Der Spitzel war immer dabei - Kath.de
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Werner Kaltefleiter: <strong>Der</strong> <strong>Spitzel</strong> w ar <strong>immer</strong> <strong>dabei</strong>. Über <strong>de</strong>n Kirchenkampf im Kalten Krieg<br />
gen, ausgehend von <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>nsgebeten, <strong>de</strong>n „Montags<strong>de</strong>monstrationen“, <strong>de</strong>r Stimme<br />
<strong>de</strong>s Volkes in Leipzig, Dres<strong>de</strong>n, Berlin und in an<strong>de</strong>ren Städten <strong>de</strong>r DDR.<br />
Wür<strong>de</strong> die katholische Kirche, die es in <strong>de</strong>n winterlichen Jahren <strong>de</strong>r DDR vorgezogen<br />
hatte, sich in die hauseigene Wärmestube zurückzuziehen, <strong>de</strong>n Anschluss an die evangelischen<br />
Christen halten? Könnten die Bischöfe, Herren über die kirchenpolitische Richtlinie<br />
gegenüber <strong>de</strong>m sozialistischen Staat, sich von <strong>de</strong>m frischen Luftzug anstecken lassen<br />
und <strong>de</strong>utlicher <strong>de</strong>m morschen System ins Gesicht blasen, <strong>de</strong>ssen En<strong>de</strong> zu beschleunigen?<br />
Die vatikanische Haltung schien wie<strong>de</strong>r einmal, wie zu Zeiten <strong>de</strong>r ostpolitischen<br />
„Anpassung an die Realität“, unter entgegengesetzten Vorzeichen, drängen<strong>de</strong>r zu sein<br />
als die <strong>de</strong>r Bischöfe „vor Ort“. Die Kirchenspezialisten <strong>de</strong>r Ostberliner Staatssicherheit<br />
<strong>war</strong>en je<strong>de</strong>nfalls ganz Ohr bei Informationen aus Rom, die sich als Kontroverse zwischen<br />
„Rom“ und <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Episkopaten ausspielen und geheimdienstlich instrumentalisieren<br />
ließen.<br />
Ebenso mussten die Dominikaner in Walberberg und die Jesuiten in München auf <strong>de</strong>r<br />
Hut sein. Publikationen, die auf kirchliche und kirchenpolitische Themen spezialisiert<br />
<strong>war</strong>en, durften sicher sein, in östlichen Geheimdienstbüros intensive Leser zu fin<strong>de</strong>n,<br />
nicht zuletzt in <strong>de</strong>n Desinformationsabteilungen. <strong>Der</strong> vatikanische „Osservatore“ zählte<br />
sozusagen zur Standardlektüre, aber auch west<strong>de</strong>utsche Publikationen mit vorwiegend<br />
kirchlichen und kirchenpolitischen, aber auch theologischen und gesellschaftlichen<br />
Themen wie etwa die „Her<strong>de</strong>r-Korrespon<strong>de</strong>nz.“<br />
Theologie <strong>de</strong>r Befreiung<br />
Beson<strong>de</strong>res Gefallen fan<strong>de</strong>n die roten Kirchengegner offenbar an <strong>de</strong>n innerkatholischen<br />
Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen um die so genannten Theologie <strong>de</strong>r Befreiung, die vor allem in<br />
Lateinamerika prominente Vertreter auf aka<strong>de</strong>mischem Niveau (Gustavo Gutierrez, Leonardo<br />
Boff, Jon Sobrino u.a.) und in nicht wenigen christlichen „Basisgemein<strong>de</strong>n“ Zustimmung<br />
gefun<strong>de</strong>n hatte – wobei die Frage <strong>de</strong>r Erlaubtheit <strong>de</strong>r Mittel, ob Zusammenarbeit<br />
mit Kommunisten, Anwendung von Gewalt, vom zivilen Ungehorsam bis zum<br />
Griff zur „Kalaschnikow“, zu Zerreißproben innerhalb <strong>de</strong>r Bewegung führte. An „Solidaritätsbekundungen“<br />
für <strong>de</strong>n „Kampf an <strong>de</strong>r Seite <strong>de</strong>r unterdrückten Massen“ fehlte es<br />
aus <strong>de</strong>m sozialistischen Lager nicht, verbun<strong>de</strong>n mit massiver Kritik an <strong>de</strong>n angeblichen<br />
feindlichen Kräften, die die Befreiungstheologie zu „vernichten“ drohten.<br />
Die Veröffentlichung <strong>de</strong>r „Instruktion über einige Aspekte <strong>de</strong>r Theologie <strong>de</strong>r Befreiung“<br />
vom 6. August 1984, verantwortet von <strong>de</strong>r römischen Glaubenskongregation, lieferte<br />
<strong>de</strong>n kommunistischen Exegeten reichlich Munition für gezielte Angriffe gegen <strong>de</strong>n<br />
Präfekten <strong>de</strong>r Kongregation, <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Kurienkardinal Josef Ratzinger. Er und Johannes<br />
Paul II. wer<strong>de</strong>n als diejenigen gezeichnet, die in engster Übereinstimmung ein<br />
Unglück darin sähen, dass marxistisch-leninistische Kräfte in die Glaubensgemein<strong>de</strong>n<br />
eingedrungen seien.<br />
Neben <strong>de</strong>r kontroversen Frage nach <strong>de</strong>m gesellschaftlichen Auftrag <strong>de</strong>r Kirche an <strong>de</strong>r<br />
Seite <strong>de</strong>r Armen stellte sich, für „Rom“ nicht weniger provozierend, die For<strong>de</strong>rung nach<br />
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