AKTUELLES HEFT [Umrisse] Zeitschrift für Baukultur 1/2 - 2013
AKTUELLES HEFT [Umrisse] Zeitschrift für Baukultur 1/2 - 2013
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Zwei Städte, zwei Weltsichten<br />
Bücher ]<br />
Parkhausplanung mit Qualität<br />
Bereits bei flüchtiger Betrachtung macht<br />
diese Neuerscheinung großen, einen im<br />
doppelten Sinne des Wortes schwergewichtigen<br />
Eindruck, umfasst sie doch zwei<br />
Bände von 556 Seiten Gesamtumfang, die<br />
sich in einem Schuber aus stabilem, graublau<br />
getöntem Karton befinden. Der vom<br />
Autor gewählte Untertitel »Handbuch«<br />
muss infolgedessen als ein Euphemismus<br />
bezeichnet werden, der wohl aus der<br />
Intention resultiert, den Nutzwert seiner<br />
Publikation zu verdeutlichen.<br />
Und über den Nutzwert von »Parkhäuser<br />
und Tiefgaragen«, der von ihm erarbeiteten<br />
und in jeder Hinsicht ebenso ausführlichen<br />
wie informativen Veröffentlichung kann es<br />
kaum Zweifel geben: Während der erste,<br />
»Grundlagen für die Planung« überschriebene<br />
Band eine nachgerade erschöpfende<br />
Vielfalt an Kriterien von den diversen Anforderungen<br />
über die einschlägigen Richtlinien<br />
und Verordnungen bis hin zu den<br />
Entwurfsansätzen, Tragstrukturen und<br />
Konstruktionselementen thematisiert,<br />
wobei den mechanischen und automatischen<br />
Parksystemen eigene Kapitel<br />
gewidmet sind, werden im zweiten Teil<br />
namens »Bauten und Projekte« gelungene<br />
Beispiele jüngeren Datums vorgestellt,<br />
ebenfalls anschaulich gegliedert, kompetent<br />
erläutert und angemessen bebildert.<br />
Einzelne Aspekte hier herausgreifen und<br />
näher be- oder gar durchleuchten zu wollen<br />
verbietet sich daher von selbst. Dem<br />
Rezensenten bleibt also letztendlich nur<br />
die Möglichkeit einer einzigen Schlussfolgerung,<br />
die dementsprechend auch<br />
in eine (Kauf-)Empfehlung mündet: Mit<br />
seinem »Handbuch« hat Ilja Irmscher ein<br />
Standardwerk vorgelegt, das Architekten<br />
und Ingenieure in toto lesen sollten –<br />
bevor sie mit der Konzeption, ja der Ideenentwicklung<br />
für die von ihnen zu realisierenden<br />
Baukörper beginnen.<br />
Michael Wiederspahn<br />
Ilja Irmscher: Parkhäuser und Tiefgaragen.<br />
Handbuch und Planungshilfe. DOM Publishers,<br />
Berlin 2012. 556 S., 1.225 Abb., geb.,<br />
2 Bände im Schuber, 98 €.<br />
Berlin ist nicht Bonn − und auch nicht<br />
Paris. Während das Werden der bundesdeutschen<br />
Hauptstadt in den letzten Jahren<br />
häufig mit dem ihres alten rheinischen<br />
Gegenparts verglichen wurde, eröffnet<br />
eine Publikation nun einen neuen, europäischen<br />
Blickwinkel: »Die gebaute Republik.<br />
Zur umkämpften Ordnung der Hauptstadtarchitekturen<br />
in Berlin und Paris« des<br />
Soziologen Christian Peters analysiert<br />
die städtischen Gefüge und die architektonisch<br />
in sie eingeschriebenen gesellschaftlichen<br />
Implikationen.<br />
Mitterrands kulturpolitische Bautätigkeit<br />
wird dabei vor dem Hintergrund der<br />
Stadtgeschichte ausgelotet und der ihr<br />
zugrundeliegende Paradigmenwechsel<br />
dechiffriert. Und: Während Paris eine<br />
kontinuierliche nationale französische<br />
Erzählung ist und Bonn immer eine Negativfolie<br />
war, steht Berlin für eine nationale<br />
Erinnerungskultur der Diskontinuitäten −<br />
allerdings ohne Gründungsmythos und<br />
dafür mit teilweise recodierten Gebäuden.<br />
Wenn Peters nachweist, wie Hauptstädte<br />
im Mikrokosmos Nationalgeschichte abbilden,<br />
