01.11.2012 Aufrufe

Paar- und Familienstruktur bei Klinikaufnahme

Paar- und Familienstruktur bei Klinikaufnahme

Paar- und Familienstruktur bei Klinikaufnahme

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

406 Stephan Stolz<br />

Mehrgenerationensystem<br />

Ressourcen: Frau S. ist in ein familiäres System ihrer Herkunftsfamilie eingeb<strong>und</strong>en,<br />

das ihr für Krisenzeiten ein intensives Stützsystem anbietet. Wichtigste Person<br />

ist hier<strong>bei</strong> vor allem ihre Mutter.<br />

Stressoren: Die Eltern von Frau S. trennten sich, als sie ca. zwei Jahre alt war. Der<br />

Vater war Alkoholiker <strong>und</strong> kehrte nach der Scheidung in seine türkische Heimat<br />

zurück. Frau S. hatte nur spärlichen Kontakt zu ihm, verspürte aber immer wieder<br />

eine tiefe Sehnsucht nach dem Vater. Die Mutter von Frau S. bezeichnete ihre Tochter<br />

liebevoll als ,,Prinzessin“, eine Bezeichnung, die metaphorisch ihre Stellung in<br />

der Herkunftsfamilie treffend beschreibt. Die Etablierung der Partnerschaft vollzog<br />

sich kurz nach einem Verheiratungsversuch durch ihren Vater mit einem damals<br />

30-jährigen Landsmann während einer Urlaubsreise in dessen Heimat. Frau S. war<br />

zu diesem Zeitpunkt zwölf Jahre alt. Frau S. schloß sieben Jahre später die Ehe<br />

gegen den Widerstand ihrer Herkunftsfamilie.<br />

Extrafamiliäre soziale Systeme<br />

Ressourcen: Frau S. verfügte prämorbid über einen großen Fre<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Bekanntenkreis.<br />

Insbesondere zu einer Fre<strong>und</strong>in hatte sie ein sehr vertrauensvolles Verhältnis.<br />

Auch an ihrem Ar<strong>bei</strong>tsplatz war sie in ein funktionierendes kollegiales System<br />

eingebettet. In beruflicher Hinsicht genießt sie, bezogen auf sozialversicherungsrechtliche<br />

Belange, die Vorteile einer Beamtenanwärterin - eine Tatsache, die sich<br />

im späteren Rehabilitationsverlauf als äußerst vorteilhaft erweisen sollte.<br />

Stressoren: keine.<br />

(2) <strong>Paar</strong>- <strong>und</strong> <strong>Familienstruktur</strong> <strong>bei</strong> <strong>Klinikaufnahme</strong>:<br />

Interaktion Familiensystem <strong>und</strong> Therapeutensystem<br />

Bei der Anamneseerhebung machte Frau S. deutlich, daß sie <strong>und</strong> ihr Mann die gemeinsame<br />

Beziehung wieder aufgenommen hätten. Ihr gemeinsames Ziel für den<br />

Zeitpunkt nach dem ersten Rehabilitationsaufenthalt war die Fortführung der Ehe.<br />

Gleichzeitig machte Frau S. deutlich, daß von Seiten ihrer Herkunftsfamilie erheblicher<br />

sozialer Druck bestünde. Eine besonders dominante Rolle nahm da<strong>bei</strong> ihre Mutter<br />

ein, die von den Unfallfolgen vollkommen überfordert war. Das Verhalten der Mutter<br />

war durch erhebliches Überengagement gekennzeichnet: So wurde Frau S. von<br />

ihrer Mutter zu allen Therapien mit Ausnahme der Neuropsychologie begleitet. Ihre<br />

Anwesenheit war aber in dieser frühen Phase der Rehabilitation von Therapeutenseite<br />

nur bedingt erwünscht <strong>und</strong> störte den Therapieprozeß. Außerdem konnte festgestellt<br />

werden, daß Frau S. viel entspannter war, wenn sie alleine zu den Therapien gehen<br />

konnte. Auch äußerte sie direkt, daß ,,. . . meine Mutter viel zu besorgt, um mich ist<br />

. . . “ bzw. ,,. . . wie soll ich ges<strong>und</strong> werden, wenn sie immer anwesend ist . . .“.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!