurden 757 Proben<br />

(2005: 789) eingesendet. Hierbei handelt<br />

es sich vor allem um Fertigarzneimittel<br />

pharmazeutischer Hersteller oder Rezepturarzneimittel<br />

aus Apotheken. ˇ<br />

Nahrungsergänzungsmittel:<br />

Harmlose Alternative<br />

zu Arzneimitteln?<br />

Ein als chinesische Kräutermischung deklariertes Sildenafilprodukt<br />

Seit einigen Jahren werden im ILAT auch<br />

solche Proben eingeliefert, die zwar als<br />

Lebensmittel, z.B. als Nahrungsergänzungsmittel,<br />

in den Verkehr gebracht werden,<br />

tatsächlich aber den Arzneimitteln<br />

zuzuordnen sind. Diese zunächst nur formal<br />

wirkende Rechtszuordnung hat erhebliche<br />

Konsequenzen <strong>für</strong> den Verbraucher,<br />

da Zulassung, Herstellung und Verkehr von<br />

Arzneimitteln einem besonderen Schutzbedürfnis<br />

unterliegen und deshalb im<br />

Arzneimittelgesetz geregelt sind. Lebensmittel<br />

– von bestimmten neuartigen<br />

Lebensmitteln abgesehen - benötigen<br />

hingegen keine aufwändige Zulassung,<br />

Nahrungsergänzungsmittel werden nicht<br />

hinsichtlich ihrer Wirksamkeit überprüft,<br />

und es liegen keine klinischen Langzeitstudien<br />

über ihre Nebenwirkungen vor.<br />

Ihre Herstellung ist an keine besondere<br />

Erlaubnis gebunden und muss auch nicht<br />

den international akzeptierten Qualitätsnormen<br />

bei der Arzneimittelherstellung<br />

entsprechen, die etwa in den „Good<br />

Manufacturing Practice (GMP-)“ Regeln<br />

festgelegt sind.<br />

Man schätzt, dass jedes Jahr über 5.000<br />

neue Nahrungsergänzungsmittel auf den<br />

Markt gebracht werden. Im Zeitalter des<br />

freien Warenhandels und des Internets<br />

spielen dabei Grenzen keine Rolle mehr,<br />

und so finden sich neben den deutschen<br />

Präparaten vor allem amerikanische,<br />

niederländische, österreichische und in<br />

letzter Zeit verstärkt auch osteuropäische<br />

Produkte auf dem Markt. Erschwerend<br />

kommt hinzu, dass zwar das Lebensmittelrecht,<br />

nicht aber das Arzneimittelrecht<br />

im Bereich der EU harmonisiert ist. Das<br />

heißt, ein Produkt kann in den Niederlanden<br />

rechtmäßig als Nahrungsergänzungsmittel<br />

im Verkehr, gleichzeitig in Deutschland aber<br />

als zulassungspflichtiges Arzneimittel einzustufen<br />

sein. Auch wenn die Vorrangstellung<br />

gemeinschaftsrechtlicher Normen durch<br />

Obergerichte festgestellt wird, sind die nationalen<br />

Gesetze nach wie vor anzuwenden.<br />

Der Verkehr mit Nahrungsergänzungsmitteln<br />

wird durch die EG-Richtlinie<br />

2002/46 geregelt, die seit dem Jahr 2004<br />

in Deutschland durch die Verordnung über<br />

8


Fachbereich 11 · Geschäftsbereich I<br />

Nahrungsergänzungsmittel (NemV) umgesetzt<br />

wurde. Nach § 1 dieser Verordnung<br />

sind Nahrungsergänzungsmittel Lebensmittel,<br />

die Konzentrate von Nährstoffen<br />

oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer<br />

oder physiologischer Wirkung<br />

darstellen und in dosierter Form (Kapseln,<br />

Pillen, Tabletten, Flüssigampullen) angeboten<br />

werden. Sie sind dazu bestimmt, die<br />

allgemeine Ernährung zu ergänzen. Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> eine nutzbringende, sinnvolle<br />

