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Berliner Betrieb für Zentrale Gesundheitliche Aufgaben ...

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Fachbereich 11 · Geschäftsbereich I<br />

Nahrungsergänzungsmittel (NemV) umgesetzt<br />

wurde. Nach § 1 dieser Verordnung<br />

sind Nahrungsergänzungsmittel Lebensmittel,<br />

die Konzentrate von Nährstoffen<br />

oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer<br />

oder physiologischer Wirkung<br />

darstellen und in dosierter Form (Kapseln,<br />

Pillen, Tabletten, Flüssigampullen) angeboten<br />

werden. Sie sind dazu bestimmt, die<br />

allgemeine Ernährung zu ergänzen. Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> eine nutzbringende, sinnvolle<br />

Nahrungsergänzung ist die Zufuhr<br />

signifikanter Mengen der zur Ergänzung<br />

bestimmten Stoffe (vgl. Erwägungsgründe<br />

der EG-Richtlinie 2002/46).<br />

Während die Nährstoffe (Vitamine und<br />

Mineralstoffe einschließlich Spurenelemente)<br />

in den Anlagen dieser Verordnung<br />

geregelt sind, blieb der Verordnungsgeber<br />

in Bezug auf die „sonstigen Stoffe“ unkonkret.<br />

Sie bilden gleichsam das „Einfallstor“<br />

<strong>für</strong> die unterschiedlichsten Komponenten,<br />

denen unterstellt wird, dass sie eine<br />

ernährungsspezifische oder physiologische<br />

Wirkung besitzen. Es können Kräuter- und<br />

Pflanzenextrakte sein, sekundäre Pflanzenstoffe<br />

wie Phytoöstrogene und Flavonoide,<br />

Produkte tierischen Ursprungs wie Chitosan<br />

und Haifischknorpelextrakt, Mineralien<br />

wie Kieselerde und Zeolithe, definierte<br />

organische Verbindungen wie Glucosaminsulfat<br />

oder Enzyme. Die Abgrenzung zur<br />

pharmakologischen Wirkung kann fließend<br />

sein und an bestimmte Dosierungen<br />

gekoppelt, wie beim Glucosaminsulfat, das<br />

in einer Tagesdosierung von z.B. 600 mg<br />

den Nahrungsergänzungsmitteln zugeordnet<br />

wird, bei Dosierungen von 1500 mg<br />

den Arzneimitteln.<br />

Für die Einstufung als Arzneimittel ist<br />

maßgeblich, ob das Präparat als Gesamtprodukt<br />

eine pharmakologische, immunologische<br />

oder metabolische Funktion<br />

besitzt (Funktionsarzneimittel) und / oder<br />

aufgrund seiner Aufmachung als Mittel zur<br />

Verhütung oder Heilung von Krankheiten<br />

bezeichnet ist (Bezeichnungsarzneimittel).<br />

Nachfolgend werden einige Beispiele aus<br />

der Praxis beschrieben, die einen Einblick<br />

in die Vielfältigkeit der Produktgruppe der<br />

Nahrungsergänzungsmittel und gleichzeitig<br />

in die Problematik der Abgrenzung zu<br />

den Arzneimitteln geben.<br />

Produkte aus dem osteuropäischen Raum<br />

Verschiedene Präparate, die Zimt bzw.<br />

Zimtextrakt in Kapseln enthielten, wurden<br />

als Nahrungsergänzungsmittel in den Verkehr<br />

gebracht. Soweit sie dazu bestimmt<br />

sind, den Blutzuckerspiegel zu beeinflussen<br />

bzw. <strong>für</strong> die Anwendung bei Diabetes<br />

in den Verkehr gebracht werden, handelt<br />

es sich aber um Arzneimittel. Hinzu kommt<br />

die besondere Problematik mit dem Cumaringehalt<br />

in Zimtprodukten. Cumarin hat<br />

zwar einen angenehmen gewürzhaften<br />

Geruch und trägt in verschiedenen Pflanzen<br />

(z.B. Waldmeister) zum Aroma bei.<br />

Andererseits weiß man seit den 50er Jahren,<br />

dass es leberschädigend wirken kann.<br />

Zimt und Zimtprodukte werden deshalb<br />

im ILAT systematisch auf ihren Cumaringehalt<br />

geprüft.<br />

Nach der Verzehrempfehlung laut<br />

Packungsaufdruck der untersuchten Proben<br />

werden täglich mehrere Gramm Zimt<br />

