Nr. 09 November 2010 Geronto-News Die Online-Fachzeitschrift für
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Alt und behindert: Eine Herausforderung <strong>für</strong> die Geriatrie<br />
Erstmals haben Menschen mit körperlicher, geistiger oder psychischer Behinderung die<br />
Chance, ein hohes Alter zu erreichen. Doch weder Medizin noch Pflege und erst recht nicht<br />
die Gesellschaft als solche schlechthin scheinen darauf vorbereitet zu sein.<br />
Menschen überleben nach schweren Unfällen,<br />
bleiben aber behindert. Querschnittgelähmte<br />
werden nicht mehr von Komplikationen wie<br />
Harnwegsinfektionen bedroht. Juvenile DiabetikerInnen<br />
haben eine Chance, mit ihrer<br />
Stoffwechselstörung in die Jahre zu kommen.<br />
Und auch im Hinblick auf die Verbrechen des<br />
Nazi-Regimes kann behauptet werden , dass<br />
bei Geburt behinderte Menschen erstmals die<br />
Chance haben, ein hohes Alter zu erreichen.<br />
Auseinandersetzung dringend nötig<br />
Konkrete Zahlen, wie viele Menschen mit körperlichen,<br />
geistigen oder psychischen Behinderungen<br />
in Österreich leben, wie alt sie sind<br />
und welchen Hilfsbedarf sie haben, gibt es<br />
jedoch kaum. Es scheint sich bislang niemand<br />
damit auseinander gesetzt zu haben. Selbst in<br />
der Fachliteratur ist zum Thema "Alter und<br />
Behinderung" so gut wie keine Publikation zu<br />
finden, und auch behindertenspezifische Präventionen<br />
sind meist Einzelinitiativen.<br />
<strong>Die</strong> "Biografie der Behinderung" hat jedoch<br />
erheblichen Einfluss auf das Altern beziehungsweise<br />
auf die geriatrische Rehabilitation.<br />
"<strong>Die</strong> Rehabilitation ist schwieriger und aufwändiger,<br />
etwa wenn ein stabiles Standbein<br />
nach einem Oberschenkelhalsbruch fehlt oder<br />
wenn der mechanische Rollstuhl plötzlich nicht<br />
mehr genügt, weil die Kraft der Arme schwindet",<br />
berichtet eine Fachärztin <strong>für</strong> Physikalische<br />
Medizin und Rehabilitation aus der Praxis<br />
an ihrer Abteilung am Wiener Sophienspital.<br />
Behindert alt werden ...<br />
"Grundsätzlich haben ältere Menschen mit<br />
Behinderung dieselben Probleme wie Jüngere.<br />
Sie leben in einem Gleichgewicht zwischen<br />
Kompensation und Funktionseinschränkung",<br />
sagt Dr. Beat Gründler vom Geriatrischen<br />
Konsiliar- und Beratungsdienst in St. Gallen.<br />
Allerdings: "Durch das zunehmende Alter wird<br />
es immer schwieriger die Funktionseinschränkungen<br />
voll zu kompensieren." Demenz, Isolation,<br />
ein Sturz, das Nachlassen von Sehkraft<br />
und Gehör, Inkontinenz oder andere Mobilitätseinschränkungen<br />
bringen das labile Gleichgewicht<br />
ins Wanken.<br />
Schwerpunkt<br />
11<br />
... oder im Alter behindert?<br />
Langjährige Erfahrung in der Rehabilitation<br />
behinderter Menschen aller Altersstufen hat<br />
Prim. Dr. Gerd Korisek, Ärztlicher Leiter des<br />
AUVA-Rehabilitationszentrums Tobelbad. "Es<br />
macht einen großen Unterschied, ob eine Behinderung<br />
in der Jugend oder erst im höheren<br />
Alter erworben wurde." Muss einem jungen<br />
Menschen der Unterschenkel amputiert werden,<br />
dann gelingt es ihm in der Regel recht<br />
gut, die Prothese als Ersatzglied in sein Körperschema<br />
zu integrieren. "Mitunter trifft man<br />
ihn dann einige Jahre später auf der Skipiste",<br />
erzählt Korisek. Ältere Menschen kommen viel<br />
schwerer mit dieser Situation zurecht. "Da<br />
begrenzen sich die Rehabilitationsmöglichkeiten<br />
mitunter auf Rollstuhltraining."<br />
Tatsache ist auch, dass es in Österreich Unterschiede<br />
in der Rehabilitation gibt: Wer einen<br />
Arbeitsunfall erleidet, wird vom Netz der<br />
AUVA aufgefangen, wer nach einem Freizeitunfall<br />
oder einer anderen Erkrankung behindert<br />
bleibt, wird mitunter zwischen den Versicherungsträgern<br />
hin- und hergeschoben.<br />
"Kommt die Pensionsversicherungsanstalt <strong>für</strong><br />
die Rehabilitationskosten nicht auf, weil eine<br />
berufliche Rehabilitation nicht mehr möglich<br />
ist, dann ist der jeweilige Krankenversicherungsträger<br />
zuständig", erklärt Korisek.