Nahrungsergänzung ist die Zufuhr<br />

signifikanter Mengen der zur Ergänzung<br />

bestimmten Stoffe (vgl. Erwägungsgründe<br />

der EG-Richtlinie 2002/46).<br />

Während die Nährstoffe (Vitamine und<br />

Mineralstoffe einschließlich Spurenelemente)<br />

in den Anlagen dieser Verordnung<br />

geregelt sind, blieb der Verordnungsgeber<br />

in Bezug auf die „sonstigen Stoffe“ unkonkret.<br />

Sie bilden gleichsam das „Einfallstor“<br />

<strong>für</strong> die unterschiedlichsten Komponenten,<br />

denen unterstellt wird, dass sie eine<br />

ernährungsspezifische oder physiologische<br />

Wirkung besitzen. Es können Kräuter- und<br />

Pflanzenextrakte sein, sekundäre Pflanzenstoffe<br />

wie Phytoöstrogene und Flavonoide,<br />

Produkte tierischen Ursprungs wie Chitosan<br />

und Haifischknorpelextrakt, Mineralien<br />

wie Kieselerde und Zeolithe, definierte<br />

organische Verbindungen wie Glucosaminsulfat<br />

oder Enzyme. Die Abgrenzung zur<br />

pharmakologischen Wirkung kann fließend<br />

sein und an bestimmte Dosierungen<br />

gekoppelt, wie beim Glucosaminsulfat, das<br />

in einer Tagesdosierung von z.B. 600 mg<br />

den Nahrungsergänzungsmitteln zugeordnet<br />

wird, bei Dosierungen von 1500 mg<br />

den Arzneimitteln.<br />

Für die Einstufung als Arzneimittel ist<br />

maßgeblich, ob das Präparat als Gesamtprodukt<br />

eine pharmakologische, immunologische<br />

oder metabolische Funktion<br />

besitzt (Funktionsarzneimittel) und / oder<br />

aufgrund seiner Aufmachung als Mittel zur<br />

Verhütung oder Heilung von Krankheiten<br />

bezeichnet ist (Bezeichnungsarzneimittel).<br />

Nachfolgend werden einige Beispiele aus<br />

der Praxis beschrieben, die einen Einblick<br />

in die Vielfältigkeit der Produktgruppe der<br />

Nahrungsergänzungsmittel und gleichzeitig<br />

in die Problematik der Abgrenzung zu<br />

den Arzneimitteln geben.<br />

Produkte aus dem osteuropäischen Raum<br />

Verschiedene Präparate, die Zimt bzw.<br />

Zimtextrakt in Kapseln enthielten, wurden<br />

als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr<br />

gebracht. Soweit sie dazu bestimmt<br />

sind, den Blutzuckerspiegel zu beeinflussen<br />

bzw. <strong>für</strong> die Anwendung bei Diabetes<br />

in den Verkehr gebracht werden, handelt<br />

es sich aber um Arzneimittel. Hinzu kommt<br />

die besondere Problematik mit dem Cumaringehalt<br />

in Zimtprodukten. Cumarin hat<br />

zwar einen angenehmen gewürzhaften<br />

Geruch und trägt in verschiedenen Pflanzen<br />

(z.B. Waldmeister) zum Aroma bei.<br />

Andererseits weiß man seit den 50er Jahren,<br />

dass es leberschädigend wirken kann.<br />

Zimt und Zimtprodukte werden deshalb<br />

im ILAT systematisch auf ihren Cumaringehalt<br />

geprüft.<br />

Nach der Verzehrempfehlung laut<br />

Packungsaufdruck der untersuchten Proben<br />

werden täglich mehrere Gramm Zimt<br />

aufgenommen, was bedeutet, dass auch<br />

Cumarin über einen längeren Zeitraum in<br />

den Körper gelangt. Als noch akzeptabel<br />

gilt eine tägliche Aufnahmemenge von 0,1<br />

mg/kg Körpergewicht, wobei Ergebnisse<br />

von Langzeituntersuchungen bei Zimtkapseln<br />

nicht vorliegen. Auch wenn bei den<br />

fraglichen Proben dieser Grenzwert nicht<br />

ausgeschöpft wurde, handelte es sich doch<br />

um Arzneimittel, die ohne Zulassung durch<br />

die Bundesoberbehörde nicht in den Verkehr<br />

gebracht werden dürfen.<br />

Ein von der Staatsanwaltschaft Berlin<br />

eingeliefertes chinesisches Präparat enthielt<br />

den Wirkstoff Sildenafil, bekannt<br />

durch „Viagra“. Im Verkaufsangebot der<br />

Internetplattform „ebay“ wurde es als „ein<br />

auf natürlicher Kräuterbasis hergestelltes<br />

Nahrungsergänzungsmittel“ ausgelobt.<br />

Es handle sich um eine reine chinesische<br />

Kräutermischung zur Anwendung bei einer<br />

vorzeitigen erektilen Dysfunktion.<br />

Tatsächlich enthielt die Probe 95 mg<br />

Sildenafil pro Kapsel, was der maximalen<br />

Dosis Viagra entspricht.<br />

Kontraindiziert ist Sildenafil bei allen<br />

Patienten, die auf Grund einer koronaren<br />

Herzerkrankung oder anderweitiger<br />

Herzschädigungen regelmäßig<br />

bestimmte Medikamente benötigen.<br />

Die gleichzeitige Einnahme dieser<br />

Wirkstoffe kann zu einem lebensbedrohlichen<br />

Kreislaufabfall führen. Gefährdet<br />

sind auch Patienten mit frischem Herzinfarkt<br />

oder Schlaganfall (< 6 Monate)<br />

sowie mit schweren Augenerkrankungen.<br />

Die unkontrollierte Einnahme dieser<br />

„reinen chinesischen Kräutermischung“<br />

kann auch wegen der Höhe der Dosis zu<br />

einer akuten Gefährdung des Patienten<br />

führen.<br />

Einsendungen des Landeskriminalamtes<br />

<strong>für</strong> die Staatsanwaltschaft Berlin enthielten<br />

Ephedrin in Kombination mit Coffein<br />

und weiteren Stoffen. Ephedrin hat eine<br />

auch in Laienkreisen weithin bekannte<br />

anregende und amphetaminartig aufputschende<br />

Wirkung, die durch den<br />

Coffeinzusatz noch verstärkt wird. Es sind<br />

zahlreiche Fälle von Missbrauch, auch<br />

als Dopingmittel, bekannt. Präparate<br />

mit Ephedrin bzw. mit der Kombination<br />

Ephedrin/Coffein werden als verschreibungspflichtige<br />

Arzneimittel eingestuft.<br />

Ins Blickfeld der Strafverfolgungsbehörden<br />

geraten immer wieder Präparate<br />

aus der Bodybuildingszene, die über<br />

das Internet, aber durchaus auch über<br />

Fitnessstudios angeboten werden. Sie<br />

haben die Aufgabe, den Muskelaufbau<br />

zu fördern und gleichzeitig die Fettverbrennung<br />

zu unterstützen. Das „Durchhaltevermögen“<br />

wird gestärkt, das<br />

Trainingsziel schneller erreicht. Hierbei<br />

werden verschiedene Stoffe zugeführt:<br />

Stoffwechselprodukte sollen über eine<br />

Erhöhung des Blutspiegels die physiologischen<br />

Vorgänge in der menschlichen<br />

Zelle beschleunigen (Beispiel: Carnitin<br />

zur Beschleunigung des Fettabbaus),<br />

anregende Verbindungen wie Coffein,<br />

Ephedrin oder Synephrin das Hungergefühl<br />

unterdrücken und gleichzeitig<br />

bestimmte metabolisierende Vorgänge<br />

ankurbeln, hochdosierte Vitamine nicht<br />

nur den erhöhten Bedarf kompensieren<br />

und „pflanzliche Präparate“ z.B. aus Tribulus<br />

terrestris als „Testosteronbooster“<br />

wirken. Besonders gefährlich sind Präparate<br />

mit synthetischen Androgenen, die<br />

bei unkontrollierter Einnahme erhebliche<br />

Nebenwirkungen besitzen.<br />

9


Geschäftsbereich I · Fachbereich 11<br />

Weichgelatinekapseln mit Material tierischer Herkunft<br />

Der Wunsch nach Stärkung der Widerstandskraft<br />

des Körpers gehört zu den<br />

stärksten Motiven von Verbrauchern,<br />

über die gesunde, abwechslungsreiche<br />

Ernährung hinaus gezielt Nahrungsergänzungsmittel<br />

einzunehmen. Wenn dann<br />

z.B. im begleitenden Internetauftritt auch<br />

noch „Anwendungen“ ausgelobt werden,<br />

so liegt der Verdacht eines Arzneimittels<br />

nahe. In zwei Fällen sollten die Produkte<br />

gegen Krankheiten vorbeugen, die durch<br />

„untergegangene Zellen“ und Immunschwäche<br />

verursacht werden. Als „Funktionen“<br />

wurden die Erneuerung der Erythrocyten,<br />

Zunahme der Phagozytose, Produktion<br />

von Antikörpern und Regulation von<br />

Stoffwechselstörungen beschrieben.<br />

Das Fatale an diesen Produkten war allerdings,<br />

dass sie in Weichgelatinekapseln<br />

Stoffe tierischer Herkunft enthielten<br />

(Rindermilz- und Kalbsbriespulver), <strong>für</strong><br />

die keine TSE-Unbedenklichkeitsbescheinigungen<br />

(Transmissible Spongiforme<br />

Enzephalopathien) vorlagen. Das heißt, es<br />

ist nicht sichergestellt, dass die Produkte<br />

frei sind von den Erregern der Creutzfeld-<br />

Jacob-Krankheit, die bekanntermaßen<br />

einen tödlichen Verlauf nimmt. Die<br />

Proben wurden als bedenklich im Sinne<br />

des Arzneimittelgesetzes beurteilt, der<br />

Vorgang durch die Arzneimittelüberwachungsbehörde<br />

an die zuständige Staatsanwaltschaft<br />

abgegeben.<br />

Um Missverständnissen vorzubeugen, sei<br />

darauf hingewiesen, dass die Mehrzahl der<br />

auf dem Markt befindlichen Nahrungsergänzungsmittel<br />

nicht zu beanstanden ist,<br />

jedenfalls nicht hinsichtlich einer Arzneimitteleigenschaft.<br />

Die genannten Beispiele<br />

belegen aber einen Trend, nach dem<br />

immer mehr Arzneimittel ohne Zulassung<br />

auf dem Markt gebracht werden, sei es als<br />

„Nahrungsergänzungsmittel“, „diätetische<br />

Lebensmittel“, „Medizinprodukte“ oder als<br />

nachgemachte Arzneimittel.<br />

So wurde eine Verdachtsprobe mit dem<br />

Zytostatikum Oxaliplatin beanstandet, weil<br />

es sich um ein nachgemachtes Arzneimittel<br />

<strong>für</strong> ein gleichartiges, zugelassenes Produkt<br />

eines weltweit agierenden Herstellers<br />

handelte. Aufgrund einer Patientenbeschwerde<br />

wurde über die Arzneimittelüberwachungsbehörde<br />

ein Kapselpräparat<br />

mit dem Wirkstoff Bicalutamid eingeliefert.<br />

Dieser Wirkstoff, der zur Behandlung<br />

des Prostatakarzinoms eingesetzt wird, ist<br />

auch in einem zugelassenen Fertigarzneimittel<br />

enthalten. Die Verdachtsprobe wurde<br />

aber in einer Apotheke hergestellt und<br />

enthielt den Wirkstoff nur zu etwa 50 %<br />

der angegebenen Menge. Darüber hinaus<br />

war nicht bekannt, woher die Apotheke<br />

den noch patentgeschützten Wirkstoff<br />

bezogen hatte.<br />

Obwohl im Berichtzeitraum keine Arzneimittelfälschungen<br />

im ILAT vorgelegt<br />

wurden, ist bekannt, dass auch diese<br />

weltweit zunehmen und die Quote im<br />

Schwarzmarktbereich auf 10 % geschätzt<br />

wird. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist<br />

eine weitere Intensivierung der Überwachungsmaßnahmen<br />

und der Probenahme<br />

dringend erforderlich. Insbesondere sollte<br />

die ressortübergreifende Zusammenarbeit<br />

der betroffenen Stellen in Berlin<br />

(Landeskriminalamt, Staatsanwaltschaft,<br />

Gerichte, Zolldienststellen, Arzneimittelund<br />

Lebensmittelüberwachung, Bundesbehörden)<br />

zentral koordiniert und dieser<br />

Entwicklung angepasst werden. ˇ<br />

10


Fachbereich 21/22 · Geschäftsbereich I<br />

Fachbereich 21 | Getreide,<br />

Back- und Teigwaren, Zucker,<br />

Nahrungsergänzungsmittel u.a.<br />

Cumarin darf wegen der bereits bekannten<br />

leberschädigenden Wirkung in<br />

Lebensmitteln nur als Bestandteil von<br />

Aromen verwendet werden. Auf Grund<br />

neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse,<br />

die möglicherweise auf eine Krebs erregende<br />

Wirkung beim Menschen hindeuten,<br />

wurden bundesweit Untersuchungen<br />

auf den Cumaringehalt in zimthaltigen<br />

Lebensmitteln durchgeführt. Insbesondere<br />

Cassia-Zimt enthält im Gegensatz zu dem<br />

als hochwertiger geltenden Ceylon-Zimt<br />

natürliche, hohe Gehalte an Cumarin.<br />

Nur eine Probe „Getreidekost mit Zimt“,<br />

eine Frühstückscerealie, musste wegen<br />

eines deutlich erhöhten Cumaringehaltes<br />

als gesundheitsschädliches und damit<br />

als nicht sicheres Lebensmittel beurteilt<br />

werden.<br />

Die Untersuchung zuckerfreier Bonbons,<br />

hergestellt unter Verwendung der<br />

Süßungsmittel Isomalt und Acesulfam-K,<br />

ergab bei einer Probe, dass der festgestellte<br />

Gehalt an Acesulfam-K über der<br />

zulässigen Höchstmenge lag. ˇ<br />

Dichtemessplatz im Weinlabor<br />

Fachbereich 22 | Alkoholische<br />

und alkoholfreie Getränke,<br />

Obst- und Gemüseerzeugnisse,<br />

Hülsenfrüchte, Ölsamen, Kaffee,<br />

Tee, Gewürze u.a., Nachweis<br />

der Bestrahlung<br />

Im Rahmen der Einfuhruntersuchungen<br />

des Zolls von Wein aus Drittländern waren<br />

von den 27 entnommenen Proben 24 Proben<br />

wegen nicht handelsüblicher Beschaffenheit,<br />

der Verwendung nicht zugelassener<br />

Behandlungsverfahren und/oder<br />

fehlerhafter bzw. irreführender Kennzeichnung<br />

zu beanstanden. Bei vier Rotweinen<br />

aus einer Kellerei in Spanien wurde erneut<br />

eine Verfälschung durch den unerlaubten<br />

Zusatz von Glycerin festgestellt.<br />

Die Behandlung von Lebensmitteln mit<br />

ionisierenden Strahlen ist in Deutschland<br />

nur bei getrockneten aromatischen<br />

Kräutern und Gewürzen sowie – auf<br />

Grund einer Allgemeinverfügung – bei<br />

tiefgefrorenen Froschschenkeln unter<br />

entsprechender Kenntlichmachung<br />

erlaubt. Bei insgesamt vier Produkten<br />

(zwei Instant-Nudelsuppen und zwei<br />

Nahrungsergänzungsmitteln) mussten<br />

wegen nicht zugelassener Bestrahlung<br />

Schnellwarnungen ausgelöst werden.<br />

Weitere Erzeugnisse waren hinsichtlich<br />

der erfolgten Behandlung mit ionisierenden<br />

Strahlen nicht bzw. nicht ordnungsgemäß<br />

gekennzeichnet.<br />

Bei der Untersuchung von 32 frisch<br />

gepressten Säften aus dem Handel wurden<br />

in elf Fällen erhöhte Keimzahlen festgestellt,<br />

die auf eine nicht ausreichende<br />

Sorgfalt bei der Herstellung und sonstigen<br />

Behandlung der Säfte zurückzuführen<br />

sind. Zwei Proben Algen bzw. Seetang<br />

wurden aufgrund der hohen Jodgehalte<br />

von 200 bzw. 156 mg/kg in Verbindung<br />

mit unzureichender Kennzeichnung als<br />

nicht sichere Lebensmittel beurteilt. Bei<br />

Trockenpilzen war vereinzelt eine Keimbelastung<br />

festzustellen.<br />

Bei bitteren Aprikosenkernen wurden<br />

z.T. sehr hohe Cyanid-Gehalte (bis zu<br />

2535 mg/kg) ermittelt, die nach fachlicher<br />

Einschätzung einen Warnhinweis und eine<br />

Beschränkung der Packungsgröße erforderlich<br />

machen. Bei 11 von 12 Proben<br />

Pinienkernen lag der Gehalt an Cadmium<br />

über dem im Jahr 2006 gültigen Höchstwert<br />

von 0,05 mg/kg.<br />

In neun Proben grünem und schwarzem<br />

Tee wurden wiederholt Pestizide nachgewiesen,<br />

wobei in einem Fall eine<br />

Schnellwarnung ausgelöst werden musste.<br />

Einige Teemischungen bzw. teeähnliche<br />

Erzeugnisse enthielten Pflanzenteile wie<br />

Ginkgo, Sarsaparillwurzel und „Haferstroh<br />

grün“, welche als nicht zugelassene Zutaten<br />

im Sinne der Novel-Food-Verordnung oder<br />

der Zusatzstoffzulassungsverordnung<br />

beurteilt wurden. ˇ<br />

11


Geschäftsbereich I · Fachbereich 23/24<br />

Fachbereich 23 | Milcherzeugnisse,<br />

Speiseöle und -fette, Fertiggerichte,<br />

Eier, Novel Food u.a.<br />

Bei der Warengruppe der Milchprodukte<br />

lag der Beanstandungsschwerpunkt - wie<br />

auch in den Vorjahren - eindeutig bei<br />

den Käsen, von denen insgesamt 17 %<br />

zu beanstanden waren. So wurden z. B.<br />

häufig Produkte irreführend als „Schafkäse“<br />

oder „Feta“ in den Verkehr gebracht,<br />

bei denen es sich tatsächlich um Lebensmittelzubereitungen<br />

aus Kuhmagermilch<br />

mit Zusatz von Pflanzenfett und somit<br />

nicht um Käse handelte.<br />

Insgesamt 30 % der eingegangenen<br />

Frittierfette waren auf Grund der thermischen<br />

Belastung und der dabei entstehenden<br />

- möglicherweise die Gesundheit<br />

gefährdenden - Pyrolyseprodukte so weit<br />

verändert, dass sie nicht mehr zum Verzehr<br />

geeignet waren. In diesem Zusammenhang<br />

ist ferner anzumerken, dass auch die in<br />

diesen Fetten gegarten Lebensmittel auf<br />

Grund der Austauschprozesse während<br />

des Frittiervorgangs als nicht zum Verzehr<br />

geeignet beurteilt werden müssen.<br />

Zutaten, die allergische<br />

oder andere Unverträglichkeitsreaktionen<br />

auslösen können<br />

a. Krebstiere und Krebstiererzeugnisse<br />

b. Glutenhaltiges Getreide sowie<br />

daraus hergestellte Erzeugnisse<br />

c. Eier und Eierzeugnisse<br />

d. Fisch und Fischerzeugnisse<br />

e. Erdnüsse und Erdnusserzeugnisse<br />

f. Soja und Sojaerzeugnisse<br />

g. Milch und Milcherzeugnisse<br />

(einschließlich Laktose)<br />

h. Schalenfrüchte sowie daraus<br />

hergestellte Erzeugnisse<br />

i. Sellerie und Sellerieerzeugnisse<br />

j. Senf und Senferzeugnisse<br />

k. Sesamsamen und Sesamsamenerzeugnisse<br />

l. Schwefeldioxid und Sulfite<br />

> 10 mg/kg oder 10 mg/l, als SO 2<br />

(Lebensmittelkennzeichnungsverordnung)<br />

Einen weiteren Untersuchungsschwerpunkt<br />

stellte die Prüfung von pflanzlichen<br />

Ölen auf Kontamination mit Weichmachern<br />

dar, wobei 19 % der geprüften<br />

Proben zu beanstanden waren. Insgesamt<br />

in zehn Fällen wurde Diethylhexylphthalat,<br />

zweimal Butylbenzylphthalat<br />

und einmal Diethylhexyladipat<br />

nachgewiesen. Betroffen waren jeweils<br />

fünf von sechs Proben Walnussöl bzw.<br />

Olivenöl der Kategorie „nativ extra“.<br />

Von den eingereichten Fertiggerichten<br />

wiesen mehrere Beschwerde- und<br />

Verdachtsproben Verunreinigungen<br />

bzw. starke Verderbnisanzeichen auf,<br />

wie z.B. Insektenteile in einem Erbseneintopf,<br />

Käfer im Pilzrisotto, mit<br />

Menschenblut behaftetes Baguette,<br />

„Fäden ziehende“ Tortellinis mit<br />

Fleischfüllung, gärige Tomatensoße,<br />

faulige Sülze und schimmeliges „Börek“<br />

(gefüllte Blätterteigtasche). ˇ<br />

Fachbereich 24 | Fleisch, Fisch<br />

und Erzeugnisse daraus u.a.<br />