wird verständlich, warum Berlin<br />
als Neuerzählung und Neuschöpfung<br />
nationalen Selbstverständnisses »werden«<br />
und Bonn »vergehen« musste.<br />
Es geht um gestaltete Orte und die ihnen<br />
eingeschriebenen Möglichkeitsräume,<br />
um Macht und Identität, Bewusstsein und<br />
Symbole. Was in den hinlänglich bekannten<br />
Debatten um Berlin immer wieder eine<br />
emotionale Vermengung erfährt, analysiert<br />
der Soziologe sorgfältig und verdeutlicht<br />
die zentrale Rolle, die der Stadt durch die<br />
Neudefinition von Ost und West nach dem<br />
Fall der Mauer in der Neuordnung der<br />
politischen Landschaft zufiel.<br />
Die auf der Dissertation des Autors basierende<br />
Veröffentlichung ist unbedingt empfehlenswert,<br />
denn es gelingt ihm, bei aller<br />
akademischen Wissenschaftlichkeit, in<br />
bildhafter und lebendiger Sprache komplexe<br />
Bezüge leicht verständlich zu vermitteln,<br />
was die Lektüre zu einer spannenden<br />
Entdeckungsreise macht.<br />
Elisabeth Plessen<br />
Christian Peters: Die gebaute Republik.<br />
Zur umkämpften Ordnung der Hauptstadtarchitekturen<br />
in Berlin und Paris. Verlag<br />
Königshausen & Neumann, Würzburg<br />
2012. 292 S., zahlr. Abb., kart., 39,80 €.<br />
Tankstelle(n) in neun Kapiteln<br />
Trotz allen Umweltbewusstseins, der<br />
nicht nur politisch korrekten Forderung<br />
nach Ressourcenschonung und damit des<br />
Verzichts auf kraftstoffzehrende Fortbewegungsmittel<br />
soll es tatsächlich noch Unbelehrbare<br />
geben, die den Motor ihrer zweioder<br />
vierrädrigen, mit raffineriertem Erdöl<br />
betriebenen Fahrzeuge gerne anzulassen<br />
pflegen – und sich zudem für deren Entwicklung,<br />
ja sogar für die der zugehörigen<br />
Behausungen und Energieversorgungseinrichtungen<br />
zu interessieren vermögen.<br />
An solche Automobilisten von (vermeintlich)<br />
vorgestriger Gesinnung wendet sich<br />
nun Christof Vieweg mit einem Buch, das<br />
er höchst passend mit »Volltanken bitte!«<br />
betitelt hat. Diese Formulierung ist quasi<br />
Programm: Fernab wohlmeinender Streitschriften<br />
oder irgendwelcher Forschungsarbeiten,<br />
die nicht selten ein Lektürevergnügen<br />
von eher ambivalentem Charakter<br />
bieten, geht es hier weniger um Zahlen,<br />
Daten, Fakten, sondern vielmehr um das,<br />
was nach landläufiger Auffassung eigentlich<br />
nicht existieren dürfte, nämlich die<br />
durchaus freudvoll bis beglückend zu<br />
nennenden (Erfahrungs-)Momente in einer<br />
immerhin 100-jährigen Kulturgeschichte.<br />
Die insgesamt 144 Seiten vermitteln infolgedessen<br />
Impressionen, und zwar ebenso<br />
abgas- wie chronologiebefreit, indem sie<br />
mit oftmals doppelseitigen Abbildungen<br />
von zeittypischen, also älteren und jüngeren<br />
Bauwerken, berühmten Werbeplakaten,<br />
exemplarischen Zapfsäulen und -pistolen,<br />
großen wie kleinen Kanistern, Produktionsstätten,<br />
Rohrleitungen und historischen<br />
wie künftigen Befüllungssituationen aufwarten.<br />
Über die Qualität der Fotos und<br />
des Layouts kann man sicherlich streiten,<br />
von dem vergleichsweise geringen Umfang<br />
an Text(en) wird der geneigte Leser hingegen<br />
begeistert sein, im Übrigen genauso<br />
vom Tenor jener lebendigen Nacherzählung<br />
in neun bestens, weil bedenkenlos goutierbaren<br />
Kapiteln.<br />
Michael Wiederspahn<br />
Christof Vieweg: Volltanken bitte! 100 Jahre<br />
Tankstelle. Delius Klasing Verlag, Bielefeld<br />
2011. 144 S., 59 Abb., geb., 29,90 €.<br />
80] [<strong>Umrisse</strong>]