Nr. 09 November 2010 Geronto-News Die Online-Fachzeitschrift für
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Steigende Lebenserwartung<br />
Zur heutigen Lebenserwartung von Menschen<br />
mit lebenslanger Behinderung liegen keine<br />
gesicherten Erkenntnisse vor. Selbst bei<br />
Kenntnis von Sterberisiken <strong>für</strong> bestimmte Störungsbilder<br />
ist eine Einschätzung <strong>für</strong> die gesamte<br />
Gruppe vor allem wegen ihrer Heterogenität<br />
schwierig. ExpertInnen gehen davon<br />
aus, dass sich die Lebenserwartung auch bei<br />
Menschen mit langjähriger Behinderung normalisieren<br />
wird, wobei einzelne Behinderungsformen<br />
zunächst weiterhin mit erhöhten Sterberisiken<br />
verbunden sein werden.<br />
Besonders deutlich wird der Trend bei Menschen<br />
mit Down-Syndrom. Lange Zeit bedeutete<br />
die Diagnose der Trisomie 21 eine deutlich<br />
verminderte Lebenserwartung, heute<br />
können sie sich auf ein langes Leben freuen.<br />
Immer weniger Kinder mit der Genanomalie<br />
sterben und Einzelne haben mittlerweile ein<br />
hohes Alter erreicht, so dass die durchschnittliche<br />
Lebenserwartung bei Geburt mittlerweile<br />
bei über 57 Jahren liegt.<br />
Das bisherige Fehlen des Rentenalters in dieser<br />
Gruppe von Menschen und die Aussicht<br />
auf eine sich normalisierende Lebenserwartung<br />
haben zur Folge, dass sich die Altersstruktur<br />
in den nächsten Jahrzehnten stark<br />
verändern wird, wie Vorausberechnungen des<br />
Berlin-Instituts <strong>für</strong> Bevölkerung und Entwicklung<br />
in verschiedenen Szenarien zeigen:<br />
Vorausgesetzt, dass die Personen, die heute<br />
in einem Heim der Behindertenhilfe leben und<br />
50 Jahre und älter sind, dort bleiben, die geschlechtsspezifischen<br />
Sterberisiken der Gesamtbevölkerung<br />
gelten, die HeimbewohnerInnen<br />
in den Altersgruppen unter 50 Jahren<br />
künftig einen gleich bleibenden Anteil der Gesamtbevölkerung<br />
ausmachen, wird die Gruppe<br />
der mehrfach behinderten HeimbewohnerInnen<br />
weiter anwachsen, ihre Lebenserwartung<br />
ansteigen und sich das Verhältnis der<br />
über 60-Jährigen zu jüngeren Behinderten<br />
zugunsten der älteren verschieben.<br />
Auf Grund einer höheren Vulnerabilität von<br />
Männern <strong>für</strong> viele Formen angeborener, geistiger<br />
und mehrfacher Behinderungen weist die<br />
Gruppe der Empfänger von Eingliederungshilfeleistungen<br />
heute einen Männerüberschuss<br />
auf, der möglicherweise bei einem Vorrücken<br />
in das höhere Lebensalter durch höhere Überlebensraten<br />
der Frauen zumindest unter den<br />
Älteren ausgeglichen werden wird.<br />
15<br />
Zukünftige Wohnformen<br />
Neben den stationären Einrichtungen werden<br />
ambulant betreute Wohnmöglichkeiten immer<br />
beliebter und verbreiteter. Viele Anbieter der<br />
Behindertenhilfe haben diese Wohnform innerhalb<br />
der letzten Jahre stark ausgebaut.<br />
Unter den oben <strong>für</strong> Bewohner stationärer Einrichtungen<br />
angelegten Voraussetzungen ist<br />
auch <strong>für</strong> die Gruppe jener, die heute Leistungen<br />
<strong>für</strong> das ambulant betreute Wohnen erhalten,<br />
von einem alterungsbedingten Anwachsen<br />
und steigenden Medianalter auszugehen.<br />
Dabei bleiben diejenigen Menschen mitlebenslanger<br />
Behinderung noch unberücksichtigt, die<br />
heute keine Eingliederungshilfeleistung zum<br />
Wohnen beziehen, sondern privat bei ihren<br />
Eltern oder Geschwistern leben. Wie viele das<br />
sind, ist eine unbekannte Größe. Es ist zu<br />
vermuten, dass es sich dabei überwiegend um<br />
Erwachsene handelt, die im Alltagsleben von<br />
ihren Eltern unterstützt werden – und nach<br />
deren Tod auf Hilfe angewiesen sein werden.<br />
Wahrscheinlich wird sich aber der Bedarf derer,<br />
die heute bei den Eltern leben, auf die<br />
verschiedenen Wohnformen verteilen.<br />
<strong>Die</strong> Vorausberechnungen, die auf Basis der<br />
vorliegenden Daten möglich sind, können nur<br />
als Mittel zum „Awareness Raising“, nicht als<br />
Bedarfsprognose <strong>für</strong> die Versorgungsplanung<br />
interpretiert werden. Da<strong>für</strong> hängt die Entwicklung<br />
der Empfängerzahlen in der Eingliederungshilfe<br />
von zu vielen unbekannten oder<br />
nicht quantifizierbaren Faktoren ab, die sich<br />
zudem noch regional stark unterschiedlich<br />
auswirken. Dennoch wird deutlich: <strong>Die</strong> Ruhestandsphase<br />
wird auf jeden Fall in den nächsten<br />
Jahren zu einem wichtigen Thema in der<br />
Eingliederungshilfe. Und das bei einem sehr<br />
wahrscheinlichen Anwachsen der Gesamtgruppe<br />
der Leistungsberechtigten.