03.11.2012 Aufrufe

Der Spitzel war immer dabei - Kath.de

Der Spitzel war immer dabei - Kath.de

Der Spitzel war immer dabei - Kath.de

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Werner Kaltefleiter: <strong>Der</strong> <strong>Spitzel</strong> w ar <strong>immer</strong> <strong>dabei</strong>. Über <strong>de</strong>n Kirchenkampf im Kalten Krieg<br />

sche Rundschreiben 58 ist auf <strong>de</strong>n Festtag <strong>de</strong>r Heiligen Kyrill und Method datiert, <strong>de</strong>r<br />

„Apostel <strong>de</strong>r Slawen“. <strong>Der</strong> Papst überantwortet Russland <strong>de</strong>m Schutz <strong>de</strong>r Gottesmutter<br />

– welch „Sakrileg“ in <strong>de</strong>n Augen <strong>de</strong>r roten Zaren. Pius XII. sagt auch <strong>war</strong>um: „Wir haben<br />

uns nicht gescheut, die Fehler <strong>de</strong>s atheistischen Kommunismus anzugreifen.“ Ein<br />

solcher Satz <strong>war</strong> noch im Stil von „Divini Re<strong>de</strong>mptoris“ geschrieben, <strong>de</strong>r 1937 gegen<br />

<strong>de</strong>n atheistischen Kommunismus gerichteten Enzyklika. 59<br />

Pius XI. hatte sie z<strong>war</strong> unterzeichnet, sie <strong>war</strong> aber doch wohl von Pacelli stark mitformuliert<br />

wor<strong>de</strong>n. Glaubte Pacelli hoffen zu dürfen, „die Irren<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>r zur Wahrheit<br />

zurückzuholen“, so <strong>war</strong> er doch als Papst realistisch genug, gegenüber möglichen Kontakten<br />

mit Moskau nicht absolut abstinent zu bleiben. Stalin fürchtete angeblich die Divisionen<br />

<strong>de</strong>s Papstes nicht. Er wür<strong>de</strong> seine Statthalter entsprechend gewähren lassen.<br />

Die Kirche in <strong>de</strong>r Tschechoslowakei bekam es beson<strong>de</strong>rs leidvoll zu spüren. Rom musste<br />

Wege und Mittel fin<strong>de</strong>n, um das Los <strong>de</strong>r Gläubigen unter kommunistischer Zwangsherrschaft<br />

zumin<strong>de</strong>st zu lin<strong>de</strong>rn.<br />

<strong>Der</strong> in <strong>de</strong>n 60er und 70er Jahren gehan<strong>de</strong>lte politische Begriff von <strong>de</strong>r friedlichen Koexistenz<br />

fand auch Eingang in die vatikanische „Ostpolitik“, als eine Chance, im atheistischen<br />

Staat einen Platz zum Leben und Überleben <strong>de</strong>r örtlichen Kirchen zu fin<strong>de</strong>n. Allerdings<br />

weigerten sich die <strong>Kath</strong>oliken in <strong>de</strong>r DDR, im Unterschied zu <strong>de</strong>n Protestanten,<br />

sich als „Kirche im Sozialismus“ zu verstehen. Wobei die Ausgangssituation <strong>de</strong>r<br />

Evangelischen als überwiegen<strong>de</strong> Mehrheit <strong>de</strong>r sich weiterhin zum Christentum bekennen<strong>de</strong>n<br />

DDR-Bürger zu berücksichtigen <strong>war</strong>. Für <strong>de</strong>n Heiligen Stuhl wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Erzbischof<br />

und spätere Kardinal Agostino Casaroli <strong>de</strong>r „Reisediplomat“ in Sachen „Ostpolitik“.<br />

Er selbst allerdings zog es vor, von einer Diplomatie <strong>de</strong>r Seelsorge zu sprechen, um<br />

die Unterscheidung kirchlichen Engagements in <strong>de</strong>r Welt <strong>de</strong>s Säkularen hervorzuheben.<br />

Casaroli mochte sich durch Pius XII. bestätigt fin<strong>de</strong>n. Dieser hatte seine Radio-<br />

Botschaft vom 2. September 1956 an <strong>de</strong>n <strong>Kath</strong>olikentag in Köln zum Anlass genommen,<br />

von Minimalbedingungen für die Koexistenz mit einem kommunistischen Staat zu<br />

sprechen. Natürlich hatte er nicht <strong>de</strong>ssen I<strong>de</strong>ologie bejaht, son<strong>de</strong>rn die Freiheit <strong>de</strong>r Verkündigung<br />

<strong>de</strong>s Evangeliums als unverzichtbar gefor<strong>de</strong>rt: „Das ist nicht mehr, als die<br />

Kirche von je<strong>de</strong>m an<strong>de</strong>ren Staat verlangt, in <strong>de</strong>m Trennung zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Bereichen<br />

besteht.“ Damit hatte er die Linie für die vatikanische Ostpolitik <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n<br />

Jahrzehnte vorgegeben.<br />

Aus <strong>de</strong>m Staatssekretariat kommend und anschließend für die „operative Arbeit“ <strong>de</strong>r<br />

Glaubensbehör<strong>de</strong> verantwortlich, die noch Heiliges Uffizium hieß, <strong>de</strong>m Papst direkt unterstand<br />

und noch keinen eigenen Präfekten (Amtsleiter) kannte, galt Kardinal Alfredo<br />

Ottaviani (1890-1979) als <strong>de</strong>r „scharfe Hund“, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Kommunisten nicht über <strong>de</strong>n<br />

Weg traute. In <strong>de</strong>n Jahren, als sich <strong>de</strong>r übelste Stalinismus gegen die Kirche etwa in <strong>de</strong>r<br />

Tschechoslowakei austobte, hatte er wohl auch keinen Grund zu einem Sinneswan<strong>de</strong>l.<br />

An<strong>de</strong>rerseits hat <strong>de</strong>n oft und nicht zuletzt aus „Fein<strong>de</strong>sland“ Geschmähten sein Votum<br />

58 Apostolisches Schreiben „Sacro vergente anno“ vom 7. Juli 1952.<br />

59 Eine Woche zuvor w ar „Ar<strong>de</strong>nte Cura“ – „Mit brennen<strong>de</strong>r Sorge“, das päpstliche Rundschreiben gegen<br />

<strong>de</strong>n Nationalsozialismus, in <strong>de</strong>utscher Sprache erschienen, und am Palmsonntag von <strong>de</strong>n Kirchenkanzeln<br />

verlesen w or<strong>de</strong>n.<br />

Seite 44

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!