Ein Schwerpunktthema der Untersuchungen<br />

im Jahr 2006 war die Überprüfung<br />

der Allergen-Kennzeichnung.<br />

Allergien stellen weltweit eines der<br />

größten gesundheitlichen Probleme dar.<br />

Seit November 2005 gilt deshalb eine<br />

Kennzeichnungspflicht <strong>für</strong> allergene Zutaten<br />

bei verpackten Lebensmitteln. Es ist<br />

beabsichtigt, diese Kennzeichnungspflicht<br />

zukünftig auch auf unverpackte Lebensmittel<br />

auszudehnen. Ein Schwerpunkt<br />

der Immunologie in Zusammenarbeit<br />

mit der Molekularbiologie war und ist<br />

daher die Erarbeitung von Prüfverfahren<br />

<strong>für</strong> den Nachweis von kennzeichnungspflichtigen<br />

Zutaten, die Allergien bzw.<br />

Unverträglichkeitsreaktionen auslösen<br />

können. Bisher wurden jährlich ca. 400<br />

tierische und pflanzliche Lebensmittel auf<br />

Beimengungen von Milcheiweiß, Hühnereiweiß,<br />

Gluten und Sojaeiweiß geprüft.<br />

Wurden lediglich Verunreinigungen mit<br />

diesen Allergenen in einem Lebensmittel<br />

nachgewiesen, so war beim Hersteller eine<br />

Eigenkontrolle aller Zutaten und der technologischen<br />

Abläufe durchzuführen.<br />

Eine Täuschung des Verbrauchers ist die<br />

gesetzlich nicht zulässige Behandlung<br />

von rohem Thunfisch mit Kohlenmonoxid.<br />

Durch diese Behandlung wird eine während<br />

der Lagerung bzw. beim Fischverderb<br />

normalerweise auftretende Veränderung<br />

der Fischfarbe von rot bzw. rotbraun<br />

zu braun bis graubraun verhindert, eine<br />

fast unnatürlich rote, einen besonderen<br />

Frischegrad vortäuschende Farbe wird<br />

erzielt. In Berlin wurden aus diesem Grund<br />

drei Proben beanstandet und Schnellwarnungen<br />

ausgelöst. ˇ<br />

Qualität von Fleisch:<br />

„Gammelfleisch“- und Separatorenfleisch-Problematik<br />

Im Jahr 2006 wurden im ILAT 3163 Proben<br />

von Fleisch- und Fleischerzeugnissen<br />

untersucht. Im besonderen Fokus des<br />

öffentlichen Interesses lag dabei das so<br />

genannte „Gammelfleisch“. Nach mehreren<br />

vorangegangenen Skandalen begann das<br />

Jahr 2006 mit Nachrichten über verdorbenes<br />

Wildfleisch aus Bayern, das bundesweit<br />

in Verkehr gebracht worden sein<br />

sollte. In diesem Zusammenhang wurden<br />

auch Äußerungen zu irreführender Kennzeichnung<br />

von Wild laut. Insbesondere<br />

sollte Antilopenfleisch als Rehrücken und<br />

Hirschgulasch verkauft worden sein.<br />

Bis Ende März wurden im ILAT 47 Proben<br />

Wildfleisch untersucht, ohne dass<br />

hygienische Mängel festgestellt werden<br />

konnten. Die mittels isoelektrischer Fokussierung<br />

(IEF) ermittelten Tierarten stimmten<br />

mit der Deklaration überein, lediglich<br />

in einer Probe Hirschgulasch wurde auch<br />

Putenfleisch nachgewiesen.<br />

Im Spätsommer folgte der „Döner-Skandal“.<br />

Durch das Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt<br />

von Berlin-Mitte wurden<br />

daraufhin die Kühlhäuser der im <strong>Berliner</strong><br />

Großmarkt ansässigen Zerlege- und<br />

Verarbeitungsbetriebe inspiziert, woraufhin<br />

auch größere Mengen (viele Tonnen)<br />

Putenfleisch vorläufig sichergestellt<br />

wurden. Zur sensorischen und mikrobiologischen<br />

Untersuchung gelangten im Jahr<br />

2006 54 Proben aus unterschiedlichen<br />

Partien ins ILAT. Aufgrund der durchgeführten<br />

Untersuchungen wurde etwa die<br />

Hälfte der Proben nach dem Lebensmittelrecht<br />

bemängelt. Überwiegend mussten<br />

diese Proben aufgrund des Nachweises<br />

von Salmonellen als gesundheitsschädlich<br />

beurteilt werden. Daraufhin wurde<br />

12


Fachbereich 24 · Geschäftsbereich I<br />

Geflügelfleisch-Untersuchung im ILAT<br />

durch die Senatsverwaltung <strong>für</strong> Gesundheit,<br />

Soziales und Verbraucherschutz eine<br />

Meldung im europäischen Schnellwarnsystem<br />

(RASFF) ausgelöst.<br />

Durch diese von den Lebensmittelüberwachungsbehörden<br />

durchgeführten<br />

Kontrollen fiel u.a. eine Großhandelsfirma<br />

auf, bei der verdorbenes Fleisch gefunden<br />

wurde. Die bei diesen Proben außerdem<br />

häufig festgestellte Kontamination vieler<br />

Partien durch Salmonellen ist nicht auf<br />

eine zu lange Lagerung der Ware zurückzuführen,<br />

wohl aber auf belastetes<br />

Rohmaterial oder auf mangelhafte Hygienebedingungen<br />

während der Gewinnung.<br />

Der Nachweis von Salmonellen in Geflügelfleisch<br />

ist insbesondere aufgrund der Gefahr<br />

der Kreuzkontamination (Keimübertragung<br />

während der Zubereitung im Haushalt) auf<br />

zum Rohverzehr bestimmte Lebensmittel<br />

als gesundheitsschädlich zu beurteilen.<br />

Außerdem unterliegen fleischverarbeitende<br />

<strong>Betrieb</strong>e der VO (EG) 2073/2005, die die<br />

Einhaltung von gesundheitsrelevanten<br />

Lebensmittelsicherheitskriterien fordert.<br />

Nach dieser Verordnung dürfen auch in<br />

zum Verzehr nach Erhitzung bestimmten<br />

Geflügelfleischzubereitungen keine Salmonellen<br />

nachweisbar sein.<br />

Einen Schwerpunkt der durchgeführten<br />

Untersuchungen bildete auch 2006 wieder<br />

das Erzeugnis Döner Kebab. Die Veterinär-<br />

und Lebensmittelaufsichtsämter<br />

aller <strong>Berliner</strong> Bezirke wurden auf Grund<br />

diverser Berichte in Presse und Fernsehen<br />

von der Senatsverwaltung dazu aufgefordert,<br />

Döner-Imbissbuden zu kontrollieren.<br />

Daher wurden in Form einer Art „Stufenkontrolle“<br />

die zu dem Erzeugnis „Döner“<br />

gehörenden, hygienisch besonders<br />

anfälligen Bestandteile wie Fleischanteil,<br />

Salat und beigegebene Soße einzeln einer<br />

sensorischen und mikrobiologischen<br />

Untersuchung unterzogen. Wie zu erwarten<br />

war, wurden vorhandene Keime beim<br />

Erhitzen des Fleisches am Spieß abgetötet,<br />

so dass das fertige Fleischerzeugnis aus<br />

mikrobiologischer Sicht keinen Anlass zu<br />

einer Beanstandung gab. Eine erhöhte<br />

Keimbelastung zeigte sich eher bei den<br />

beigegebenen Salaten.<br />

Bedingt durch das neue europäische<br />

Lebensmittelrecht (EU-Hygienepaket),<br />

das am 01.01.2006 in Kraft trat, entbrannte<br />

erneut eine Diskussion der beteiligten<br />

Kreise der Wirtschaft, Wissenschaft und<br />

Überwachung um die Definition und die<br />

damit verbundene Kennzeichnung des<br />

altbekannten Rohstoffs Separatorenfleisch<br />

(maschinell gewonnen durch Ablösung<br />

des an fleischtragenden Knochen nach<br />

dem Entbeinen haftenden Fleisches unter<br />

bestimmten Bedingungen).<br />

Nach § 8 Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung<br />

ist Separatorenfleisch bei<br />

verschiedenen Fleisch enthaltenden<br />

Lebensmitteln - wie z.B. diversen Wurstwaren<br />

- im Rahmen der erforderlichen<br />

„Quid-Deklaration“ (quantitative<br />

ingredient declaration) nicht als Fleisch<br />

definiert und muss daher im Verzeichnis<br />

der Zutaten extra als „Separatorenfleisch“<br />

aufgeführt werden. Dies hat zur Folge,<br />

dass der prozentual anzugebende<br />

Fleischanteil (Quid) bei Mitverarbeitung<br />

von Separatorenfleisch geringer ist als<br />

z.B. bei Produkten anderer Hersteller<br />

ohne Separatorenfleisch. Eine derartige<br />

Deklaration wird aus Wettbewerbsgründen<br />

seitens der Hersteller bzw.<br />

Vertreiber von Fleischerzeugnissen<br />

möglichst vermieden.<br />

Die Problematik der Mitverarbeitung<br />

von Separatorenfleisch verbunden mit<br />

fehlender Deklaration war deshalb bei<br />

Fleischerzeugnissen im Jahr 2006 nach<br />

wie vor aktuell. Statistisch gesehen war<br />

die fehlende Kenntlichmachung des<br />

Separatorenfleisches einer der häufigsten<br />

Gründe <strong>für</strong> eine Beanstandung aus histologischen<br />

Gründen.<br />

Weiterhin wurden Hackfleischerzeugnisse<br />

z.B. unter der Verkehrsbezeichnung<br />

„Frikadelle“ in den Verkehr gebracht, die<br />

lt. Zutatenliste ganz oder teilweise aus<br />

Separatorenfleisch bestanden. Bei diesen<br />

Produkten wurde somit gegen das Verbot<br />

der Herstellung von Hackfleisch bzw. aus<br />

Hackfleisch hergestellten Erzeugnissen<br />

unter Verwendung von Separatorenfleisch<br />

verstoßen. Eher zur Ausnahme gehörte<br />

der Nachweis von Separatorenfleisch in<br />

Erzeugnissen aus Fleisch von Wiederkäuern<br />

(Rinder, Schafe, Ziegen). Seit 2001 ist die<br />

Herstellung und somit auch die Mitverarbeitung<br />

von derartigem Separatorenfleisch<br />

auf Grund des BSE-Risikos gesetzlich<br />

verboten.<br />

Nach der neuen VO (EG) 853/2004 mit<br />

spezifischen Hygienevorschriften <strong>für</strong><br />

tierische Lebensmittel ist Separatorenfleisch<br />

hinsichtlich seiner Verwendungsmöglichkeiten<br />

in zwei Kategorien eingeteilt,<br />

und zwar in so genanntes „gutes“<br />

bzw. „schlechtes“ Separatorenfleisch. Im<br />

Gegensatz zu früher darf das so genannte<br />

„gute“ Separatorenfleisch unter bestimmten<br />

Bedingungen, verbunden mit der<br />

Erfüllung vorgegebener mikrobiolo-<br />

13


Geschäftsbereich I · Fachbereich 24/25/26<br />

Einige Produkte enthielten laut Kennzeichnung<br />

ferner Pigmentfarbstoffe<br />

wie Pigment Yellow 74, Pigment<br />

Yellow 83, Pigment Orange 13 und<br />

Pigment Orange 16, von denen bekannt<br />

ist, dass sie die bei der Entfernung von<br />

Tätowierungen mittels Laserbehandlung<br />

als Krebs erregend eingestufte aromatische<br />

Amine (3,3-Dichlorbenzidin<br />

bzw. o-Dianisidin) abspalten können.<br />

Solche Pigmente sollten daher grundsätzlich<br />

nicht mehr in Tätowierfarben<br />

verwendet werden. ˇ<br />

gischer Kriterien auch in Rohwürsten<br />

(z.B. Salami) verarbeitet werden.<br />

Derartige Produkte müssen frei von<br />

pathogenen Keimen sein, da sie in der<br />

Regel unerhitzt verzehrt werden.<br />

Inwieweit eine Gesundheitsgefährdung<br />

durch die Verwendung von nicht unter<br />

ausreichenden hygienischen Bedingungen<br />

gewonnenem „gutem“ Separatorenfleisch<br />

in Rohwürsten ausgeschlossen werden<br />

kann, bleibt abzuwarten. ˇ<br />

IR-spektroskopische<br />

Untersuchung von Tätowierfarben<br />

„Gutes“ Separatorenfleisch<br />

„Schlechtes“ Separatorenfleisch<br />

Fachbereich 25 | Bedarfsgegenstände,<br />

Spielwaren, Kosmetika,<br />

Tabakerzeugnisse u.a.<br />

In der Vergangenheit wurde wiederholt<br />

über Nebenwirkungen bei Tätowierungen<br />

berichtet. Seit Inkrafttreten des neuen<br />

Lebensmittel-, Futtermittel- und Bedarfsgegenständegesetzbuch<br />

(LFGB) im<br />

September 2005 sind diese Mittel nun in<br />

Deutschland den kosmetischen Mitteln<br />

gleichgestellt. Anforderungen an die<br />

Zusammensetzung und Kennzeichnung<br />

von Tätowierfarben sollen zukünftig in<br />

einer speziellen Rechtsverordnung<br />

geregelt werden.<br />

Erste Untersuchungen einer größeren<br />

Serie von Tätowierfarben aus <strong>Berliner</strong><br />

Tätowierstudios (21 Proben) haben<br />

gezeigt, dass insbesondere der mikrobiologische<br />

Status bei einigen Produkten<br />

unbefriedigend ist. Bei seltener eingesetzten<br />

Farben werden die angebrochenen<br />

Gebinde über einen sehr langen<br />

Zeitraum weiter verwendet. Drei dieser<br />

Proben (eines Herstellers) wiesen eine<br />

deutlich erhöhte Gesamtkeimzahl auf.<br />

Es wurden Keime der Spezies Pseudomonas<br />

fluoreszenz, Candida pelliculosa,<br />

Citrobacter freundii und Serratia spez.<br />

sowie Enterobakteriazeen nachgewiesen.<br />

Auch bei zwei original verschlossenen<br />

Produkten waren nach Anreicherung<br />

Sporenbildner und Propionibakterien<br />

nachweisbar. Dies deutet auf mögliche<br />

hygienische Mängel bei der Produktion hin.<br />

Die Befunde belegen die bereits aus<br />

anderen Untersuchungen bekannte Problematik<br />

der Haltbarkeit von Tätowierfarben.<br />

Fachbereich 26 | Frisches Obst,<br />

Gemüse, Kartoffeln, Rückstandsuntersuchungen<br />

Im zentralen Dienst <strong>für</strong> Rückstandsanalytik<br />

wurden insgesamt 1.800 Proben auf<br />

Pestizid- (711 Proben) und Tierarzneimittelrückstände<br />

(615 Proben) oder auf ihren<br />

Mykotoxingehalt (474 Proben) untersucht.<br />

14 Proben waren wegen Pestizid-Höchstmengenüberschreitungen<br />

zu beanstanden.<br />

In drei Proben Paprika aus Spanien wurde<br />

der in der EU nicht zugelassene Wirkstoff<br />

Isofenphos-methyl in Konzentrationen<br />

zwischen 0,03 und 0,07 mg/kg bestimmt.<br />

In einer Probe Buram Blumenhonig wurde<br />

das Sulfonamid Sulfadimidin mit einem<br />

Gehalt von 12,8 µg/kg nachgewiesen.<br />

Sulfonamide sind <strong>für</strong> die Behandlung<br />

von Bienenkrankheiten in der EU nicht<br />

zugelassen und somit dürfen Rückstände<br />

von Sulfonamiden in Honig nicht enthalten<br />

sein.<br />

Eine Einfuhruntersuchung (Pistazien<br />

aus der Türkei) war wegen überhöhter<br />

Aflatoxingehalte zu beanstanden.<br />

Drei Proben (italienische Teigware aus<br />

Mais, Maiswaffeln und Cornflakes)<br />

waren zu beanstanden, da der nach der<br />

Mykotoxin-Höchstmengenverordnung<br />

festgesetzte Höchstwert <strong>für</strong> die Summe<br />

der Gehalte an Fumonisin B1 und B2<br />

überschritten war.<br />

Im Rahmen der Untersuchung von Obst,<br />

Gemüse und Kartoffeln war eine Kundenbeschwerde<br />

„Äpfel aus Brasilien“ auffällig,<br />

die einen muffigen Geruch aufwies. Dieser<br />

Geruch stammte von dem in den Äpfeln<br />

nachgewiesenen Stoff 2,4,6-Tribromanisol,<br />

der durch Biomethylierung durch Mikroorganismen<br />

aus 2,4,6-Tribromphenol<br />

14


gebildet wird, welches ebenfalls in den<br />

Äpfeln nachweisbar war. 2,4,6-Tribromphenol<br />

wird als feuerhemmender Zusatz<br />

u. a. bei der Herstellung von Kartonagen<br />

verwendet. Die Untersuchung einer<br />

Verfolgsprobe ergab, dass der von der<br />

Verbraucherin festgestellte Fehlgeruch der<br />

Äpfel durch den Übergang von Tribromanisol<br />

bzw. -phenol aus der aus Pappe<br />

bestehenden Verpackung verursacht wurde.<br />

2,4,6-Tribromphenol ist zur Herstellung<br />

von Verpackungsmaterialien <strong>für</strong> Lebensmittel<br />

aus Papier, Karton oder Pappe nicht<br />

zugelassen. Das Verpackungsmaterial entsprach<br />

daher ebenfalls nicht den lebensmittelrechtlichen<br />

Anforderungen. ˇ<br />

Fachbereich 27 | Lebensmittelmikrobiologie<br />

Einen Schwerpunkt der mikrobiologischen<br />

Untersuchungen bildete wiederum<br />

Speiseeis, das lose aus selbst herstellenden<br />

<strong>Betrieb</strong>en (Eisdielen, Cafés, Restaurants)<br />

entnommen wurde. Von insgesamt<br />

725 Einzelproben - davon 155 Planproben<br />

- wurden 245 Proben (35 %)<br />

beanstandet. Als Beanstandungsgrund<br />

waren fast ausschließlich erhöhte Keimzahlen<br />

des Hygieneparameters Enterobacteriaceae<br />

zu nennen.<br />

Unter den 335 eingesandten Hackfleischproben<br />

waren 32 Proben, die als<br />

„gemischtes Hackfleisch mit Rind und<br />

Lamm“ bezeichnet waren. Diese Proben<br />

wurden ausschließlich als Verdachtsproben<br />

in solchen Fleischereien entnommen,<br />

in denen sie auch hergestellt worden<br />

waren. Die mikrobiologischen Untersuchungen<br />

ergaben bei diesem Produkt eine<br />

Beanstandungsrate von 78 % (!), wobei<br />

Hygieneparameter (List. monocytogenes<br />

in Zahlen unter 102 KbE/g, Enterobacteriaceae)<br />

und kältetolerante Verderbniserreger<br />

in sehr hohen Keimzahlen<br />

(> 106 KbE/g) - teilweise mit einhergehenden<br />

sensorischen Abweichungen - als<br />

Beanstandungsgründe anzuführen waren.<br />

Im Rahmen der Bundesweiten Überwachungsprogramme<br />

(BÜP) wurden<br />

53 Einzelproben Mozzarella untersucht.<br />

Die Beanstandungsrate lag hier bei 17 %.<br />

Es waren überwiegend vermeidbar hohe<br />

Keimzahlen an Verderbniserregern<br />

und Hygieneindikatoren, nur vereinzelt<br />

mit einhergehenden sensorischen<br />

Abweichungen, als Beanstandungsgründe<br />

zu nennen.<br />

Von insgesamt 407 als Planproben eingesandten<br />

Einzelproben pasteurisierter<br />

Milch waren aus mikrobiologischer Sicht<br />

31 Proben (7,6 %) zu beanstanden. Die<br />

Gründe lagen hierbei in hohen Keimzahlen<br />

an Enterobacteriaceae, Pseudomonaden,<br />

Bac. cereus, insbesondere am Ende der<br />

deklarierten Mindesthaltbarkeitsfrist.<br />

Im Falle der Enterobacteriaceae und<br />

Pseudomonaden ließen die Untersuchungsergebnisse<br />

auf bakterielle Rekontaminationen<br />

nach der Pasteurisation schließen.<br />

Im Rahmen von Kontrollen der Hygiene<br />

von lebensmittelbe- und -verarbeitenden<br />

<strong>Betrieb</strong>en (Einzelhandel, Einrichtungen<br />

zur Gemeinschaftsverpflegung incl.<br />

Restaurants) gelangten Proben aus über<br />

200 <strong>Betrieb</strong>en zur Einsendung. Dabei<br />

handelte es sich um Einsendungen von<br />

Tupferproben und Rodacplatten<br />

(4 bis 20 Einzelentnahmestellen je <strong>Betrieb</strong>).<br />

Beanstandungen wegen mangelnder<br />

<strong>Betrieb</strong>shygiene (Defizite bei der ordnungsgemäßen<br />

Reinigung und Desinfektion)<br />

wurden <strong>für</strong> ein Viertel der <strong>Betrieb</strong>e ausgesprochen.<br />