aufgenommen, was bedeutet, dass auch<br />

Cumarin über einen längeren Zeitraum in<br />

den Körper gelangt. Als noch akzeptabel<br />

gilt eine tägliche Aufnahmemenge von 0,1<br />

mg/kg Körpergewicht, wobei Ergebnisse<br />

von Langzeituntersuchungen bei Zimtkapseln<br />

nicht vorliegen. Auch wenn bei den<br />

fraglichen Proben dieser Grenzwert nicht<br />

ausgeschöpft wurde, handelte es sich doch<br />

um Arzneimittel, die ohne Zulassung durch<br />

die Bundesoberbehörde nicht in den Verkehr<br />

gebracht werden dürfen.<br />

Ein von der Staatsanwaltschaft Berlin<br />

eingeliefertes chinesisches Präparat enthielt<br />

den Wirkstoff Sildenafil, bekannt<br />

durch „Viagra“. Im Verkaufsangebot der<br />

Internetplattform „ebay“ wurde es als „ein<br />

auf natürlicher Kräuterbasis hergestelltes<br />

Nahrungsergänzungsmittel“ ausgelobt.<br />

Es handle sich um eine reine chinesische<br />

Kräutermischung zur Anwendung bei einer<br />

vorzeitigen erektilen Dysfunktion.<br />

Tatsächlich enthielt die Probe 95 mg<br />

Sildenafil pro Kapsel, was der maximalen<br />

Dosis Viagra entspricht.<br />

Kontraindiziert ist Sildenafil bei allen<br />

Patienten, die auf Grund einer koronaren<br />

Herzerkrankung oder anderweitiger<br />

Herzschädigungen regelmäßig<br />

bestimmte Medikamente benötigen.<br />

Die gleichzeitige Einnahme dieser<br />

Wirkstoffe kann zu einem lebensbedrohlichen<br />

Kreislaufabfall führen. Gefährdet<br />

sind auch Patienten mit frischem Herzinfarkt<br />

oder Schlaganfall (< 6 Monate)<br />

sowie mit schweren Augenerkrankungen.<br />

Die unkontrollierte Einnahme dieser<br />

„reinen chinesischen Kräutermischung“<br />

kann auch wegen der Höhe der Dosis zu<br />

einer akuten Gefährdung des Patienten<br />

führen.<br />

Einsendungen des Landeskriminalamtes<br />

<strong>für</strong> die Staatsanwaltschaft Berlin enthielten<br />

Ephedrin in Kombination mit Coffein<br />

und weiteren Stoffen. Ephedrin hat eine<br />

auch in Laienkreisen weithin bekannte<br />

anregende und amphetaminartig aufputschende<br />

Wirkung, die durch den<br />

Coffeinzusatz noch verstärkt wird. Es sind<br />

zahlreiche Fälle von Missbrauch, auch<br />

als Dopingmittel, bekannt. Präparate<br />

mit Ephedrin bzw. mit der Kombination<br />

Ephedrin/Coffein werden als verschreibungspflichtige<br />

Arzneimittel eingestuft.<br />

Ins Blickfeld der Strafverfolgungsbehörden<br />

geraten immer wieder Präparate<br />

aus der Bodybuildingszene, die über<br />

das Internet, aber durchaus auch über<br />

Fitnessstudios angeboten werden. Sie<br />

haben die Aufgabe, den Muskelaufbau<br />

zu fördern und gleichzeitig die Fettverbrennung<br />

zu unterstützen. Das „Durchhaltevermögen“<br />

wird gestärkt, das<br />

Trainingsziel schneller erreicht. Hierbei<br />

werden verschiedene Stoffe zugeführt:<br />

Stoffwechselprodukte sollen über eine<br />

Erhöhung des Blutspiegels die physiologischen<br />

Vorgänge in der menschlichen<br />

Zelle beschleunigen (Beispiel: Carnitin<br />

zur Beschleunigung des Fettabbaus),<br />

anregende Verbindungen wie Coffein,<br />

Ephedrin oder Synephrin das Hungergefühl<br />

unterdrücken und gleichzeitig<br />

bestimmte metabolisierende Vorgänge<br />

ankurbeln, hochdosierte Vitamine nicht<br />

nur den erhöhten Bedarf kompensieren<br />

und „pflanzliche Präparate“ z.B. aus Tribulus<br />

terrestris als „Testosteronbooster“<br />

wirken. Besonders gefährlich sind Präparate<br />

mit synthetischen Androgenen, die<br />

bei unkontrollierter Einnahme erhebliche<br />

Nebenwirkungen besitzen.<br />

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