02.11.2012 Aufrufe

Nr. 09 November 2010 Geronto-News Die Online-Fachzeitschrift für

Nr. 09 November 2010 Geronto-News Die Online-Fachzeitschrift für

Nr. 09 November 2010 Geronto-News Die Online-Fachzeitschrift für

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Benotungen <strong>für</strong> Pflegeheime in Deutschland sind rechtswidrig<br />

Eine „supergute Idee“ meinte man in Deutschland gefunden zu haben, um die Pflegequalität<br />

zu steigern: Ein bundesweites Benotungssystem <strong>für</strong> Pflegeheime sollte <strong>für</strong> Interessierte<br />

Orientierung bieten und durch Förderung des Wettbewerbes die Qualität der Einrichtungen<br />

verbessern. Jetzt hat ein Gericht entschieden: <strong>Die</strong>se Art der Bewertung ist irreführend.<br />

<strong>Die</strong> Beurteilungskriterien in den sogenannten<br />

Transparenzberichten seien "nicht geeignet,<br />

die von den Pflegeheimen erbrachten Leistungen<br />

und deren Qualität sachgerecht zu beurteilen",<br />

erläuterte ein Sprecher des Sozialgerichts<br />

Münster die Entscheidung.<br />

<strong>Die</strong> Transparenzberichte sollen Heime miteinander<br />

vergleichbar machen. Da<strong>für</strong> lag bislang<br />

ein Kriterienkatalog mit 82 Punkten vor. <strong>Die</strong><br />

Noten basieren auf Befragungen, die Tester<br />

des Medizinischen <strong>Die</strong>nstes der Krankenkassen<br />

in Pflegeheimen erheben. <strong>Die</strong> Prüfer besuchten<br />

unangekündigt Pflegeheime und analysieren<br />

sie anhand der Kriterien.<br />

<strong>Die</strong>se reichen vom Umgang mit Medikamenten<br />

über Hygiene, Sauberkeit, Lesbarkeit der<br />

Speisepläne bis hin zum Freizeitangebot des<br />

Heims. Auch die Meinung der Heimbewohner<br />

fließt in die Bewertung mit ein. Nach dem<br />

Schulnotenprinzip wurden dann die einzelnen<br />

Bereiche bewertet.<br />

Den Anstoß <strong>für</strong> das Prüfsystem hatten i. Ü<br />

Berichte über eine erschreckend hohe Zahl<br />

wundgelegener und unterernährter Heimbewohner<br />

geliefert. Daraufhin war beschlossen<br />

worden, sämtliche Heime und ambulanten<br />

Pflegedienste unangemeldet und einmal im<br />

Jahr zu prüfen und diese Ergebnisse auch zu<br />

veröffentlichen. <strong>Die</strong> Notenvergabe war seit<br />

ihrer Einführung im vergangenen Jahr allerdings<br />

stark umstritten.<br />

So bemängelte auch der bekannte Münchner<br />

Pflegekritiker Fussek das Benotungssystem als<br />

wenig hilfreich. In der Branche tummelten<br />

sich bereits zahlreiche Berater, die Heimbetreiber<br />

„darin unterweisen, wie sie <strong>für</strong><br />

schlechte Häuser gute Noten bekommen“,<br />

sagte er dem Tagesspiegel.<br />

Außerdem nütze es oft wenig, die teils schweren<br />

Mängel von Pflegeheimen zu kennen.<br />

„Viele Häuser werden nicht geschlossen, weil<br />

keiner weiß, wohin mit den Bewohnern“, sagte<br />

er. „Und viele Heime sind auch deshalb so<br />

schlecht, weil gute Pflegekräfte auf dem Arbeitsmarkt<br />

kaum noch zu finden sind.“<br />

Recht<br />

5<br />

Ein Heim im Raum Borken klagte nun gegen<br />

die Veröffentlichung des Transparenzberichtes<br />

im Internet und bekam Recht. Dass in diesem<br />

Fall die Veröffentlichung untersagt wurde, ist<br />

ein bundesweites Präzedenzurteil.<br />

Das Gericht stützte sich in seinem Urteil unter<br />

anderem auf eine wissenschaftliche Studie<br />

vom Juli <strong>2010</strong>, die ergeben hatte, dass nur<br />

zwei der 64 Einzelnoten den Maßstab der Ergebnisqualität<br />

beträfen und hält zudem die<br />

Systematik der Bewertung <strong>für</strong> misslungen.<br />

<strong>Die</strong> Darstellung der Pflegenoten im Transparenzbericht<br />

sei <strong>für</strong> den Leser nicht nachvollziehbar.<br />

Sie stelle eine Irreführung der<br />

Verbraucher dar, heißt es im Urteil.<br />

Der Spitzenverband der Pflegekassen lobte<br />

hingegen die Transparenz, die durch die Vergabe<br />

von Noten entstanden sei. "<strong>Die</strong> Pflegenoten<br />

haben erstmals Transparenz in die Pflegequalität<br />

gebracht", sagte Verbandssprecher<br />

Florian Lanz. Es wäre ein gewaltiger Rückschritt<br />

<strong>für</strong> die Verbraucherinnen und Verbraucher,<br />

wenn sich künftig schlechte Pflege wieder<br />

unter dem Mantel der Intransparenz verstecken<br />

könnte. <strong>Die</strong> Pflegenoten hätten sich<br />

grundsätzlich bewährt. "Wir sehen der weiteren<br />

rechtlichen Prüfung gelassen entgegen."<br />

Vorerst darf der Transparenzbericht nicht veröffentlicht<br />

werden. Wegen der Bedeutung des<br />

Rechtsstreits, ließ das Gericht die Revision<br />

zum Bundessozialgericht zu.<br />

Quelle: www.zeit.de

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!