ˇ<br />

Proben im Rückstandslabor<br />

Fachbereich 26/27/31 · Geschäftsbereich I<br />

Fachbereich 31 | Trinkwasser, Oberflächen-<br />

und Badewasser, Luft u.a.<br />

Auf der Grundlage des § 19 Abs. 7 der<br />

Trinkwasserverordnung wird jährlich<br />

bundesweit ein Programm zur Überwachung<br />

von Wasserversorgungsanlagen<br />

aufgelegt, aus denen Wasser <strong>für</strong> die<br />

Öffentlichkeit, insbesondere in Schulen,<br />

Kindergärten, Krankenhäusern, Gaststätten<br />

und sonstigen Gemeinschaftseinrichtungen<br />

bereitgestellt wird.<br />

Im Jahr 2006 wurden wichtige Wasserentnahmestellen<br />

(z.B. Handwaschbecken<br />

in Toiletten, Küchen, Lehrerkabinetten)<br />

in 120 nach dem Zufallsprinzip ausgesuchten<br />

Schulen (10 Schulen je Stadtbezirk)<br />

beprobt. Das sog. Stagnations- und das<br />

Ablaufwasser wurden jeweils auf diejenigen<br />

chemischen Parameter untersucht,<br />

von denen anzunehmen ist, dass sie sich<br />

innerhalb der Hausinstallation nachteilig<br />

verändern bzw. ansteigen können. Dabei<br />

handelt es sich hauptsächlich um Stoffe,<br />

die über das Material des Leitungsnetzes<br />

an das Wasser abgegeben werden können<br />

wie z. B. Schwermetalle (u. a. Blei, Kupfer,<br />

Nickel), organische Verbindungen wie<br />

Vinylchlorid (PVC-Rohre), Polyzyklische<br />

aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK),<br />

15


Geschäftsbereich I · Fachbereich 31/41<br />

aber auch um Nebenprodukte wie<br />

Trihalogenmethane, die bei Anwendung<br />

bestimmter Desinfektionsverfahren<br />

entstehen können.<br />

Von den insgesamt 270 Probeentnahmestellen<br />

mussten aufgrund von Grenzwertüberschreitungen<br />

an 83 Zapfstellen insgesamt<br />

112 Beanstandungen, hauptsächlich<br />

die Schwermetallparameter Kupfer (45),<br />

Nickel (44), Blei (14), Eisen (7) und<br />

Cadmium (2) betreffend, ausgesprochen<br />

werden. Damit sind insgesamt 58 der<br />

120 beprobten Schulen von Grenzwertüberschreitungen<br />

betroffen. Für die<br />

beanstandeten Parameter Kupfer, Blei<br />

und Nickel sind weitere Untersuchungen<br />

dahingehend geboten, festzustellen, ob<br />

der Grenzwert an den betreffenden<br />

Zapfstellen auch in einer der durchschnittlichen<br />

wöchentlichen Wasseraufnahme<br />

durch den Verbraucher repräsentativen<br />

Probe (Wochenmittelwert)<br />

überschritten wird. ˇ<br />

Wasserprobenahme aus Duschen in Schulturnhallen<br />

Zentrum <strong>für</strong> Infektionsmedizin<br />

(ZID) | Fachbereiche 41 und 42<br />

Fachbereich 41 | Veterinärmedizinische<br />

Untersuchungen<br />

Aus der Vielzahl der bearbeiteten Fragestellungen<br />

soll neben den Untersuchungen<br />

zur aviären Influenza (siehe folgenden<br />

Einzelbericht Vogelinfluenza) auf spezielle<br />

Untersuchungen zur Fledermaustollwut<br />

und Herpesvirusinfektionen beim Wildschwein<br />

eingegangen werden.<br />

Nachdem in den Jahren 2004 und 2005<br />

mehrfach Tollwutinfektionen bei Breitflügelfledermäusen<br />

in Berlin diagnostiziert<br />

wurde, erfolgten bei 200 Tupferproben aus<br />

der Maulhöhle und in vereinzelten Fällen<br />

auch im Urin von dieser Fledermausart virologische<br />

und molekularbiologische Tollwutuntersuchungen.<br />

Die Speicheltupferproben<br />

wurden in Zusammenarbeit mit dem<br />

Naturschutzbund und nach Zustimmung<br />

durch die zuständige Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz<br />

im Winterquartier dieser Tiere genommen.<br />

Die entsprechenden virologischen Untersuchungen<br />

führten bei keinem Tier zum<br />

Nachweis des Fledermaustollwutvirus. Die<br />

molekularbiologischen Überprüfungen<br />

ergaben ebenfalls keinen Hinweis <strong>für</strong> das<br />

Vorhandensein von Tollwut spezifischen<br />

RNA-Sequenzen (Ribonukleinsäure). Diese<br />

Untersuchungen geben einen Hinweis, dass<br />

in der überprüften Gruppe keine latente Tollwutinfektion<br />

vorlag. Sie schließt aber <strong>für</strong> den<br />

Einzelfall eine Tollwutinfektion nicht aus. Hier<br />

müssen u.U. Antikörperbestimmungen im<br />

Blut dieser Tiere weitere Aufschlüsse bringen.<br />

Blut- und Organproben von 223 Wildschweinen<br />

der <strong>Berliner</strong> Jagdstrecke wurden<br />

auf das Vorhandensein von Aujeszkyvirus<br />

bzw. gegen diese Virusinfektion gerichtete<br />

Antikörper überprüft. In dem Blut von<br />

11 Wildschweinen konnten im Serum-<br />

Neutralisationstest Aujeszky-Antikörper<br />

nachgewiesen werden. Das Aujeszkyvirus<br />

konnte aus Untersuchungsmaterial von<br />

3 Wildschweinen isoliert werden. ˇ<br />

Influenza Virus, Elektronenmikroskopie<br />

Influenza-A-Diagnostik in Berlin<br />

Die klassische Geflügelpest, populärwissenschaftlich<br />

auch Vogelgrippe genannt, ist<br />

eine schwer verlaufende Form der aviären<br />

Influenza, die durch Influenzaviren der<br />

Subtypen H5 und H7 verursacht wird.<br />

Das Wassergeflügel bildet ein natürliches<br />

Influenzavirusreservoir mit einer Vielzahl von<br />

niedrig pathogenen Influenza-Virussubtypen.<br />

Im infizierten Wirtschaftsgeflügel können<br />

die niedrig pathogenen Influenza-Viren der<br />

Subtypen H5 und H7 zu einer hoch pathogenen<br />

Form mutieren, die sich dann klinisch als<br />

Geflügelpest zeigt. Infektionen mit anderen<br />

Subtypen bleiben beim Hausgeflügel meist<br />

ohne extreme klinische Auswirkungen. In der<br />

Öffentlichkeit wird die durch das hoch pathogene<br />

H5N1 - Virus vom Typ Asia verursachte<br />

Geflügelpest als Vogelgrippe bezeichnet.<br />

Die Influenzaviren bestehen aus einer<br />

Einzelstrang-RNA (Ribonukleinsäure),<br />

Protein und einer Hülle. In der Virushülle<br />

sind virale Oberflächenproteine eingelagert,<br />

die als Hämagglutinin und Neuraminidase<br />

bezeichnet werden. Die Hämagglutinine<br />

werden z.Zt. von H1 bis H16 und die Neuraminidase<br />

von N1 bis N9 gekennzeichnet.<br />

Hämagglutinine und Neuraminidasen können<br />

in verschiedensten Kombinationen vorkommen.<br />

Das führt zu einer Vielzahl von<br />

16


Fachbereich 41/42 · Geschäftsbereich I<br />

Virussubtypen. Die Erreger der menschlichen<br />

Grippe tragen die Hämagglutinin-<br />

Subtypen 1, 2 oder 3 und die Neuraminidase-Subtypen<br />

1 oder 2. Die großen<br />

Grippezüge des Menschen wurden verursacht<br />

durch H1N1 („Spanische Grippe A“,<br />

1918/19), H2N2 („Asiatische-Grippe A“,<br />

1957/58) und H3N2 („Hongkong Grippe A“,<br />

1968-70), während beim Wildvogel insbesondere<br />

der hochpathogene Influenzavirus A,<br />

Subtyp H5N1 zu beobachten ist.<br />

Nach den ersten Fällen mit diesem Subtyp<br />

beim Wassergeflügel (Schwäne) in Mecklenburg-Vorpommern<br />

auf der Insel Rügen<br />

zu Beginn des Jahres 2006 erfolgte auch in<br />

Berlin eine intensivere Untersuchung der<br />

Vogeltodfunde auf Influenza A-Virus.<br />

Während mit Beginn des Jahres 2006<br />

zunächst alle in Berlin aufgefundenen toten<br />

Vögel (z.B. diverse Wasservogelarten, Singvögel,<br />

Tauben, Greifvögel, Krähenvögel)<br />

auf Influenza A-Virus-Infektionen überprüft<br />

wurden, musste auf Grund der Vielzahl der<br />

Einsendungen die Influenza-<br />

Untersuchung auf die eigentlichen Reservoir-Tiere<br />

begrenzt werden. D.h. es wurden<br />

ab Ende Februar 2006 nur noch die eigentlichen<br />

Risikotiere überprüft mit den Arten:<br />

Schwäne, Blessrallen, Enten, Haubentaucher,<br />

Greifvögel, Krähenvögel. Neben<br />

diesen Risikotieren wurden aufgrund des<br />

Nachweises von Influenza A-Virus-Infektionen<br />

bei Katzen im Zusammenhang<br />

mit dem Geschehen auf Rügen auch in<br />

Berlin vermehrt Säugetiere in das Untersuchungsspektrum<br />

aufgenommen. Hier seien<br />

insbesondere genannt die Katzenartigen,<br />

Groß- und Kleinkatzen aus zoologischen<br />

Gärten, Wildkatzen und der Fuchs.<br />

Untersuchungsmethoden zum Nachweis<br />

von Influenzaviren sind der direkte Nachweis<br />

in respiratorischen Sekreten und/oder<br />

Rachen-Nasen-Abstrichmaterial mittels<br />

immunologischer (ELISA, IFT etc) oder<br />

molekularbiologischer (PCR) Methoden<br />

bzw. die Erregeranzüchtung in Zellkulturen<br />

und serologische Feintypisierung<br />

angezüchteter Virusstämme und Charakterisierung<br />

der Oberflächenglykoproteine<br />

mittels PCR und Sequenzanalyse.<br />

Die diagnostischen Untersuchungen, die im<br />

Institut etabliert wurden, erfolgten bei den<br />

beprobten Risikovögeln mittels Tupferproben<br />

aus der Kloake und dem Rachen, bei<br />

Säugetieren gelangten nur Rachentupfer<br />

zur Untersuchung. Als diagnostisches Mittel<br />

wurden molekularbiologische Methoden<br />

zum Einsatz gebracht, hier insbesondere die<br />

M-PCR. Die M-PCR erfasst insbesondere das<br />

bei allen Influenza A-Viren vorkommende<br />

Matrix-Antigen. Eine positive Reaktion in<br />

dieser PCR hat zur Folge, dass eine Differenzierung<br />

auf die Subtypen H5, H7 und N1<br />

vorgenommen werden muss.<br />

Neben diesen molekularbiologischen Untersuchungsmethoden<br />

wurden vereinzelt auch<br />

Influenza-Viren in der Ei-Kultur angezüchtet<br />

und im Hämagglutinationstest die geerntete<br />

Allantoishöhlenflüssigkeit überprüft.<br />

Wirtschaftsgeflügelbestände wurden aufgrund<br />

der gesetzlichen Vorgaben ebenfalls<br />

auf Anwesenheit von Influenza A-Virus-Antikörper<br />

mittels ELISA-Methoden überprüft.<br />

Insgesamt kamen 2060 Risiko-Tiere, 178 Zoovögel,<br />

121 Heimvögel sowie 169 Säugetiere<br />

zur Untersuchung. Bei einem Risiko-Tier<br />

(Mäusebussard) wurde das hoch pathogene<br />

Influenza-A-Virus vom Subtyp H5N1 diagnostiziert.<br />

Des Weiteren wurden bei neun<br />

Risiko-Tieren niedrig pathogene Influenza<br />

A-Virus-Subtypen festgestellt. Im Einzelnen<br />

Trachealtupferentnahme bei einer Ente<br />

handelt es sich um sechs Blessrallen, zwei<br />

Höckerschwäne sowie eine Stockente.<br />

In den ersten Monaten des Jahres 2007<br />

wurden durchschnittlich pro Monat etwa<br />

20 Wildvögel untersucht. Alle Tiere hatten<br />

keine Influenza-A-Virus-Infektion.<br />

Obwohl der letzte Nachweis von hoch<br />

pathogenem Influenza A-Virus des Subtyps<br />

H5N1 bereits über ein Jahr zurückliegt, muss<br />

man davon ausgehen, dass eine ständige<br />

Gefährdung von Wildvögeln hinsichtlich<br />

der Influenza A-Virus-Infektionen besteht.<br />

Es ist daher weiterhin zwingend notwendig,<br />

die Todfunde von Wasser- oder Greifvögeln,<br />

aber auch Raben- und Hühnervögeln zu<br />

untersuchen. Nur so kann eine sichere<br />

Schutzmaßnahme gegen die Einschleppung<br />

der Influenza A-Virus-Infektion in Hausgeflügelbestände<br />

aufgebaut werden. Dieses<br />

ist dann auch ein Beitrag zum Schutz des<br />

Menschen vor einer Gefährdung mit dem<br />

Influenza-Subtyp H5N1. ˇ<br />

Fachbereich 42 | Humanmikrobiologische<br />

Untersuchungen<br />

Als Ursache von Durchfallgeschehen in<br />

Kindertagesstätten oder Altenheimen<br />

wurde neben den bakteriellen Krankheitserregern<br />

wie Salmonellen, Shigellen und<br />

Campylobacter bei 213 von 454 Stuhlproben<br />

mittels molekularer Diagnostik die<br />

virale RNA von Noroviren – überwiegend<br />

vom Genotyp II und nur zweimal vom<br />

Genotyp I – dargestellt. Sowohl die Zahl der<br />

Untersuchungen als auch die festgestellte<br />

Infektionsrate lag damit im Durchschnitt<br />

vorangegangener Jahre.<br />

Für den Bereich der klinischen Mikrobiologie<br />

wurde die MRSA-Diagnostik (Methicillinresistenter-Staphylococcus<br />

aureus) um den<br />

molekularbiologischen Teil erweitert. Damit<br />

konnte die MRSA-Diagnostik verbessert und<br />

zeitlich stark verkürzt werden.<br />

Die durch Zecken übertragene Borreliose<br />

nimmt auch im <strong>Berliner</strong> Raum eine immer<br />

stärkere Bedeutung ein. Antikörperbestimmungen<br />

erfolgten im Serum von<br />

infizierten Patienten, bei neurologischer<br />

Manifestation auch im Liquor. Die klinische<br />

Diagnose des behandelnden Arztes konnte<br />

durch diese serologischen Untersuchungen<br />

abgesichert werden. ˇ<br />

17


C. Geschäftsbereich II<br />

Fachbereich 51 | Institut<br />

<strong>für</strong> Tropenmedizin<br />

Das Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin ist aus<br />

der 1802 gegründeten „Königlichen<br />

Impfanstalt“ hervorgegangen. Heute<br />

umfasst das Institut eine tropenmedizinische<br />

Ambulanz, eine anonyme<br />

HIV-Beratungsstelle, eine reisemedizinische<br />

Ambulanz mit Außenstellen ebenfalls<br />

in Berlin, ein Labor mit parasitologischem<br />

Schwerpunkt sowie Forschungsund<br />

Lehrbereiche. Darüber hinaus hat das<br />

Institut <strong>für</strong> die <strong>Berliner</strong> Bevölkerung im Auftrag<br />

der Senatsverwaltung <strong>für</strong> Gesundheit,<br />

Umwelt und Verbraucherschutz <strong>Aufgaben</strong><br />

im Bereich des infektionsmedizinischen<br />

Katastrophenschutzes.<br />

Durch einen Kooperationsvertrag ist das<br />

Institut mit der Charité Universitätsmedizin<br />

Berlin (Humboldt Universität und<br />

Freie Universität Berlin) verbunden.<br />

In dieser Kooperation erfolgen Forschung<br />

und Lehre.<br />

Der Schwerpunkt der wissenschaftlichen<br />

Arbeit liegt auf den Gebieten Malaria,<br />

HIV/AIDS sowie Nebenwirkungen von<br />

Impfungen. Feldforschung zur Malaria wird<br />

vorwiegend in der Außenstation in Ghana,<br />

Forschung zu HIV/AIDS in Ostafrika durchgeführt.<br />

Im Bereich der medizinischen Entwicklungszusammenarbeit<br />

ist das Institut<br />

beratend tätig und führt im Auftrag des<br />

Bundesministeriums <strong>für</strong> wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit (BMZ) verschiedene<br />

