Paar- und Familienstruktur bei Klinikaufnahme
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426 Josef Pössl & Norbert Mai<br />
Fisher (1993) aufmerksam. Bei 10 von 13 untersuchten Geschwistern von jugendlichen<br />
Patienten mit einem Schädel-Hirn-Trauma waren psychische Auffälligkeiten<br />
feststellbar, was für die Eltern eine zusätzliche Belastung darstellt.<br />
Der Blick auf die Eltern ist aber noch aus einem anderen Gr<strong>und</strong> angezeigt. In den<br />
meisten Fällen sind die jungen Patienten nach der Hirnschädigung wieder auf die<br />
Unterstützung der Eltern angewiesen. Eine befriedigende psychosoziale Anpassung<br />
jugendlicher Hirnverletzter ist somit ohne den Beitrag der Eltern nicht denkbar. Die<br />
Heranwachsenden befinden sich aber in dem Dilemma, daß sie einerseits die Hilfe<br />
der Familie benötigen, anderseits jedoch so weit wie möglich selbständig werden<br />
wollen <strong>und</strong> auch müssen. Die diesbezüglichen Erfahrungen der Betroffenen sind in<br />
der Studie von Schneider, Weißhaupt <strong>und</strong> Mai (1993) anschaulich dargestellt. Allerdings<br />
machen die Schilderungen der Jugendlichen offenk<strong>und</strong>ig, welche gr<strong>und</strong>legende<br />
Verunsicherung im Umgang mit der veränderten Lebenssituation auch <strong>bei</strong><br />
den Eltern besteht. Die mangelnde Aufklärung <strong>und</strong> Beratung von Eltern <strong>und</strong> Partnern,<br />
insbesondere hinsichtlich der Spätfolgen einer Hirnverletzung, kommt ebenfalls<br />
in der Befragung von McMordie, Rogers <strong>und</strong> Barker (1991) zum Ausdruck.<br />
Dies zeigt, daß eine intensivere Einbeziehung der Eltern <strong>und</strong> generell der Angehörigen<br />
in die rehabilitativen Maßnahmen dringend erforderlich ist. Allerdings existieren<br />
für die praktische Umsetzung nur wenige konzeptuelle Leitlinien, um die<br />
Zusammenar<strong>bei</strong>t zwischen dem Behandlungsteam <strong>und</strong> den Angehörigen sicherzustellen<br />
(McNeny & Wilcox, 1991). Gr<strong>und</strong>legende Ansatzpunkte für eine Betreuung<br />
in Form einer Elterngruppe, wie sie in einer Tagklinik oder einem anderen ambulanten<br />
Setting realisierbar ist, werden im folgenden dargestellt.<br />
Konzeption der Gruppen <strong>und</strong> Merkmale der Patienten<br />
Im Rahmen eines Projekts zur Angehörigenbetreuung sind auch die Eltern mehrerer<br />
ehemaliger Patienten aus der Tagklinik der Abteilung für Neuropsychologie des Städtischen<br />
Krankenhauses München-Bogenhausen mit der Bitte angeschrieben worden,<br />
in Gesprächsr<strong>und</strong>en über ihre Erfahrungen als Mitbetroffene zu berichten. Ziel<br />
dieses Projekts war es, Anregungen <strong>und</strong> Ratschläge von erfahrenen Angehörigen<br />
für die Bewältigung alltäglicher Probleme, die nun auf die gesamte Familie zukommen,<br />
zu sammeln. Dazu wurden die Sitzungen auf Tonband aufgenommen <strong>und</strong> anschließend<br />
transkribiert. Aus den Aufzeichnungen wurde ein Ratgeber für Angehörige<br />
hirngeschädigter Patienten erstellt (Pössl & Mai, 1996). Weiterhin sollte erfaßt<br />
werden, welche Art von Unterstützung die Angehörigen von Seiten der Klinik <strong>und</strong><br />
der rehabilitativen Einrichtung als erforderlich angesehen hätten <strong>und</strong> eventuell vermißt<br />
haben.<br />
Die Eltern von sieben Patienten erklärten sich zeitlich in der Lage <strong>und</strong> bereit, an<br />
regelmäßig stattfindenden Gesprächsr<strong>und</strong>en teilzunehmen. Bei sechs dieser Patienten<br />
handelte es sich um männliche Jugendliche, die ein schweres Schädel-Hirn-<br />
Trauma erlitten haben. Bei der siebten, einer weiblichen Heranwachsenden, mußte