Nr. 09 November 2010 Geronto-News Die Online-Fachzeitschrift für
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Kognitiv behindert<br />
Während <strong>für</strong> junge und alte Menschen mit<br />
körperlichen Behinderungen vereinzelt Erleichterungen<br />
in Angriff genommen werden, haben<br />
es Menschen mit intellektuellen oder psychischen<br />
Beeinträchtigungen weit schwieriger.<br />
So zeigt eine Studie unter der Leitung des<br />
Vizepräsidenten der Lebenshilfe, Univ.-Prof.<br />
Dr. Germain Weber, dass die Lebensqualität<br />
von älteren Menschen mit intellektueller Behinderung<br />
extrem gefährdet ist. "Im Durchschnitt<br />
leben 36% der über 40-Jährigen noch<br />
bei ihren Eltern." Da kann es sein, dass quasi<br />
"über Nacht" ein Wohnplatz benötigt wird.<br />
Doch auch <strong>für</strong> jene, die zur Zeit in einer betreuten<br />
Einrichtung wohnen, ist ein solcher<br />
nicht gesichert. "In einigen Bundesländern ist<br />
das Wohnen an die Tätigkeit in der Werkstätte<br />
gebunden", berichtet Weber. "Können sie<br />
nicht mehr zur Arbeit gehen, werden sie in ein<br />
Altenheim ,verlegt‘. Das ist eine furchtbare<br />
Diskriminierung; mein Mietvertrag wird<br />
schließlich auch nicht gekündigt, wenn ich 60<br />
werde." Menschen mit intellektueller Behinderung<br />
haben heute eine Lebenserwartung von<br />
70 bis 74 Jahren, <strong>für</strong> die Gruppe mit Down-<br />
Syndrom liegt sie bei 60 bis 65 Jahren.<br />
Es wird vor allem an den Trägerverbänden<br />
liegen, sich über diese Situation Gedanken zu<br />
machen. Doch wie die Studie von Weber<br />
zeigt, haben sich bislang nur wenige<br />
Behinderteneinrichtungen mit dem Thema<br />
Altern auseinander gesetzt. Eine Weiterbildung<br />
zu gerontologischen Themen ist<br />
nirgends vorgesehen. Erschwert wird die<br />
Situation dadurch, dass Menschen mit<br />
intellektueller Behinderung in den Werkstätten<br />
lediglich "Taschengeld" erhalten und in<br />
finanzieller Hinsicht kaum in der Lage sind,<br />
eine Altersvorsorge zu treffen.<br />
"Wenn wir die BetreuerInnen fragen, was intellektuell<br />
behinderte Menschen im Alter benötigen<br />
werden, nennen sie in erster Linie Pflege.<br />
Fragen wir dagegen die Menschen selbst,<br />
dann wünschen sie sich mehr Begegnung mit<br />
anderen", sagt Weber. Kreative Lösungen sind<br />
nötig, um diesen Bedürfnissen gerecht zu<br />
werden. So plant die Lebenshilfe derzeit in<br />
Innsbruck ein Projekt unter dem Titel "Wohnen<br />
im Zentrum" mit rund 20 Wohnplätzen.<br />
Durch die Anbindung an ein Einkaufszentrum<br />
mit Gastronomiebereich solle eine Art "Grätzel"<br />
geschaffen werden.<br />
13<br />
85 und schizophren<br />
Psychische Erkrankungen bei älteren Menschen<br />
habe es schon immer gegeben, "neu ist<br />
aber die Situation des altgewordenen psychiatrischen<br />
Patienten", betont Univ.-Prof. Dr.<br />
Karl Dantendorfer, Chefarzt der Psychosozialen<br />
<strong>Die</strong>nste im Burgenland. "Wenn ich Kollegen<br />
frage, dann fällt ihnen kaum ein 85jähriger<br />
schizophrener Patient ein." Strukturen<br />
<strong>für</strong> diese Patienten gibt es keine, "erst kürzlich<br />
kritisierte der Rechnungshof in seinem Bericht,<br />
dass sich Pflegeheime in Wien geweigert hätten,<br />
Patienten aus einer psychiatrischen Abteilung<br />
zu übernehmen".<br />
Im Burgenland wird jetzt versucht, an größeren<br />
Pflegeheimen Stationen <strong>für</strong> psychiatrische<br />
Patienten einzurichten. Wie viele solche Plätze<br />
notwendig wären, kann Dantendorfer allerdings<br />
nicht sagen: "Es liegt alles im Bereich<br />
der Schätzung."<br />
Als Musterprojekt könnte der Wohnhof Scherb<br />
in Oberösterreich dienen: Dort wohnen seit<br />
Jahren zwölf Menschen mit psychiatrischen<br />
Erkrankungen. <strong>Die</strong> meisten sind ehemalige<br />
Langzeitpatienten der Landesnervenklinik, das<br />
Durchschnittsalter liegt bei 70 Jahren. Finanziert<br />
wird das Projekt über einen Verein sowie<br />
durch Spenden und Subventionen.<br />
Versorgung leistbar machen<br />
"Was der Gesellschaft noch fehlt, das ist die<br />
Wachsamkeit", resümiert Katharina Pils, Institusvorständin<br />
am Wiener Sophienspital . Gute<br />
Einrichtungen wie die Übergangspflege verschwinden<br />
angesichts knapper Ressourcen.<br />
„Pensionskürzungen und reduzierte Zuschüsse<br />
tragen dazu bei, dass sich viele nicht einmal<br />
eine Minimalbetreuung werden leisten können“.<br />
Gute Ansätze liefere dagegen die Akutgeriatrie:<br />
"Wir dürfen nicht ausschließlich<br />
schwarz malen: Es gibt auch Einrichtungen,<br />
die sich der älterer Mitbürger annehmen."<br />
Quelle: www.geriatrie-online.at