Projekte, insbesondere zur HIV/AIDS-<br />

Prävention und -Therapie in Afrika durch.<br />

Alle wissenschaftlichen Projekte werden<br />

aus Drittmitteln finanziert.<br />

Für Postgraduierte führt das Institut den<br />

„Diplomkurs Tropenmedizin und Public<br />

Health“ und den Master-Studiengang<br />

„International Health“ durch. Dieser<br />

Studiengang ist Bestandteil des international<br />

ausgerichteten Lehrangebots der<br />

Charité. Daneben bestehen verschiedene<br />

Lehrangebote <strong>für</strong> Studenten und ein<br />

Fortbildungsangebot <strong>für</strong> Ärzte in Berlin<br />

und Brandenburg (Kurse in Reise- und<br />

Tropenmedizin, Impfzertifikatkurse).<br />

Im Jahr 2006 wurde der langjährige<br />

Direktor des Instituts, Prof. Dr. Ulrich Bienzle,<br />

emeritiert. Die Institutsleitung übernahm<br />

Prof. Dr. Gundel Harms-Zwingenberger, die<br />

ebenso wie Prof. Bienzle in Personalunion<br />

den Lehrstuhl <strong>für</strong> Tropenmedizin an der<br />

Charité vertritt. Ihr Ziel ist es, den Bereich<br />

International Health in Forschung und<br />

Lehre weiter auszubauen. ˇ<br />

Das Wirken von<br />

Prof. Dr. Ulrich Bienzle<br />

Prof. Bienzle kam 1982 vom Bernhard-Nocht-<br />

Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin aus Hamburg<br />

in die damalige Landesimpfanstalt in der<br />

Ansbacher Straße in Berlin-Schöneberg.<br />

Diese Impfanstalt mit etwa 12 Mitarbeitern<br />

bestand aus einer Dauerimpfstelle<br />

mit einem Aufkommen von etwa 8000<br />

Impfungen und einer tropenmedizinischen<br />

Beratungsstelle. Ein Jahr später, nach dem<br />

Umzug in die Königin-Elisabeth-Straße in<br />

Charlottenburg übernahm Prof. Bienzle die<br />

Leitung der inzwischen in „Landesinstitut <strong>für</strong><br />

Tropenmedizin“ umbenannten Institution.<br />

Mit großer Beharrlichkeit verfolgte er<br />

eine Neustrukturierung in zunächst drei<br />

Abteilungen, eine tropenmedizinische<br />

Ambulanz, einen Laborbereich und<br />

einen Impfbereich.<br />

Seit 1982 wurden auf seine Initiative<br />

Untersuchungen homosexueller Männer<br />

auf Darmparasiten, vor allem auf Amöben<br />

begonnen. Anlass waren Berichte aus den<br />

USA über ein vermehrtes Vorkommen<br />

solcher Parasiten in diesem Personenkreis.<br />

Als 1982 aus den USA die ersten Meldungen<br />

über eine zunächst bei homosexuellen<br />

Männern auftretende Krankheit - später<br />

AIDS genannt - erschienen, war eine<br />

Kohortenstudie in dieser Hauptbetroffenengruppe<br />

von Prof. Bienzle bereits aufgebaut<br />

und wurde auf Symptome der neuen<br />

Krankheit untersucht. Immunologische<br />

Untersuchungen zum Lymphadenopathie-<br />

Syndrom erfolgten in Zusammenarbeit mit<br />

der Universität Erlangen und erste Bestimmungen<br />

der Lymphozytensubpopulationen<br />

an der Universität Göttingen.<br />

Bereits 1984 organisierte Prof. Bienzle in<br />

Berlin zusammen mit dem damaligen<br />

Senator <strong>für</strong> Gesundheit Ulf Fink einen der<br />

ersten deutschen AIDS Kongresse.<br />

Ungewöhnlich war, dass die AIDS-Selbsthilfe<br />

Organisationen auf diesem wissenschaftlichen<br />

Kongress vertreten und<br />

beteiligt waren. Es lag dann nahe, dass die<br />

AIDS Task Force der <strong>Berliner</strong> Senatsgesundheitsverwaltung<br />

1985 unter Leitung von<br />

Prof. Bienzle am Landesinstitut <strong>für</strong> Tropenmedizin<br />

eingerichtet wurde. Diese AIDS<br />

Task Force und ihr Leiter übernahmen eine<br />

Führungsrolle über Berlin hinaus und rückten<br />

das Institut ins öffentliche Interesse. Es<br />

folgte die Einrichtung einer anonymen und<br />

kostenlosen HIV-Beratungs- und Teststelle<br />

am Institut. Zu diesem Zeitpunkt war jeder<br />

Dritte, der sich hier testen ließ, HIV-positiv.<br />

Entscheidend waren aber nicht nur sein<br />

frühes Erkennen und Reagieren auf diese<br />

neue Problematik, sondern seine Vorstellungen<br />

zum Umgang mit HIV-Infizierten<br />

der Hauptbetroffenengruppen. Modellhafte<br />

Ansätze, die später vielfach kopiert<br />

wurden, waren u. a. das Streetworker<br />

Projekt, in dem Hauptbetroffenengruppen<br />

auch nachts auf der Straße und in<br />

Gaststätten aufgesucht wurden, die<br />

Zusammenarbeit mit der Prostituiertenorganisation<br />

Hydra, die Sprechstunden am<br />

Prof. Dr. Bienzle bei der Feldarbeit in Gabun<br />

18


Fachbereich 51 · Geschäftsbereich II<br />

Standort Spandauer Damm<br />

Institut abhielt, die Zusammenarbeit mit<br />

der Drogentherapieeinrichtung Synanon,<br />

sowie das Schoolworker-Programm, in dem<br />

80 junge Lehrer und Ärzte in den Schulen<br />

AIDS-Aufklärungsmaßnahmen durchführten.<br />

Prof. Bienzle lehrte zunächst an der Freien<br />

Universität Berlin (FU). Die Ringvorlesung<br />

„Gesundheit und Krankheit in der Dritten<br />

Welt“ wurde später eine gemeinsame<br />

Vorlesungsreihe von FU und Humboldt-<br />

Universität (HU). 1984 fand der erste Kurs<br />

„Medizin in Entwicklungsländern“ am<br />

Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin statt. Es folgten<br />

der 3-monatige Reintegrationskurs <strong>für</strong><br />

Ausländer, die in Deutschland studiert<br />

hatten und der Vorbereitungskurs <strong>für</strong> die<br />

Mitarbeiter des Deutschen Entwicklungsdienstes.<br />

Hieraus entstand schließlich der<br />

„Diplomkurs Tropenmedizin und Public<br />

Health“, der 1994 von der Ärztekammer<br />

Berlin anerkannt wurde. Dieses Diplom<br />

ist Voraussetzung <strong>für</strong> die Anerkennung<br />

der Zusatzbezeichnung Tropenmedizin.<br />

Hiermit hatte Prof. Bienzle einen weiteren<br />

entscheidenden Schritt getan, nämlich die<br />

offizielle Etablierung des Instituts in der<br />

tropenmedizinischen Ausbildung.<br />

1998 entstand während eines Treffens<br />

der Direktoren der europäischen Tropeninstitute<br />

die Idee zu einem neuen<br />

Ausbildungsgang, der letztlich der<br />

Masterstudiengang International Health<br />

werden sollte. Prof. Bienzle setzte die<br />

Idee um, auch wenn es Jahre dauerte, bis<br />

die administrativen Verfahren <strong>für</strong> diesen<br />

Studiengang in den verschiedenen Teilnahmeländern<br />

gelöst waren.<br />

Der Anschluss des Instituts an die Universität<br />

war sein erklärtes Ziel. 1997 wurde<br />

der Kooperationsvertrag mit der Charité<br />

geschlossen und eine C4-Stiftungsprofessur<br />

<strong>für</strong> Tropenmedizin eingerichtet,<br />

die Prof. Bienzle in Personalunion mit der<br />

Leitung des Instituts übernahm.<br />

Der Forschungsbereich von Prof. Bienzle<br />

war breit und umfasste Hämoglobinopathien,<br />

mit denen er sich vor allem in seiner<br />

Zeit in Nigeria 1970-1972 beschäftigte,<br />

Leishmaniosen, Schistosomiasis, Helminthiasen,<br />

HIV/AIDS, Hepatitiden und<br />

Impfungen, wobei er sich in den letzten<br />

Jahren intensiv mit Impfungen bei Organtransplantierten<br />

beschäftigte.<br />

Vor allem aber stand Malaria in Afrika im<br />

Mittelpunkt seiner Forschungsaktivitäten.<br />

1994 übernahm Prof. Bienzle auf Anfrage<br />

der Albert Schweitzer Gesellschaft die<br />

Feldstation Lambarene in Gabun, überließ<br />

sie aber später einem Mitarbeiter nach<br />

dessen Berufung nach Tübingen. 1997<br />

entstanden auf seine Initiative neue<br />

Feldstationen in Ghana, aus denen sich<br />

das Northern Region Malaria Project<br />

entwickelte. In diesem Projekt mit dem<br />

Schwerpunkt Therapie, Epidemiologie und<br />

Genetik der Malaria sind zeitweise mehr<br />

als 20 Mitarbeiter tätig. Allein in Ghana<br />

wurden in den unterschiedlichen Studien<br />

seit 1998 rund 10.000 Patienten und Probanden<br />

untersucht und 45.000 Einzeluntersuchungen<br />

durchgeführt.<br />

Prof. Bienzle hat etwa 250 Arbeiten in<br />

peer reviewed Journals veröffentlicht,<br />

etwa 30 Kapitel in deutschen tropenmedizinischen<br />

Standardwerken und internationalen<br />

Lehrbüchern sowie zahlreiche<br />

weitere Artikel und Beiträge verfasst.<br />

Allein aus der Arbeit in Ghana entstanden<br />

in den letzten 5 Jahren 30 internationale<br />

Publikationen. Drittmittel wurden u.a. über<br />

die Weltgesundheitsorganisation (WHO),<br />

Europäische Union, Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />

(DFG), Volkswagenstiftung,<br />

Sonnenfeldstiftung, den Deutschen Akademischen<br />

Austausch Dienst (DAAD)<br />

und das Bundesministerium <strong>für</strong> Bildung<br />

und Forschung (BMBF) eingeworben.<br />

In Berlin haben sich 7 Mitarbeiter bei<br />

ihm habilitiert und 40 Doktoranden<br />

haben am Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin<br />

bei ihm promoviert. Er war viele Jahre<br />

im Vorstand der Deutschen Tropenmedizinischen<br />

Gesellschaft tätig und richtete<br />

eine Reihe von Kongressen, Tagungen<br />

und anderen Veranstaltungen aus.<br />

Prof. Bienzle erhielt 2005 das Bundesverdienstkreuz<br />

1. Klasse.<br />

Die Entwicklung zum heutigen Institut<br />

<strong>für</strong> Tropenmedizin ist maßgeblich<br />

auf seine Voraussicht, Kreativität,<br />

Offenheit <strong>für</strong> Innovatives und die Gabe,<br />

Gelegenheiten zu erkennen und in oft<br />

unkonventioneller Art zu reagieren,<br />

zurückzuführen. Er bleibt auch nach<br />

der Emeritierung vor allem in den<br />

Forschungsbereich Malaria des Instituts<br />

weiter eingebunden.<br />

Tropenmedizinische Ambulanz<br />

In der tropenmedizinischen Ambulanz<br />

stellen sich Patienten vor, die mit gesundheitlichen<br />

Problemen von Aufenthalten in<br />

tropischen oder subtropischen Regionen<br />

zurückgekehrt sind. Häufig besteht der<br />

Verdacht auf eine importierte Infektionskrankheit<br />

wie Malaria, Bilharziose,<br />

Leishmaniose, Dengue-Fieber, Chikungunya-Fieber<br />

oder auf eine parasitäre oder<br />

bakterielle Darminfektion.<br />

Nicht nur Reiserückkehrer suchen in der<br />

tropenmedizinischen Ambulanz medizinische<br />

Hilfe, sondern auch Menschen, die<br />

beruflich im Ausland tätig sind, wie Entwicklungshelfer,<br />

Diplomaten, Journalisten,<br />

Geschäftsleute und Bundeswehrangehörige.<br />

Auch eine große Anzahl Immigranten<br />

aus tropischen Ländern werden in der<br />

Ambulanz untersucht und behandelt.<br />

19


Geschäftsbereich II · Fachbereich 51<br />

Anmeldung in der Tropenmedizinischen Ambulanz<br />

Leistungszahlen der<br />

Tropenmedizinischen Ambulanz 2004-2006<br />

2004 2005 2006<br />

Tropenmedizinische<br />

Konsultationen gesamt 7163 7310 7439<br />

davon<br />

Erstvorstellungen 2733 3092 3105<br />

Berufsgenossenschaftliche<br />

Untersuchungen gesamt 202 265 396<br />

davon<br />

Tropentauglichkeitsuntersuchungen<br />

168 205 283<br />

Rückkehreruntersuchungen 34 60 113<br />

Die tropenmedizinische Ambulanz verfügt<br />

über die Zulassung <strong>für</strong> alle Krankenkassen im<br />

Rahmen eines Institutsvertrags. Die Ambulanz<br />

verzeichnete im Jahre 2006 insgesamt<br />

rund 7500 Patientenkontakte. Die Patientenzahlen<br />

sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich<br />

angestiegen, gegenüber Vergleichszahlen<br />

von 2003 um über 20%.<br />

Die tropenmedizinische Ambulanz ist darüber<br />

hinaus ermächtigt, Tropentauglichkeitsuntersuchungen<br />

nach berufsgenossenschaftlichen<br />

Grundsätzen durchzuführen. Diese gewinnen<br />

durch die vermehrte Expansion deutscher<br />

Firmen ins außereuropäische Ausland,<br />

insbesondere nach Fernost, zunehmend<br />

an Bedeutung. Arbeitnehmer, <strong>für</strong> die ein<br />

Auslandseinsatz vorgesehen ist, werden in<br />

der Ambulanz gezielt auf die medizinischen<br />

Risiken des Ziellandes vorbereitet. Knapp 300<br />

Tropentauglichkeitsuntersuchungen wurden<br />

2006 im Institut durchgeführt.<br />

Täglich erreichen die Ambulanzärzte zudem<br />

zahlreiche Anrufe und E-mails von niedergelassenen<br />

oder im Krankenhaus tätigen<br />

ärztlichen Kollegen, sowie von besorgten<br />

Bürgern aus dem In- und Ausland, die kompetenten<br />

Rat in tropenmedizinischen oder<br />

infektiologischen Fragestellungen suchen.<br />

Anonyme HIV-Beratungsstelle<br />

In der Beratungsstelle werden anonyme<br />

HIV-Beratungen und -Testungen durchgeführt.<br />

Jährlich nahmen in den letzten<br />

Jahren rund 1.500 Menschen diesen<br />

Service wahr.<br />

Reisemedizinische Ambulanz<br />

Das Institut berät in großem Umfang<br />

Kurz- und Langzeitreisende zu den erforderlichen<br />

Vorsichts- und Präventionsmaßnahmen<br />

und führt alle reisemedizinisch<br />

relevanten und erforderlichen Impfungen<br />

durch. Seit vielen Jahren ist das Institut als<br />

offizielle Gelbfieberimpfstelle registriert.<br />

Es handelt sich mit Abstand um die<br />

größte reisemedizinische Ambulanz in<br />

Deutschland und die größte Einrichtung<br />

dieser Art in Europa.<br />

Aufgrund der großen Nachfrage wurden<br />

in der Zweigstelle in Berlin-Steglitz am<br />

01.04.2006 zusätzlich Samstagssprechstunden<br />

eingeführt. Die Besucherzahlen in<br />

der <strong>Zentrale</strong> in Charlottenburg sind erwartungsgemäß<br />

zugunsten dieser attraktiven<br />

Außenstelle zurückgegangen. Die Außenstelle<br />

in Hellersdorf musste leider zum<br />

30.06.2006 aufgrund behördlicher Auflagen<br />

geschlossen werden. Die aus diesem<br />

Grund schon frühzeitig am 03.04.2006 in<br />

den HELIOS Kliniken in Berlin-Buch neu<br />

eröffnete Außenstelle konnte jedoch den<br />

durch die Schließung der Außenstelle<br />

Hellersdorf eintretenden Besucherrückgang<br />

wieder teilweise auffangen.<br />

Erwartungsgemäß haben die <strong>Berliner</strong><br />

aufgrund der Fußballweltmeisterschaft<br />

2006 in Deutschland besonders in der<br />

ersten Jahreshälfte weniger Fernreisen<br />

unternommen, was sich auch in den<br />

Leistungszahlen widerspiegelt, die im<br />

Vergleich zu 2005 etwas rückläufig waren.<br />

Reisemedizinische Leistungszahlen 2006 (2005)<br />

In den Gesamteinnahmen machte sich dies<br />

jedoch nicht bemerkbar, sodass die Reisemedizinische<br />

Ambulanz insgesamt auf ein<br />

wirtschaftlich sehr erfolgreiches Jahr 2006<br />

zurückblicken kann.<br />

Auch im Bereich der reisemedizinischen<br />

Fort- und Weiterbildung war das Institut<br />

<strong>für</strong> Tropenmedizin im Jahr 2006 wieder<br />

sehr engagiert und aktiv an der Durchführung<br />

zahlreicher Fortbildungsveranstaltungen<br />

in Berlin beteiligt (z. B. beim<br />

7. Forum Reisen und Gesundheit auf der<br />

Internationalen Tourismus-Börse 2006<br />

(ITB) oder dem <strong>Berliner</strong> Tag der Reise- und<br />

Impfmedizin 2006). Die Zusammenarbeit<br />

mit der Kaiserin-Friedrich-Stiftung <strong>für</strong> ärztliche<br />

Fortbildung und der Ärztekammer<br />

Berlin hat sich 2006 sehr erfolgreich<br />

gestaltet. So wurde das Institut von der<br />

Ärztekammer mit der wissenschaftlichen<br />

Leitung der Fortbildungsreihe Reise- und<br />

Tropenmedizin im Rahmen der fachspezifischen<br />

Fortbildung Innere Medizin <strong>für</strong> das<br />

Wintersemester 2006/2007 betraut.<br />

Das Institut bietet seit Jahren kostenpflichtig<br />

einen schriftlichen individuellen reisemedizinischen<br />

Beratungsservice <strong>für</strong> Fernreisende an.<br />

Die reisemedizinische Ambulanz ist auch an<br />

der Entwicklung reisemedizinischer Informationsquellen<br />

beteiligt (u. a. wöchentliche<br />

Erstellung von reisemedizinisch relevanten<br />

Neuigkeiten zum infektiologischen Geschehen<br />

in der Welt; seit 2006 ist das Institut<br />

Herausgeber eines reisemedizinischen Handbuches<br />

<strong>für</strong> Ärzte und Apotheker).<br />

Das Institut ist auch erste Anlaufstelle bei<br />

reise- und tropenmedizinische Fragen von<br />

besorgten Bürgern, zum Beispiel nach entsprechenden<br />

Berichterstattungen in den<br />

Medien. Auch 2006 waren Vertreter des<br />

Instituts auf Pressekonferenzen aktiv und<br />

gaben zahlreiche Interviews <strong>für</strong> Fernsehen,<br />

Hörfunk und Printmedien.<br />

Beratungsstelle Beratungsstellen Beratungsstelle<br />

Charlottenburg Hellersdorf + Buch Steglitz Gesamt<br />

(2005 nur Hellersdorf)<br />

Personen 14.275 (17.007) 1.913 (2.659) 7.073 (5.872) 23.261 (25.538)<br />

Impfungen 20.494 (23.967) 2.758 (3.448) 10.174 (8.340) 33.426 (35.755)<br />

Gelbfieberimpfungen 2.761 (4.849) 602 (740) 1.531 (1.088) 4.894 (6.677)<br />

20


Fachbereich 51 · Geschäftsbereich II<br />

Eingangsbereich in der <strong>Zentrale</strong> am Spandauer Damm<br />

Tollwutsprechstunde<br />

Die Tollwutsprechstunde des Landes<br />

Berlin ist am Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin<br />

angesiedelt. Die Einrichtung verfügt über<br />

eine allgemeine Kassenzulassung <strong>für</strong> diesen<br />

Bereich. Betroffenen Patienten werden<br />

ohne Terminabsprache an allen Werktagen,<br />

Wochenenden und Feiertagen eine<br />

Beratung und Behandlung angeboten.<br />

Ebenso findet eine telefonische Beratung<br />

von Ärzten statt.<br />

Auch wenn Berlin seit Jahren terrestrisch<br />

als tollwutfrei eingestuft wird, ist der<br />

Fortbestand der Tollwutsprechstunde<br />

erforderlich. Einerseits handelt es sich bei<br />

den vorstellig werdenden Patienten um<br />

Reisende, die im In- oder Ausland Kontakt<br />

zu einem tollwutverdächtigen Tier hatten,<br />

andererseits besteht nach wie vor auch<br />

in Berlin durch den illegalen Import von<br />

Tieren aus Tollwutendemiegebieten oder<br />

aufgrund der regelmäßig auftretenden<br />

Fledermaustollwut ein Risiko. Immerhin<br />

stammten von den 44 seit Beginn des<br />

Jahres 2005 bis Mitte 2006 in Europa nachweislich<br />

infizierten Fledermäusen 21 aus<br />

Deutschland, davon 5 aus Berlin.<br />

Diese epidemiologisch etwas undurchsichtige<br />

Tollwutsituation in Berlin hat zum<br />

Ergebnis, dass die meisten Erste-Hilfe-<br />

Stellen in den <strong>Berliner</strong> Krankenhäusern<br />

ihre Patienten nach der Erstversorgung<br />

lieber zu den Tollwutexperten in das<br />

Institut schicken, damit eine Tollwutberatung<br />

durchgeführt und bei gegebener<br />

Indikation gleich eine Behandlung dieser<br />

potentiell lebensbedrohlichen Krankheit<br />

eingeleitet werden kann. 2006 wurden im<br />

Institut 967 (2005: 1.071) Tollwut-Erstberatungen<br />

durchgeführt. In etwa 10 % der<br />

Fälle war eine post-expositionelle Tollwutbehandlung<br />

dringend erforderlich.<br />

Vorbereitungen und Maßnahmen<br />

zur Seuchenbekämpfung nach<br />

bioterroristischen Anschlägen<br />

In den vergangenen Jahren wurde ein<br />

Bund-Länder-Rahmenkonzept zu den<br />

notwendigen fachlichen Vorbereitungen<br />

und Maßnahmen zur Seuchenbekämpfung<br />

nach bioterroristischen Anschlägen - Teil<br />

Pocken - erarbeitet. Die da<strong>für</strong> notwendigen<br />

<strong>Aufgaben</strong> bei der Durchführung<br />

von Impfungen und anderer Schutz- und<br />

Einsatzmaßnahmen werden fortlaufend<br />

im <strong>Berliner</strong> Rahmenplan Bioterrorismus<br />

festgeschrieben. Dieser sieht das Institut<br />

<strong>für</strong> Tropenmedizin Berlin als primäre Impfstelle<br />

<strong>für</strong> den Fall einer erneuten Pockenimpfung<br />

vor.<br />

Des Weiteren müssen frühzeitig die<br />

fachlichen Voraussetzungen <strong>für</strong> das medizinische<br />

Personal in den <strong>für</strong> den Notfall<br />

geplanten 136 Impfstellen Berlins geschaffen<br />

werden. In diesem Zusammenhang<br />

ist ein Mitarbeiter des Instituts seit 2003<br />

Mitglied der Arbeitsgruppe „Biologische<br />

Gefahren“ der Senatsverwaltung Gesundheit,<br />

Umwelt und Verbraucherschutz.<br />

Das gemäß <strong>Berliner</strong> Rahmenplan von der<br />

Arbeitsgruppe entwickelte Ausbildungsprogramm<br />

im Zusammenhang mit dem<br />

Thema Pocken wurde 2004 und 2005 in<br />

zahlreichen Fortbildungsveranstaltungen<br />

<strong>für</strong> medizinisches Fachpersonal umgesetzt.<br />

Diagnostisches Labor<br />

Das Arbeitsspektrum des Labors umfasst<br />

mikrobiologische und laborchemische<br />

Untersuchungen zur Diagnostik reiseassoziierter<br />

und importierter Erkrankungen, die<br />

Beratung von Ärzten und diagnostischen<br />

Einrichtungen in Bezug auf tropenmedizinische<br />

Diagnostik, die Herstellung<br />

serologischer Testsysteme <strong>für</strong> seltene Parasitosen,<br />

die Evaluation von kommerziellen<br />

Testsystemen im tropenmedizinischen<br />

Bereich und die Ausbildung von Ärzten,<br />

Medizinisch Technischen Assistentinnen<br />

und Medizinstudenten im Rahmen von<br />

Praktika.<br />

Arbeit am Videomikroskop<br />

2006 wurden etwa 9.000 laborchemische<br />

und hämatologische Untersuchungen<br />

durchgeführt. Ein Teil der Untersuchungen<br />

erfolgt patientennah, was eine schnellere<br />

und effizientere Versorgung der Patienten<br />

ermöglicht.<br />

Die mikrobiologischen und serologischen<br />

Nachweisverfahren umfassen sämtliche<br />

relevanten Erreger von Tropenerkrankungen<br />

mit einem Schwerpunkt im parasitologischen<br />

Bereich. Ein großer Teil der mikrobiologischen<br />

Untersuchungen basiert auf<br />

mikroskopischen Methoden, bei denen es<br />

21


Geschäftsbereich II · Fachbereich 51<br />

eigenen Tropenmedizinischen Ambulanz<br />

und von Einsendungen aus Deutschland<br />

und dem Ausland. Zum Einsenderkreis<br />

gehören auch Unternehmen wie die<br />

Lufthansa und Organisationen wie das<br />

Auswärtige Amt.<br />

44.000 Einzelkontakten untersucht und<br />

medizinisch versorgt. Im Rahmen dieser<br />

Studien wurden bzw. werden 30 Doktorarbeiten<br />

erstellt, 16 davon in Ghana; vier<br />

afrikanische Gastwissenschaftler wurden<br />

in Berlin betreut.<br />

Forschung<br />

Plasmodium malariae, Schizont im Blut eines<br />

Patienten der Tropenmedizinischen Ambulanz<br />

Der Forschungs- und Lehrbereich des<br />

Instituts <strong>für</strong> Tropenmedizin ist in die<br />

Charité eingebunden.<br />

besonders auf die Erfahrung des Untersuchers<br />

ankommt. Die meisten dieser Tests<br />

werden sofort nach Probenabnahme fertig<br />

gestellt, um eine adäquate Versorgung der<br />

z. T. bedrohlichen Infektionen wie Malaria<br />

zu gewährleisten. Ein weiterer Schwerpunkt<br />

liegt in der molekularbiologischen<br />

Speziesdiagnostik von Leishmanien, Amöben,<br />

Mikrosporidien und Plasmodien, die<br />

nur an wenigen Instituten in Deutschland<br />

möglich ist. Des Weiteren verfügt das<br />

Labor über verschiedene Verfahren zur<br />

Konzentration und Anzucht seltener Parasiten.<br />

Die serologischen Untersuchungen<br />

basieren zum großen Teil auf selbst entwickelten<br />

Testsystemen, da aufgrund der<br />

Seltenheit mancher Erreger kommerzielle<br />

Tests oft nicht verfügbar sind.<br />

Die Anzahl der speziellen diagnostischen<br />

Untersuchungen betrug 2006 etwa<br />

32.500 und setzte damit den ansteigenden<br />

Trend der letzten Jahre fort; so wurden im<br />

Vergleich zu 2003 ca. 60 % mehr Untersuchungen<br />

durchgeführt. Allein durch<br />

Direktnachweise konnten 2006 fast 800<br />

parasitäre Erkrankungen diagnostiziert<br />

werden. Die zu untersuchenden<br />

Proben stammen von Patienten der<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Die Forschungsgruppe Malaria besteht<br />

seit 1997 und führt klinisch-epidemiologische<br />

Studien zur Malaria in den<br />

Endemiegebieten durch. Mit seinen<br />

Forschungsposten in Ghana sowie<br />

Kooperationen mit anderen Partnern<br />

in Afrika besteht eine enger Kontakt<br />

zu den komplexen Aspekten dieser<br />

wichtigsten parasitären Infektionskrankheit<br />

des Menschen. Das Arbeitsgebiet<br />

umfasst den Einfluss von genetischen<br />

Variationen auf Infektionsanfälligkeit<br />

und Manifestation der Malaria, Therapiestudien<br />

und Resistenzmarker sowie die<br />

Schwangerschafts-Malaria. Die Durchführung<br />

der Projekte wird durch WHO,<br />

BMBF, DFG, DAAD, Charité sowie diverse<br />

Stiftungen finanziert.<br />

Feldstudien zur Malaria werden seit 1998<br />

in zwei Forschungsposten in Nord- und<br />

Südghana durchgeführt. Neben dem Aufund<br />

Ausbau notwendiger Infrastruktur<br />

stehen dabei die Aus- und Weiterbildung<br />

lokalen Personals (bis zu 25 lokale Mitarbeiter)<br />

sowie der Technologietransfer<br />

zu akademischen Kooperationspartnern<br />

am Beginn der jeweiligen Projekte. Insgesamt<br />

wurden seit 1998 in 12 einzelnen<br />

Studien 10.000 Patienten/Probanden mit<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Feldstudie in Ghana: Transportprobleme<br />

