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Nr. 09 November 2010 Geronto-News Die Online-Fachzeitschrift für

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Alt und blind<br />

<strong>Die</strong> Altenhilfe ist nicht ausreichend auf die steigende Zahl älterer Menschen mit Sehbehinderungen<br />

vorbereitet. Dabei gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten, wie den Betroffenen<br />

wieder zu mehr Lebensqualität verholfen werden kann. In diesem Zusammenhang weist<br />

das Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA) auf die demografische Entwicklung hin, aufgrund<br />

der auch die altersbedingten Augenerkrankungen unausweichlich steigen werden.<br />

"Fast die Hälfte aller neuerblindeten Menschen<br />

sind über 80 Jahre alt", so Professor Dr. Norbert<br />

Pfeiffer von der Universitäts-Augenklinik<br />

in Mainz und zweiter Vizepräsident der Deutschen<br />

Ophthalmologischen Gesellschaft. Der<br />

Mediziner geht davon aus, dass es 2030 30%<br />

mehr blinde Menschen und hochgradig Sehbehinderte<br />

geben wird als heute.<br />

Derzeit leben alleine in der Bundesrepublik<br />

rund 145.000 Blinde und eine halbe Million<br />

Sehbehinderte. Bei diesen Angaben handele<br />

es sich jedoch um Untergrenzen, da die gesetzlichen<br />

Definitionen <strong>für</strong> Sehbehinderungen<br />

in Deutschland sehr viel strenger und enger<br />

gefasst seien als in anderen Ländern.<br />

Auf den prognostizierten Anstieg der Altersblinden<br />

und sehbehinderten alten Menschen<br />

ist die Altenhilfe nicht vorbereitet. "Viele Pflegepersonen<br />

wissen einfach zu wenig über<br />

deren Situation und die speziellen Probleme<br />

und sind erst recht nicht im Umgang mit ihnen<br />

geschult", urteilt Hans-Eugen Schulze, Beauftragter<br />

<strong>für</strong> Blinden- und Sehbehindertendienste<br />

der Evangelischen Landeskirche in Baden.<br />

Schulzes Einschätzung bestätigt auch Hans-<br />

Joachim Meyer: "Ich bin verblüfft, wie wenig<br />

die MitarbeiterInnen in der Pflege über altersbedingte<br />

Sehstörungen wissen". Der Optikermeister<br />

aus Essen, der sich auf das Gebiet der<br />

vergrößernden Sehhilfen spezialisiert hat,<br />

führt Hausbesuche und Sprechstunden <strong>für</strong> die<br />

BewohnerInnen von Alteneinrichtungen sowie<br />

Schulungen <strong>für</strong> MitarbeiterInnen durch.<br />

Meyer hat dabei die Erfahrung gemacht: "Das<br />

Pflegepersonal weiß in der Regel nichts oder<br />

nicht viel über das Sehvermögen der ihnen<br />

anvertrauten Personen. Selbst wenn ein Augenarzt<br />

eine Einrichtung besucht und dort<br />

Diagnosen stellt, haben die wenigsten Pflegepersonen<br />

eine Vorstellung davon, welche<br />

Probleme die Betroffenen haben." Erschwerend<br />

käme hinzu, so Meyer weiter, dass die<br />

alten Menschen auch häufig nicht mehr so<br />

motiviert wären und sich mit ihren Sehproblemen<br />

einfach abfänden.<br />

Schwerpunkt<br />

21<br />

Damit kommt es aber unnötigerweise zu einer<br />

Beeinträchtigung der Lebensqualität. Denn<br />

durch die individuelle Anpassung von Hilfsmitteln<br />

können sehbehinderte Menschen, selbst<br />

im hohen Alter und bei Demenz, viele ihrer<br />

Fähigkeiten und somit auch Selbstständigkeit<br />

wiedererlangen.<br />

Hans-Joachim Meyer spricht sich daher da<strong>für</strong><br />

aus, den Aspekt "Sehen im Alter" verstärkt in<br />

die Ausbildung zu integrieren. "Gutes oder<br />

bestmögliches Sehen der pflegebedürftigen<br />

Personen sollte ein wesentlicher Aspekt in der<br />

Arbeit der Altenpflege werden, weil es beispielsweise<br />

die Sicherheit erhöht, indem Stürze<br />

verhindert werden, oder aber therapeutische<br />

Maßnahmen unterstützt. <strong>Die</strong> Sehbehinderten<br />

selbst werden dadurch oft neu motiviert,<br />

und ihre psychischen Belastungen reduzieren<br />

sich", ist sich Meyer sicher.<br />

Ein Wissensdefizit bescheinigt der engagierte<br />

Optikermeister aber auch der Ärzteschaft.<br />

Zwar würde er mit vielen Augenärztinnen und<br />

-ärzten gut zusammen arbeiten, doch stieße<br />

er immer wieder auf solche, die ihre alten<br />

Patientinnen und Patienten mit den Worten<br />

"Ich kann Ihnen keine andere Brille mehr verordnen"<br />

als „austherapiert" verabschiedeten.<br />

Dr. Anita Künnecke gehört nicht dazu. <strong>Die</strong> seit<br />

20 Jahren in eigener Praxis niedergelassene<br />

Augenärztin, die im Raum München fünf Altenpflegeheime<br />

betreut und zudem auch Personen<br />

besucht, die zu Hause gepflegt werden,<br />

sagt in PRO ALTER: "Selbst bei Demenzkranken<br />

können wir Augenärzte noch etwas bewirken.<br />

<strong>Die</strong> Diagnose bei ihnen stellt zwar<br />

eine besondere Herausforderung<br />

dar, aber<br />

wenn man sich auf diese<br />

Zielgruppe einlässt, ihr<br />

ganz besonders zuhört<br />

und die oft individuelle<br />

Sprache oder Ausdrucksweise<br />

'übersetzt',<br />

kann man eine Therapie<br />

einleiten."<br />

Quelle: www.bfs-ev.de

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