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a k t u e l l e s I n t e r v i e w<br />
Nachgefragt<br />
bei Ueli Jud, CFO und Verwaltungsrat Johann Müller AG (JMS)<br />
Herr Jud, wo sind Sie aufgewachsen<br />
und wo leben Sie?<br />
Ich bin in Schmerikon geboren und aufgewachsen<br />
und lebte hier mit ein paar<br />
Jahren Ausbildungsabwesenheiten bis<br />
vor rund einen Monat. Ich habe als<br />
Kind noch Seebaggerungen erlebt und<br />
mein erstes Sackgeld als Gehilfe auf dem<br />
Schiff mit Arbeitseinsätzen bis zu 18<br />
Stunden pro Tag in den Ferien erlebt.<br />
Sie führen in der dritten Generation<br />
mit Ihrem Bruder Beat das Unternehmen.<br />
Hatten Sie nie den Wunsch<br />
etwas komplett anderes zu tun?<br />
Im Kindergarten wollte ich Missionar,<br />
in der Primarschule Pilot werden. Helfen,<br />
Botschaften und Weisheiten weiterzugeben<br />
hatten für mich immer einen<br />
hohen Reiz. Zu Beginn meiner Uni-<br />
Zeit wollte ich Handelslehrer werden,<br />
was ich auch abschloss. Durch die Entscheidung<br />
meiner Eltern, die Mehrheit<br />
der Firma zu erwerben, kam ich in die<br />
Unternehmung.<br />
1988 wurden Sie in den Vorstand<br />
des St. Galler Kiesverbandes gewählt.<br />
Und wenig später fasst die<br />
Ökologie sogar im Schweizerischen<br />
Fachverband Fuss. Wie kam das?<br />
Der Vorstand musste sich aktiv mit den<br />
neuen Gesetzen wie Raumplanungsund<br />
Umweltschutzgesetzgebung auseinandersetzen.<br />
Naturschutzorganisationen<br />
waren unsere erklärten Gegner. An<br />
einer Strategiesitzung ging es um den<br />
Umgang mit diesen «Erzfeinden». Unser<br />
Präsident vertrat die Auffassung, dass<br />
eine Zusammenarbeit nicht möglich sei.<br />
Unsere Berater forderten uns aber auf,<br />
eine aktive Strategie zu fahren. Sie waren<br />
der Meinung, dass der grösste Gegner<br />
nicht ignoriert werden könne. Ein erstes<br />
Ergebnis war die Organisation einer<br />
Fachtagung zusammen mit den kantonalen<br />
Ämtern zum Thema Kiesabbau<br />
und –bewilligungsverfahren. Wir fragten<br />
den damaligen Geschäftsführer des<br />
Naturschutzbundes St. Gallen – Appenzell,<br />
Pierre Walz an, ob er ein Referat<br />
halten würde, welcher zu unserer Überraschung<br />
zusagte. Zur selben Zeit besuchte<br />
ich, auf Rat meiner Frau, eine<br />
Veranstaltung an der Hochschule Rapperswil,<br />
wo Albert Krebs über Pionierarten<br />
und ihre Lebensvielfalt referierte. Er zeigte<br />
so packende Bilder, dass ich von seinem<br />
Referat und jenem von Pierre Walz dermassen<br />
beeindruckt war, dass ich damit<br />
den Einstieg, in eine für mich völlig<br />
unbekannte, aber faszinierende Welt fand.<br />
Darauf beschloss der Kantonalverband<br />
aufzuzeigen, welch einmaliges Leben in<br />
den Kiesgruben entstehen und sich entwickeln<br />
kann. Daraus sollte ein Leitfaden<br />
für unsere Unternehmer entstehen, der<br />
zeigte, dass auch aus Umweltschutzgründen<br />
Abbaustellen legitimiert werden können.<br />
Unsere Unternehmer wurden für die<br />
neuen Lebensräume sensibilisiert, ihnen<br />
wurde konkret aufgezeigt, dass mit verhältnismässig<br />