In Afrika gesammelte Patientenproben<br />

werden in Berlin vorwiegend molekularbiologisch<br />

untersucht. Dabei spielt die<br />

Etablierung neuer und die Weiterentwicklung<br />

bestehender Verfahren eine<br />

entscheidende Rolle. Aktuelle Projekte<br />

beinhalten Untersuchungen zur Verträglichkeit<br />

von Amodiaquin-Artesunat<br />

und zur Wirksamkeit intermittierender,<br />

präventiver Malaria-Therapie bei afrikanischen<br />

Kindern sowie Grundlagenarbeiten<br />

zur Immunantwort bei der<br />

Malaria in der Schwangerschaft. Die<br />

Tätigkeit der Arbeitsgruppe spiegelt<br />

sich in über 50 wissenschaftlichen<br />

Publikationen wider.<br />

Der Schwerpunkt der Forschungsgruppe<br />

HIV/AIDS liegt in der Prävention und<br />

Therapie von HIV/AIDS in Afrika. Unter<br />

anderem führt das Institut im Auftrag<br />

der Bundesregierung ein Projekt zur<br />

Verminderung der Mutter-Kind Übertragung<br />

von HIV in Kenia, Tansania und<br />

Uganda durch. Der Aufbau der Infrastruktur<br />

<strong>für</strong> diese Maßnahmen erfolgte<br />

seit 2001. In mehr als 50 Gesundheitseinrichtungen<br />

in Ostafrika wurden<br />

Präventionsprogramme zur Mutter-Kind<br />

Übertragung von HIV etabliert und über<br />

130.000 Mütter versorgt. Zusammenarbeit<br />

besteht mit internationalen Institutionen<br />

oder auch dem Robert Koch<br />

Institut, mit dem Fragestellungen zur<br />

Resistenzbildung nach antiretroviraler<br />

Prophylaxe etwa im Blut und der Brustmilch<br />

HIV-infizierter Mütter und Kinder<br />

untersucht werden.<br />

22


Fachbereich 51/53 · Geschäftsbereich II<br />

Das Curriculum des Grundstudiums, das in<br />

Berlin als DTMPH - Kurs (Diploma in Tropical<br />

Medicine and Public Health) durchgeführt<br />

wird, ist im Rahmen des tropEd<br />

Netzwerkes europaweit vereinheitlicht.<br />

Die verfügbaren Studienplätze werden von<br />

Europäern und Interessenten aus Übersee<br />

stark nachgefragt. Die Anzahl der Anfragen<br />

und die Zahl qualifizierter Bewerbungen<br />

aus Europa und Übersee stiegen in den<br />

letzten Jahren weiter stark an. ˇ<br />

Mutter-Kind Klinik in Migori, Kenia<br />

Lehre<br />

Das Institut führt Lehrveranstaltungen<br />

<strong>für</strong> Postgraduierte und Studenten durch.<br />

Neben Vorlesungsreihen gehören dazu ein<br />

„Seminar Tropenmedizin und International<br />

Health“, in dem die Studenten nach einem<br />

Intensivkurs in klinischer Tropenmedizin<br />

und Gesundheitsmanagement anschließend<br />

einen 4-wöchigen praktischen Aufenthalt<br />

in einer Gesundheitseinrichtung in<br />

einem Land der Dritten Welt absolvieren.<br />

Teilnehmer des Masterkurses 2006<br />

Statistik zum<br />

Masterstudiengang 2006<br />

Übersee Europa Gesamt<br />

Anfragen 703 118 821<br />

Qualifizierte<br />

Bewerbungen 189 51 240<br />

Zulassungen 59 45 104<br />

Einschreibungen 32 27 59<br />

Der Masterstudiengang International<br />

Health der Charité wird seit 1999 vom<br />

Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin durchgeführt.<br />

Der Studiengang ist eingebunden in das<br />

europäische tropEd Netzwerk<br />

(European Network for Education in<br />

International Health). Das Leitbild<br />

dieses Netzwerkes und damit des<br />

Studiengangs ist die weltweite Verbesserung<br />

der Gesundheitsversorgung<br />

benachteiligter Bevölkerungsgruppen.<br />

Die Studierenden bereiten sich auf Führungsaufgaben<br />

im Bereich International<br />

Public Health vor und sollen sich bereits<br />

während des Studiums an mehreren<br />

internationalen Hochschulen mit den<br />

verschiedenen Aspekten des Faches<br />

vertraut machen.<br />

Im Rahmen des tropEd Netzwerks gibt<br />

es derzeit neun sog. „home institutions“,<br />

in denen das Studium mit dem Grundstudium<br />

(core course) begonnen werden<br />

kann. Nach erfolgreichem Abschluss des<br />

Grundstudiums können die Studierenden<br />

an 23 weiteren europäischen und<br />

3 außereuropäischen Universitäten weiterführende<br />

Kurse und Module belegen.<br />

Schließlich verfassen die Studierenden<br />

an der Charité ihre Abschlussarbeit und<br />

legen das Abschluss-Kolloquium ab.<br />

Die Studienzeiten an den Partnerinstitutionen<br />

werden nach ECTS - Richtlinien<br />

(European Credit Transfer System)<br />

anerkannt, alle Kurse und Module unterliegen<br />

der umfassenden und kontinuierlichen<br />

Qualitätskontrolle durch das<br />

tropEd Netzwerk.<br />

Fachbereich 53 | Klinisches Labor<br />

im Unfallkrankenhaus Berlin<br />

Das Labor im Unfallkrankenhaus Berlin<br />

(ukb) wird seit der Eröffnung am 3. September<br />

1997 durch den BBGes betrieben.<br />

Die fachliche Präsenz des Labors vor Ort<br />

entspricht den Notwendigkeiten eines<br />

nach modernsten Gesichtspunkten konzipierten<br />

Krankenhauses der Maximalversorgung<br />

und eines Unfallkrankenhauses.<br />

Die Effektivität des Labors ist durch<br />

hochleistungsfähige Laborautomaten<br />

sowie eine moderne Labor-EDV gegeben,<br />

womit die notwendigen Voraussetzungen<br />

geschaffen wurden, auch <strong>für</strong> medizinischen<br />

Einrichtungen des Landes Berlin<br />

kostengünstig Laboruntersuchungen<br />

durchzuführen. Bisher machen davon die<br />

Landesämter <strong>für</strong> Gesundheit und Soziales<br />

sowie <strong>für</strong> Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz<br />

und technische Sicherheit und die<br />

Krankenhäuser des Maßregelvollzugs und<br />

der <strong>Berliner</strong> Vollzugsanstalten Gebrauch.<br />

Die Ergebnisse der als Notfall gekennzeichneten<br />

Untersuchungsaufträge stehen je<br />

nach Untersuchung nach 5 bis 30 Minuten<br />

zur Verfügung, alle sonstigen Anforderungen<br />

nach spätestens 3 Stunden. Die<br />

Übermittlung der Untersuchungsergebnisse<br />

geschieht durch direkte Übertragung<br />

ins Krankenhausinformationssystem, in<br />

dem der anfordernde Arzt von seinem<br />

Arbeitsplatz die Laborergebnisse einsehen<br />

und ausdrucken kann. Befunde an externe<br />

Auftraggeber werden direkt aus der Labor-<br />

EDV nach der Validierung der Untersuchungsergebnisse<br />

gefaxt bzw. über einen<br />

Hol-und Bringedienst verteilt.<br />

Im Labor des ukb werden klinischchemische,<br />

hämatologische,<br />

hämostaseologische, immunologische,<br />

23


Geschäftsbereich II · Fachbereich 53/61<br />

32 Blutglukosemessgeräten und 11 Blutgasautomaten/Oxymeter<br />

des ukb und von<br />

54 Blutglukosemessgeräten des Krankenhauses<br />

der <strong>Berliner</strong> Vollzugsanstalten und<br />

steht damit <strong>für</strong> den Einsatz dieser Geräte<br />

in der patientennahen Versorgung in der<br />

Verantwortung.<br />

Die Untersuchungszahlen stiegen 2006<br />

gegenüber 2005 um knapp 10 % von 789.926<br />

auf 867.296. Entsprechend entwickelten sich<br />

auch die Einnahmen, die im Vergleich mit<br />

2005 um über 10 % höher lagen. ˇ<br />

Institut <strong>für</strong> Toxikologie<br />

(ITox) - Klinische Toxikologie<br />

und Giftnotruf Berlin<br />

Labor im ukb<br />

immunhämatologische und zytologische<br />

Untersuchungen vorgehalten, die<br />

<strong>für</strong> den direkten Zugriff vor Ort rund um<br />

die Uhr zur Verfügung stehen müssen.<br />

Hierbei handelt es sich um solche Routineuntersuchungen,<br />

die unter Berücksichtigung<br />

aktueller laboratoriumsmedizinischer<br />

und wissenschaftlicher<br />

Gesichtspunkte ausgewählt wurden und<br />

die von hoher diagnostischer Bedeutung<br />

sind. Neben den immunhämatologischen<br />

Untersuchungen ist dem Labor<br />

durch die Haema AG auch die Verwaltung<br />

des Blutdepots im Unfallkrankenhaus<br />

übertragen worden.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Mit der Übernahme der fachlichen<br />

Verantwortung des ukb-Labors durch<br />

Prof. Dr. Tauber im August 2005 wurde<br />

dem ukb ein Zugang zu allen Fachlaboren<br />

der Charité Universitätsmedizin<br />

Berlin eröffnet. Neben den analytischen<br />

Möglichkeiten ist es vor allem die Fachkompetenz<br />

auf Spezialgebieten, die<br />

dem ukb und den anderen Auftraggebern<br />

zu Gute kommen. Für seltene<br />

Spezialuntersuchungen gibt es auch<br />

eine Zusammenarbeit mit einem<br />

führenden Medizinisch-Diagnostischen<br />

Institut in Berlin.<br />

Die wissenschaftliche Arbeit steht nicht<br />

im Vordergrund der <strong>Aufgaben</strong>, sie wird<br />

aber in Zusammenwirken mit der Charité<br />

unter der wissenschaftlichen Leitung von<br />

Prof. Dr. Tauber allen klinischen Abteilungen<br />

des ukb angeboten.<br />

Das Labor überwacht die Auswertung<br />

der internen Qualitätskontrollen von<br />

<br />

<br />

<br />

Fachbereich 61 | Beratungsstelle<br />

<strong>für</strong> Vergiftungserscheinungen<br />

(Giftnotruf Berlin)<br />

Der Giftnotruf Berlin wurde am 23.03.1963<br />

in der städtischen Kinderklinik in Berlin<br />

Charlottenburg als erstes Giftnotrufzentrum<br />

in der Bundesrepublik Deutschland<br />

gegründet. Seit 1995 ist die Beratungsstelle<br />

<strong>für</strong> Vergiftungserscheinungen in den<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Betrieb</strong> <strong>für</strong> <strong>Zentrale</strong> <strong>Gesundheitliche</strong><br />

<strong>Aufgaben</strong> (BBGes) integriert.<br />

Die Beratungsstelle ist nach § 16 e des<br />

Chemikaliengesetzes das zuständige Giftnotrufzentrum<br />

<strong>für</strong> die Länder Berlin und<br />

Brandenburg. Arbeitsgebiet ist die Notfallberatung<br />

im Vergiftungsfall. Unter der<br />

Notrufnummer 030/192 40 werden im<br />

24-Stunden-<strong>Betrieb</strong> an 365 Tagen im Jahr<br />

Laien, Ärzte in der Praxis und im Krankenhaus,<br />

Notärzte, Polizei, Feuerwehr, Apotheken,<br />

Rettungsleitstellen, Tierärzte, Gesundheitsbehörden,<br />

Schulen, Kindergärten, Altenheime<br />

usw. zu Vergiftungsunfällen beraten.<br />

Während die Beratungszahlen von 1990<br />

bis 2002 annähernd konstant blieben,<br />

nahm die Anzahl der beantworteten Anfragen<br />

ab dem Jahr 2003 um ca. 30 % ab.<br />

Ursächlich hier<strong>für</strong> sind die seit 2002 eingeführte<br />

Kostenpflicht der Anfragen von<br />

Kliniken und seit 2004 von Arztpraxen<br />

außerhalb Berlins und Brandenburgs sowie<br />

eine Reduktion der Beratungsarztstellen.<br />

Ausweislich der Beratungszahlen der Jahre<br />

2005 (35.669) und 2006 (37.705) kehrt sich<br />

dieser Trend jedoch langsam wieder um.<br />

24


Fachbereich 61 · Geschäftsbereich II<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Bei den zu Selbstmordversuchen Erwachsener<br />

nachgefragten Substanzen handelt<br />

es sich im Jahr 2005 in 94,2 % aller Fälle<br />

um Medikamente. Aus dieser Gruppe<br />

wurden am häufigsten Benzodiazepine,<br />

trizyklische Antidepressiva und sedierend<br />

wirkende Antihistaminika eingenommen.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Der Anteil der Laienberatung an der<br />

Gesamtzahl der Beratungen hat in den<br />

letzten 10 Jahren kontinuierlich von knapp<br />

35 % im Jahr 1993 auf inzwischen über<br />

52 % im Jahr 2005 zugenommen. Der Giftnotruf<br />

Berlin hat damit seine Position als<br />

niedrigschwelliges Informationsangebot<br />

<strong>für</strong> die Bevölkerung weiter ausgebaut.<br />

Dem gegenüber liegt der Anteil der<br />

Anfragen durch Kliniken und Praxen bei<br />

ca. 44 % (=15.400 im Jahr 2005). Diese<br />

hohe Inanspruchnahme stellt sicher,<br />

dass der Giftnotruf Berlin weiterhin über<br />

eine ausreichend große Datenmenge zur<br />

frühzeitigen Erkennung von Vergiftungsrisiken<br />

verfügt.<br />

Unverändert lag der Akzent der Beratungstätigkeit<br />

auf kindlichen Expositionsfällen<br />

mit einem Anteil von ca. 68 % aller Nachfragen<br />

in den Jahren 2005 und 2006. Diese<br />

Zahl umfasst sowohl Laienanfragen als<br />

auch Beratungen <strong>für</strong> Kliniken und Praxen.<br />

<br />

<br />

<br />

Dennoch kamen in immerhin 28,8 % der<br />

Anfragen zu Erwachsenen unabsichtliche<br />

Vergiftungen vor.<br />

Kleinkinder sind besonders gefährdet,<br />

einen Vergiftungsunfall zu erleiden.<br />

80 % aller Vergiftungsunfälle im Kindesalter<br />

(0 - 14 Jahre) ereignen sich in der<br />

Altersgruppe von 1 - 3 Jahren. Die Erklärung<br />

da<strong>für</strong> ist u. a. die „Schluckneugier“, d. h. diese<br />

Kinder stecken alle Gegenstände, die sie<br />

interessieren - z. B. da sie gut riechen -<br />

zunächst in den Mund. Der häufigste Grund<br />

einer Vergiftung ist deshalb versehentliches<br />

Verschlucken von Publikumsmitteln (Haushaltsprodukte<br />

und Chemikalien) mit einem<br />

Anteil von 45 %, gefolgt von Medikamenten<br />

mit ca. 24 %. Erst ab dem 3. und sicher ab<br />

dem 4. Lebensjahr lernen die Kinder, Lebensmittel<br />

von Fremdstoffen zu unterscheiden<br />

und nicht mehr alles in den Mund zu<br />

stecken. Neunzig Prozent aller kindlichen<br />

Vergiftungsunfälle geschehen im Haushalt.<br />

Eine grobe Abschätzung zum ökonomischen<br />

Effekt des Giftnotrufs Berlin<br />

erlaubt die Zahl derjenigen Anfragen,<br />

bei denen eine ambulante oder<br />

stationäre medizinische Behandlung<br />

nach Exposition durch einen Giftstoff<br />

vom Giftnotruf als nicht erforderlich<br />

eingeschätzt wurde. Diese Empfehlung<br />

führt zu einer Schonung von Ressourcen<br />

ohne Abstriche in der Qualität der<br />

medizinischen Versorgung.<br />

Insgesamt konnte im Jahr 2005 in<br />

64,7 % (20.888) aller Anfragen die Empfehlung<br />

gegeben werden, dass keine<br />

ambulante oder stationäre Behandlung<br />

erforderlich sei. Bei den Anfragen durch<br />

Laien beträgt dieser Anteil sogar 89,4 %.<br />

Dies bedeutete <strong>für</strong> Rat suchende Angehörige<br />

der Betroffenen nicht nur eine<br />

rasche Beruhigung, sondern ersparte<br />

allein im Jahr 2005 schätzungsweise über<br />

15.000 unnötige Krankentransporte und<br />

Behandlungen in Kinderarztpraxen und<br />

Ambulanzen. Neben den hierdurch<br />

vermiedenen Kosten und Belastungen<br />

des medizinischen Personals bedeutet<br />

diese Empfehlung wahrscheinlich auch die<br />

Verhinderung unnötiger Behandlungen<br />

<strong>für</strong> die Patienten mit der Gefahr von<br />

Sekundärkomplikationen.<br />

Da der Giftnotruf Berlin die erste<br />

Beratungsstelle in der Bundesrepublik<br />

<strong>für</strong> Vergiftungsunfälle im Kindesalter war,<br />

wurde er von Beginn an auch überregional<br />

konsultiert. Daran hat sich bis heute<br />

nichts geändert. Dabei resultiert der<br />

Anteil von 67,9 % aller Anfragen aus den<br />

anderen Bundesländern insbesondere<br />

aus den dort ansässigen Kliniken, die<br />

die Leistungen des Giftnotrufes Berlin<br />

kostenpflichtig nutzen.<br />

Art und Möglichkeit zur Vergiftung sind<br />

vom Lebensalter abhängig. Während es<br />

sich bei den Kindern bis zum 14. Lebensjahr<br />

in 99 % der Fälle um akzidentelle<br />

Expositionen handelte, bezogen sich im<br />

Jahr 2005 insgesamt 44,3 % der Anfragen<br />

im Erwachsenenalter auf Suizidversuche.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

25


Geschäftsbereich II · Fachbereich 61<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Das giftigste einheimische Tier ist die<br />

Kreuzotter (Vipera berus) und in einigen<br />

Regionen auch die Aspisviper (Vipera<br />

aspis). Eine Unterscheidung zwischen<br />

Aspisviper oder Kreuzotter war nach Bissunfällen<br />

nicht immer möglich. Bei 47 Anrufen<br />

zu Schlangenbissen betrafen 23 Anfragen<br />

Kreuzottern oder Aspisvipern. Das<br />

heißt, in diesen Fällen war eine eindeutige<br />

Zuordnung (Beschreibung der Schlange,<br />

Bissmarken, Symptome) möglich.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Selbstverständlich sind die Basisempfehlungen<br />

bei Anfragen durch Kliniken<br />

quantitativ anders verteilt, da hier ein<br />

selektiertes Patientenkollektiv zu Grunde<br />

liegt. In aller Regel bestanden zur Zeit<br />

der Kontaktaufnahme bereits Symptome,<br />

die Grund <strong>für</strong> die Einweisung in eine<br />

Klinik waren. Dennoch konnte auch hier<br />

in immerhin 32,4 % der Anfragen die<br />

Empfehlung gegeben werden, dass keine<br />

medizinischen Maßnahmen erforderlich<br />

seien. Dies betraf vornehmlich Kinder mit<br />

Bagatellexpositionen, die durch ihre Eltern<br />

ohne vorherige Anfrage beim Giftnotruf<br />

Berlin in einer Klinik vorgestellt wurden. ˇ<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Unfälle mit Gifttieren<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Die Anfragen zu Gifttieren sind in deutschen<br />

