Paar- und Familienstruktur bei Klinikaufnahme
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430 Josef Pössl & Norbert Mai<br />
rade in diesem Punkt kann eine Elterngruppe sehr hilfreich sein <strong>und</strong> nützliche Vorgehensweisen<br />
vermitteln. Problematisch ist es nämlich, wenn die Eltern nur Verbote<br />
aussprechen <strong>und</strong> keine Angebote zur Verfügung haben. Die betroffenen Jugendlichen<br />
erleben zur Genüge, was nicht mehr geht. Eine mögliche Strategie besteht<br />
darin, zu den risikoreichen Unternehmungen Alternativen zu suchen, wo die Jugendlichen<br />
gefahrloser ihre Grenzen ausprobieren können. Ein schrittweises Vorgehen,<br />
z. B. anfangs in Begleitung der Eltern etwas zu unternehmen, stellt eine weitere<br />
Möglichkeit dar. Hier können sich die Eltern über die Leistungsfähigkeit des<br />
Jugendlichen ein authentisches Bild machen. Auch vergessen manche Eltern, ihre<br />
eigenen Ängste <strong>und</strong> Befürchtungen den Jugendlichen anders als in der Form ängstlicher<br />
Verbote verständlich zu machen. Letztendlich sollten alle Beteiligten gemeinsam<br />
herausfinden, wo die Grenzen der Leistungsfähigkeit liegen.<br />
Probleme mit der mangelnden Einsicht der Jugendlichen<br />
Im Zusammenhang mit den obigen Ausführungen wird von den Eltern stets die<br />
mangelnde Einsicht der Jugendlichen hinsichtlich der Realisierungsmöglichkeiten<br />
ihrer Wünsche beklagt. Meistens stehen die Eltern dem sehr hilflos gegenüber. Die<br />
Teilnehmer schilderten, daß sie vor allem in der ersten Zeit nach der Hirnverletzung<br />
versucht hätten, den Jugendlichen von der Undurchführbarkeit mancher Pläne wie<br />
gewohnt vernunftgemäß zu überzeugen. Dies führte häufig nur zu langwierigen,<br />
aber nutzlosen Diskussionen, die mit Streit <strong>und</strong> Verstimmung endeten. Solche für<br />
<strong>bei</strong>de Seiten unschönen Situationen wären aber vermeidbar gewesen. Den Hinweis,<br />
daß die Beeinträchtigungen der Einsichtsfähigkeit zumindest teilweise mit den hirnschädigungsbedingten<br />
Störungen in Zusammenhang stehen, bekamen die Eltern oft<br />
nur am Rande <strong>und</strong> sehr spät. Erst im Laufe der Zeit lernten sie, manche dieser<br />
fruchtlosen Diskussionen zu umgehen, indem sie die Klärung auf die Zukunft verschoben,<br />
d.h. vom weiteren Genesungsverlauf abhängig machten.<br />
Eine solche Strategie ist natürlich in einer späteren Phase nicht mehr so ohne weiteres<br />
anwendbar. Hier ist es angezeigt, daß sich die Eltern von ,,objektiven“ Instanzen<br />
Hilfe holen, die gegebenenfalls auch die Ansicht der Eltern über die Undurchführbarkeit<br />
mancher Unternehmung zu korrigieren vermögen. Eine solche Anlaufstelle<br />
kann z. B. der Therapeut oder Arzt der Rehabilitationseinrichtung sein, der in<br />
dieser Beziehung etwas mehr Einfluß auf den Patienten hat als die Eltern. Unter<br />
Umständen läßt sich in der Klinik auch ein Treffen mit anderen betroffenen Jugendlichen<br />
arrangieren, um realistischere Einstellungen zu fördern. Doch werden die<br />
Klinikmitar<strong>bei</strong>ter zu selten oder oftmals sehr spät eingeschaltet. Eine andere Möglichkeit<br />
ist die Einbeziehung der Fre<strong>und</strong>e, sofern zu solchen noch Kontakt besteht.<br />
Auch von ihnen lassen sich die hirnverletzten Jugendlichen manches eher sagen als<br />
von den Eltern. Zuletzt soll hinsichtlich des von den Jugendlichen oft diskutierten<br />
Themas des Autofahrens auf die Organisation des TÜV als unabhängige Instanz<br />
hingewiesen werden.