wenig Aufwand, sehr viel<br />
Gutes zu Gunsten der Natur entstehen<br />
kann. Uns wurde bewusst, dass eine aktive<br />
Arbeit in diese Richtung ungeahnte Freunde<br />
aus Naturschutzkreisen generieren<br />
konnte. Nach Abschluss unserer kantonalen<br />
Arbeit drängten wir den nationalen<br />
Fachverband erfolgreich, unsere Arbeit als<br />
schweizerisches Richtlinienwerk für die<br />
Kiesindustrie herauszugeben. Die Arbeit<br />
war nicht nur Pionierwerk, sondern erreichte<br />
vor allem schnell eine breite Anerkennung<br />
in der Branche und in den Kreisen<br />
der aktiven Naturschützer. Mit der<br />
Broschüre «Kiesabbau und Umwelt» gelang<br />
es uns, einer breiten Öffentlichkeit<br />
darzulegen, dass Kiesabbau nur eine Nutzung<br />
auf Zeit ist, dass mit viel Planungsaufwand,<br />
gutem Willen und etwas Geld<br />
auch für die Zeit nach dem Kiesabbau viel<br />
zur Verfügung gestellt werden kann.<br />
Weshalb sind nicht alle Abbaubetriebe<br />
für ökologische Anliegen offen?<br />
Weil teilweise die Rahmenbedingungen<br />
nicht gegeben sind. Wir haben einen starken<br />
Zeitdruck, laufend zu rekultivieren. Die<br />
heutzutage für viele Landwirte sehr angespannten<br />
wirtschaftlichen Verhältnisse<br />
führen schliesslich dazu, dass die Bereitschaft<br />
Land als ökologische Ausgleichsflächen<br />
nach erfolgtem Abbau zur Verfügung<br />
zu stellen immer weniger vorhanden ist.<br />
Wie löst die JMS dieses Problem?<br />
Heute lebt die JMS praktisch nur noch<br />
davon, dass wir dort, wo wir Projekte haben,<br />
über eigenes Land verfügen. Dies<br />
© JMS<br />
schwindet jedoch seit der Einführung<br />
des Bundesgesetzes über das bäuerliche<br />
Bodenrecht immer mehr. Wir haben<br />
das Ziel erkannt und in unserem Verband<br />
eine Arbeitsgruppe gegründet, die<br />
ein Konzept erarbeitete, welches die<br />
langfristige Sicherstellung von ökologischen<br />
Ausgleichsflächen in Abbaustellen<br />
zum Ziel hat.<br />
Wie ist Ueli Jud privat?<br />
Ich bin leidenschaftlich gerne zu Hause,<br />
im Kreise meiner Familie. Ebenso gehe<br />
ich gerne ausgedehnt wandern und liebe<br />
das Reisen in ferne Länder. Dabei<br />
auch noch einen Taucher in die Meereswelt<br />
vornehmen zu können, ist das<br />
höchste aller Gefühle. Ferien dienen der<br />
Erholung, aber auch dem geistigen Ausarbeiten<br />
beruflicher und gesellschaftlicher<br />
Fragestellungen und -problemen.<br />
Eine persönliche Botschaft?<br />
Es wäre schön, wenn Unternehmen,<br />
Private, Gesellschaft und Politik vermehrt<br />
nach dem Motto leben würden:<br />
«Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es<br />
- und was du tust, das tue mit Verstand,<br />
Hingabe und Herz».<br />
Unsere Welt sollte nicht noch mehr<br />
theoretisch und nicht noch mehr medial<br />
gesteuert und politisch ausgerichtet<br />
werden. Sie müsste vermehrt pragmatischer<br />
und unsere Unternehmen in<br />
ihrer Leistung ethischer orientiert werden<br />
– zu unserem eigenen Wohle. Unsere<br />
Natur und unsere Kinder werden es<br />
uns verdanken.<br />
Sarah Marthaler<br />
32 <strong><strong>Schwyz</strong>er</strong> panda 4/2011