Breitengraden, was ihre absolute<br />

Häufigkeit betrifft, von untergeordneter<br />

Bedeutung. Im Jahr 2005 betrug die<br />

Gesamtzahl aller Beratungen 35.669, aber<br />

nur 243 davon bezogen sich auf Unfälle<br />

mit Gifttieren (einheimischer oder exotischer<br />

Herkunft), das entspricht einem<br />

prozentualen Anteil von 0,68 %.<br />

Erwartungsgemäß sind im Sommer die<br />

meisten Unfälle und damit auch Anfragen<br />

durch Gifttiere zu verzeichnen. Es entfallen<br />

ca. 80 % der Beratungen dazu auf die<br />

Monate Mai bis Oktober.<br />

Unter der Rubrik „Schlange, unbekannte<br />

Art“ (15 Beratungen) sind sicher noch<br />

einige den Kreuzottern/Aspisvipern<br />

zuzurechnen, aber die Identität konnte<br />

anhand der oben genannten Merkmale<br />

nicht eindeutig geklärt werden. Auch<br />

wenn nur 0,08 % aller Beratungen im<br />

Jahr 2005 Kreuzottern betrafen, so stellt<br />

diese Anfrage fast immer eine besondere<br />

Herausforderung in der Beratung dar. Des<br />

Weiteren gab es je eine Anfrage zur Crotalus<br />

(Klapperschlange), Hornviper, Sandotter,<br />

Kornnatter, Natrix Natrix, Lampropeltis<br />

mexicana, Coronella austriaca und Boa<br />

sowie zu anderen Vipern.<br />

Die jährlichen Schwankungen in der<br />

Anzahl der Bissunfälle dürften im Zusammenhang<br />

mit der Populationsdichte der<br />

Kreuzotter zu sehen sein und diese ist u.<br />

a. abhängig von Wetter- und Futterverhältnissen.<br />

In den Jahren 2002 bis 2004 ist die Anzahl<br />

der Anfragen zu Kreuzotternbissen im<br />

Giftnotruf Berlin annähernd gleich geblieben.<br />

Im Berichtsjahr 2005 war jedoch eine<br />

deutliche Zunahme zu verzeichnen. Die<br />

Beratungszahlen der Vergiftungs-Informations-<strong>Zentrale</strong><br />

Freiburg zeigen ebenfalls<br />

dieses Phänomen. Dort wurden im Jahr<br />

2000 insgesamt 10 Fälle, im Jahr 2003<br />

bereits 17 und im Jahr 2005 ein weiterer<br />

Anstieg auf 32 Bissunfälle mit Kreuzottern<br />

registriert. Weiteres hierzu ist im Jahresbericht<br />

des Giftnotrufzentrums Freiburg<br />

unter www.giftberatung.de zu ersehen.<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

26


Fachbereich 61/62 · Geschäftsbereich II<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Kreuzotter (Vipera berus)<br />

Höllenotter und normale Kreuzotter<br />

Eine mögliche Erklärung sehen Experten in<br />

einer Populationszunahme der Kreuzotter.<br />

Die Erholung bzw. Wiederansiedlung der<br />

Kreuzotterbestände wird auf konsequenten<br />

Naturschutz zurückgeführt.<br />

Fallbericht<br />

Im April 2005 wurde ein 9-jähriger Junge<br />

in Schönwalde bei Berlin von einer<br />

schwarzen Schlange in den Daumen<br />

gebissen. Die Schlange wurde gefangen<br />

und von mehreren Personen beschrieben.<br />

Dreißig Minuten später kam das Kind zur<br />

stationären Aufnahme und es erfolgte<br />

der Anruf im Giftnotruf Berlin. Das Kind<br />

war zu diesem Zeitpunkt sehr blass, hatte<br />

einen Blutdruckabfall (RR 80 syst.) und als<br />

Lokalbefund war ein livider (verfärbter)<br />

und geröteter Daumen mit punktförmiger<br />

Bissmarke zu sehen. Schmerzen wurden<br />

vom Kind nicht angegeben.<br />

Bei der Notrufberatung wurde als erste<br />

Möglichkeit an die Kreuzotter und<br />

zweitens an eine ausgesetzte, exotische<br />

Schlange gedacht. Beide Möglichkeiten<br />

erschienen sehr ungewöhnlich, da <strong>für</strong><br />

Berlin und Umgebung die Kreuzotter als<br />

ausgestorben galt (s. hierzu www.amphibienschutz.de/tagungen/kreuzotter.htm)<br />

und in der ländlichen Umgebung eine<br />

ausgesetzte exotische Schlange als eher<br />

unwahrscheinlich erschien.<br />

Zwei Stunden nach dem Biss zeigte<br />

der Junge eine deutliche Zunahme des<br />

Lokalbefundes, die Verfärbung reichte<br />

nun bis zur Handwurzel mit Schwellung<br />

und Überwärmung. Außerdem hatte<br />

das Kind krampfartige Bauchschmerzen<br />

mit Diarrhoe und Erbrechen bei stabilen<br />

Blutdruckwerten sowie eine kurzfristige<br />

Schläfrigkeit. Die Therapie erfolgte<br />

symptomorientiert. Im weiteren Verlauf<br />

breitete sich das Ödem mit rötlich, livider<br />

Verfärbung bis zum Oberarm aus und der<br />

Umfang des Armes schwoll auf das Doppelte<br />

bis Dreifache an (Maximum nach 30<br />

Stunden). Schmerzen waren nur mäßig,<br />

die Laborwerte zeigten einen leichten<br />

Abfall der Gerinnungsparameter und des<br />

Hämoglobins bei mäßiger Leukozytose<br />

(erhöhter Anteil weißer Blutkörperchen),<br />

das EKG blieb unauffällig.<br />

Achtundvierzig Stunden nach dem Biss<br />

waren alle Symptome rückläufig bzw. die<br />

Laborwerte wieder im Normbereich. Die<br />

Gabe von Antivenin (Immunserum gegen<br />

Schlangenbisse) war nicht erforderlich.<br />

Symptomatik und Verlauf passten nur<br />

zu einer Giftschlange. In diesem Fall war<br />

eine eindeutige Klärung der Schlangenart<br />

durch einen Schlangenexperten möglich.<br />

Es handelte sich um eine schwarze<br />

Farbvariante der Kreuzotter. Eine Vor-<br />

Ort-Besichtigung bestätigte die Wiederansiedlung<br />

der Kreuzotter mit schwarzen<br />

und bräunlichen Tieren. ˇ<br />

Fachbereich 62 | Klinische<br />

Toxikologie und Pharmakologie<br />

Das Arbeitsgebiet der Klinischen Toxikologie<br />

und Pharmakologie sind Fremdstoffuntersuchungen<br />

in menschlichem<br />

Untersuchungsmaterial. Es gibt folgende<br />

<strong>Aufgaben</strong>schwerpunkte: Aufklärung<br />

akuter Vergiftungen, Vorbereitung zur<br />

Hirntoddiagnostik, Therapeutisches<br />

Drug Monitoring und Drogenkontrolluntersuchungen.<br />

Im Jahr 2006 wurde in ca. 2.100 Fällen<br />

ein toxikologisches Screening („general<br />

unknown“), das ca. 1.000 Substanzen (Arzneimittel,<br />

Drogen, Lösemittel, Pestizide,<br />

Pfanzengifte) umfasst, durchgeführt und<br />

ein Befund mit pharmako- und toxikokinetischen<br />

Referenzdaten erstellt. Auftraggeber<br />

waren die Rettungsstellen und Notaufnahmen<br />

der Krankenhäuser in Berlin<br />

und Brandenburg. Dazu wurden 5.426-mal<br />

insgesamt 268 verschiedene Substanzen<br />

im Blut quantifiziert. Am häufigsten missbräuchlich,<br />

akzidentell oder in suizidaler<br />

Absicht eingenommen wurden Ethanol,<br />

Analgetica, Tranquilizer wie Benzodiazepine,<br />

Antidepressiva, Antikonvulsiva und<br />

„Schlafmittel“.<br />

Ebenso ungewöhnlich wie schwer waren<br />

2006 Intoxikationen mit Veratrum-Alkaloiden,<br />

den Inhaltsstoffen des weißen Germer<br />

(durch Verwechslung der Pflanze mit<br />

gelbem Enzian) und den <strong>für</strong> die Rattenund<br />

Mäusebekämpfung vorgesehenen<br />

Substanzen Bromadiolon und Coumatetralyl.<br />

In ca. 10 % der Fälle waren illegale<br />

Drogen die Intoxikationsursache. Der häufiger<br />

geäußerte Verdacht auf Vergiftung<br />

mit Knollenblätterpilzen konnte 2006 in<br />

keinem Fall bestätigt werden.<br />

27


Geschäftsbereich II · Fachbereich 62/63<br />

In den Jahren 2005/6 sind 15 Antibiotika<br />

sowie 15 weitere Substanzen neu in das<br />

Analysenprogramm aufgenommen<br />

worden: Alfentanyl, Sufentanyl, Pentazocin,<br />

Pethidin, Droperidol, Amodiaquin,<br />

Desethylamodiaquin, Chinin, Primaquin,<br />

Methotrexat, Everolimus, Fosfomycin,<br />

Galantamin, Duloxetin, Pregabalin.<br />

Ein Sonderfall des toxikologischen<br />

Screenings sind Untersuchungen im<br />

Rahmen der Hirntoddiagnostik (HTD).<br />

Im Auftrag der Intensivstationen des<br />

Unfallkrankenhauses Berlin und des<br />

Universitätsklinikums Charité wurden<br />

160 Patienten auf zentral-wirksame<br />

Arzneimittel in diesem Zusammenhang<br />

untersucht.<br />

Leistungszahlen Klinische Toxikologie<br />

und Pharmakologie 2005/ 2006<br />

Leistungsart 2005 2006<br />

Aufklärungsfälle akuter Intoxikationen 2.210 2.100<br />

Bestimmungen Therapeutisches Drug<br />

Monitoring 15.909 12.000<br />

Anforderungen Hirntoddiagnostik 158 160<br />

Analysen Drogenkontrolluntersuchungen 65.475 100.000<br />

Urinabnahmen unter Sichtkontrolle 1.398 1.576<br />

Haarproben 137 150<br />

Das Therapeutische Drug Monitoring<br />

(TDM) umfasst mehr als 200 Arzneimittel<br />

und deren wirksame Metabolite, bei<br />

denen auf eine konzentrationsgestützte<br />

Therapieführung und Überwachung<br />

insbesondere bei kritisch Kranken nicht<br />

verzichtet werden kann. Es wurden 2006<br />

insgesamt ca. 12.000 Arzneimittelkonzentrationsbestimmungen<br />

durchgeführt,<br />

wobei der Anteil an aufwendigen chromatographischen<br />

Analysen inzwischen<br />

etwa 90 % beträgt.<br />

Besonders hervorzuheben ist der weitere<br />

Aufbau der LC/MS- und LC/MS/MS-Analysemethoden,<br />

mit denen Substanzen um<br />

den Faktor 100 empfindlicher gemessen<br />

werden können als mit „konventionellen“<br />

Methoden. Darüber hinaus lassen sich kurze<br />

Analysezeiten realisieren bei gleichzeitig<br />

hohem Automatisierungsgrad (Auslastung<br />

der Nachtstunden).<br />

Im Zusammenhang mit Drogenkontrolluntersuchungen<br />

wurden ca. 100.000<br />

Analysen im Auftrag von Haftanstalten,<br />

Drogentherapieeinrichtungen, Suchtstationen<br />

in Krankenhäusern usw. durchgeführt;<br />

1.576 Urine wurden unter Sichtkontrolle<br />

abgenommen. Zur Prüfung auf länger<br />

zurückliegenden Drogenkonsum wurden<br />

150 Haarproben untersucht. Um eine mögliche<br />

Drogenexposition des ungeborenen<br />

Kindes während der Schwangerschaft<br />

beurteilen zu können, wurden Meconiumuntersuchungen<br />

durchgeführt.<br />

Die Teilnahme an internationalen Ringversuchen<br />

zur externen Qualitätskontrolle<br />

ist obligatorisch. 80 der ca. 200 im<br />

TDM-Programm enthaltenen Substanzen<br />

werden 4- bis 12-mal pro Jahr in Ringversuchen<br />

kontrolliert. Insgesamt werden<br />

auf den Arbeitsgebieten „Toxikologie“,<br />

„TDM“ und „Drogenkontrolluntersuchungen“<br />

in Blut, Urin und Haaren ca. 250<br />

Ringversuche im Jahr durchgeführt.<br />

Im Jahr 2006 wurden 18 Praktikanten<br />

(angehende Chemiker, Apotheker und<br />

technische Assistenten) betreut. ˇ<br />

Fachbereich 63 | Pharmakovigilanz-<br />

und Beratungszentrum<br />

<strong>für</strong> Embryonaltoxikologie<br />

Das Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum<br />

(PVZ) Embryonaltoxikologie dient<br />

bundesweit Ärzten in Klinik und Praxis,<br />

Apothekern, Hebammen, Schwangeren<br />

und Stillenden, Länder- und Bundesbehörden<br />

als Informationszentrum zum<br />

Risiko von Arzneimitteln, diagnostischen<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Anwendungen (Röntgen, Szintigraphie),<br />

Drogenkonsum, Schad- und Arbeitsstoffen<br />

in Schwangerschaft und Stillzeit. Pharmakovigilanz<br />

bedeutet in diesem Zusammenhang<br />

die Erfassung und Auswertung von<br />

Schwangerschaftsverläufen nach Medikamenteneinnahme<br />

zur Verbesserung der<br />

Arzneisicherheit <strong>für</strong> das ungeborene Kind.<br />

Das PVZ Embryonaltoxikologie wurde als<br />

Beratungsstelle 1988 gegründet. Mit steigender<br />

Tendenz werden heute bis zu 80<br />

Fragestellungen am Tag bearbeitet, 2006<br />

waren es insgesamt 11.286. Diese betreffen<br />

zu zwei Dritteln eine (Medikamenten-)<br />

Exposition in der Schwangerschaft und zu<br />

einem Drittel die Stillzeit. In 89 % der Fälle<br />

geht es um Arzneimittel, die restlichen<br />

11 % betreffen Drogen, Schadstoffe am<br />

Arbeitsplatz und in der Umwelt, ionisierende<br />

Strahlen (Röntgen) und Infektionen.<br />

Etwa 16 % der Anfragen kommen aus<br />

Berlin, der Rest verteilt sich auf die anderen<br />

Bundesländer, vor allem Nordrhein-<br />

Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg,<br />

Niedersachsen und Hamburg.<br />

In etwa 50 % der Fälle wird die Schwangere/Stillende<br />

selbst beraten, meist auf<br />

Anregung ihrer Gynäkologin. Die übrigen<br />

Anfragen verteilen sich auf Ärzte verschiedener<br />

Fachrichtungen sowie Apotheker,<br />

Giftinformationszentren, andere<br />

Einrichtungen des Gesundheitswesens<br />

sowie Länder- und Bundesbehörden.<br />

Unter den Ärzten nehmen Psychiater<br />

nach Gynäkologen und Humangenetikern<br />

inzwischen die 3. Stelle ein. Das entspricht<br />

der Häufigkeitsverteilung bei den Medikamentengruppen.<br />

Hier dominieren mit<br />

weitem Abstand zu anderen Erkrankungen<br />

die Psychopharmaka. Knapp 16 % der<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

28


Fachbereich 63 · Geschäftsbereich II<br />

Die 20 häufigsten Behandlungsindikationen 2006<br />

Anlass <strong>für</strong> Anfragen an die Embryonaltoxikologie<br />

Fragestellungen betreffen die Behandlung<br />

psychischer und psychiatrischer Erkrankungen.<br />

Einschlägige Angaben in Beipackzetteln,<br />

Roter Liste und allgemeinen Handbüchern<br />

zur Pharmakotherapie sind möglicherweise<br />

von haftungsrechtlichen und<br />

ökonomischen Erwägungen beeinflusst<br />

und wissenschaftlich oft nicht aktuell.<br />

Daraus resultiert häufig ein Überschätzen<br />

des Medikamentenrisikos mit der Folge,<br />

dass notwendige Behandlungen nicht<br />

verschrieben oder nicht eingenommen<br />

werden oder nach bereits erfolgter Einnahme<br />

erwünschte und intakte Schwangerschaften<br />

abgebrochen werden oder<br />

überzogene Diagnostik durchgeführt<br />

wird. Andererseits kann ein Informationsmangel<br />

zum Einsatz von unzureichend<br />

erprobten oder riskanten Arzneimitteln<br />

mit einem erhöhten Fehlbildungsrisiko<br />

führen.<br />

Anzahl der Anfragen<br />

Psychiatrische Erkrankungen 1.747<br />

Atemwegserkrankungen (außer Asthma u. Allergien) 1.037<br />

Allergische Erkrankungen (einschl. Asthma) 864<br />

Magen/Darmerkrankungen 749<br />

Schmerzen einschl. Migräne 658<br />

Infektionen, Antiinfektiva, Impfungen 656<br />

Hauterkrankungen (außer Atopien/Allergien) 655<br />

Zahnerkrankungen 437<br />

Herz/Kreislauferkrankungen 350<br />

Gynäkologische Erkrankungen 322<br />

Epilepsie 305<br />

Gelenk/Skelett- und Autoimmunerkrankungen 296<br />

Diagnostik, insbesondere Röntgen 262<br />

Harnwegserkrankungen 241<br />

Chemikalien Arbeitsplatz/Umwelt 193<br />

Schilddrüsenerkrankungen 182<br />

Operationen/Narkose 169<br />

Drogen 157<br />

Multiple Sklerose 104<br />

Koagulopathien 90<br />

insgesamt 11.286<br />

Zu vielen Medikamenten gibt es keine<br />

ausreichenden Erfahrungen. Daher wird<br />

im Rahmen eines Pharmakovigilanz-Projektes<br />

des Bundesinstituts <strong>für</strong> Arzneimittel<br />

und Medizinprodukte (BfArM) auf der<br />

Grundlage der 12. Arzneimittelgesetz<br />

(AMG)-Novelle der Verlauf beratener<br />

Schwangerschaften dokumentiert mit<br />

dem Ziel der Aufdeckung unerwünschter<br />

Arzneimittelwirkungen. In Kooperation<br />

mit anderen europäischen teratologischen<br />

Zentren werden prospektive Observationsstudien<br />

durchgeführt. Zweck ist die<br />

Verbesserung der Arzneimittelsicherheit in<br />

Schwangerschaft und Stillzeit. Etwa 3.000<br />

Falldokumentationen mit 9.000 relevanten<br />

Expositionen wurden 2006 aus den Beratungen<br />

generiert. Diese Berichte werden<br />

im Falle einer kindlichen Schädigung nach<br />

suspekter Arzneitherapie einer Plausibilitätsprüfung<br />

unterzogen. In den prospektiven<br />

multizentrischen Studien wird das Risiko<br />

ausgewählter Arzneimittel gegenüber<br />

einer Kontrollgruppe von Schwangeren<br />

ohne Einnahme suspekter Medikamente<br />

statistisch geprüft.<br />

atypische Neuroleptika, selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmstoffe<br />

(SSRI)<br />

und neue Antiepileptika.<br />

Die Fachöffentlichkeit wird durch das<br />

Lehrbuch des PVZ Embryonaltoxikologie<br />

zur „Arzneiverordnung in Schwangerschaft<br />

und Stillzeit“ (7. Auflage 2006, 2. Auflage<br />

in englischer Sprache 2007, eine russische<br />

Ausgabe wird 2007 vorbereitet) sowie<br />

durch zahlreiche Veröffentlichungen in<br />

Zeitschriften verschiedener Fachgesellschaften<br />

und durch Vortragsveranstaltungen<br />

angesprochen. Auf diese Weise<br />

lassen sich viele Anfragen im Vorfeld<br />

beantworten, so dass Beratungsressourcen<br />

<strong>für</strong> schwierige Fragestellungen gespart<br />

werden können. Des Weiteren werden<br />

Kooperationsprojekte mit verschiedenen<br />

Abteilungen der Charité Universitätsmedizin<br />

Berlin (Humboldt Universität und<br />

Freie Universität Berlin) und anderen<br />

Kliniken unterhalten.<br />

Gemeinsam mit der Abteilung <strong>für</strong> Gynäkologische<br />

Psychosomatik der Universitätsklinik<br />

Bonn wird seit 2004 das Internetportal<br />

http://www.frauen-und-psychiatrie.de<br />

betrieben, das <strong>für</strong> Ärztinnen und Laien<br />

Informationen zu frauenspezifischen<br />

psychischen Erkrankungen und zu Auswirkungen<br />

von Psychopharmaka auf den<br />

Menstruationszyklus, die Fruchtbarkeit, die<br />

vorgeburtliche Entwicklung, das gestillte<br />

Kind sowie Interaktionen mit hormonellen<br />

Kontrazeptiva bietet. Außerdem sind über<br />

dieses Portal mittels Fragebogen individuelle<br />

Beratungen zur Arzneisicherheit im<br />

PVZ Embryonaltoxikologie möglich. ˇ<br />

Das Team des PVZ<br />

Schwerpunkte im wissenschaftlichen<br />

Bereich sind Cumarin-Antikoagulanzien,<br />

Calcium-Antagonisten, Multiple Sklerose,<br />

29


D. Geschäftsstelle:<br />

Serviceeinheiten und Steuerungsdienste<br />

Ausstattungs- und Prozessanalyse<br />

im Institut <strong>für</strong> Lebensmittel,<br />

Arzneimittel und Tierseuchen<br />

Prozessoptimierung <strong>für</strong> die<br />

Serviceeinheit Einkauf und Lager<br />

Im Herbst 2005 startete ein umfangreiches<br />

Projekt zur Prozessoptimierung <strong>für</strong><br />

den Einkauf, an dem Geschäftsleitung,<br />

Geschäftsstelle (Controlling, IuK-Technik,<br />

Einkauf und Lager) und die Geschäftsbereiche<br />

I und II beteiligt waren. Von<br />

Oktober 2005 bis August 2006 wurden<br />

in intensiver Projektgruppenarbeit mit<br />

externer Moderation und Beratung, zeitweise<br />

auch mit Teilprojekten, verschiedene<br />

Themen behandelt. Zu den <strong>für</strong> das<br />

Projekt gesetzten Zielen gehörten u.a. die<br />

Erzielung von Einsparungen durch verändertes<br />

Einkaufsverhalten, die Optimierung<br />

der Aufbau- und Ablaufstrukturen,<br />

die Etablierung der Serviceeinheit Einkauf<br />

als Steuerungsinstrument, die notwendige<br />

Verkürzung von Bestell- und Lieferzeiten<br />

und die Erhöhung der Transparenz<br />

des Bestellvorgangs.<br />

In 2006 führte dieses Projekt zu umfangreichen<br />

Veränderungen in den Arbeitsund<br />

Ablaufstrukturen des Einkaufs und<br />

der Fachbereiche und zur Anpassung und<br />

Ausweitung der vorhandenen Warenwirtschaftssoftware<br />

zu einer vollständigen<br />

betriebsinternen elektronischen Informations-<br />

und Arbeitsplattform. Im Juli 2006<br />

wurde auf das neue nahezu „papierlose“<br />

Anforderungs-, Bestell- und Einkaufssystem<br />

umgestellt, das seit Oktober 2006,<br />

also ein Jahr nach Beginn des Gesamtprojekts,<br />

weitgehend störungsfrei im „Normalbetrieb“<br />

arbeitet.<br />

Das Projekt hat daneben weitere Ergebnisse<br />

hervorgebracht, z.B. einen inhaltlich<br />

bereits weitgehend abgestimmten<br />

Entwurf <strong>für</strong> eine „Geschäftsordnung<br />

Einkauf“, die insbesondere die Zusammenarbeit<br />

zwischen der Serviceeinheit<br />

Einkauf und den Geschäfts- bzw. Fachbereichen<br />

regelt und zugleich Erläuterungen<br />

und Hinweise gibt; die Umsetzung<br />

der Geschäftsordnung ist <strong>für</strong> den<br />

Herbst 2007 geplant.<br />

Eine neue Geschäftsordnung <strong>für</strong> die<br />

Gerätekommission, die stärker als<br />

bisher die Setzung von Prioritäten<br />

und Effizienz von Beschaffungen in<br />

den Vordergrund der Entscheidungen<br />

rückt, wurde im Zusammenhang<br />

mit der Umsetzung der Ergebnisse<br />

der Ausstattungs- und Prozessanalyse<br />

im Institut <strong>für</strong> Lebensmittel, Arzneimittel<br />

und Tierseuchen (ILAT) und der<br />

Fusion des Landeslabors Brandenburg<br />

mit dem ILAT bis zur zweiten Jahreshälfte<br />

2007 zur Entscheidung<br />

zurückgestellt.<br />

Einkaufen leicht gemacht<br />

Das in elektronischer Fassung als<br />

„Vergabeleitsystem“ vorliegende<br />

Vergabehandbuch, das sowohl den<br />

Mitarbeitern im Einkauf als auch in<br />

den Fachbereichen die Planung<br />

größerer Beschaffungen erleichtert,<br />

kommt erstmals bei den Investitionen<br />

des Jahres 2007 zur Anwendung.<br />

Bislang wurden noch nicht alle<br />

Ziele mit dem Projekt vollständig<br />

erreicht, einige werden im Rahmen<br />

anderer Maßnahmen weiterverfolgt<br />

werden. Für das Jahr 2007 ist auf<br />

Grundlage von Auswertungen aus der<br />

neuen Warenwirtschaftssoftware im<br />

Bereich Einkauf als neues Projekt der<br />

Abschluss von Rahmenverträgen mit<br />

einem Großteil der Lieferanten des<br />

BBGes vorgesehen. ˇ<br />

Im Zusammenhang mit den Verhandlungen<br />

zur Fusion des ILAT mit dem Landeslabor<br />

Brandenburg hatte die Geschäftsleitung<br />

des BBGes im Sommer 2006 entschieden,<br />

das ILAT mit einer externen Analyse<br />

zur Ausstattung und zu den Arbeitsprozessen<br />

bei der Vorbereitung auf die Fusion<br />

zu unterstützen. Für diese Analyse wurde<br />

das in der Laborbranche renommierte<br />

Schulungs- und Beratungsunternehmen<br />

Klinkner & Partner ausgewählt.<br />

Die Erhebungen und Befragungen <strong>für</strong><br />

die Analyse wurden im Oktober und im<br />

November 2006 vor Ort durchgeführt, im<br />

Januar 2007 erfolgte die Ergebnispräsentation<br />

<strong>für</strong> alle Beschäftigten im ILAT. Dieser<br />

schlossen sich eine erste Diskussion in<br />

und mit den Fachbereichen zu möglichen<br />

Handlungsschwerpunkten und weitergehende<br />

Analysen durch die Geschäftsstelle<br />

und Führungskräfte des ILAT an.<br />

Die positiven Ergebnisse der Analyse und die<br />

ermittelten Verbesserungspotentiale werden<br />

noch im Vorfeld der Fusion des ILAT mit dem<br />

Landeslabor Brandenburg Eingang in eine<br />

Zielvereinbarung zwischen der Geschäftsleitung<br />

und der ILAT-Leitung finden. ˇ<br />

Vorbereitung der Fusion des<br />

Instituts <strong>für</strong> Lebensmittel,<br />

Arzneimittel und Tierseuchen mit<br />

dem Landeslabor Brandenburg<br />

Auf der gemeinsamen Sitzung des Senats<br />

von Berlin und des Kabinetts von Brandenburg<br />

im Dezember 2005 wurde ein<br />

Prüfungsauftrag zur möglichen Fusion des<br />

Instituts <strong>für</strong> Lebensmittel, Arzneimittel und<br />

Tierseuchen (ILAT) mit dem Landeslabor<br />

Brandenburg (LLB) beschlossen.<br />

Im Januar 2006 endete die Arbeit der<br />

bisherigen „Projektgruppe BBGes“, die<br />

sich seit Juni 2005 in 11 Sitzungen mit<br />

<strong>Aufgaben</strong>stellung, Rechtsform und Kostenreduzierungen<br />

zur Verbesserung der wirtschaftlichen<br />

Gesamtsituation des BBGes<br />

beschäftigt hatte. Der Arbeitsaufwand war<br />

<strong>für</strong> alle Beteiligten hoch, einige der erarbeiteten<br />

Unterlagen fanden in den späteren<br />

Fusionsverhandlungen Verwendung.<br />

30


Serviceeinheiten und Steuerdienste · Geschäftsstelle<br />

Im BBGes bereiteten interne Arbeitsgruppen<br />

unter intensiver Beteiligung aller Fachbereiche<br />

des ILAT im Januar und Februar<br />

2006 die Fusionsverhandlungen mit der<br />

Sammlung von Daten, der Zusammenstellung<br />

von Unterlagen und der Abstimmung<br />

von Positionen vor.<br />

Die Arbeit in den von Brandenburg und<br />

Berlin paritätisch besetzten Verhandlungsgremien<br />

begann im Februar 2006 mit einer<br />

„Kick-Off-Veranstaltung“. Es wurden eine<br />

Lenkungsgruppe sowie drei Arbeitsgruppen<br />

zu den Schwerpunkten „Rechtsfragen“,<br />

„Fachaufgaben“ und Verwaltungsangelegenheiten“<br />

gebildet. Zur Steuerung<br />

der Aktivitäten des BBGes wurde zusätzlich<br />

eine dauerhafte betriebsinterne Arbeitsgruppe<br />

aus Geschäftsleitung, ILAT-Leitung<br />

und Geschäftsstelle eingerichtet.<br />

In den folgenden Monaten leisteten die<br />

drei gemeinsamen Arbeitsgruppen in<br />

insgesamt 14 Sitzungen, ergänzt um<br />

mehrere Untergruppen, die Erhebung aller<br />

zentralen Informationen und erstellten<br />

erste Analysen der wichtigsten Daten. Die<br />

Ergebnisse der Arbeitsgruppen flossen in<br />

ein Eckpunktepapier ein, das im Juni in<br />

der Lenkungsgruppe abgestimmt und von<br />

den in Berlin und Brandenburg politisch<br />

Verantwortlichen im Juli in der Endfassung<br />

beschlossen wurde. Dieses Papier wurde<br />

im August vom Hauptausschuss des <strong>Berliner</strong><br />

Abgeordnetenhauses zur Kenntnis<br />

genommen, ebenso wie ein weiterer<br />

Bericht zum Stand der Fusionsverhandlungen<br />

im Januar 2007.<br />

Im August 2006 informierten sich<br />

Vertreter des BBGes in ausführlichen<br />

Informationsgesprächen beim IT-Dienstleistungszentrum<br />

Berlin (ITDZ) und<br />

beim Amt <strong>für</strong> Statistik Berlin-Brandenburg<br />

über Kernprobleme im Zusammenhang<br />

mit der Gründung einer Anstalt<br />

des öffentlichen Rechts bzw. der gleichzeitigen<br />

Fusion von Einrichtungen aus<br />

Berlin und Brandenburg. Von September<br />

2006 bis April 2007 übermittelte<br />

der BBGes der Senatsverwaltung <strong>für</strong><br />

Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz<br />

zahlreiche Stellungnahmen<br />

und mehrere Grundsatzpapiere. Darin<br />

wurden u.a. die Position des BBGes<br />

zu den zentralen Punkten der Fusion<br />

beschrieben, die möglichen Perspektiven<br />

des Geschäftsbereichs II untersucht,<br />

zu den vorliegenden Entwürfen <strong>für</strong><br />

einen Staatsvertrag detailliert Stellung<br />

genommen und Vorschläge zu Inhalt<br />

und Organisation der weiteren Fusionsverhandlungen<br />

unterbreitet.<br />

Im Mai 2007 begannen in Berlin die<br />

Detailabstimmungen zu Regelungen<br />

im Staatsvertrag, der im Sommer 2007<br />

von den Kabinetten in Berlin und<br />

Brandenburg als Vorlage <strong>für</strong> die Länderparlamente<br />

beschlossen werden soll.<br />

Zugleich wurden die Diskussionen<br />

zur Zukunft der Einrichtungen im<br />

Geschäftsbereich II, die nicht in die<br />

fusionierte Einrichtung eingehen sollen,<br />

intensiviert.<br />

Von dem am Jahresanfang 2006 im<br />

BBGes ins Leben gerufenen Informationsblatt<br />

„Fusion aktuell“ wurden 2006<br />

10 Ausgaben und 2007 bis Mai 3 Ausgaben<br />

veröffentlicht. Die Beschäftigten<br />

erhielten damit Gelegenheit, sich über<br />

den Ablauf der internen und externen<br />

Abstimmungen und Verhandlungen<br />

zur Fusion umfassend und aktuell zu<br />

informieren.<br />

Diese Zusammenstellung der<br />

vielfältigen Aktivitäten verdeutlicht,<br />

dass der BBGes insgesamt durch die<br />

Vorbereitung der Fusion erheblichen<br />

zusätzlichen Belastungen ausgesetzt<br />

war und auch weiterhin sein wird,<br />

die nur durch die große Einsatzbereitschaft<br />

der beteiligten Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter nicht zu einer<br />

Beeinträchtigung des Routinebetriebs<br />

führen.ˇ<br />

Personalien im Leitungsbereich<br />

Im Institut <strong>für</strong> Tropenmedizin hat sich<br />

Prof. Dr. Ulrich Bienzle nach über<br />

20 Jahren verdienstvollen Wirkens 2006<br />

aus der Leitungsfunktion verabschiedet<br />

(siehe dazu die ausführliche Darstellung<br />

im Berichtsteil des Instituts <strong>für</strong> Tropenmedizin)<br />

und wurde emeritiert. Sowohl<br />

in der Leitung des Instituts als auch in der<br />

Besetzung der Professur an der Charité<br />

Universitätsmedizin Berlin folgte ihm mit<br />

Prof. Dr. Gundel Harms-Zwingenberger<br />

eine Kollegin, die sich insbesondere durch<br />

ihre langjährige Arbeit am Institut und<br />

in Afrika <strong>für</strong> diese Positionen besonders<br />

profiliert hat.<br />

Die Nachfolge von Dr. Hans-Joachim<br />

Klare, der das Institut <strong>für</strong> Lebensmittel,<br />

Arzneimittel und Tierseuchen (ILAT) seit<br />

Gründung des BBGes über 10 Jahre bis<br />

Oktober 2005 erfolgreich geleitet hatte,<br />

wurde im Januar 2007 eingesetzt. Mit<br />

Christiane Zoost, die 1991 mit der Inspektion<br />

<strong>für</strong> Lebensmittel- und Ernährungshygiene<br />

des Bezirks-Hygiene-Instituts in<br />

das ILAT gewechselt war, übernahm eine<br />

renommierte Lebensmittelchemikerin die<br />

Institutsleitung.<br />

Für das Klinische Labor im Unfallkrankenhaus<br />

Berlin konnte im Jahr 2005<br />

Prof. Dr. Rudolf Tauber, ärztlicher Leiter des<br />

CharitéCentrums 5 <strong>für</strong> diagnostische und<br />

präventive Labormedizin und Direktor des<br />

Institut <strong>für</strong> Klinische Chemie und Pathobiochemie<br />

der Charité sowie bis Juni 2007<br />

Vizepräsident der Freien Universität Berlin<br />

<strong>für</strong> den medizinischen Bereich, als wissenschaftlicher<br />

Leiter und Berater gewonnen<br />

werden. Derzeit wird - als Nachfolger <strong>für</strong><br />

den langjährigen und erfolgreichen<br />

Laborleiter Dr. Walter Abel - ein promovierter<br />

Facharzt <strong>für</strong> Laboratoriumsmedizin<br />

und/ oder <strong>für</strong> Mikrobiologie, Virologie und<br />

Infektionsepidemiologie gesucht. ˇ<br />

31


E. Alltagsbilder aus dem BBGes<br />

Außenstelle des Institus <strong>für</strong> Tropenmedizin bei Globetrotter<br />

Unfallkrankenhaus Berlin - Standort des Fachbereichs 53<br />

Untersuchung von Ostereiern im Fachbereich 23<br />

Probenaufbereitung im Labor<br />

Kräutersammlung<br />

Bestrahlungsmessung im Fachbereich 23<br />

Labor des Instituts <strong>für</strong> Toxikologie<br />

32


Spielwaren im Anwendungstest<br />

Nicht immer hilft im Labor die Elektronik<br />

Messstation des Fachbereichs 31 am Teltowkanal (außen)<br />

Messstation des Fachbereichs 31 am Teltowkanal (innen)<br />

Pestizidlabor des Fachbereichs 26<br />

Eisige Probenahme des Fachbereichs 31<br />

33


Impressum<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

<strong>Berliner</strong> <strong>Betrieb</strong> <strong>für</strong> <strong>Zentrale</strong> <strong>Gesundheitliche</strong> <strong>Aufgaben</strong> | BBGes<br />

Der BBGes ist ein nachgeordneter Landesbetrieb<br />

der Senatsverwaltung <strong>für</strong> Gesundheit, Umwelt und<br />

Verbraucherschutz Berlin<br />

Geschäftsleitung<br />

Barbara Raub<br />

Invalidenstr. 60 · 10557 Berlin<br />

Tel. 030 – 39784 – 320<br />

Fax 030 – 39784 – 380<br />

Email: raub@bbges.verwalt-berlin.de<br />

Internet<br />

www.bbges.de<br />

Verantwortlich im Sinne<br />

des Presserechts<br />

Claudia Peschel (stellvertretende Geschäftsleiterin)<br />

Redaktion und Koordination<br />

Peter Bargstedt<br />

Gestaltung und Layout<br />

Fleck · Zimmermann | Visuelle Kommunikation<br />

Druck<br />

druckpunkt - Druckerei und Repro GmbH, Auflage 750<br />

Fotos<br />

BBGes, Internet<br />

Nachdruck jeglicher Art, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe<br />

und gegen Übersendung eines Belegexemplars an den<br />

Herausgeber<br />

Elektronische Fassung des Berichts im Internet<br />

Stand: Mai 2007<br />

34

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!